Predigt am 16. Sonntag i. J. (Lesejahr C)

Themen: Das Hören in der Stille und die Konsequenzen für uns

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(Padre Alex)


Liebe Andächtige in Christus, dem endgültigen Wort Gottes!

"Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden." (Lk 10,42) - "Maria setzte sich dem Herrn (nämlich) zu Füßen und hörte seinen Worten zu." (Lk 10,39) Ein ganz wesentlicher Schritt: bewußt zuzuhören, bewußt zu hören auf die Worte Christi, unseres Erlösers. Voraussetzung aber dazu ist das Stillwerden, ist die bewußte Wahl der Stille, um wirklich klar hören zu können. Jesus selbst hörte nicht nur den Vater im Himmel in einer unübertrefflichen Deutlichkeit. Auch die Not des menschlichen Herzens, tief hinuntergedrückt in unausgesprochenen Bitten, hörte er sofort, und weil er diese lautlosen Schreie so überdeutlich hörte, heilte er viele betroffene Menschen sofort (vgl. Mt 8,1 - 3 und ähnl.).

Blicken wir also heute auf einen unserer fünf Sinne, die für einen Christen ja fünf Wege zu Gott sein sollten; wie steht es mit dem Gehörsinn? Von Natur aus haben wir ja keinen Schutz für die Ohren - offenbar sollen wir allzeit empfangsbereit Lauten und Geräuschen ausgesetzt sein. Außerdem dringt das Gehörte besonders tief ins Bewußtsein, in die tiefsten Schichten der Persönlichkeit. Welche Verantwortung also, was wir hören und anhören. Wir kennen z. B. in den Großstädten die Unsitte vieler Kaufhäuser, daß den Besuchern mittels sog. "leichter" Musik eine bestimmte "Entspannung" aufgedrängt wird; genauer gesagt: Verstand, Wille und Kritikfähigkeit sollen betäubt, Kauf- und Besitzbegierden sollen enthemmt werden. Von der heutigen betäubenden Musik der Unterhaltung oft gar nicht zu reden. Nichts gegen Feste zur rechten Zeit, aber das Wort des Herrn gilt: "Unter die Dornen ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort zwar hören, dann aber weggehen und in den Sorgen, dem Reichtum und den Genüssen des Lebens ersticken" (Lk 8,14).

In einem gewissen Gegensatz zum Erfolg dieser Primitivberieselung haben Statistiker nun schon mehrmals darauf hingewiesen, daß sich der durchschnittliche Hörer von Predigten oder politischen Reden sehr genau die Stimmlage des Redners einprägt und noch lange danach angeben kann, ob ihm der Redner sympathisch oder unsympathisch vorgekommen ist, ob er abgespannt oder hektisch, ermutigend oder beruhigend usf. gewirkt hat, daß sich aber angeblich nur ein geringer Bruchteil aller Hörer an den Inhalt des Gehörten erinnert, sich die Argumente für die Wahrheit des Gehörten durchdenkt und über die sachlichen Fähigkeiten des Redners erfreut oder verärgert ist. Daß hiedurch schon so manch ein Redner (Politiker) verführt wurde, durch seine Worte nichts zu sagen oder durch Reden auf Hirngespinste Appetit zu machen, ist eine Erfahrung, so alt wie die Menschheit. Und zu dieser Gefährdung des Hörens durch den Vorrang des Gefühls vor der Vernunft tritt heute noch die Gefahr der Überflutung durch zu viel Geschäftigkeit und zu laute Beschallung hinzu. Die dauernde Überflutung mit Lärm läßt im Grunde nur zwei Reaktionen zu: Entweder unterwirft man sich ihr, was zur gefährlichen Gleichgültigkeit gegenüber allen akustischen Signalen führt, zur leichten Manipulierbarkeit vor allem durch Fernsehen und Radio. Oder man widersteht der Überflutung, versucht einzudämmen, wo es geht, und schafft so Heilung durch Stille.

Es gibt auch heute, liebe Andächtige, sehr viele Gelegenheiten, absolut still zu werden. Das heißt: einfach hören, was aus dem Gehör-Gedächtnis langsam heraufsteigt und wie schnell das alles verklingt in der großen Stille. Dieses Heilfasten für die Ohren kann je nach Bedarf und Möglichkeit nur eine Stunde oder sogar ein paar Tage dauern. Auf jeden Fall wirkt es aber ein kleines Wunder. Man redet vielleicht doch weniger, spricht nicht mehr so schlampig wie bisher und hört vor allem besser auf die echten Einsprechungen Gottes und die Worte oder Bedürfnisse der anderen. In der echten Stille klärt sich alles. Es drängt sich nichts mehr zwanghaft auf, aber es wird auch nichts mehr übersehen. Diese Stille wäre in Wirklichkeit der Normalzustand unserer Seele, unserer von Gott geschaffenen unsterblichen Seele. Martas getadeltes "Sorgen und Mühen" (Lk 10,41) verweist uns darauf, was viele Menschen heute vergessen, ja vielleicht im Lärm der Zeit vergessen wollen: Daß sie nämlich unwiderruflich eine unsterbliche Seele haben, die - ob sie wollen oder nicht - vor dem dreifaltigen Gott nach dem Tod ihr Gericht erhält. Die Stille empfängt also den Atem der Ewigkeit. Die Stille öffnet die Seele für den ganzen Ernst der Ewigkeit. Das ist es doch vor allem, was heute durch ablenkende Musik und jegliche Lärmhaftigkeit, was durch "Nicht-wirklich-zu-sich-kommen" gerne vermieden wird, nämlich an die unwiderrufliche Unsterblichkeit der eigenen Geistseele zu denken, an den Ernst unseres einmaligen irdischen Lebens.

Vielleicht aber bewirkt gerade unserer lärmende Epoche auch eine gesunde Abwehr. Stille wird zum Überleben nötig, Stille wird unsere Zuflucht. Freilich verweilen wir oft viel zu kurz in dieser aufmerksamen Stille. Unsere menschliche Schwäche zieht uns wieder weg. "Auf den Felsen ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort freudig aufnehmen, wenn sie es hören; aber sie haben keine Wurzeln" (Lk 8,14), die - so können wir sagen - in der Stille gewachsen sind. Wir erfahren, daß diese unsere häufige Oberflächlichkeit nichts anderes als das Gift der Erbsünde ist. Es treibt uns weg vom Labsal der Stille, obwohl wir danach hungern - dieser Widerspruch scheint in uns zu sein. - Maria führt uns also im Evangelium zum Wesentlichen. Sie erinnert uns, daß wir nicht nur Wesen aus Fleisch und Blut sind mit hunderten irdischen Sorgen, sondern daß wir auch und vor allem unsterbliche Seelen besitzen, und der Normalzustand dieser unserer Seelen wäre Stille und Hinhören, Hinhören auf Christus. Aber nur wenige Menschen wie die von der Erbsünde unbefleckte Gottesmutter wohnten" ganz in solcher Stille, die ja auch immer wieder bedeuten wird, aus dem Schöpfungswerk den Schöpfer zu vernehmen. Das ist ja das Richtige an der Feststellung, welche Wohltat und vielleicht Gotteserfahrung es ist, im Wald und auf dem Berg die stille Sprache der Natur zu hören. Aber das beliebte Mißverständnis ist es dann, zu sagen: Ja, ich begegne dem lieben Gott viel lieber auf dem Berg als in der Kirche. Die Antwort kann nur sein: Wieso diese Orte gegeneinander ausspielen? Und letztlich ist die Priorität klar: Das, was Gott im dritten Gebot geordnet hat, die Hl. Sonntagsmesse, das Blutopfer, das Christus gestiftet und seinen Priestern zum Darbringen aufgetragen hat, die vollkommene Gegenwart des Gottmenschen Jesus Christus im allerheiligsten Sakrament des Altares, aber auch die Stimme Christi selbst in aller Klarheit und Eindeutigkeit, dies alles gibt es nur in der Kirche, nur in der wahren katholischen Kirche. Und die Verbindung von Stille und Anbetung des voll anwesenden Gottmenschen ist nur in der Kirche vor dem Tabernakel möglich und wäre uns ja so oft dringend zu empfehlen. Kirche und Hl. Messe sind unüberbietbar sichere Orte der wahren Gotteserfahrung - Wald und Berg sind mögliche Orte der Gotteserfahrung, ohne Gewißheit des Sakramentes. Erst die katholische Lehre gibt also auch dem Wald und dem Berg den richtigen Platz. Erst die katholische Lehre und Liturgie schenkt der unsterblichen Seele die Nahrung zum ewigen Leben.

Und das Hören auf die(se) ganz konkrete Stimme Christi, liebe Andächtige, hat für uns Heilsbedeutung. Daher ruft der Herr aus: "Wer Ohren hat zu hören, der höre!" (Lk 8,8). Und wieder: "Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört meine Stimme" (Joh 18,37). "Gebt also acht, daß ihr richtig zuhört!" (Lk 8,18) Wo höre ich also heute die Stimme Christi? Klar und rein höre ich die Stimme Christi in der von ihm gestifteten Kirche bei der Glaubensverkündigung. Dort, wo der unmittelbare Stellvertreter Christi auf Erden, wo der Hl. Vater, die Bischöfe und Priester in Treue zum ganzen Wort Gottes, das wir in Katechismus und Hl. Schrift enthalten haben, verkündigen, hören wir unfehlbar die Stimme Christi. Jede Predigt ist also Stimme Christi, ist Wort Gottes, wenn sie sich in vollem Gehorsam zum Lehramt befindet, was jeder Christ leicht überprüfen kann. "Wer aus Gott ist, hört die Worte Gottes" (Joh 8,47). Und jeder Katholik, der sein Gewissen ausrichtet an der vollen Glaubens- und Sittenlehre der Kirche, der kann sicher sein, die Stimme Christi auch in seinem Gewissen zu vernehmen. Dort im innersten Raum mit Gott führt das Hören auch durch Gottes Gnade zu tiefem Glauben und konsequentem Handeln. Hören - glauben und dann glaubenstreu handeln. Marta verweist uns auf die Gefahr, ohne echte Hören rasch zu handeln. Doch der Herr selbst sagt uns: "Wer diese meine Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute" (Mt 7,24). Auf guten Boden ist der Samen nämlich nur bei denen gefallen, "die das Wort mit gutem und aufrichtigem Herzen hören, daran festhalten und durch ihre Ausdauer Frucht bringen." (Lk 8,15) Und so gilt: "Selig sind ..., die das Wort Gottes hören und es befolgen" (Lk 11,28). AMEN.


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