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Verständnishilfe für die grundlegende Vorgangsweise
der Kongregation für die Glaubenslehre
bei Vorwürfen sexuellen Mißbrauchs

 

 
Rechtsgrundlage ist das Motu proprio Sacramentorum sanctitatis tutela vom 30. April 2001 zusammen mit dem Codex des kanonischen Rechtes. Diese Verständnishilfe kann als Einführung für Laien und Nicht-Kirchenrechtler hilfreich sein.

A) Die Voruntersuchungen

Die Diözese vor Ort untersucht jede Anschuldigung auf sexuellen Mißbrauch einer minderjährigen Person durch einen Kleriker.

Wenn die Anschuldigung auf einen wahren Sachverhalt hindeutet, wird der Fall der Kongregation für die Glaubenslehre vorgelegt. Der Ortsbischof gibt alle notwendigen Informationen an die Glaubenskongregation weiter und teilt seine Meinung mit, welche Vorgehensweisen gewählt und welche Maßnahmen kurzfristig und langfristig getroffen werden sollen.

Die staatlichen Gesetze hinsichtlich der Anzeige von Straftaten bei den zuständigen Behörden sind immer zu befolgen.

Während der Voruntersuchungen und bis zum Abschluß des Falls kann der Bischof vorbeugende Maßnahmen verhängen, um die Gemeinschaft – die Opfer eingeschlossen – zu schützen. In der Tat behält der Ortsbischof immer selbst die Vollmacht, Kinder zu schützen, indem er die Aktivitäten eines jeden Priesters seiner Diözese einschränkt. Das ist Teil seiner ordentlichen Amtsgewalt, die er in jeglichem notwendigen Umfang einsetzen soll, damit Kinder nicht zu Schaden kommen. Diese Vollmacht kann nach Ermessen des Bischofs vor, während und nach jedem kirchenrechtlichen Vorgang ausgeübt werden.

 

B) Die von der Glaubenskongregation autorisierten Vorgänge

Die Glaubenskongregation prüft den vom Ortsbischof vorgelegten Fall und bittet wenn nötig um zusätzliche Informationen.

Die Glaubenskongregation hat dabei mehrere Optionen:

1) Strafprozeß

Die Glaubenskongregation kann den Ortsbischof autorisieren, ein Strafverfahren an einem Gericht einer Teilkirche durchzuführen. Jedes Berufungsverfahren zu einem solchen Fall würde einem Gericht der Glaubenskongregation übertragen.

Die Glaubenskongregation kann den Ortsbischof beauftragen, einen Verwaltungsstrafprozeß vor einem Delegierten des Ortsbischofs zu führen, dem zwei Beisitzer assistieren. Der beschuldigte Priester wird aufgefordert, auf die Anschuldigungen zu antworten und die Beweislage zu prüfen. Der Angeklagte hat ein Recht, gegen ein kirchenrechtliches Strafdekret Rekurs bei der Glaubenskongregation einzulegen. Die Entscheidung der Kardinäle, die Mitglieder der Glaubenskongregation sind, ist dann endgültig.

Wenn der Kleriker für schuldig befunden wird, können sowohl Gerichts- als auch Verwaltungsstrafverfahren den Kleriker zu einer Reihe von kirchenrechtlichen Strafen verurteilen, wobei die schwerwiegendste die Entlassung aus dem Klerikerstand ist. Die Frage des Schadensersatzes kann bei diesen Verfahren auch direkt mitbehandelt werden.

2) Fälle, die dem Heiligen Vater direkt vorgelegt werden

In sehr schweren Fällen, bei denen ein staatliches Strafverfahren einen Kleriker für schuldig befunden hat oder bei denen die Beweislage überwältigend ist, kann die Glaubenskongregation entscheiden, den Fall dem Heiligen Vater direkt vorzulegen, verbunden mit dem Ersuchen, daß der Papst ein Ex-officio-Dekret zur Entlassung aus dem Klerikerstand verfüge. Gegen ein päpstliches Dekret gibt es keine kirchenrechtliche Berufung.

Die Glaubenskongregation legt dem Heiligen Vater auch die Gesuche beschuldigter Priester vor, welche angesichts ihrer Straftaten darum bitten, von ihren priesterlichen Pflichten dispensiert und in den Laienstand zurückversetzt zu werden. Der Heilige Vater gewährt diese Bitten zum Wohl der Kirche („pro bono Ecclesiae“).

3) Disziplinarmaßnahmen

In Fällen, in denen der beschuldigte Priester seine Straftaten eingesteht und akzeptiert hat, ein Leben des Gebetes und der Buße zu führen, gestattet es die Glaubenskongregation dem Ortsbischof, ein Dekret zu erlassen, welches den öffentlichen Dienst eines solchen Priesters verbietet oder einschränkt. Solche Dekrete werden durch einen Strafbefehl auferlegt, der für den Fall der Verletzung der durch jenes Dekret erlassenen Bedingungen eine Kirchenstrafe, nicht ausgeschlossen die Entlassung aus dem Klerikerstand, vorsieht. Gegen solche Dekrete ist ein Verwaltungsrekurs bei der Glaubenskongregation möglich. Die Entscheidung der Kongregation ist dann endgültig.

 

C) Überarbeitung des Motu proprio Sacramentorum sanctitatis tutela

Seit einiger Zeit hat die Glaubenskongregation einige Artikel des Motu proprio Sacramentorum Sanctitatis tutela einer Revision unterzogen, um das genannte Motu proprio aus dem Jahre 2001 im Lichte der von Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI. der Glaubenskongregation gewährten Sonderbefugnisse zu überarbeiten. Die in Diskussion befindlichen Änderungen betreffen nicht die oben genannten Vorgehensweisen (vgl. A und B1 - B3).

 

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