ANMERKUNGEN ZU NEUEREN PASTORALEN HINWEISEN DER DIÖZESANBISCHÖFE VON WIEN UND REGENSBURG FÜR WIEDERVERHEIRATETE GESCHIEDENE CHRISTGLÄUBIGE



VON VIZEOFFIZIAL MAG. MAG. DR. ALEXANDER PYTLIK
STAND: 14. OKTOBER 2004

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(Stand der angegebenen Verlinkungen: 02. MÄRZ 2008)

Die vorliegende wissenschaftliche Kurzanalyse als PDF-Dokument.



Vorbemerkung

Ursprünglich war dieser Kommentar1 nur als rasche Reaktion auf Bemerkungen Seiner Eminenz, des hochwürdigsten Kardinal-Erzbischofs von Wien, Univ.-Prof. Dr. Christoph Schönborn, in einer österreichischen Fernsehdiskussion gedacht. Obschon mittlerweile einige Tage vergangen sind, fehlte die Zeit, alle unten ins Treffen geführten Punkte ausführlich zu begründen. Diese Mängel und die Ausbaufähigkeit des Beitrages möge der geneigte Leser daher immer vor Augen haben.



Ausgangspunkt

Beim feierlichen Requiem für die Seele des verstorbenen österreichischen Bundespräsidenten, Dr. Thomas Klestil, sagte Christoph Kardinal Schönborn am 10. Juli 2004 in seiner Predigt unter anderem: "Mit Betroffenheit sehen wir, wie groß heute die Sehnsucht nach dem Gelingen von Beziehungen, die Sehnsucht nach Geborgenheit in Ehe und Familie ist, und wie schwer dieses Gelingen geworden ist. Die Haltung der Kirche in dieser Frage hast Du respektiert, auch wenn es Dir nicht leicht fiel. Es fällt auch der Kirche nicht leicht, den Weg zwischen dem unbedingt notwendigen Schutz für Ehe und Familie einerseits und der ebenso notwendigen Barmherzigkeit mit dem menschlichen Scheitern und Neubeginnen anderseits zu finden. Vielleicht, lieber Freund, ist Dein Tod Anlaß, uns alle gemeinsam um beides zu bemühen, im Wissen, daß beides notwendig und daß beides nicht einfach ist."2 Konnte man hernach den Auslegungen, daß es sich dabei um eine klare Andeutung zur Änderung der verbindlichen Praxis3 der Katholischen Kirche im Falle sogenannt wiederverheiratet-geschiedener Christgläubigen gehandelt hätte, noch widersprechen, da vom Wiener Kardinal4 mit keinem Worte konkretisiert worden war, was diese notwendige Barmherzigkeit alles beinhalten müßte, so ist man seit kurzem verunsichert.

Anläßlich der durch eine Apostolische Visitation und Neuernennung des Diözesanbischofs in der Diözese St. Pölten gefundenen Lösung fand im Österreichischen Fernsehen am 10. Oktober 2004 die Diskussion "Offen gesagt" zum Thema "Findet die Kirche Wege aus der Krise?" statt, in welcher nämlich Kardinal Schönborn eine Art Bewegung im Umgang mit den wiederverheirateten Geschiedenen ankündigte. Er hätte dieses Thema "in einem sehr dramatischen Moment" beim Begräbnis von Bundespräsident Dr. Thomas Klestil schon angesprochen. Und er wollte diesen Weg weitergehen. Allerdings würde er dies nicht an die große Glocke hängen, weil er nicht wünschte, daß dies ein großes Medienthema wäre. Das wäre nämlich eine pastorale Frage. Und obschon Kardinal Schönborn in derselben Diskussion auch vermerkte, daß die Vertreter des sogenannten "Kirchenvolksbegehrens" in Österreich "Selbstfrustration praktizieren, indem sie Themen behandeln, die Sache der Weltkirche sind", wurde der Eindruck verstärkt, daß es sich nunmehr tatsächlich um eine stille Kursänderung bzw. Bestätigung durchaus gängiger und offenbar nicht lehramtstreuer Praxis5 seitens des Kardinal-Erzbischofs handeln könnte, nämlich durch eine bestätigende Wortmeldung des unter demselben Erzbischof wirkenden Pastoraltheologen Univ.-Prof. Dr. Dr. Paul Michael Zulehner, der sich nebenbei gerne als universaler kirchenpolitischer Kommentator und Bewerter potentieller Bischofskandidaten hervortut. Zulehner meinte zu den Andeutungen des Wiener Kardinals, daß dies in der Erzdiözese Wien nichts Neues wäre. Es gäbe dort bereits Programme in diese Richtung, und eine entsprechende Ausbildung der Seelsorger liefe bereits. Das aber wollte man in Ruhe und auch abseits von Rom entwickeln. Zulehner verstieg sich sogar zur Einschätzung, daß im Gegensatz zu Seiner Heiligkeit Papst Johannes Paul II. der Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, Joseph Kardinal Ratzinger, in diesen Fragen flexibler6 wäre und es unter einem neuen Pontifikat zu einer Änderung kommen könnte. Andererseits erklärte jedoch Erich Leitenberger, Pressesprecher des Wiener Erzbischofs, auf Anfrage der "Wiener Zeitung"7, daß man in Österreich sicher keinen Sonderweg beschreiten, sondern im Einvernehmen mit der Weltkirche handeln wollte. Es ginge um eine verstärkte seelsorgliche Begleitung.

In den Sinn kamen einem bei diesen Andeutungen und eher verwirrenden Hinweisen auch wieder die Bemerkungen des Regensburger Diözesanbischofs Univ.-Prof. Dr. Gerhard Ludwig Müller zur Pastoral an wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen vom 15. März8 und 27. März9 bzw. 7. April 200310, mit denen er besonders der angeblich virulenten Frage nach dem Sakramentenempfang jener Gläubigen nachgehen wollte, "die im Eheprozeß nicht die Ungültigkeit der ersten Eheschließung nachweisen können (weil keine Zeugen zum Nachweis der behaupteten Ungültigkeit zur Verfügung stehen, zumal wenn der erste Partner aus Gleichgültigkeit oder aus Rachegefühlen die Aussagen verweigert), aber bei denen mit großer moralischer Gewißheit feststeht, daß es sich um eine ungültige Ehe gehandelt hat."11

Dies alles - wenn auch in unterschiedlicher Nuancierung vorgetragen - verwundert um so mehr, als der Päpstliche Rat zur Interpretation von Gesetzestexten am 24. Juni 2000 zur Frage des Kommunionempfanges wiederverheirateter Geschiedener im Hinblick auf Auslegungen vereinzelter Kanonisten, daß nämlich unter den can. 915 CIC 1983 und das dort ausgesprochene Verbot des Empfanges der heiligsten Eucharistie im Falle einer offenkundig schweren Sünde wiederverheiratete geschiedene Christgläubige nicht fielen12, feststellte: dieses Verbot "leitet sich, seiner Natur entsprechend, aus dem göttlichen Gesetz ab und überschreitet den Bereich der positiven kirchlichen Gesetze: Letztere können keine gesetzlichen Änderungen herbeiführen, die der Lehre der Kirche widersprechen würden. Der Schrifttext, auf den sich die kirchliche Tradition immer beruft, findet sich beim hl. Paulus: 'Wer also unwürdig von dem Brot ißt und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn ...' (1 Kor 11, 27-29)"13. "Die Pflicht, die Unmöglichkeit der Zulassung zum Empfang der Eucharistie zu unterstreichen, ist vielmehr Bedingung wirklicher pastoraler Sorge, echter Sorge um das Wohl dieser Gläubigen und der ganzen Kirche"14.

So fühlt man sich plötzlich doch wieder um mehr als 10 Jahre zurückversetzt, als im Sommer 1993 die damaligen Bischöfe der Oberrheinischen Kirchenprovinz, nämlich Karl Kardinal Lehmann, Walter Kardinal Kasper und Erzbischof Dr. Oskar Saier ein gemeinsames Hirtenschreiben "zur Pastoral mit Geschiedenen und Wiederverheirateten Geschiedenen"15 sowie "Grundsätze für eine seelsorgliche Begleitung von Menschen aus zerbrochenen Ehen und von Wiederverheirateten Geschiedenen"16 formulierten. Sie vermeinten damit einen Weg zur Sakramentenzulassung zu eröffnen, wobei ein persönliches Gewissensurteil unter Anleitung eines erfahrenen Seelsorgers die Grundlage bilden sollte und so nach ihrer Auffassung trotzdem gleichzeitig die grundlegende Ordnung der Kirche nicht verletzt wäre.

"Rein" pastorale Frage? Wie aber bleiben wir dem Lehramt treu?

Ist dies aber wirklich alles nur eine pastorale Frage? Genau darum geht es - der Sinn dieser Anmerkungen ist es, aufzuzeigen, wie wir und insbesondere kirchliche Amtsträger der Lehre der Katholischen Kirche treu bleiben können. Darum seien nun einige Punkte angeführt, die meines Erachtens auch in jeglicher pastoralen Bemühung von allen bedacht werden müssen. Zugegeben, bereits jetzt stellt sich die Frage, welchen Sinn dann aber überhaupt die im Ausgangspunkt notierten bischöflichen Wortmeldungen in der Öffentlichkeit haben können.



1. Es darf in der Öffentlichkeit nicht einmal der Anschein erweckt werden, daß die (kirchliche) Rechtssicherheit17 und das Bemühen um gute und unauflösliche Ehen nicht mehr an erster Stelle stünden. Im verbindlichen Schreiben der Glaubenskongregation an die Bischöfe über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen vom 14. September 1994 wurde daher schon in der Nummer 318 als kritisches Anlaßbeispiel auch ausdrücklich der hypothetisierte Fall genannt, in welchem jemand von der Ungültigkeit seiner vorausgehenden Ehe überzeugt wäre, dies aber im äußeren Bereich angeblich nicht aufzeigen könnte. Bei Ernstnahme nun der im Ausgangspunkt des Beitrages genannten Andeutungen und Vorschläge müßte konsequenterweise trotzdem wieder jeder Einzelfall genauestens geprüft werden: dies ist wohl eine Überforderung für den Durchschnittspfarrer.19 In den jeweiligen Vorschlägen zur Änderung der verbindlichen kirchlichen Praxis werden im Grunde immer Ausnahmesituationen herbeigeredet, die also wiederum erst nachgewiesen werden müßten. Es müßte schließlich doch gewährleistet bleiben, daß die Beurteilungskompetenz für solche Fälle wiederum dem einzig kompetenten Richter, nämlich dem Bischof oder seinen von ihm beauftragten sowie gut ausgebildeten Diözesanrichtern vorzutragen sind. So bergen viele Vorschläge der quasi-parallelen prozessualen Vereinfachung20, um die Sache noch freundlich anzusprechen, meistens - wenn auch oft unbewußt - in sich einen praktischen Angriff gegen die Unauflöslichkeit der gültig geschlossenen Ehe mit all ihren Konsequenzen. Dann bemühte sich nämlich in Konsequenz kaum mehr jemand um die Ernstnahme kirchengerichtlicher Urteile, die in größten Mühen erarbeitet wurden, und wenn sie negativ wären (also das Eheband als gültig bestätigt würde), behauptete dann (potentiell) jeder, er hätte eine sogenannte höchste moralische Gewißheit vom gegenteiligen Zustand. Genau hier hat die Römische Glaubenskongregation jedoch unter anderem im Jahr 1994 angesetzt.



2. In bestimmten Theologenkreisen wird die nötige Gläubigkeit der Eheleute weiterhin überbetont bzw. scheint nicht mehr klar, welcher Glaubensbegriff für die sakramentale Ehe Geltung hat, oder scheint plötzlich die mit der kirchlichen Lehre nicht vereinbare Trennung von Ehevertrag und Ehesakrament möglich.21 Wenn die Brautleute jedoch nichts ausschließen, was die Naturehe beinhaltet - und selbst wenn sie nicht besonders mit der Kirche lebten - änderte dies gar nichts an der absoluten Unauflöslichkeit einer einmal gültig geschlossenen und vollzogenen Ehe zwischen getauften Christen. Seine Heiligkeit Papst Johannes Paul II. hat daher in voller Klarheit am 1. Februar 2001 in seiner Ansprache zur Eröffnung des Gerichtsjahres der Rota Romana erinnert: "Wenn die Kirche lehrt, daß die Ehe eine natürliche Realität ist, dann legt sie hiermit eine Wahrheit vor, die von der Vernunft für das Wohl der Ehepartner und der Gesellschaft verdeutlicht und durch die Offenbarung unseres Herrn bestätigt wird (...) Die Tatsache aber, daß das natürliche Faktum von unserem Herrn mit Autorität bestätigt und zum Sakrament erhoben wurde, rechtfertigt in keiner Weise die heute leider weitverbreitete Tendenz zu einer Ideologisierung des Ehebegriffs - Natur, wesentliche Eigenschaften und Zielsetzungen - indem eine verschiedene Konzeption der Gültigkeit seitens eines Gläubigen oder Nichtgläubigen, eines Katholiken oder eines Nichtkatholiken eingefordert wird, beinahe so als sei das Sakrament eine nachträgliche und dem natürlichen Faktum äußerliche Wirklichkeit und nicht das natürliche Faktum selbst, das von der Vernunft herausgestellt, von Christus angenommen und erhoben wurde zum Zeichen und Mittel des Heils (...) Bevor ich zum Schluß komme, möchte ich kurz auf das Verhältnis zwischen der natürlichen Eigenart der Ehe und ihrer Sakramentalität zu sprechen kommen, da seit der Zeit des II. Vatikanischen Konzils des öfteren der Versuch einer Belebung des übernatürlichen Aspekts der Ehe unternommen wurde - auch durch theologische, seelsorgliche und kirchenrechtliche Vorhaben, die der Tradition fremd sind, so etwa den Glauben als Voraussetzung für die Eheschließung zu fordern (...) von den sieben Sakramenten ist die Ehe, obwohl sie ein 'signum significans et conferens gratiam' ist, das einzige, das sich nicht auf eine spezifisch auf die Erreichung direkt übernatürlicher Ziele hingeordnete Tätigkeit bezieht. Die Ehe hat nämlich nicht nur als vorrangige, sondern als eigentliche Ziele 'indole sua naturali' das 'bonum coniugum' und die 'prolis generatio et educatio' (CIC, can. 1055). - In einer anderen Perspektive bestünde das sakramentale Zeichen in der Antwort des Glaubens und des christlichen Lebens der Ehepartner, und es würde ihm eine objektive Konsistenz fehlen, die es uns ermöglicht, es zu den wahren christlichen Sakramenten zu zählen. Daher zieht die Verdunkelung der natürlichen Dimension der Ehe, mit ihrer Beschränkung auf eine rein subjektive Erfahrung, auch eine implizite Leugnung ihrer Sakramentalität nach sich. Es ist hingegen gerade das korrekte Verständnis dieser Sakramentalität im christlichen Leben, das zu einer Aufwertung seiner natürlichen Dimension führt. -Andererseits, wenn man für das Sakrament Voraussetzungen hinsichtlich der Intention oder des Glaubens einführen wollte, die weitergehen als die, sich nach dem göttlichen Plan des 'Anfangs' zu vermählen, so würde dies nicht nur die großen Risiken nach sich ziehen, die ich in Familiaris consortio genannt habe (Nr. 68): unbegründete und diskriminierende Urteile, Zweifel über die Gültigkeit der schon geschlossenen Ehen, insbesondere die der getauften Nichtkatholiken, sondern dies würde auch unweigerlich dazu führen, die Ehe der Christen von der der anderen Personen zu trennen. Dies würde dem wahren Sinn des göttlichen Plans völlig entgegenstehen, wonach gerade die geschaffene Wirklichkeit ein 'großes Geheimnis' in bezug auf Christus und die Kirche ist."22 Und nur weil allgemein die Unauflöslichkeit nicht mehr so ernstgenommen würde, hieße dies lange noch nicht, daß jemand dies für seine konkrete Ehe auch so sehen muß. Meist ist es ganz anders, daß nämlich die konkreten Eheleute für sich ganz klar denken: "Wir wollen immer beisammen bleiben." Allgemeine Ideologien müssen erst nachweislich den Willen derart bestimmt haben, daß ein aktiver Ausschluß der Unauflöslichkeit einer konkreten Ehe bestanden haben könnte. Das Maß der Gültigkeit einer sakramentalen Ehe ist also nicht irgendein "charismatischer Tief-Glaube", sondern das normal vorbereitete Ja-Wort freiwillig gekommener Christen, die nichts Wesentliches und auch nicht die Kompetenz der Kirche und Gottes mit aktivem Willen ausschließen. Man merkt sehr stark, daß manche auch sehr geschätzte Theologen in diesem auch vom Papst im Jahre 2001 betonten ehe- bzw. naturrechtlichen Bereich nicht wirklich ganz zu Hause zu sein scheinen. Doch auch Bischöfe sind verpflichtet, ihre Gedanken und Schlüsse in Konfrontation mit der gültigen und aus der sicheren Lehre der Kirche herausfließenden Rechtspraxis zu setzen, an die der Papst praktisch jedes Jahr die Sacra Rota Romana ganz klar erinnert.23 Wer hier das irrtumsanfällige "private" forum internum24 zum plötzlichen und nicht mehr öffentlich kontrollierbaren Maßstab des Kommunionempfanges und konsequenterweise (!) sogar einer potentiellen Wiederheirat macht, der führt die Lehre der Kirche - auch wenn er im Kontext noch das Gegenteil betont - offenbar doch ad absurdum.

3. Es bleibt interessant, daß die kleinen und großen Abweichungen von der gültigen und irrtumsfreien Glaubens- und Sittenlehre der Kirche mit all ihren Konsequenzen in Theorie und Praxis weiterhin zumeist mit Bezug auf ein angeblich mögliches persönliches Gewissensurteil eines Katholiken (!) begründet werden, welcher den kirchlichen Spruch zwar hört (!), aber trotzdem nicht berücksichtigen möchte, so zum Beispiel mit dem im Recht so nicht beschriebenen Begriff einer "höchsten moralischen Gewißheit"25, während die kirchlichen Richter für ihr Ehenichtigkeitsurteil "lediglich" eine moralische Gewißheit26 benötigen. Die superlativische Zuspitzung dieses juridischen Begriffes verrät bereits die Defensive von Theologen, die im Grunde nur noch einen letzten Ausweg für die Nichtübereinstimmung mit dem Lehramt der Kirche in einem bestimmten Punkte suchen. In Wirklichkeit gibt es keine noch so spitzfindig formulierte Ausrede, die Prinzipien des kirchlichen Lehramtes in plötzlich ganz speziellen und (plötzlich besser als im derzeit gültigen prozessualen Weg) hochgenau überprüften Ausnahmefällen legitim umgehen zu können. Wenn es die Hypothese des von Bischof Müller geschilderten Grenzfalles, in dem "die Ungültigkeit der ersten Eheschließung mit höchster moralischer Gewißheit feststeht"27, wirklich gibt, dann behaupte ich, daß diese angeblich so eindeutige Ehenichtigkeit bei normal arbeitenden Kirchengerichten unserer Breiten trotz aller vom Regensburger Bischof genannten Hindernisse (als ob ausgebildete Richter die angesprochene Gleichgültigkeit oder ein Rachegefühl der anderen Partei nicht richtig bewerten könnten) leicht erreichbar ist. Noch absurder wird es aber, wenn Bischof Müller weiterfolgert: "Weil in diesem Fall das unauflösbare Eheband nicht besteht, bildet es kein objektives Hindernis für den Empfang der heiligen Kommunion"28. Damit ist Tür und Tor für eine Fülle von Ausreden geöffnet, warum man keine Zeit, keine Lust und keine Möglichkeit für den regulären prozeßrechtlichen Weg gehen wollte, weil man persönlich angeblich die "höchste moralische Gewißheit" der Ehenichtigkeit besitze, ja mehr noch, es bestünde überhaupt kein Eheband mehr. Warum sollte das ein Grenzfall sein? Es geht hier nicht nur um die Frage, wer was interpretiert, sondern es sind die Konsequenzen aus der Unauflöslichkeit der Ehe zu sehen, weil wir sonst das Wort Christi29 verraten würden. Das bequeme Sich-Ersparen-Wollen des kirchengerichtlichen Weges, gegen das sich jedoch Bischof Müller in der Vorrede zum absurd anmutenden Beispiel andererseits grundsätzlich ausspricht, oder das angeblich höchste moralisch-gewisse Besserwissen gegenüber mehreren Instanzen (vom Papst bzw. vom Bischof bestellter und ausgebildeter kirchlicher Richter), im Anschluß also an den gerichtlichen Weg ist nicht tolerierbar: "Das alte philosophische und theologische Problem von einer 'doppelten Wahrheit' kehrt auch heute immer wieder in die Theologie und Verkündigung zurück."30

Wenn also ein Diözesanbischof trotz aller Einschränkungen schreibt: "Hier kann der Bischof und Priester, denen von Christus die Binde- und Lösegewalt innerhalb des Bußsakramentes anvertraut worden ist, die Erlaubnis zum Kommunionempfang verantworten"31, befindet er sich doch in direktem Gegensatz zum kirchlichen Lehramt, welches u. a. im Jahre 1994 in Erinnerung gerufen hat, was weiter gültig sein muß: "Gläubige, die wie in der Ehe mit einer Person zusammenleben, die nicht ihre rechtmäßige Ehegattin oder ihr rechtmäßiger Ehegatte ist, dürfen nicht zur heiligen Kommunion hinzutreten. Im Falle, daß sie dies für möglich hielten, haben die Hirten und Beichtväter wegen der Schwere der Materie und der Forderungen des geistlichen Wohls der betreffenden Personen und des Allgemeinwohls der Kirche die ernste Pflicht, sie zu ermahnen, daß ein solches Gewissensurteil in offenem Gegensatz zur Lehre der Kirche steht. Sie müssen diese Lehre zudem allen ihnen anvertrauten Gläubigen in Erinnerung rufen (...) Die irrige Überzeugung von wiederverheirateten Geschiedenen, zum eucharistischen Tisch hinzutreten zu dürfen, setzt normalerweise voraus, daß dem persönlichen Gewissen die Macht zugeschrieben wird, in letzter Instanz auf der Grundlage der eigenen Überzeugung über das Bestehen oder Nichtbestehen der vorausgehenden Ehe und über den Wert der neuen Verbindung zu entscheiden. Eine solche Auffassung ist jedoch unzulässig (...) Das Gewissensurteil über die eigene eheliche Situation betrifft daher nicht nur die unmittelbare Beziehung zwischen Mensch und Gott, als ob man ohne die kirchliche Vermittlung, die auch die im Gewissen verbindlichen kanonischen Normen einschließt, auskommen könnte. Diesen wichtigen Aspekt nicht zu beachten, würde bedeuten, die Ehe faktisch als Wirklichkeit der Kirche, das heißt als Sakrament, zu leugnen (...) Während die Disziplin der Kirche die ausschließliche Kompetenz der Ehegerichte bezüglich der Prüfung der Gültigkeit der Ehe von Katholiken bekräftigt, bietet sie auch neue Wege, um die Ungültigkeit einer vorausgehenden Verbindung zu beweisen, und zwar mit dem Ziel, jede Abweichung der Wahrheit, die im prozessualen Weg nachweisbar ist, von der objektiven, vom rechten Gewissen erkannten Wahrheit so weit wie möglich auszuschließen. Das Befolgen des Urteils der Kirche und die Beobachtung der geltenden Disziplin bezüglich der Verbindlichkeit der für eine gültige Ehe unter Katholiken notwendigen kanonischen Form ist das, was dem geistlichen Wohl der betroffenen Gläubigen wahrhaft nützt."32

Und die Erklärung des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte zum can. 915 CIC 1983 vom 24. Juni 2000 hält fest: "Natürlich rät die pastorale Klugheit mit Nachdruck, Fälle öffentlicher Verweigerung der hl. Kommunion zu vermeiden. Die Seelsorger müssen den betreffenden Gläubigen den wahren kirchlichen Sinn der Norm zu erklären suchen, damit diese sie verstehen oder wenigstens respektieren können. Wenn es jedoch zu Situationen kommt, in denen solche Vorsichtsmaßnahmen keine Wirkung erzielt haben oder nicht möglich waren, muß der Kommunionspender die hl. Kommunion demjenigen verweigern, dessen Unwürdigkeit öffentlich bekannt ist. Er wird das mit großer Liebe tun und wird versuchen, in einem günstigen Moment die Gründe zu erklären, die ihn dazu verpflichtet haben. Er muß es allerdings auch mit Festigkeit tun, im Bewußtsein des Wertes, die solche Zeichen der Festigkeit für das Wohl der Kirche und der Seelen haben. Das Urteil in den Fällen des Ausschlusses vom Kommunionempfang von Gläubigen, die sich in der beschriebenen Situation befinden, steht dem verantwortlichen Priester der jeweiligen Gemeinschaft zu. Dieser wird dem Diakon oder dem eventuellen außerordentlichen Kommunionspender genaue Anweisungen geben, wie sie sich in den konkreten Situationen verhalten sollen. - In Anbetracht der Natur der oben zitierten Norm (vgl. Nr. 1) kann keine kirchliche Autorität in irgendeinem Fall von dieser Verpflichtung des Kommunionspenders dispensieren oder Direktiven erlassen, die dieser Verpflichtung widersprechen." (Nr. 3 - 4)33



4. Auch wenn sich eine Partei am kirchengerichtlichen Verfahren nicht beteiligt, heißt dies noch lange nicht, daß eine tatsächliche Ungültigkeit nicht vom Gericht erkannt werden könnte.34 Wenn jemand wirklich im recht gebildeten und nicht irrenden Gewissen überzeugt ist, daß seine Ehe ungültig sein müßte, dann ist es normalerweise auch möglich, dorthin zu kommen. Jede Partei kann sich zudem einen Anwalt nehmen. Natürlich sind die eingesetzten Kirchengerichte nicht unfehlbar, und natürlich werden vor Gottes Angesicht trotz allem in seltenen Fällen Ehen stehen, die nicht ihre objektiv bestehende Nichtigkeit von der kirchlichen Gerichtsbarkeit bestätigt bekamen. Aber es geht hier nicht nur um positives Kirchen- oder Prozeßrecht - dieses kann und muß selbstverständlich durch Reformen verbessert werden35 - sondern es geht primär um Naturrecht, und dies ist nicht in unserer willkürlichen und subjektiven Disposition, wenn es um die Unauflöslichkeit geht.36 Es kann keine im vorhinein oder im nachhinein postulierten Ausnahmefälle geben, welche die kirchliche Rechtsordnung und letztlich die Unauflöslichkeit der Ehe umstürzen. An dieser Stelle wird es erlaubt sein, an die notwendige Kreuzesnachfolge des Christen zu erinnern.37 Nur dem Papst als Stellvertreter Gottes auf Erden sind (abgesehen von der dogmatisch unantastbaren gültigen und vollzogenen sakramentalen Ehe38 und vom nicht über den päpstlichen Schreibtisch laufenden Privilegium Paulinum39) besondere Fälle vorbehalten, das Eheband tatsächlich gnadenhalber aufzulösen40, was also über die Erkenntnis einer (jeweils immer schon bestandenen) Nichtigkeit seitens der als kompetent definierten Kirchengerichte41 hinausginge. Die kirchenhistorisch allmähliche Ausweitung der Möglichkeiten echter Eheauflösung (abgesehen von der gültigen und vollzogenen sakramentalen Ehe) durch eine vom Stellvertreter Christi auf Erden kontrollierte und ausgeübte Praxis kann kein Argument42 für die hier sehr klar kritisierten neueren "pastoralen" Überlegungen verschiedener Bischöfe, Theologen oder Kanonisten sein, die sich im Hinblick auf die vom ordentlichen Lehramt bereits eindeutig unfehlbar und irrtumsfrei vorgelegte Lehre43 von der fehlenden Vollmacht des Papstes und der Gesamtkirche zur Lösung gültiger und vollzogener Ehen zwischen Getauften sowie trotz ständig betonten Festhaltens an Grundprinzipien praktisch oder indirekt doch - wenn auch der gute Wille nicht abgesprochen werden soll - auf häresieverdächtigem Gelände zu bewegen scheinen. Bei bischöflichen Äußerungen muß vielmehr darauf geachtet werden, nicht noch mehr jenen katholischen Pfarrern in den Rücken zu fallen, die sich in Treue dem Schutz der Unauflöslichkeit der Ehe verpflichtet haben und pastoral-liebevoll erklärt haben, warum auch nach eventuell erfolglosem Ausschöpfen aller legalen kirchenrechtlichen Möglichkeiten der Kreuzweg des Nichtempfanges der Heiligen Kommunion der bessere sei und es keine Alternativen geben könne, solange nicht die Bereitschaft zum keuschen Leben als Bruder und Schwester44 gegeben ist. Und so sagt auch eine im Jahr 2002 vom neuen St. Pöltener Diözesanbischof Dr. Dr. Klaus Küng herausgegebene und von der Kongregation für die Glaubenslehre approbierte "Orientierungshilfe für geschiedene und wiederverheiratete geschiedene Gläubige" klar, daß eine Versöhnung im Sakrament der Buße, das auch den Weg zum Sakrament der Altares eröffnet, nur bei aufrichtiger Bereitschaft zu einem Leben gewährt werden könne, das "nicht mehr im Widerspruch zur Unauflöslichkeit der Ehe" steht. Das wäre etwa dann der Fall, wenn sich die neuen Partner wegen der Erziehung der Kinder nicht trennen können, sich aber verpflichten, enthaltsam zu leben.45 Immer wird man aber auch dann erinnern müssen: "Weil die Tatsache, daß diese Gläubigen nicht more uxorio zusammenleben, naturgemäß verborgen ist, während ihre Lebenssituation als geschiedene Wiederverheiratete naturgemäß bekannt ist, können diese nur remoto scandalo das Sakrament der Eucharistie empfangen."46 So kann es neben den mit dem Lehramt der Kirche übereinstimmenden Bemühungen um ehrliche Einbindung wiederverheiratet-geschiedener Gläubigen (mit eheähnlicher Lebensweise im Vollsinn) nur einen rechtlich und dogmatisch legitimen Weg geben: die Beratung beim zuständigen Kirchengericht (Offizialat) oder bei einem kirchlich zugelassenen Anwalt muß wesentlich mehr bekanntgemacht werden als bisher47. Denn das Recht auf Beratung und gegebenenfalls Überprüfung seines Ehebandes hat jeder verheiratete Mensch. Dann aber dürfen aktuelle Sparmaßnahmen im deutschen Sprachraum zu keinerlei Reduktionen des Personals auf den Kirchengerichten führen, sondern muß sogar die oft gegebene personelle Untergewichtung im Vergleich zu den überstark diversifizierten Ordinariaten der Diözesen mit ihren Abteilungen beendet und die Ausbildung von Kanonisten mehr als bisher gefördert werden.48 Die Gefahr nämlich, durch dauernde Vorlage fragwürdiger - wenn auch gut gemeinter - "pastoraler" (Ersatz)lösungen einen bereits absterbenden postkonziliaren Antijuridismus wieder neu zu beleben, wird aktuell zu wenig erkannt.49



VON VIZEOFFIZIAL MAG. MAG. DR. ALEXANDER PYTLIK
STAND: 14. OKTOBER 2004

http://www.padre.at - http://www.internetpfarre.de/blog/

(Stand der angegebenen Verlinkungen: 02. MÄRZ 2008)

1Vgl. http://www.internetpfarre.de/blog/archives/31-ANMERKUNGEN-ZU-PASTORALEN-HINWEISEN-SEINER-EMINENZ-CHRISTOPH-KARDINAL-SCHOENBORN-UND-SEINER-EXZELLENZ-BISCHOF-GERHARD-LUDWIG-MUELLER.html und http://www.kath.net/detail.php?id=8658 vom 11. Oktober 2004.

2http://www.bischofskonferenz.at/ (Amtsblatt der Österreichischen Bischofskonferenz 38 [1. August 2004] 22 f. [Herv. v. Verf.])

3Vgl. insbesondere Seine Heiligkeit Papst JOHANNES PAUL II., Apostolisches Schreiben FAMILIARIS CONSORTIO an die Bischöfe, die Priester und die Gläubigen der ganzen Kirche über die Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute vom 22. November 1981, http://www.stjosef.at/dokumente/familiaris_consortio.htm (= AAS 74 [1982] 81-191), Nr. 84: "Die Kirche bekräftigt jedoch ihre auf die Heilige Schrift gestützte Praxis, wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zuzulassen. Sie können nicht zugelassen werden; denn ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse stehen in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht. Darüber hinaus gibt es noch einen besonderen Grund pastoraler Natur: Ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung. - Die Wiederversöhnung im Sakrament der Buße, das den Weg zum Sakrament der Eucharistie öffnet, kann nur denen gewährt werden, welche die Verletzung des Zeichens des Bundes mit Christus und der Treue zu ihm bereut und die aufrichtige Bereitschaft zu einem Leben haben, das nicht mehr im Widerspruch zur Unauflöslichkeit der Ehe steht. Das heißt konkret, daß, wenn die beiden Partner aus ernsthaften Gründen - zum Beispiel wegen der Erziehung der Kinder - der Verpflichtung zur Trennung nicht nachkommen können, 'sie sich verpflichten, völlig enthaltsam zu leben, das heißt, sich der Akte zu enthalten, welche Eheleuten vorbehalten sind' ". Vgl. JOHANNES PAUL II., Homilie zum Abschluß der VI. Bischofssynode vom 25. Oktober 1980, http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/homilies/1980/documents/hf_jp-ii_hom_19801025_conclusione-sinodo_lt.html (= AAS 72 [1980] 1082), Nr. 7, und vgl. das geltende lateinische Recht gemäß can. 915 CIC 1983 (Herv. v. Verf.): "Zur heiligen Kommunion dürfen nicht zugelassen werden Exkommunizierte und Interdizierte nach Verhängung oder Feststellung der Strafe sowie andere, die hartnäckig in einer offenkundigen schweren Sünde verharren." ("Ad sacram communionem ne admittantur excommunicati et interdicti post irrogationem vel declarationem poenae aliique in manifesto gravi peccato obstinate perseverantes.") Dazu ist verbindlich PÄPSTLICHER RAT FÜR DIE INTERPRETATION VON GESETZESTEXTEN, Erklärung zu einem Zweifel bezüglich can. 915 CIC vom 24. Juni 2000,
http://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/intrptxt/documents/rc_pc_intrptxt_doc_20000706_declaration_ge.html

4Mehr noch konnte man guten Gewissens auf den von Christoph Kardinal Schönborn redaktionell hervorragend betreuten gültigen KATECHISMUS DER KATHOLISCHEN KIRCHE (15. August 1997) verweisen, der in den Nummern 1650 und 1651 an die Richtlinien zum Sakramentenempfang und zur Seelsorge solcher Christen erinnert: "Si divortio seiuncti novas civiliter inierunt nuptias, in condicione inveniuntur quae obiective Dei Legem transgreditur. Exinde ad eucharisticam Communionem accedere non possunt, dum haec condicio permaneat. Eadem ex causa, quasdam responsabilitates ecclesiales non possunt exercere. Reconciliatio per Poenitentiae sacramentum nonnisi illis concedi potest, quos poenitet, se Foederis signum et fidelitatis erga Christum esse transgressos, et se ad vivendum in completa continentia obligant. - Relate ad christianos qui in hac condicione vivunt et qui saepe fidem servant et suos filios christiane exoptant educare, sacerdotes et tota communitas attentam ostendere debent sollicitudinem, ne illi se tamquam separatos ab Ecclesia considerent, cuius vitam ut baptizati possunt et debent participare" (Herv. v. Verf.)

5Ähnlich eigentümlich muten z. B. die Bemerkungen des Wiener Dompfarrers Anton FABER laut http://www.diepresse.com/ vom 12. Oktober 2004 an: "Wir müssen eine seelsorgliche Lösung finden, ohne das Kirchenrecht zu kippen." Es gebe einen Spielraum zwischen dem Kirchenrecht und der seelsorglichen Praxis. "Das wird uns oft als doppelbödig ausgelegt". FABER versuche in Gesprächen mit Betroffenen zu ergründen, wie die erste Beziehung gelöst worden sei, ob es dabei noch Haß und Feindschaft gebe. Geprüft werden solle immerhin auch, ob die erste Ehe annulliert werden könne. Wichtig sei auch, auf welcher Ebene die zweite Beziehung stehe, ob es sich um ein Strohfeuer oder um eine stabile Beziehung handle. "Wir müssen zugeben, daß wir das Kirchenrecht nicht allen Lebenssituationen anpassen können." Für einen Fortschritt halte es FABER, daß in der Erzdiözese Wien wiederverheiratete Geschiedene seit einigen Jahren Mitglied des Pfarrgemeinderates sein dürften: vgl. http://www.pgr.at/service/pgrordnung.php

6Vgl. http://derstandard.at/standard.asp?id=1822006 vom 11. Oktober 2004; dieser Einschätzung widerspricht zum Teil ein Sammelband der KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Sulla pastorale dei divorziati risposati. Documenti, commenti e studi, Città del Vaticano 1998 (= Documenti e Studi 17), in welchem Kardinal RATZINGER, 7-29, in einer auch prozeßrechtlich bedeutsamen Einführung auch auf Seine Heiligkeit Papst JOHANNES PAUL II., Enzyklika VERITATIS SPLENDOR an alle Bischöfe der Katholischen Kirche über einige grundlegende Fragen der kirchlichen Morallehre vom 6. August 1993,
http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/encyclicals/documents/hf_jp-ii_enc_06081993_veritatis-splendor_ge.html , Nr. 56, verweist, worin pastorale Lösungen für den Fall zurückgewiesen werden, daß sie im Gegensatz zu lehramtlichen Erklärungen stehen: "Zur Rechtfertigung solcher und ähnlicher Einstellungen haben einige eine Art doppelter Seinsweise der sittlichen Wahrheit vorgeschlagen. Außer der theoretisch-abstrakten Ebene müßte die Ursprünglichkeit einer gewissen konkreteren existentiellen Betrachtungsweise anerkannt werden. Diese könnte, indem sie den Umständen und der Situation Rechnung trägt, legitimerweise Ausnahmen bezüglich der theoretischen Regel begründen und so gestatten, in der Praxis guten Gewissens das zu tun, was vom Sittengesetz als für in sich schlecht eingestuft wird. Auf diese Weise entsteht in einigen Fällen eine Trennung oder auch ein Gegensatz zwischen der Lehre von der im allgemeinen gültigen Vorschrift und der Norm des einzelnen Gewissens, das in der Tat letzten Endes über Gut und Böse entscheiden würde. Auf dieser Grundlage maßt man sich an, die Zulässigkeit sogenannter 'pastoraler' Lösungen zu begründen, die im Gegensatz zur Lehre des Lehramtes stehen, und eine 'kreative' Hermeneutik zu rechtfertigen, nach welcher das sittliche Gewissen durch ein partikulares negatives Gebot tatsächlich nicht in allen Fällen verpflichtet würde. - Es gibt wohl niemanden, der nicht begreifen wird, daß mit diesen Ansätzen nichts weniger als die Identität des sittlichen Gewissens selbst gegenüber der Freiheit des Menschen und dem Gesetz Gottes in Frage gestellt wird. Erst die vorausgehende Klärung der auf die Wahrheit gegründeten Beziehung zwischen Freiheit und Gesetz macht eine Beurteilung dieser 'schöpferischen' Interpretation des Gewissens möglich." Andererseits gibt es Anfragen Kardinal RATZINGERS an das kirchliche Prozeßrecht und z. B. diesen älteren theologischen Beitrag, der offenbar in Einzelpunkten nicht in Einklang mit dem Lehramt gebracht werden kann: J. RATZINGER, Zur Frage der Unauflöslichkeit der Ehe. Bemerkungen zum dogmengeschichtlichen Befund und seiner gegenwärtigen Bedeutung, in: F. HENRICH/V. EID (Hrsg.), Ehe und Eheschließung. Diskussion unter Christen, München 1972, 53 f.

7Vgl. http://www.wienerzeitung.at/ vom 12. Oktober 2004.

8Wörtlich sagte G. L. MÜLLER:"Es gibt aber auch Grenzfälle, wo juristisch eine Nichtigkeitserklärung nicht möglich ist, der einzelne aber die 'moralische Gewißheit' hat, daß es sich um keine sakramental gültige Eheschließung gehandelt hat. Hier kann ich mir vorstellen, daß im Gespräch mit dem zuständigen Seelsorger eine 'innere Aussöhnung' stattfindet und der Seelsorger dann die Heilige Kommunion durchaus spenden kann. Hier geht es dann nicht darum, stillschweigend die Augen zu verschließen, sondern es geht darum, daß im pastoralen Bereich eine Lösung gesucht werden kann. Es geht immer darum, beides zusammenzubringen: Die großen Leitlinien und Prinzipien und den konkreten Einzelfall. Im Einzelfall geht es in den Gewissensbereich hinein, und den kann man seelsorglich nicht immer nur von generellen Lösungen her angehen. Die Kirche sagt in einem solchen Fall dann nicht: 'Mit der Scheidung, das nehmen wir jetzt nicht mehr so ernst'. So würde sie ihren eigenen Glauben verraten und gegen Christus handeln. Die Unauflöslichkeit der Ehe ist nicht eine Erfindung 'zölibatärer Kirchenfürsten'. Christus selber gibt uns die Unauflöslichkeit der Ehe vor, aber er gibt der Kirche zugleich die Möglichkeit, zu einem pastoralen Handeln innerhalb eines Beichtgespräches und der individuellen Umsetzung auf den einzelnen Menschen. Zum Wesen und seelsorglichen Auftrag des Priesters und Bischofs gehört durch das Weihesakrament die Absolutionsvollmacht, die Binde- und Lösegewalt. Dadurch ist das nicht in einer Grauzone, wo 'über den Daumen gepeilt' der eine Priester ein 'weites Herz' hat und der andere ein 'enges Herz'. Das kann nicht Richtschnur pastoralen Handelns sein. Richtschnur ist vielmehr das Seelenheil, das Verhältnis des Menschen zu Gott. Das ist die eigentlich entscheidende Leitlinie für jede Seelsorge, für die Predigt, aber auch für die Absolution in der Beichte." (Herv. v. Verf.; die Passage war ursprünglich unter http://www.dioezesanrat-regensburg.de/download/VVMaerz2003.doc erreichbar.)

9Theologische Kenntnis und pastorales Gespür. Erklärung des Bischofs von Regensburg zur Pastoral an wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen: Polemik führt nicht weiter, in: DT (27. März 2003) Nr.36, http://www.die-tagespost.de/Archiv/titel_anzeige.asp?ID=3582

10Vgl. im AMTSBLATT für die Diözese Regensburg, Nr. 5 vom 14. April 2003, 41 f.

11Ebd., 42.

12Vgl. die übersichtliche Arbeit von A. BELLIGER, Die wiederverheirateten Geschiedenen. Eine ökumenische Studie im Blick auf die römisch-katholische und griechisch-orthodoxe (Rechts-)Tradition der Unauflöslichkeit der Ehe, Essen 2000 (= Münsterischer Kommentar zum CODEX IURSI CANONICI, Beiheft 26).

13Vgl. http://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/intrptxt/documents/rc_pc_intrptxt_doc_20000706_declaration_ge.html , Nr. 1 (ebenso in: OssRom [dt.] 30 [14. Juli 2000], Nr. 28/29, 10.)

14Ebd., Nr. 5 (Herv. v. Verf.), wobei es auch heißt: "Die Kirche bekräftigt ihre mütterliche Sorge für die Gläubigen, die sich in dieser oder in ähnlichen Situationen befinden, die sie daran hindern, zum Tisch des Herrn zugelassen zu werden. Was in dieser Erklärung dargelegt wird, steht nicht im Gegensatz zu dem großen Wunsch, die Teilnahme dieser Söhne und Töchter am kirchlichen Leben zu fördern, - eine Teilnahme, die sich in vielen Formen ausdrücken kann, die mit ihrer Situation vereinbar sind." Vgl. S. KILLERMANN, Gescheiterte Ehen und katholisches Kirchenrecht, in: E. MÖDE (Hrsg.), Trennung und Scheidung. Praktische und psychologische Hilfen für Seelsorge und Beratung, Regensburg 2004, 186: "Sie können deshalb auch kein kirchliches Amt ausüben, den Patendienst übernehmen oder Pfarrgemeinderäte sein."

15Vgl. http://www.wifak.uni-wuerzburg.de/wilan/theo/prak/thlw/wiederh/obrhe01a.htm (10. Juli 1993)

16Vgl. http://www.wifak.uni-wuerzburg.de/wilan/theo/prak/thlw/wiederh/obrhe01c.htm (10. Juli 1993)

17Diese Frage wurde meines Erachtens bisher bei dieser Diskussion überhaupt zu wenig beachtet. Auch das Kirchenrecht muß eine sichere Kenntnis der Rechtsansprüche und Rechtspflichten ermöglichen, welche jedoch unter Umständen durch unkluge Äußerungen wichtiger katholischer Amtsträger verdunkelt werden kann. Mit J. MESSNER, Das Naturrecht, Berlin 7/1984, 286, werden wir auch in diesem Kontext sagen müssen: "Rechtssicherheit bedeutet in erster Linie die Ermöglichung klarer und gewisser Erkenntnis der Verhaltensweisen, welche rechtens sind." Und auch umfangen von der Verkündigung der Barmherzigkeit Gottes wird man daran erinnern müssen, daß die kirchliche Hierarchie zweifellos für die Einhaltung der kanonischen Rechtsordnung durch die Glieder der Kirche künden und wirken muß, was durch öffentlich vorangekündigte Ausnahmefälle aber offenbar gefährdet erscheint, abgesehen davon, daß die Konsequenzen aus der im Neuen Bund sicher erkannten Unauflöslichkeit der Ehe nicht beliebig veränderbar sein können. Mehr noch, die Ernstnahme des Sündenfalles und der Folgewirkung der Beeinträchtigung der Menschennatur unter anderem nach der Seite des Willens würde erfordern, immer wieder an den Fundamentalgrund der kirchlichen Praxis bei eheähnlich zusammenlebenden wiederverheirateten geschiedenen Christgläubigen und damit an die Richtigkeit auch der kirchenrechtlichen Bestimmungen betreffend den nicht möglichen Empfang der Sakramente zu erinnern. In Wirklichkeit dient die kirchliche Rechtssicherheit im konkreten Fall der Rechtswahrheit. Da es sich um öffentlich wirksame Konsequenzen aus göttlichem Recht handelt, ist die Anwendung weder eines Billigkeitsrechtes noch einer Epikie im Falle der genannten Christgläubigen ohne dauerhafte Umkehr möglich; vgl. dazu S. KILLERMANN, Gescheiterte Ehen und katholisches Kirchenrecht, in: E. MÖDE (Hrsg.), Trennung und Scheidung. Praktische und psychologische Hilfen für Seelsorge und Beratung, Regensburg 2004, 186 - 188. W. AYMANS/K. MÖRSDORF, Kanonisches Recht, Lehrbuch aufgrund des Codex iuris canonici, 189, hält für das lateinische Kirchenrecht korrekt fest: "Beide (Billigkeit und Epikie, Anm. v. Verf.) haben auch eine gemeinsame Grenze an dem unabänderlichen göttlichen Recht." Da helfen auch nicht die engagierten und mit vielen Autoren belegten Überlegungen der A. BELLIGER, Die wiederverheirateten Geschiedenen. Eine ökumenische Studie im Blick auf die römisch-katholische und griechisch-orthodoxe (Rechts-)Tradition der Unauflöslichkeit der Ehe, Essen 2000 (= Münsterischer Kommentar zum CODEX IURSI CANONICI, Beiheft 26), 249 - 333, weiter. Hinzu kommt daß mittlerweile die von A. BELLIGER, 101, noch als fehlend angegebene Interpretation des PÄPSTLICHEN RATES FÜR DIE INTERPRETATION DER GESETZESTEXTE zum can. 915 CIC 1983 mittlerweile (24. Juni 2000) vorliegt:
http://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/intrptxt/documents/rc_pc_intrptxt_doc_20000706_declaration_ge.html , Nr. 2: "Die Formulierung 'sowie andere, die hartnäckig in einer offenkundigen schweren Sünde verharren' ist klar und muß so verstanden werden, daß ihr Sinn nicht verformt und die Anwendung der Norm unmöglich wird. Die drei geforderten Bedingungen sind: a) die schwere Sünde, im objektiven Sinn, denn die subjektive Anrechenbarkeit könnte der Kommunionspender nicht beurteilen; b) das hartnäckige Verharren, das heißt das Bestehen einer objektiven Situation der Sünde, die in der Zeit fortdauert und die der Gläubige nicht aus der Welt schaffen will; es sind keine anderen Erfordernisse notwendig (herausforderndes Verhalten, vorausgehende Ermahnung usw.), damit die Situation in ihrer grundsätzlichen kirchlichen Schwere eintritt; c) der offenkundige Charakter der Situation der schweren habituellen Sünde." (Herv. v. Verf.)

18http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_14091994_rec-holy-comm-by-divorced_ge.html : "In diesem Anliegen wurden in den letzten Jahren in verschiedenen Gegenden unterschiedliche pastorale Lösungen vorgeschlagen, denen zufolge zwar eine allgemeine Zulassung der wiederverheirateten Geschiedenen zur heiligen Kommunion nicht möglich wäre, sie aber in bestimmten Fällen zum Tisch des Herrn hinzutreten könnten, sofern sie sich in ihrem Gewissensurteil dazu ermächtigt hielten. So zum Beispiel, wenn sie ganz zu Unrecht verlassen worden wären, obwohl sie sich aufrichtig bemüht hätten, die vorausgehende Ehe zu retten, oder wenn sie von der Ungültigkeit ihrer vorausgehenden Ehe überzeugt wären, dies aber im äußeren Bereich nicht aufzeigen könnten, oder wenn sie schon einen längeren Weg der Besinnung und der Buße zurückgelegt hätten, oder auch wenn sie aus moralisch ernsthaften Gründen der Verpflichtung zur Trennung nicht nachkommen könnten." ("Hac in re, postremis his in annis, in variis regionibus diversae solutiones pastorales propositae sunt, secundum quas fideles, qui post divortium novas nuptias inierunt, quamvis generali ratione profecto ad Communionem Eucharisticam admittendi non sunt, ad ipsam tamen accedere queunt quibusdam in casibus, cum scilicet secundum iudicium suae ipsorum conscientiae putent se hoc facere posse. Quod quidem evenire potest, verbi gratia, cum prorsus iniuste deserti fuerint, quamvis prius matrimonium salvum facere sincere conati sint, vel cum persuasi sint de nullitate prioris matrimonii, quae tamen probari non possit in foro externo, vel cum iam longum reflexionis et paenitentiae iter emensi sint, vel etiam cum ob rationes moraliter validas iidem separationis obligationi satisfacere non possint." - Herv. v. Verf.)

19Hier muß Joseph Kardinal RATZINGER, "Il sale della terra". Un nuovo rapporto sulla fede in un colloquio con Peter Seewald, Milano 1997, 237, und seiner Idee, daß in Zukunft die Feststellung einer Nichtigkeit der ersten Ehe auch vom Seelsorgsverantwortlichen am Ort selbst, d. h. außergerichtlich, vorgenommen werden könnte, widersprochen werden. Die praktischen und fatalen Konsequenzen müssen angesichts der noch nicht behobenen Orientierungskrise innerhalb des katholischen Klerus im deutschen Sprachraum hier nicht ausgefaltet werden.

20Die von einer dem Heil der Seelen dienenden rascheren und einfacheren Eheprozeßführung motivierten und berechtigten Sorgen bzw. Anfragen Joseph Kardinal RATZINGERS sind daher jedenfalls nach Seite ihrer außergerichtlichen Ideen kritisch zu betrachten; vgl. den die Sorgen J. RATZINGERS teilweise jedoch für einen problematischen innerkirchlichen Antijuridismus aufgreifenden G. MURARO, Alla ricerca di una via d'uscita. Riflessioni e indicazioni teologiche per affrontare il problema dei separati e divorziati, in: CREDERE OGGI, I divorziati: la chiesa di fronte ai legami spezzati, Nr. 136 (Juli/August 2003), http://www.credereoggi.it/upload/2003/articolo136_75.asp - ganz abzulehnen ist jedoch J. RATZINGER, Zur Frage der Unauflöslichkeit der Ehe. Bemerkungen zum dogmengeschichtlichen Befund und seiner gegenwärtigen Bedeutung, in: F. HENRICH/V. EID (Hrsg.), Ehe und Eheschließung. Diskussion unter Christen, München 1972, 53 f.: "Wo eine erste Ehe seit langem und in einer für beide Seiten irreparablen Weise zerbrochen ist; wo eine hernach eingegangene zweite Ehe sich über einen längeren Zeitraum hin als eine sittliche Realität bewährt hat und mit dem Geist des Glaubens, besonders auch in der Erziehung der Kinder erfüllt worden ist (so daß die Zerstörung dieser zweiten Ehe eine sittliche Größe zerstören und moralischen Schaden anrichten würde), da sollte auf einem außergerichtlichen Weg auf das Zeugnis des Pfarrers und von Gemeindemitgliedern hin die Zulassung der in einer solchen zweiten Ehe Lebenden zur Kommunion gewährt werden." (Herv. v. Verf.)

21Der ausführlichen Kritik daran muß ein eigener Beitrag angesichts einer sich schon seit 30 Jahren extensiv hinziehenden Diskussion gewidmet werden. Es war kein Zufall, daß Seine Heiligkeit Papst JOHANNES PAUL II. zur Eröffnung des Gerichtsjahres an die Rota Romana am 1. Februar 2001,
http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/speeches/2001/documents/hf_jp-ii_spe_20010201_rota-romana_ge.html , dazu im Sinne der verbindlichen kirchlichen Tradition Stellung genommen hat. G. MURARO, Alla ricerca di una via d'uscita. Riflessioni e indicazioni teologiche per affrontare il problema dei separati e divorziati, in: CREDERE OGGI, I divorziati: la chiesa di fronte ai legami spezzati, Nr. 136 (Juli/August 2003), http://www.credereoggi.it/upload/2003/articolo136_75.asp (Anm. 23) scheint jedoch die Glaubensforderung immer noch zu hoch anzusetzen: "Per far nascere un matrimonio indissolubile, cioè un matrimonio che oltre a portare in sé l'esigenza dell'indissolubilità porta anche la forza per realizzarla, non basta una fede conosciuta, ma è necessaria una fede vissuta, come non basta un qualunque amore, ma è necessario un amore teologale di carità." Und wenn G. L. MÜLLER, Zur Pastoral an wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen, in: AMTSBLATT für die Diözese Regensburg, Nr. 5 vom 14. April 2003, 41, beispielsweise sagt, daß "die Absicht des Sakramentenempfängers ... mit der Intention der Kirche übereinstimmen" müsse und gleichzeitig die notwendige Bereitschaft der Brautleute betont, die Ehe gemäß kirchlicher Lehre verstehen und leben zu wollen, so ist kaum zu sehen, warum Getaufte diese Bereitschaft nicht hätten, nur weil sie kaum mit der Kirche lebten, jedoch sehr wohl das natürliche Institut der Ehe vollständig akzeptierten und bejahten und den Segen der Kirche jedenfalls nicht aktiv ausschlössen. Überhaupt kommt einem vor, als ob G. L. MÜLLER in gewisser Weise die Aufspaltung einer kirchlichen Ehe in ihre sakramentale und ihre formale Dimension für möglich hielte, wenn er danach fragt, ob eine "formal geschlossene kirchliche Ehe" ohne "echten Ehewillen" eine sakramentale Ehe begründete oder nicht. Allein die Fragestellung erscheint einem an der Rechtsprechung der Katholischen Kirche Beteiligten ungewöhnlich. Allerdings scheint J. RATZINGER, in: KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Sulla pastorale dei divorziati risposati. Documenti, commenti e studi (= Documenti e Studi 17), Città del Vaticano 1998, 27, diese problematische Frage trotzdem der weiteren theologischen Forschung anheimstellen zu wollen: "Si dovrebbe chiarire, se veramente ogni matrimonio fra due battezzati è ipso facto un matrimonio sacramentale". Im Grunde wird man aber im Sinne des päpstlichen Lehramtes weiterhin an L. OTT, Grundriß der Dogmatik, Freiburg - Basel - Wien 1981, 556, erinnern dürfen: "Da Christus die bisherige Naturehe, die wesentlich im Ehevertrag bestand, zu einem wirksamen Gnadenzeichen erhob, fällt das Ehesakrament sachlich mit dem Ehevertrag zusammen. Folglich ist jeder gültige Ehevertrag unter Christen auf Grund positiver göttlicher Anordnung zugleich Sakrament (...) Unvereinbar mit den angeführten kirchlichen Erklärungen sind alle Versuche, Ehevertrag und Ehesakrament voneinander zu trennen ... Gabriel Vázques S.J. (+ 1604) verlegte zwar das ganze äußere Zeichen des Ehesakramentes in den Ehevertrag, machte aber die Sakramentalität von der auf das Sakrament abzielenden Intention der Eheschließenden abhängig; ebenso Billuart, Gonet u. a." Wenn jemand aber tatsächlich aktiv die Sakramentalität der Ehe oder jegliche Kompetenz der Kirche beim Eheschluß ausschließt, schließt er die gesamte Ehe aus, es liegt Totalsimulation vor.

22http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/speeches/2001/documents/hf_jp-ii_spe_20010201_rota-romana_ge.html

23So ist hier besonders die Ansprache von Seiner Heiligkeit Papst JOHANNES PAUL II. zur Eröffnung des Gerichtsjahres an die Rota Romana vom 21. Januar 2000,
http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/speeches/documents/hf_jp-ii_spe_20000121_rota-romana_ge.html , zu erwähnen, in der er bekräftigt, "daß die gültige und vollzogene sakramentale Ehe nie aufgelöst werden kann, nicht einmal durch die Vollmacht des Römischen Pontifex. Die gegenteilige Behauptung würde die These implizieren, daß es keine absolut unauflösliche Ehe gibt, was im Gegensatz zu dem Sinn stünde, in dem die Kirche die Unauflöslichkeit des Ehebandes lehrt und immer gelehrt hat" (Nr. 6, Herv. v. Verf.). Daß also der Kirche und dem sogar dem Papst die Vollmacht zur Auflösung einer sakramentalen und vollzogenen Ehe fehlt, ist - so bereits richtig bei P. ADNÈS, Le mariage, Tournai 1962, 161 f., angedeutet - zweifellos eine vom ordentlichen Lehramt unfehlbar und irrtumsfrei vorgelegte Lehre, die mit derselben definitiven Zustimmung anzunehmen ist wie die Wahrheit der fehlenden Vollmacht zur gültigen Priesterweihe der Frau. Es gilt can. 750 § 2 CIC 1983 (vom 18. Mai 1998 auf Basis des Apostolisches Schreibens als Motu Proprio AD TUENDAM FIDEM,
http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/motu_proprio/documents/hf_jp-ii_motu-proprio_30061998_ad-tuendam-fidem_ge.html ): "Fest anzuerkennen und zu halten ist auch alles und jedes, was vom Lehramt der Kirche bezüglich des Glaubens und der Sitten endgültig vorgelegt wird, das also, was zur unversehrten Bewahrung und zur getreuen Darlegung des Glaubensgutes erforderlich ist; daher widersetzt sich der Lehre der katholischen Kirche, wer diese als endgültig zu haltenden Sätze ablehnt." Deshalb erinnert JOHANNES PAUL II. a. a. O. am 21. Januar 2000 auch: "Im Gegenteil ist die ständige Praxis der Kirche der Beweis für das sichere Bewußtsein der Überlieferung, daß eine solche Vollmacht nicht existiert. Die starken Aussagen der Päpste sind nur getreues Echo und authentische Darlegung der ständigen Überzeugung der Kirche. - Daraus geht klar hervor, daß die Nichtausdehnung der Vollmacht des Römischen Pontifex auf die gültigen und vollzogenen sakramentalen Ehen vom Lehramt der Kirche als definitiv anzusehende Lehre verkündet wird, auch wenn dies nicht in feierlicher Form durch einen definitorischen Akt erklärt wurde. Tatsächlich ist diese Lehre von den Päpsten in kategorischer Weise unverändert und über eine genügend lange Zeitspanne hinweg ausdrücklich vorgelegt worden. Sie ist von allen Bischöfen in Gemeinschaft mit dem Stuhl Petri aufgenommen und gelehrt worden in dem Bewußtsein, daß sie von den Gläubigen stets beachtet und angenommen werden müsse. In diesem Sinn ist sie vom Katechismus der Katholischen Kirche erneut vorgelegt worden. Es handelt sich im übrigen um eine von der jahrhundertealten Praxis der Kirche bestätigte Lehre, die in voller Treue und mit Heroismus bewahrt wurde, manchmal auch gegenüber starkem Druck der Mächtigen dieser Welt." (Nr. 8, Herv. v. Verf.) Vgl. auch den Beitrag Die Vollmacht des Papstes und die Ehe der Getauften, in: OssRom (dt.), 4. Dezember 1998, 6: "Es geht vielmehr um eine Lehre der Kirche, die auf der Heiligen Schrift gründet und vom kirchlichen Lehramt mehrfach ausdrücklich und formell bestätigt worden ist. Sie ist wenigstens als zur katholischen Lehre gehörig zu betrachten und als solche anzunehmen und festzuhalten." Vgl. dazu auch B. FERME, The Response (28 October 1995) of the Congregation for the Doctrine of the Faith to the Dubium concerning the Apostolic Letter, Ordinatio Sacerdotalis (22 May 1994): Authoritiy und Significance, in: PERIODICA DE RE CANONICA 85 (1996) 689 - 727. Insofern muß der can. 1141 CIC 1983 als göttliches Recht angesehen werden: "Die gültige und vollzogene Ehe kann durch keine menschliche Gewalt und aus keinem Grunde, außer durch den Tod, aufgelöst werden." ("Matrimonium ratum et consummatum nulla humana potestate nullaque causa, praeterquam morte, dissolvi potest.")

24Vgl. H. PREE, Forum externum und forum internum. Zu Sinn und Tragweite einer Unterscheidung, in: S. HAERING/J. KANDLER/R. SAGMEISTER (Hrsg.), Gnade und Recht. Beiträge aus Ethik, Moraltheologie und Kirchenrecht. Festschrift für Gerhard Holotik zur Vollendung des 60. Lebensjahres, Frankfurt a. M. 1999, 510 (Anm. 41): "Das geltende Kirchenrecht kennt keine Möglichkeit und keine Vollmacht, eine Ehe pro foro interno für nichtig zu erklären. Insbesondere könnte nicht ein mit potestas in foro interno ausgestatteter Amtsträger, z. B. der Beichtvater oder Bußkanoniker, dies zum Anlaß nehmen, für den Gewissensbereich des Betroffenen eine andere Rechtslage herbeizuführen." (Herv. v. Verf.) Trotzdem fragt derselbe Autor, 511, dann aber eigentümlicherweise (im verwandten Sinne der Überlegungen G. L. MÜLLERS) nach, ob für Problemfälle, in denen ein angeblich mit Hilfe der Kirche selbst gebildetes reifes sittliches Urteil von der kirchenrechtlichen Lage abweiche, nicht "wenigstens im Bereich des forum internum (und damit mit rechtlicher Relevanz ausgestattet)" die Zulassung von Barmherzigkeit im Sinne orientalisch-biblischer oikonomia möglich wäre. Eben diese Möglichkeit weist dieser mein Beitrag zurück. Vgl. auch J. RATZINGER, in: KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Sulla pastorale dei divorziati risposati. Documenti, commenti e studi (= Documenti e Studi 17), Città del Vaticano 1998, in welchem Kardinal RATZINGER, 25: "La chiesa ha il potere di chiarire quali condizioni devono essere adempiute, perché un matrimonio possa essere considerato come indissolubile secondo l'insegnamento di Gesù (...) Si potrebbe dire che in questo modo anche nella chiesa occidentale fu dato spazio al principio della 'oikonomia', senza toccare tuttavia l'indissolubilità del matrimonio come tale", und a. a. 0., 26: "Questa questione esige però ulteriori studi e chiarificazioni. Dovrebbero infatti essere chiarite in modo molto preciso le condizioni per il verificarsi di una 'eccezione', allo scopo di evitare arbitrii e di proteggere il carattere pubblico - sottratto al giudizio soggettivo - del matrimonio".

25G. L. MÜLLER, Zur Pastoral an wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen, in: Amtsblatt für die Diözese Regensburg, Nr. 5 vom 14. April 2003, 42: "Gemeint sind die Grenzfälle, in denen die Ungültigkeit der ersten Eheschließung mit höchster moralischer Gewißheit feststeht, diese aber aus formalen Gründen des Prozeßrechtes und ohne Schuld der betroffenen Person juristisch nicht bewiesen werden kann." (Herv. v. Verf.) G. MURARO, Alla ricerca di una via d'uscita. Riflessioni e indicazioni teologiche per affrontare il problema dei separati e divorziati, in: CREDERE OGGI, I divorziati: la chiesa di fronte ai legami spezzati, Nr. 136 (Juli/August 2003), http://www.credereoggi.it/upload/2003/articolo136_75.asp meint jedoch: "Sappiamo che i giudizi morali concreti e singolari non raggiungono mai una certezza superiore a quella morale meint jedoch: Sappiamo che i giudizi morali concreti e singolari non raggiungono mai una certezza superiore a quella morale".

26Vgl. can. 1608 § 1 CIC 1983. Vgl. H. PREE, Forum externum und forum internum. Zu Sinn und Tragweite einer Unterscheidung, in: S. HAERING/J. KANDLER/R. SAGMEISTER (Hrsg.), Gnade und Recht. Beiträge aus Ethik, Moraltheologie und Kirchenrecht. Festschrift für Gerhard Holotik zur Vollendung des 60. Lebensjahres, Frankfurt a. M. 1999, 510: "Auch das rechtliche Kriterium der moralischen Gewißheit ... kann hier nicht mit der Wirkung in Anschlag gebracht werden, daß auf Grund einer rein subjektiv erlangten 'moralischen Gewißheit' ein vor der Rechtsordnung - und sei es auch nur im forum internum - anerkanntes Abweichen von der objektiven rechtlichen Lage zulässig wäre." A. a. 0. (Anm. 41): "Auch wenn der Betroffene Kenntnis von einem mit Sicherheit vorliegenden Nichtigkeitsgrund hätte, welcher aber nicht beweisbar ist, könnte dies an der im inneren und äußeren Rechtsbereich bestehenden Rechtslage nichts ändern."

27G. L. MÜLLER, a. a. 0.

28Ebd. Man ist geneigt, zu fragen: "Woher wissen Sie das?"

29Vgl. Mt 19,6 ff. und Parallelstellen sowie auch 1 Kor 7,10 f. und Röm 7,3. Vgl. auch PÄPSTLICHER RAT FÜR DIE INTERPRETATION VON GESETZESTEXTEN, Entscheidung zu einem Zweifel bezüglich can. 915 CIC vom 24. Juni 2000,
http://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/intrptxt/documents/rc_pc_intrptxt_doc_20000706_declaration_ge.html , Nr. 2: "Jegliche Interpretation des can. 915, die seinem wesentlichen Inhalt widerspricht, wie er ununterbrochen vom Lehramt und der Disziplin der Kirche durch die Jahrhunderte erklärt wurde, ist eindeutig abwegig. Man darf die Achtung vor den Worten des Gesetzes (vgl. can. 17) nicht verwechseln mit dem uneigentlichen Gebrauch derselben Worte als Instrumente zur Relativierung der Vorschriften oder zu deren inhaltlicher Entleerung."

30K. KRENN, Zur Situation heutiger Theologie angesichts einer Neuevangelisierung Europas, Kleinzell 1989, 15 (Nr. 13). Vielleicht verwundert es manchen, wie noch immer Texte des zurückgetretenen St. Pöltener Diözesanbischofs zitiert werden können. Trotz der vom Apostolischen Visitator öffentlich angesprochenen Gründe der päpstlichen Bitte und Annahme dieses Rücktritts bleiben viele Publikationen des systematischen Theologen K. KRENN nach Meinung desselben Visitators Maßstab lehramtstreuer Erneuerung im Sinne der von jenem damals postulierten "Wiederherstellung der Theologie als einer und als einer eigenen Wissenschaft". Vgl. außerdem A. PYTLIK, (Was) kann aus dem Fall St. Pölten gelernt werden?, http://www.internetpfarre.de/blog/archives/24-BISCHOF-KRENN-ST.-POELTEN-SKANDAL-WAS-KANN-AUS-DEM-FALL-ST.-POELTEN-GELERNT-WERDEN-NEUER-KOMMENTAR.html bzw. http://www.kath.net/detail.php?id=8503

31G. L. MÜLLER, a. a. O.

32KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE, Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen vom 14. September 1994:
http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_14091994_rec-holy-comm-by-divorced_ge.html (Herv. v. Verf.); mit dem zuletzt zitierten Begriff des geistlichen Wohles (spirituale bonum) haben wir den klaren Hinweis, daß wenn bereits die Berufung auf dieses Wohl des einzelnen Gläubigen nicht ausreicht, für Betroffene dem Lehramt der Kirche widersprechende pastorale Lösungen auszuarbeiten, noch weniger aber dann die Berufung auf das Heil der Seelen, welches als Begriff im lateinischen Kirchenrecht eher das Wohl und die Sendung der Gesamtkirche vor Augen hat, womit wir wieder beim gemeinwohlorientierten Begriff einer Rechtssicherheit wären, vgl. Anm. 17 in diesem Beitrag und vgl. zum Konnex von spirituale bonum und salus animarum bei P. ERDO, Das "Heil der Seelen" im Codex Iuris Canonici. Ein öffentlich-rechtliches Prinzip der Interpretation und der Rechtsanwendung, in: AfkKR (172) 2003, 93; 94 (Anm. 25): "Die sakramentale Wirksamkeit der Kirche, ihr geistlicher Schatz hängt auch davon ab, ob ihre Mitglieder im Zustand der Gnade sind und nach ihrem Tod das ewige Heil erreichen." Und A. LAUN, Kirche Jesu oder Kirche der Basis? Köln 1996, http://www.kirchen.net/bischof/laun/texte/KVB-HP.doc , fragt: "Kann nicht auch die Nicht-Zulassung dem Heil eines Menschen dienen? Hilfe für jeden Betroffenen ... ist natürlich unbedingt zu bejahen, aber besteht diese Hilfe einzig und allein in der Zulassung zu den Sakramenten oder in der Dispens? Auch der teilweise Ausschluß ist Heilsweg, weil er den Betroffenen zur Einsicht und durch das Leid zur Umkehr führen kann. Daß es ein heilsames Fernbleiben vom Tisch des Herrn gibt, sagt Paulus eindeutig, und diese seine Lehre gehört wohl zu den heute vergessenen Wahrheiten unseres Glaubens (1 Kor 11, 27 - 30)."

33PÄPSTLICHER RAT FÜR DIE INTERPRETATION VON GESETZESTEXTEN, Entscheidung zu einem Zweifel bezüglich can. 915 CIC vom 24. Juni 2000,
http://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/intrptxt/documents/rc_pc_intrptxt_doc_20000706_declaration_ge.html (Herv. v. Verf.); vgl. Seine Heiligkeit Papst JOHANNES PAUL II., Enzyklika ECCLESIA DE EUCHARISTIA an die Bischöfe, an die Priester und Diakone, an die geweihten Personen und an alle Christgläubigen über die Eucharistie in ihrer Beziehung zur Kirche vom 17. April 2003,
http://www.vatican.va/holy_father/special_features/encyclicals/documents/hf_jp-ii_enc_20030417_ecclesia_eucharistia_ge.html , Nr. 37: "Aber in den Fällen, in denen ein äußeres Verhalten in schwerwiegender, offenkundiger und beständiger Weise der moralischen Norm widerspricht, kommt die Kirche nicht umhin, sich in ihrer pastoralen Sorge um die rechte Ordnung der Gemeinschaft und aus Achtung vor dem Sakrament in Pflicht nehmen zu lassen. Auf diesen Zustand offenkundiger moralischer Indisposition verweist die Norm des kirchlichen Gesetzbuches, gemäß der jene nicht zur eucharistischen Kommunion zugelassen werden können, 'die hartnäckig in einer offenkundigen schweren Sünde verharren' (Vgl. CIC, can. 915; CCEO, can. 712.)"

34Hier müßte u. a. länger auf den can. 1536 § 2 CIC 1983 eingegangen werden.

35Vgl. die sich auf Joseph Kardinal RATZINGER und Zenon Kardinal GROCHOLEWSKI stützenden Anfragen von G. MURARO, Alla ricerca di una via d'uscita. Riflessioni e indicazioni teologiche per affrontare il problema dei separati e divorziati, in: CREDERE OGGI, I divorziati: la chiesa di fronte ai legami spezzati, Nr. 136 (Juli/August 2003), http://www.credereoggi.it/upload/2003/articolo136_75.asp - der sinnlos zugespitzte Antijuridismus, wobei das Recht in frontalen Gegensatz zur Liebe gebracht wird, verwundert jedoch sehr (Anm. 10): "La domanda di fondo resta sempre la stessa: il rapporto coniugale è un rapporto giuridico o è un rapporto di amore? La distinzione tra contratto e patto non è una questione di natura terminologica, ma di sostanza. Se il rapporto è giuridico, spetta al tribunale decidere; ma se è un rapporto di amore, trascende le capacità del tribunale." Man wird kaum annehmen können, daß J. RATZINGER seine außergerichtlichen Ansätze jemals mit einer solchen Fragestellung bzw. überzeichneten personalistischen Begründung versehen würde.

36Vgl. J. MESSNER, Das Naturrecht, Berlin 7/1984, 584: "Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe ergeben sich aber noch klarer aus dem Sozialzweck der ehelichen Vereinigung, der Aufzucht der Kinder (...) Wenn aber eine Ehe kinderlos ist? Oder wenn die Eheleute doch getrennt leben müssen, weil sonst Seele und Leib derselben und das Wohl der Kinder bedroht ist? Um des Sozialzweckes der Ehe willen verlangt die Natur trotzdem ihre Unauflöslichkeit (...) Wäre das Band der Ehe nicht unauflöslich, viele, die in einer Ehe sich verbinden, würden von vornherein nicht die Anstrengungen machen, die notwendig sind, um den Individual- und Sozialzweck der Ehe zu erreichen." (Herv. v. Verf.) Zur Grundlegung des Naturrechts bei J. MESSNER vgl. auch A. PYTLIK, Diritto naturale ed etica sociale nel pensiero di Johannes Messner, Città del Vaticano 2002 (= Rechtsphilosophische Dissertation an der Kirchenrechtlichen Fakultät der Päpstlichen Lateranuniversität).

37Ein sehr klarer Hinweis zur Entleerung des Kreuzes Christi findet sich zweifellos in der Ansprache Seiner Heiligkeit Papst JOHANNES PAUL II. an die Teilnehmer des Kongresses für Moraltheologie, Nr. 4, 12. November 1988, in ihrer deutschen Übersetzung in: Enzyklika HUMANAE VITAE. Die Weitergabe menschlichen Lebens. Einführung: Prof. Dr. Georg Siegmund. Im Anhang: Das Credo des Gottesvolkes. Papst Johannes Paul II. "Humanae vitae" zwanzig Jahre danach, Stein am Rhein ²1991, 48 f. (vgl. die italienische Urfassung im Osservatore Romano vom 13. November 1988): "Es geht nämlich nicht um eine vom Menschen erfundene Lehre: sie ist vielmehr von der Schöpferhand Gottes in die Natur der menschlichen Person eingeschrieben und von ihm in der Offenbarung bekräftigt worden ... Wohl gemerkt, was hier in Frage gestellt wird, wenn man diese Lehre ablehnt, ist der Gedanke der Heiligkeit Gottes selbst. Indem er uns dazu vorausbestimmt hat, heilig und makellos vor ihm zu sein, hat er uns 'in Christus dazu geschaffen, in unserem Leben die guten Werke zu tun, die er für uns im voraus bereitet hat' (Eph 2,10): jene sittlichen Normen sind einfach ein Erfordernis, von dem kein geschichtlicher Umstand dispensieren kann, ein Erfordernis der Heiligkeit Gottes, das sich konkret und keineswegs abstrakt jeder einzelnen menschlichen Person mitteilt. - Aber nicht nur das, sondern eine solche Ablehnung entleert auch das Kreuz Christi (vgl. 1 Kor 1,17)." Zugegeben, die Passage bezieht sich auf empfängnisverhütende Akte, welche nach unveränderlicher kirchlicher Lehre durch keine persönlichen oder sozialen Umstände je zu in sich selbst geordneten Akten werden können. Da das Verbot der Empfängnisverhütung als sekundäres Naturrechtsprinzip in den Bereich des primären Naturrechts hineinfällt und die Katholische Kirche hier mit Recht von einem Fall der Insdispensabilität ausgeht, weil immer in sich schlecht, könnte die Unauflöslichkeit als möglicherweise nur tertiäres Naturrechtsprinzip in den Bereich des sekundären Naturrechts fallen und müßte daher die zitierte Passage im allgemeinen etwas anders formuliert sein, ausgenommen es ginge nur um die gültigen und vollzogenen Ehen zwischen Getauften, da sich bei diesen aufgrund positiven göttlichen Rechtes im Neuen Bund mit Sicherheit eine Insdispensabilität ergibt. Vgl. die bereits zitierte Ansprache vom 21. Januar 2000 zur Eröffnung des Gerichtsjahres an die Rota Romana,
http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/speeches/documents/hf_jp-ii_spe_20000121_rota-romana_ge.html ; vgl. dazu auch A. PYTLIK, Darstellung einer thomistisch inspirierten Theorie des "primären" und "sekundären" Naturrechts als gleichzeitige Untersuchung ihrer Anhaltspunkte beim hl. Thomas selbst. Triplex est gradus praeceptorum moralium. (Vgl. Sum. Theol. I-II, q. 100, a. 11), im Internet seit 2000 unter http://www.padre.at/natur.htm und A. PYTLIK, Verhütung ist ausnahmslos verwerflich. Die unfehlbare Lehre der Kirche, im Internet seit 2004 unter http://www.padre.at/verhuetung.htm

38Vgl. die Anm. 23 dieser Arbeit und vgl. Seine Heiligkeit Papst JOHANNES PAUL II., Ansprache zur Eröffnung des Gerichtsjahres an die Rota Romana,
http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/speeches/documents/hf_jp-ii_spe_20000121_rota-romana_ge.html , der bekräftigt, "daß die gültige und vollzogene sakramentale Ehe nie aufgelöst werden kann, nicht einmal durch die Vollmacht des Römischen Pontifex. Die gegenteilige Behauptung würde die These implizieren, daß es keine absolut unauflösliche Ehe gibt, was im Gegensatz zu dem Sinn stünde, in dem die Kirche die Unauflöslichkeit des Ehebandes lehrt und immer gelehrt hat" (Nr. 6). Der kirchliche Gesetzgeber hat das aus jeder gültigen Ehe entstehende Eheband und dessen andauernden und ausschließlichen Charakter auch im neuen lateinischen Recht betont (can. 1134 CIC 1983). Eine vollzogene Ehe unter Getauften ist absolut unauflöslich (can. 1141 CIC 1983).

39Die Ehe, die zwei Ungetaufte eingegangen sind, wird kraft des Paulinischen Privilegs (cann. 1143-1147; 1150 CIC 1983) zugunsten des Glaubens jenes Teiles, der die Taufe empfangen hat, dadurch gelöst, daß von diesem eine neue Ehe geschlossen wird, sofern der nicht getaufte Partner ihn verlassen hat. Das gilt, wenn der nichtgetaufte Partner mit dem Getauften nicht mehr weiter oder nicht ohne Verunehrung des Schöpfers zusammenleben will, es sei denn, der getaufte Teil hätte nach Empfang der Taufe seinem Gatten einen gerechten Grund für das Fortgehen gegeben. Vgl.
http://www.bistum-eichstaett.de/offizialat/eheverfahren/privilegium_paulinum.htm

40In äußerst verständlicher Form nimmt dazu und zur gesamten Thematik Stellung S. KILLERMANN, Gescheiterte Ehen und katholisches Kirchenrecht, in: E. MÖDE (Hrsg.), Trennung und Scheidung. Praktische und psychologische Hilfen für Seelsorge und Beratung, Regensburg 2004, 174 - 188; 177: "Da nur die Ehe zwischen zwei Getauften auf Christus gegründet ist, bindet die Ehe von oder mit Ungetauften diese weniger fest und unwiderruflich. Sie ist kein Sakrament." Eine Wiederheirat ohne kirchengerichtliche Feststellung der Nichtigkeit einer Vorehe ist jedoch nur möglich, wenn diese vorhergegangene Ehe durch den Tod eines Gatten (can. 1141 CIC 1983), aufgrund des Privilegium Paulinum (cann. 1143 - 1147 CIC 1983, vgl. Anm. 39 in dieser Arbeit), aufgrund einer päpstlich gewährten Auflösung wegen Nichtvollzugs (can. 1142 CIC 1983) oder zugunsten des Glaubens (Privilegium Petrinum) beendet ist. Für J. F. CASTAÑO, Il Sacramento del matrimonio, Roma ³1994, 502 ff., handelt es sich um sieben aktuell mögliche Fälle echter Auflösung eines bestehenden Ehebandes, nämlich I. unter den nicht vollzogenen Ehen 1. die Ehe zwischen zwei Getauften (CIC 1983, can. 1142), 2. die Ehe zwischen einem getauften und ungetauften Teil (CIC can. 1142); weiters II. unter den vollzogenen Ehen (und somit) 3. das sogenannte Privilegium Paulinum, 4. die Möglichkeit, eine der "Ehefrauen" als einzige zu wählen (can. 1148 CIC 1983), 5. der Fall des Ungetauften, der nach seiner Taufe mit dem damals ungetauften Gatten wegen Gefangenschaft oder Verfolgung das Zusammenleben nicht mehr wiederaufzunehmen in der Lage ist (can. 1149 CIC) sowie 6. und 7. zwei weitere Fälle, die nicht in den CIC 1983 aufgenommen wurden, aber in die kirchenrechtliche Praxis eingeflossen sind und vom Papst mittels der Glaubenskongregation behandelt werden (nämlich die Ehe zwischen zwei Ungetauften in favore fidei tertii und die Ehe zwischen einem getauften und ungetauften Teil). Zivil geschiedene und zivil wiederverheiratete geschiedene Menschen sollten daher unabhängig von ihrem Religionsbekenntnis den Weg zur Beratung bei einem kirchlichen Anwalt oder bei einem katholischen Diözesangericht in jedem Fall in Erwägung ziehen, also auch dann, wenn ihnen persönlich keine besonderen Anhaltspunkte für eine Ehenichtigkeit bewußt sind. Zur weitläufigen Diskussion über die Fälle der kirchlichen Auflösung des bestehenden Ehebandes vgl. u. a. A. HOPFENBECK, Privilegium Petrinum. Eine rechtssprachlich und rechtsbegriffliche Untersuchung, St. Ottilien 1976 (= K. MÖRSDORF/W. DÜRIG/G. SCHWAIGER, Münchener Theologische Studien, Bd. 35); vgl. J. F. CASTAÑO, Il Sacramento del matrimonio, Roma ³1994, 505 - 509; vgl. L. GEROSA, Das Recht der Kirche, Paderborn 1995 (= AMATECA. Lehrbücher zur katholischen Theologie, Bd. XII), 301 - 304; vgl. K. GOLSER, Kann eine Ehe sterben? Eine dogmatische, kirchenrechtliche, moral- und pastoraltheologische Anfrage, in: S. HAERING/J. KANDLER/R. SAGMEISTER (Hrsg.), Gnade und Recht. Beiträge aus Ethik, Moraltheologie und Kirchenrecht. Festschrift für Gerhard Holotik zur Vollendung des 60. Lebensjahres, Frankfurt a. M. 1999, 27 - 37; vgl. A. PYTLIK, Darstellung einer thomistisch inspirierten Theorie des "primären" und "sekundären" Naturrechts als gleichzeitige Untersuchung ihrer Anhaltspunkte beim hl. Thomas selbst. Triplex est gradus praeceptorum moralium. (Vgl. Sum. Theol. I-II, q. 100, a. 11), im Internet seit 2000 unter http://www.padre.at/natur.htm; vgl. S. IHLI, Die potestas vicaria des Papstes. Ursprung, Reichweite und Grenzen, NomoK@non-Webdokument: http://www.nomokanon.de/aufsaetze/004.htm, Rdnr. 1-77 (4. Mai 2000)

41Als Beispiel einer informativen Seite eines deutschsprachigen Kirchengerichtes zu den Klagegründen einer Ehenichtigkeit kann http://www.bistum-eichstaett.de/offizialat/ gelten- auch haben dieses und andere Gerichte übersichtliche Broschüren zur Erstinformation anzubieten.

42Vgl. nicht nur Anm. 23 dieser Arbeit, sondern auch A. PYTLIK, Darstellung einer thomistisch inspirierten Theorie des "primären" und "sekundären" Naturrechts als gleichzeitige Untersuchung ihrer Anhaltspunkte beim hl. Thomas selbst. Triplex est gradus praeceptorum moralium. (Vgl. Sum. Theol. I-II, q. 100, a. 11), im Internet seit 2000 unter http://www.padre.at/natur.htm : "Zweifellos ergeben nämlich die tatsächlich möglichen Fälle des Kirchenrechtes einen klaren Gemeinwohlprimat bzw. Primat eines höheren Prinzips (Bewahrung des Glaubens), aber es wäre eben verhängnisvoll, würden von diesen in die Gemeinwohlordnung eingebundenen Beispielen sog. 'progressive' Moraltheologen aufgrund mangelnden Ernstnehmens der Offenbarung sowie Ablegens jeder naturrechtlich ernsthaften Fundierung weiterschließen, daß letztlich doch jede Dispensierungsgrenze (welche die katholische Kirche offensichtlich in der gültig geschlossenen und vollzogenen Ehe unter Getauften erkennt) mehr oder weniger willkürlich erscheinen müsse und deshalb auch subjektiv schwerwiegend erscheinende Gründe, auch wenn sie nicht in den objektiven kirchenrechtlichen Rahmen der eher selten auftretenden möglichen Dispensfälle hineinfallen. Wahrscheinlich können wir aber davon ausgehen, daß die Kirche, wenn sie diese Gnadengewährung nicht theoretisch vorsähe, d. h. wenn sie von beteiligten Ungetauften nach der konkreten Bekehrungssituation die volle Durchsetzung eines naturrechtlich tertiären Prinzips (bei MESSNER erscheint die Unauflöslichkeit der Ehe fast schon als sekundäres Prinzip) verlangen würde gegen die objektiv gegebene Möglichkeit, dem Glauben und Glaubensleben und damit dem Seelenheil in entscheidender Weise helfen zu können (favor fidei), gegen das höchste Gesetz des salus animarum handeln würde (auch im Hinblick darauf, daß dem Ungetauften nicht jene Gnadenhilfen zur Verfügung standen und stehen werden, um in gestärkter Bereitschaft, nicht zuletzt dank des womöglich nun gegebenen Ehesakramentes, gemeinsam mit dem getauften Ehegatten gegen die auferlegten Folgen der Erbsünde fruchtbar anzukämpfen.) - Man kann also kaum von der Hand weisen, daß es spezielle Dispensmöglichkeiten seitens des speziell bevollmächtigten Vertreters Gottes auf Erden geben dürfte. Diese Vollmacht scheint jedoch ganz klar an die spezifische Gemeinwohlordnung (welche höhere Prinzipien kennt und durchsetzen möchte) der wahren Glaubensgemeinschaft gebunden, die wir hier in der vollkommenen Gesellschaft der katholischen Kirche erkennen. Damit ist einem drohendem Scheidungssubjektivismus doch ein Riegel vorgeschoben, und dieser Riegel ist und bleibt eindeutig naturrechtlicher Art, was nach Meinung des Autors inhaltlich am besten von MESSNER dargestellt worden ist. Daß es jedoch zur Förderung des Glaubens eine auch nur theoretisch denkbare Dispensnotwendigkeit oder -möglichkeit in Richtung Polygamie im Neuen Bund geben könnte, wie vielleicht aus den Ausführungen CASTAÑOS allzu gerne geschlossen würde, hält der Autor im übrigen jedoch für völlig ausgeschlossen." Zum Begriff salus animarum vgl. P. ERDÖ, Das "Heil der Seelen" im Codex Iuris Canonici. Ein öffentlich-rechtliches Prinzip der Interpretation und der Rechtsanwendung, in: AfkKR (172) 2003, 84 - 96.

43Vgl. Anm. 23 dieser Arbeit!

44Überaus wertvolle Hinweise zum Verstehenshorizont dieser echten Möglichkeit gibt der Sprachphilosoph und Theologe H. REINHARDT in: M. FRICK/F. WOLFSCHMITT (Hrsg.), Begegnungen mit Heinrich Reinhardt. Eine Festschrift, dargebracht von Freunden und Schülern des Gelehrten, Abensberg 1998, 83 - 87.

45In dieser Broschüre wird erfreulicherweise auch die Notwendigkeit ausreichenden Personals für die Diözesangerichte herausgestrichen, um zumutbare Fristen für Ehenichtigkeitsverfahren zu gewährleisten. Vgl. auch Leo Kardinal SCHEFFCZYK, Entschiedener Glaube - befreiende Wahrheit. Ein Gespräch über das Katholische und die Kirche mit Peter Christoph Düren, Buttenwiesen 2003, 311: "Die Nichtzulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Eucharistie ist vor allem zum Schutz der Unauflöslichkeit der Ehe gedacht und geschaffen, die anders nur noch dem Namen nach gehalten werden könnte. Sie ergibt sich aber auch aus einer vertieften Sicht des Zusammenhanges zwischen Ehe, Kirche und Eucharistie. Die Ehe (zumal als Familie) ist ein Abbild der Kirche, eine 'Kirche im Kleinen' oder eine 'Hauskirche'. Beides sind miteinander verbundene Gemeinschaften und zwar so verknüpft, daß das Band, das Christus mit der Kirche verbindet, sich (im verkleinerten Umfang) auch um die Ehe schließt. Beide aber haben ihr Zentrum in der Eucharistie." (Herv. v. Verf.) Wenn deshalb die Ehegemeinschaft durch eine zweite "Ehe" zerrissen wird, reißt auch die Verbindung zur heiligsten Eucharistie. Vgl. auch G. ASSENMACHER, Nichtigerklärung, Auflösung und Trennung der Ehe, in: HdbKathKR2, 992: "Wollte dagegen die Kirche wiederverheirateten Geschiedenen die Zulassung zu den Sakramenten auch ohne diese Forderung gewähren, so hätte das zugleich verhängnisvolle Auswirkungen. Dann bliebe von der Unauflöslichkeit der Ehe allenfalls noch ein vages Wunschbild; die reale Forderung Christi hingegen, die es auch in der rauhen Wirklichkeit des Alltags zu erfüllen gilt, wäre preisgegeben. Ferner wäre unzähligen Eheleuten in den Krisen ihrer Ehe der Durchhaltewille zur Überwindung ihrer Schwierigkeiten gebrochen, weil letzten Endes auch die Kirche hernach den Ausweg einer Zweitehe billigen würde (...) Entscheidend bleibt, daß die Kirche nicht gutheißen kann, was ihr Herr als Ehebruch bezeichnet und daß sie keine Vergebung Gottes zusprechen kann, solange der Mensch nicht ehrlich von der Sünde abzurücken bereit ist. Die Kirche weiß sich gerade in der schwierigen Frage der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten an das Wort Gottes gebunden. Sie kann dieses nur bezeugen und verkünden, vorbehaltlos und ohne Abstrich; 'ob gelegen oder ungelegen' (2 Tim 4,2)." Vgl. auch H. FLATTEN, Nichtigerklärung, Auflösung und Trennung der Ehe, in: HdbKathKR1, 817 - 819.

46PÄPSTLICHER RAT FÜR DIE INTERPRETATION VON GESETZESTEXTEN, Entscheidung zu einem Zweifel bezüglich can. 915 CIC 1983 vom 24. Juni 2000:
http://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/intrptxt/documents/rc_pc_intrptxt_doc_20000706_declaration_ge.html , Nr. 2 (Herv. v. Verf.)

47Daß es weiterhin Informationsdefizite, Ahnungslosigkeit und Irrtümer in bezug auf die kirchliche Gerichtsbarkeit gibt, erweist sich z. B. an weiteren Reaktionen auf die zu Beginn des Beitrages erwähnten Andeutungen des Wiener Kardinal-Erzbischofs, wenn eine ehemalige Leiterin des katholischen Familienwerks und Mitarbeiterin der Plattform "Wiederverheiratete und Geschiedene in der Kirche" (WIGE) in der Erzdiözese Wien zur Beratung und Begleitung von Betroffenen laut http://www.diepresse.com/ vom 12. Oktober 2004 meint, daß für sie Annullierung der ersten Ehe keine Lösung sei - man sollte ja auch das Schöne der ersten Beziehung sehen, und Fälle erzwungener Eheschließung gäbe es kaum.

48In diesem Zusammenhang wird es nötig sein, einen eigenen Beitrag über die Gefahr zukünftig angedachter außergerichtlicher Lösungen bei Ehenichtigkeitsfällen zu verfassen. Die Hauptgefahr besteht tatsächlich darin, daß Nichtjuristen schließlich theologisch und kirchenrechtlich fremde Kriterien zur Beurteilung heranziehen und das Gemeinwohl der Kirche dadurch mehr Schaden leidet als mit einer heute nicht in allen Erdteilen rasch und effizient arbeitenden Gerichtsbarkeit. Deshalb ist der Vorschlag des direkten Ersatzes der Kirchengerichte durch interdisziplinäre Organismen bei G. MURARO, Alla ricerca di una via d'uscita. Riflessioni e indicazioni teologiche per affrontare il problema dei separati e divorziati, in: CREDERE OGGI, I divorziati: la chiesa di fronte ai legami spezzati, Nr. 136 (Juli/August 2003), http://www.credereoggi.it/upload/2003/articolo136_75.asp abzulehnen.

49Der Antijuridismus schlummert immer noch in vielen Köpfen, die den gemeinwohlstärkenden Charakter jeglichen Rechts noch nicht erkannt haben. Vgl. den hervorragenden Beitrag des Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Interpretation von Gesetzestexten, Julian Kardinal HERRANZ, zum Gesamtkontext eines falschen Antijuridismus unter dem Titel Il Diritto Canonico, perché?, 29. April 2002,
http://www2.unicatt.it/unicattolica/cattnews/allegati/herranz.pdf - bereits am 20. März 2002 hatte Kardinal HERRANZ solche Überlegungen im Rahmen des XI. Kanonistisch-zivilrechtlichen Symposiums der Päpstlichen Lateranuniversität und ihres Institutum Utriusque Iuris (Thema: Diritto e giustizia nel pontificato di Giovanni Paolo II. Lineamenta) unter dem Titel Significato e attualità della codificazione latina vorgestellt. Und in einem am 7. Februar 2003 publizierten Interview, http://www.fides.org/ita/news/2003/0302/07_02.html , gibt sich Kardinal HERRANZ überzeugt, daß dank des neuen lateinischen CIC und dank der weltweiten Erneuerung der Kirchenrechtswissenschaft der angesprochene postkonziliare Antijuridismus eigentlich überwunden wäre. - Aber Rückfälle können wohl trotzdem nicht ausgeschlossen werden.