Samstag, 16. Februar 2008
VERBINDLICHKEIT EINER LITURGISCHEN ... Geschrieben von Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Kirchenrecht, News Kommentare um
21:36
Kommentare (6) Trackback (1) VERBINDLICHKEIT EINER LITURGISCHEN ANORDNUNG DES PAPSTES UND VERBINDLICHKEIT DER LEITLINIEN EINER BISCHOFSKONFERENZ
Sehr begrenzte Fachdiskussionen bzw. Diskussionen auf Basis einer bei manchen gegebenen Uneinsichtigkeit in jeweilige sachliche Notwendigkeiten veranlassen mich, zum gewählten Thema unvollständig Stellung zu nehmen. Zunächst geht es noch kurz um die von Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. weiterentwickelte Fürbitte für die Juden im Falle der Verwendung der außerordentlichen Form des Römischen Ritus am Karfreitag. Es kann keinen Zweifel darüber geben, daß der Wille des Papstes in bezug auf diese Änderung ab dem kommenden Karfreitag des Jahres 2008 von allen Zelebranten vollständig zu beachten ist, unabhängig davon, ob man nun davon ausgeht, daß die diesbezügliche rechtmäßige Nota des Päpstlichen Staatssekretariats im Osservatore Romano bereits eine außerordentliche Promulgation eines die universale lateinische Rituskirche (innerhalb der Katholischen Kirche) betreffenden (liturgischen) Gesetzes gemäß can. 8 CIC darstellt oder daß diese päpstliche Anordnung "nur ein Gesetz im weiteren Sinne" wäre und somit gar nicht den Promulgationsregeln des lateinischen Kirchengesetzbuches aus dem Jahre 1983 unterläge. Persönlich gehe ich jedoch davon aus, daß die Anordnung Seiner Heiligkeit sehr wohl ein allgemeines kirchliches Gesetz darstellt, und ich erinnere an den can. 2 CIC, in dem es bereits heißt: "Der Codex [1983] legt zumeist die Riten nicht fest, die bei der Feier liturgischer Handlungen zu beachten sind; deshalb behalten die bislang geltenden liturgischen Gesetze ihre Geltung, soweit nicht eines von diesen den Canones des Codex zuwiderläuft." Mittlerweile hat der Papst für immer geklärt, daß unter diesen liturgischen Gesetzen in bezug auf den Römischen Ritus sowohl jene für dessen außerordentliche Form (seliger Papst Johannes XXIII.) als auch jene für dessen ordentliche Form (Diener Gottes Papst Paul VI.) zu verstehen waren und sind. Ich kann mir aufgrund dieser seit 14. September 2007 gewonnenen Rechtssicherheit innerhalb des Römischen Ritus keinen (juridischen oder moralischen) Entschuldigungsgrund mehr vorstellen, warum die rechtgläubig formulierte neue Karfreitagsfürbitte für die Juden noch nicht ab dem kommenden Karfreitag Verwendung finden sollte. Der Heilige Stuhl wußte im übrigen darum, daß sich die Sache rasch verbreiten werde, sodaß die übliche oder auch eine ausdrücklich längere Zeit bis zur Rechtskraft wegfallen konnte. Wer von einer notwendigen Promulgation ausgeht, dem sei gesagt: es ist nicht notwendig, daß in der zur Promulgation gültigen Veröffentlichung im Osservatore Romano explizit erklärt werde, daß dies nun eine andere außerordentliche Form der Promulgation darstelle, vielmehr ergibt sich dies alles logisch von selbst. Es braucht keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine andere Promulgationsweise (außerhalb der Acta Apostolicae Sedis), wenn diese sichtbar eine andere ist. In Wirklichkeit zeigt sich an der treuen Umsetzung des neuen liturgischen Gesetzes, wer den Papst wirklich ganz konkret als universalen Oberhirten anerkennt. Der Papst wollte keine "Spaltung der Tradition", sondern sieht sich spätestens seit 14. September 2007 (Rechtskraft von Summorum Pontificum) verpflichtet, die außerordentliche Form des Römischen Ritus als eine gültige Ausdrucksform der ganzen Kirche dort anzupassen, wo es die organische Zusammenschau aller 21 Ökumenischen Konzilien und das darauf basierende gültige ordentliche Lehramt der Kirche fordert.
Weitere Verstehenshilfen zur nunmehr rechtmäßig installierten neuen Karfreitagsfürbitte bieten nicht nur der von kath.net aus der Tagespost übernommene Beitrag "Die Juden und das Konzil. Der Papst ist nicht hinter das Konzil zurückgegangen, sondern hat es genau getroffen" von Guido Horst, sondern auch der hervorragende Kommentar Seiner Exzellenz Erzbischof Gianfranco Ravasi im Osservatore Romano vom 15. Februar 2008. Der Titularerzbischof von Villamagna in Proconsulari ist Präsident des Päpstlichen Rates für die Kultur, der Päpstlichen Kommission für die Kulturgüter der Kirche und der Päpstlichen Kommission für die sakrale Archäologie. Sein Beitrag trägt den Titel "Oremus et pro Iudaeis" ("Lasset uns auch beten für die Juden"), und ich habe daraus einige wichtige italienische Passagen ins Deutsche übersetzt. Kurienerzbischof Ravasi geht dabei von einem "bereits kodifizierten Text besonderer Verwendung" aus, "nämlich für die Karfreitagsliturgie gemäß dem Missale Romanum in seiner vom seligen Johannes XXIII. promulgierten Fassung, vor der liturgischen Reform des II. Vatikanischen Konzils. Es ist also ein Text, der in seiner Redaktion und in seinem aktuellen Gebrauch klar umschrieben ist, gemäß den längst bekannten Bestimmungen, die im päpstlichen Motu proprio 'Summorum Pontificum' vom vergangenen Juli enthalten sind." Hier ist lediglich anzumerken, daß das II. Vatikanische Konzil als XXI. Ökumenisches Konzil der Katholischen Kirche zwar einen Anstoß zu weiteren evolutiven Reformschritten in der lateinischen Liturgie derselben Kirche gegeben hat, aber es gleichzeitig fraglich ist, ob sämtliche nach dem Ende des Konzils getroffenen und zum Teil im gläubigen Volk als abrupt empfundenen Reformschritte auch wirklich dem Willen der Konzilsväter entsprachen. Meiner Meinung nach wird sich erst in den nächsten Jahrzehnten zeigen, welche geistliche Liturgiereform das II. Vatikanische Konzil im Hinblick auf die weitere Entwicklung in der außerordentlichen und ordentlichen Form des Römischen Ritus wirklich wollte. Daß jedoch zu dieser Reform auch der ganz kleine Einschnitt des Papstes in bezug auf die Karfreitagsfürbitte für die Juden zählen muß, daran kann kein vernünftiger Zweifel bestehen. Erzbischof Ravasi begründet genau dies sehr einleuchtend: "Im Inneren der Verbindung, die das Israel Gottes und die Kirche zutiefst eint, wollen wir uns bemühen, die theologischen Charakteristika dieses Gebetes herauszufiltern, auch im Dialog mit den harten Reaktionen, die es im hebräischen Umfeld hervorgerufen hat. Das erste ist eine 'textgemäße' Betrachtung im strengen Sinn: man erinnere sich, daß das Wort 'textus' tatsächlich auf die Idee eines 'Gewebes' ('tessuto') verweist, das mit verschiedenen Fäden ausgearbeitet ist. Nun gut, die etwa 30 substantiellen Worte des Oremus sind vollständig Frucht einer 'Weberei' ('tessitura') aus neutestamentlichen Begriffen. Es handelt sich daher um eine Ausdrucksweise der Heiligen Schrift, die der orientierende Stern für den Glauben und für das christliche Gebet ist. Zunächst wird eingeladen, zu beten, damit Gott 'die Herzen erleuchte', sodaß auch die Juden 'Jesus Christus als Erlöser aller Menschen erkennen'. Daß Gott Vater und Christus 'die Augen und den Geist erleuchten' können, ist ein Wunsch, den der heilige Paulus bereits für dieselben Christen von Ephesus - sowohl jüdischer als auch heidnischer Herkunft - vorsieht (1,18; 5,14). Das große Bekenntnis des Glaubens an 'Jesus Christus, Retter aller Menschen' ist eingefaßt in den ersten Brief an Timotheus (4,10), aber es wird in analogen Formen auch von anderen neutestamentlichen Autoren bekräftigt, wie zum Beispiel von Lukas in der Apostelgeschichte, der Petrus dieses Zeugnis vor dem Synedrion in den Mund legt: 'In keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen.' (4, 12) Hier, an dieser Stelle, findet sich also der Horizont, den das wahre und eigentliche Gebet angibt: man bittet Gott, 'der will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen', um sicherzustellen, 'daß beim Eintritt der Fülle aller Völker in die Kirche auch ganz Israel gerettet werde.' Oben wird auf die feierliche Erscheinung des allmächtigen und ewigen Gottes verwiesen, dessen Liebe wie ein Mantel ist, der sich über die ganze Menschheit breitet: wie wir im ersten Brief an Timotheus (2,4) weiterlesen, will er tatsächlich, 'daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen'. Zu Füßen Gottes jedoch bewegt man sich wie in einer grandiosen planetarischen Prozession, die aus jeder Nation und Kultur besteht und die Israel gewissermaßen in einer privilegierten Reihe sieht, in notwendiger Anwesenheit. Es ist immer noch der Apostel Paulus, der den berühmten Abschnitt seines theologischen Hauptwerkes, des Briefes an die Römer, welcher dem jüdischen Volk gewidmet ist - dem edlen Ölbaum, in den wir eingepfropft wurden - mit dieser Vision beschließt, deren Beschreibung aufgebaut ist auf prophetischen und psalmenmäßigen Zitationen: die Erwartung der Fülle der Errettung 'besteht, bis die Heiden in voller Zahl das Heil erlangt haben; dann wird ganz Israel gerettet werden, wie es in der Schrift heißt: Der Retter wird aus Zion kommen, er wird alle Gottlosigkeit von Jakob entfernen. Das ist der Bund, den ich ihnen gewähre, wenn ich ihre Sünden wegnehme.' (11,25 - 27). Wir haben also ein Gebet, daß der klassischen Zusammensetzungsmethode in der Christenheit entspricht: die Anrufungen auf der Basis der Bibel 'weben' ('tessere'), um so das Glauben und das Beten von innen her zu verflechten (das ist eine Interaktion zwischen den sogenannten 'lex orandi' und 'lex credendi'). An dieser Stelle können wir eine zweite Reflexion vorschlagen, die sich strenger am Inhalt orientiert. Die Kirche betet, um in der einzigen Gemeinschaft der Christgläubigen auch das gläubige Israel bei sich zu haben. Das ist es, was St. Paulus in den Kapiteln des Briefes an die Römer (Kapitel 9 - 11) als große eschatologische Hoffnung erwartet, das heißt als letzten Landungsplatz der Geschichte, worauf wir oben eingingen. Das ist es, was dasselbe II. Vatikanische Konzil proklamierte, als es in seiner Konstitution über die Kirche geltend machte, daß 'diejenigen, die das Evangelium noch nicht empfangen haben, auf das Gottesvolk auf verschiedene Weise hingeordnet sind. In erster Linie jenes Volk, dem der Bund und die Verheißungen gegeben worden sind und aus dem Christus dem Fleische nach geboren ist, dieses seiner Erwählung nach um der Väter willen so teure Volk: die Gaben und Berufung Gottes nämlich sind ohne Reue' (Lumen gentium, Nr. 16). Diese intensive Hoffnung ist der Kirche klarerweise eigen, die als Zentrum und Quelle der Rettung Jesus Christus hat. Für den Christen ist er der Sohn Gottes und das sichtbare und wirkkräftige Zeichen der göttlichen Liebe, weil - wie Jesus in jener Nacht Nikodemus, einem 'führenden Mann unter den Juden' gesagt hatte - 'Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, und er hat ihn nicht gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird' (vgl. Joh 3,16 - 17). Von Jesus Christus, dem Sohn Gottes und dem Sohn Israels strömt daher die reinigende und befruchtende Woge der Erlösung aus, sodaß wir in abschließender Analyse auch sagen können, wie es der Christus des Johannes tut, daß 'das Heil von den Juden kommt' (4,22). Die von der Kirche erhoffte Mündung der Geschichte liegt daher in dieser Quellenlage begründet. Wiederholen wir: das ist die christliche Vision, und das ist die Hoffnung der Kirche, die betet. Das ist keine vorgegebene Programmatik einer theoretischen Vereinnahmung, aber auch keine missionarische Bekehrungsstrategie. Es ist die charakteristische Haltung der betenden Anrufung, der gemäß man sich auch für Personen, die man als nahestehend, wertvoll und bedeutungsvoll ansieht, eine Wirklichkeit wünscht, die man als kostbar und erlösend einschätzt. Ein wichtiger Exponent der französischen Kultur des zwanzigsten Jahrhunderts, Julien Green, schrieb, daß es 'immer schön und legitim ist, dem anderen das zu wünschen, was für Dich ein Gut und eine Freude ist: wenn Du daran denkst, ein wahres Geschenk anzubieten, dann halte Deine Hand nicht zurück'. Natürlich muß dies immer im Respekt der Freiheit und der verschiedenen Wegstrecken, die der andere aufgenommen hat, geschehen. Aber es ist auch Ausdruck von Liebe, dem Bruder ebenso das zu wünschen, was Du als einen Horizont des Lichtes und des Lebens erachtest. Es liegt in dieser Perspektive, daß auch das in Frage stehende Oremus - trotz der Grenzen seiner Verwendung und seiner Spezifität - unsere Beziehung und unseren Dialog mit 'jenem Volk, mit dem Gott den Alten Bund geschlossen hat', bekräftigen kann und muß, da wir genährt werden 'von der Wurzel des guten Ölbaums, in den die Heiden als wilde Schößlinge eingepfropft sind' (Nostra aetate, Nr. 4). Und wie die Kirche am kommenden Karfreitag gemäß der Liturgie des Meßbuches Pauls VI. beten wird, besteht die allgemeine und letzte Hoffnung darin, daß 'das Volk, das Gott als Erstes zu seinem Eigentum erwählt hat, zur Fülle der Erlösung gelange' ('ut populus acquisitionis prioris ad redemptionis mereatur plenitudinem pervenire.')" (Eine vollständige Übersetzung findet sich bei kath.net.) Der ausführliche Pressebericht des ehemaligen Vorsitzenden der Katholischen Bischofskonferenz Deutschlands, Karl Kardinal Lehmann, im Anschluß an die letzte Frühjahrs-Vollversammlung derselben Deutschen Bischofskonferenz (vom 11. bis 14. Februar 2008 in Würzburg) ging auf die Frage der einen neuen Karfreitagsfürbitte nicht ein, beinhaltete jedoch auch viele direkte und indirekte Hinweise zur Liturgie. So wurde die vom bundesdeutschen Gesetzgeber bereits verabschiedete Änderung des deutschen Personenstandsrechts thematisiert, die unter anderem den Wegfall des unrechtmäßigen staatlichen Verbots der kirchlichen Trauung vor einer naturrechtlich dann gar nicht notwendigen standesamtlichen Heirat zum 1. Januar 2009 umfaßt. Unter dem Abschnitt "Planungen für das Paulus-Jahr 2008/2009" wird dann nicht nur auf die vatikanische Internetseite www.annopaolino.org verwiesen, sondern auch festgehalten: "Unter anderem sollen Anregungen für die Feier von Paulus-Patrozinien und Pilgerwegen zu Paulus-Kirchen, zur Auseinandersetzung mit Paulus-Bildern in Kunst, Literatur, Philosophie und Judaistik sowie paulinische Impulse für Bibelarbeiten, Predigten, Sakramentenpastoral und eine Spiritualität im Alltag erarbeitet werden." Liturgie wird auch indirekt angesprochen durch die von der Bischofskonferenz zur Zeit in Überarbeitung stehenden "Leitlinien für das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen": "Während der vergangenen fünf Jahre wurden vielfältige Erfahrungen mit der Arbeitshilfe und im interreligiösen Gespräch gesammelt. Nicht zuletzt durch die Kontakte zwischen Papst Benedikt XVI. und Vertretern des Islam ist auch weltweit eine neue Phase des interreligiösen Dialogs angebrochen. Diese Erfahrungen sollen nun in eine erste Überarbeitung des Textes einfließen, bei der es insbesondere Präzisierungen und Aktualisierungen vorzunehmen gilt. So sind die Unterschiede der Beziehungen zwischen Christen und Juden einerseits und zwischen Christen und Muslimen andererseits noch genauer zu erfassen. Die verschiedenen Gottesbilder sowie die Unterschiede des Betens in den monotheistischen Religionen sollen stärker herausgehoben werden. Auf die mißverständliche Formulierung 'multireligiöse Feier' wird verzichtet. Die genannten Anlässe machen den Ausnahmecharakter einer Begegnung im Gebet zwischen den Religionen deutlicher. Durchgängig vertreten wir die Auffassung, bei entsprechenden Anlässen solle nicht gemeinsam mit Vertretern anderer Religionen gebetet werden, wohl aber könne in ihrem Beisein jeder in seiner eigenen Tradition beten. Schließlich soll daran erinnert werden, daß vor Gebetstreffen, an denen Gläubige der drei monotheistischen Religionen teilnehmen, die zuständigen kirchlichen Autoritäten zu fragen sind. Der Frage der Einrichtung und Gestaltung von Gebetsräumen für die verschiedenen Religionen in Schulen, Krankenhäusern und anderen öffentlichen Gebäuden soll möglichst bald eine eigene Untersuchung und Beratung gewidmet werden .... Nach einer zweiten Lesung im Sommer werden die überarbeiteten Leitlinien als Arbeitshilfe unter dem Titel 'Leitlinien für das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen' der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht." Und für die ordentliche Form des Römischen Ritus (bei Verwendung der deutschen Hochsprache) wurde das neue Rituale "Die Feier der Kindertaufe" vorgestellt, welches vom 1. Adventssonntag 2008 an die bisherige Ausgabe von 1971 ersetzt. Schließlich berieten die katholischen Bischöfe Deutschlands noch über Verlagspublikationen liturgischer Texte: "Dabei geht es insbesondere um die Verbreitung von nicht autorisierten Verlagsproduktionen liturgischer Texte, die im Gottesdienst verwendet werden ... Liturgische Handlungen sind Feiern der Kirche und stehen nicht der individuellen Gestaltung offen. Um den Schatz der Liturgie zu wahren und zur Entfaltung zu bringen, sind bei der Feier der Liturgie deshalb die genehmigten liturgischen Bücher zu verwenden, das heißt die lateinischen 'editiones typicae' [für die außerordentliche oder ordentliche Form des Römischen Ritus, Anm. v. Verf.] oder eine approbierte landessprachliche Übersetzung (vgl. cann. 846 § 1, 928 CIC). Diese Bücher enthalten die verbindlich zu verwendenden Schrifttexte und Gebete. Sie weisen auch auf bestehende Variationsmöglichkeiten und Freiräume hin, die in bestimmten Teilen [der ordentlichen Form des Römischen Ritus, Anm. v. Verf.] eine Berücksichtigung der örtlichen, zeitlichen und situativen Umstände ermöglichen. Deshalb dürfen amtliche liturgische Texte der Kirche nicht verändert oder ersetzt werden. Ergänzende Publikationen können nur im Rahmen der von der liturgischen Ordnung vorgesehenen Gestaltungsfreiheit entwickelt werden." Und damit sind wir fast schon wieder beim großen Thema der älteren liturgischen Disziplin in der lateinischen Kirche gelandet. Die Bischöfe nahmen noch ein Schreiben der römischen Kleruskongregation vom 8. Dezember 2007 zur Förderung der Eucharistischen Anbetung zugunsten des Klerus und der Priesterberufe zur Kenntnis und stellten dann unter dem Titel "Fragen zur Umsetzung des Motu proprio Summorum Pontificum zur Meßfeier in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus" fest: "Am 14. September 2007 haben die Bestimmungen zur Meßfeier in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus Rechtskraft erhalten. Papst Benedikt XVI. hatte das Motu Proprio Summorum Pontificum zusammen mit einem Brief an die Bischöfe am 7. Juli 2007 erlassen. Wir haben uns auf der Vollversammlung erneut über die Umsetzung der Bestimmungen in den deutschen Diözesen ausgetauscht. Die Leitlinien, die wir auf der Herbst-Vollversammlung am 26. September 2007 verabschiedet haben, sind inzwischen von allen Diözesanbischöfen in Kraft gesetzt und in den Amtsblättern veröffentlicht worden. Im Blick auf die zahlenmäßige Entwicklung von Anträgen und Genehmigungen für die Meßfeier in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus zeigt sich, daß keine erhebliche Zunahme zu verzeichnen ist. Die Vollversammlung bestätigt nochmals, daß Antrag und Genehmigung von Meßfeiern in der außerordentlichen Form unmittelbar zwischen den Gläubigen und ihrem Pfarrer geregelt werden. Kommen Gläubige aus mehreren Pfarreien zusammen, ist der Diözesanbischof zuständig. Initiativen zur Förderung der Meßfeiern in der außerordentlichen Form kommt keine Vermittler- bzw. Anwaltsfunktion in den diözesanen Genehmigungsverfahren zu. Wir gehen davon aus, daß eine Reihe noch offener Fragen (z. B. bezüglich der Leseordnung) in den angekündigten Ausführungsbestimmungen der Kommission Ecclesia Dei geklärt werden. Zur Vorbereitung der Vergleichbarkeit der Berichte, die von den Diözesanbischöfen drei Jahre nach dem Erlaß des Motu proprio an den Heiligen Stuhl zu senden sind, soll das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz zu gegebener Zeit eine Erhebung durchführen." Der Begriff "Leitlinien" ist also im Pressebericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz in bezug auf zwei wichtige Themenstellungen gefallen, in bezug auf das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen und in bezug auf das Apostolische Schreiben Motu proprio Summorum Pontficium. Schon an dieser Stelle kann gefragt werden, was Leitlinien rechtlich bedeuten. Seitens der Deutschen Bischofskonferenz gibt es aber noch mehr Leitlinien, so die sehr wichtigen "Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Mißbrauch Minderjähriger durch Geistliche im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz", aber auch die "Leitlinien zur Jugendpastoral", die "Leitlinien für die mediale Übertragung von gottesdienstlichen Feiern", die "Leitlinien für die Seelsorge an Katholiken anderer Muttersprache" ("Eine Kirche in vielen Sprachen und Völkern") oder die "Leitlinien für den Bau und die Ausgestaltung von gottesdienstlichen Räumen". Andererseits "verwandelten" sich die "Leitlinien für die Ausbildung der Priester“ aus dem Jahr 1969 per 1. Mai 1978 in eine umfassende Rahmenordnung für die Priesterbildung. Klare ethische Orientierung im Sinne des Lehramtes bieten beispielsweise die "Leitlinien für katholische Einrichtungen im Dienst der Gesundheitsfürsorge" der Österreichischen Bischofskonferenz. Da jedoch der Begriff "Leitlinien" nicht von vorneherein kirchenrechtlich umschrieben ist, wird man jeden Text eigens auf seinen Verpflichtungsgrad prüfen müssen. Dies gilt auch im Falle römischer oder diözesaner Dokumente wie zum Beispiel im Falle der römischen "Leitlinien zu den Beziehungen zwischen Bischöfen und Ordensleuten in der Kirche" (14. Mai 1978) oder im Falle der "Leitlinien für die Ausbildung der künftigen Priester in den Medien der sozialen Kommunikation" (19. März 1986) oder im Falle der "Leitlinien für das Studium und den Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung" (30. Dezember 1988), aber auch - um nur ein einziges Beispiel eines Bistums anzuführen - im Falle der "Leitlinien für die Weiterentwicklung der Seelsorge im Bistum Eichstätt" (30. Dezember 2002, Pastoralblatt vom 20. Januar 2003, Nr. 2). Mit Bezug auf die Leitlinien der katholischen Bischöfe Deutschlands zum Apostolischen Schreiben Summorum Pontificum und somit zur außerordentlichen Form des Römischen Ritus hat nun Hw. Dr. iur. can. Gero P. Weishaupt, Latinist bei Radio Vatikan, kirchenrechtliche Anmerkungen zu der zuvor zitierten Pressemeldung des ehemaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, unter dem fragenden Titel "Leitlinien oder allgemeine Ausführungsbestimmungen?" veröffentlicht. Sein Beitrag ist bei www.summorum-pontificum.de nachlesbar und wird in mein Blogbuch von kath.net übernommen: "Der scheidende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, hat in einem Pressebericht im Anschluß an die Frühjahrs-Hauptversammlung der Deutschen Bischofkonferenz vom 11. bis 14. Februar 2008 u. a. auch Stellung genommen zur Frage der Umsetzung des Motu Proprio Summorum Pontificum. Darin teilt Kardinal Lehmann mit: 'Die Leitlinien, die wir auf der Herbst-Vollversammlung am 26. September 2007 verabschiedet haben, sind inzwischen von allen Diözesanbischöfen in Kraft gesetzt und in den Amtsblättern veröffentlicht worden.' Die Mitteilung ruft die Frage hervor: Haben die Bischöfe nun Leitlinien veröffentlicht oder allgemeine Ausführungsbestimmungen erlassen? Was meint Kardinal Lehmann hier mit 'Leitlinien'? Als Kirchenrechtler mache ich hierzu folgende Anmerkungen: 1. Leitlinien sind keine allgemeinen Ausführungsbestimmungen im Sinne der decreta generalia exsecutoria des can. 32 CIC. Infolgedessen können sie nicht diejenigen binden, die durch das Motu Proprio Summorum Pontificum verpflichtet werden. Dessen Anwendungsweisen werden ausschließlich entweder durch eine Instruktion nach can. 34, die sich in erster Linie nicht an die Gläubigen, sondern an die kirchlichen Behörden richten würde, oder durch allgemeine Ausführungsbestimmungen nach can. 32 bestimmt, nicht aber durch 'Leitlinien'. Außerdem können nur allgemeine Ausführungsbestimmungen die Befolgung des Motu Proprio einschärfen (vgl. can. 32). Der Begriff 'Leitlinie' ist keine kirchenrechtliche, d. h. im kirchlichen Gesetzbuch anzutreffende Kategorie. 2. Leitlinien im eigentlichen Sinn des Wortes können nicht in Kraft gesetzt werden, da sie keinerlei Gesetzeskraft besitzen oder eine ein Gesetz (hier das Motu Proprio) ausführende Funktion haben. Leitlinien werden vielmehr nur zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht und dienen der Orientierung, wie Kardinal Lehmann selbst im Anschluß an die Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im September 2007 richtig gesagt hatte. 3. Der in der Pressemeldung verwendete Begriff 'Leitlinien' deckt nicht den kirchenrechtlichen Begriff 'allgemeine Ausführungsbestimmungen' des can. 32 ab. Aus dem Text der Pressemeldung geht darum nicht mit der für die Rechtssicherheit der Gläubigen, die die Feier der heiligen Messe nach dem außerordentlichen Usus des Römischen Ritus wünschen, erforderlichen Eindeutigkeit hervor, ob es sich bei den von den Bischöfen für ihre Diözesen bereits erlassenen Bestimmungen nur um 'Leitlinien' oder um 'allgemeine Ausführungsbestimmungen' handelt. Nur letztere hätten bindende Kraft, allerdings nur so weit, als sie dem Wortlaut und dem Geist des Motu Proprio Summorum Pontificum nicht widersprechen. Das sagt unmißverständlich der kanonische Gesetzgeber in can. 33 § 1: 'Allgemeine Ausführungsbestimmungen, auch wenn sie in Direktorien oder anders benannten Dokumenten' (etwa in diözesanen Amtsblättern) 'herausgegeben werden, heben Gesetze nicht auf, und soweit ihre Vorschriften Gesetzen widersprechen, entbehren sie jeglicher Rechtskraft'. 4. Im Einzelfall – von Diözese zu Diözese – müßte in den einzelnen Amtsblättern nachgeprüft werden, ob der jeweilige Diözesanbischof tatsächlich für seine Diözese allgemeine Ausführungsbestimmungen im Sinne des can. 32 erlassen oder nur Leitlinien veröffentlicht hat, die in bezug auf die Umsetzung des Motu Proprio Summorum Pontificum keine kirchenrechtlich bindende, sondern nur orientierende Kraft hätten. Sollte es sich bei den Erlässen in den diözesanen Amtsblättern um allgemeine Ausführungsbestimmungen handeln, müßte das eindeutig aus Titel und Text hervorgehen. [Es wäre allerdings merkwürdig, wenn die Bischöfe noch im Vorfeld der zu erwartenden für die Gesamtkirche bestimmten Anweisungen der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei zur praktischen Umsetzung des Motu Proprio Summorum Pontificum, sei es daß sie diese in der Form einer Instruktion im Sinn des can. 34, sei es daß sie sie in der Form von allgemeinen Ausführungsbestimmungen nach can. 32 erlassen würden, selber allgemeine Ausführungsdekrete erstellt hätten. Die diözesanen Ausführungsbestimmungen müßten nämlich an diese von der höchsten Gesetzgebungs- und Verwaltungsinstanz, nämlich vom Papst selber, erlassenen wieder angepaßt werden bzw. würden durch diese aufgehoben.]" Im Anschluß an diese wertvolle und korrekte Anfrage Dr. Weishaupts kann derzeit von meiner kirchenrechtlichen Warte aus zu den in seinem Beitrag in Frage stehenden Leitlinien nur folgendes allgemein gesagt werden: Leitlinien verpflichten nicht automatisch die Gläubigen im jeweiligen Bistum auf dem Gebiet der Deutschen Bischofskonferenz, sondern sind - vor einer ausdrücklichen gesetzesmäßigen Inkraftsetzung in einem Bistum - nichts anderes als eine abgesprochene freiwillige Selbstverpflichtung jedes einzelnen unterzeichneten und regierenden Diözesanbischofs besagter Bischofskonferenz. Ob der einzelne regierende Bischof diese Leitlinien dann auch im Amtsblatt des ihm anvertrauten Bistums verlautbaren läßt oder nicht, ist dabei unerheblich. Wenn er es tut, können die Gläubigen davon ausgehen, daß er sich an diese freiwillige Zusage im Rahmen der Bischofskonferenz halten wird. Da die angesprochenen Leitlinien gemäß ihrem Text in Kraft getreten sind, ergeben sie nur Sinn, wenn sich alle beteiligten Bischöfe auch daran halten. Die Leitlinien verpflichten daher grundsätzlich niemand anderen als die Diözesanbischöfe selbst, ausgenommen sie würden im Einzelfall dem allgemeinen und oder einem gültigen Spezialrecht territorialer oder personaler Art widersprechen. Die Frage ist dann, ob neu ernannte und geweihte Bischöfe, die noch nicht Mitglieder der Bischofskonferenz zum jeweiligen Unterzeichnungszeitpunkt waren, einfach ohne eigene Willenskundgabe zur Einhaltung von Leitlinien - welcher Leitlinien auch immer - gehalten sind, wenn diese nicht ausdrücklich im jeweiligen Bistum als Gesetz in Kraft getreten wären. Und so bleibt im Falle der außerordentlich-lateinischen Liturgie die primäre Orientierung an dem, was der Heilige Stuhl vorgibt, auch was die neue Karfreitagsfürbitte für die Juden betrifft. In Kürze werden von dort auch erstmals Ausführungsbestimmungen zum Motu proprio erwartet. Leitlinien können dann in weiterer Folge (nur noch) pastorale Verstehenshilfen sein, aber auch rechtmäßig binden, wenn sie dazu nach den geltenden (oben angesprochenen) kirchenrechtlichen Kriterien überhaupt geeignet sind. In diesem Sinne wünsche ich allen interessierten Lesern einen guten zweiten Fastensonntag! Euer Padre Alex - Vizeoffizial Dr. Alexander Pytlik |
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