Thursday, July 12. 2007
LATEINISCHE MESSE UND SAKRAMENTE IN ... Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Katholische Lehre, Kirchenrecht, News Kommentare at
17:06
Comments (0) Trackbacks (10) LATEINISCHE MESSE UND SAKRAMENTE IN DER AUSSERORDENTLICHEN FORM DES RÖMISCHEN RITUS FÜR IMMER LEGITIM: APOSTOLISCHES SCHREIBEN SUMMORUM PONTIFICUM (MOTU PROPRIO) VON BENEDIKT XVI.
Wie einige Leser meines Internetangebotes wissen, bin ich seit 27. Januar 1996 zusätzlich mit dem Päpstlichen Zelebret zur Feier der außerordentlichen Form des Römischen Meßritus ausgestattet und habe an verschiedenen von den Diözesanbischöfen genehmigten Gottesdienstorten ausgeholfen und darüber hinaus in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht heilige Taufen, Lossprechungen, Krankenölungen und Begräbnisse in der außerordentlichen Form der Liturgie der lateinischen Rituskirche feiern dürfen. Auch Hochzeiten nach dem älteren Rituale sind zu nennen. Nunmehr ist die rechtliche Lage vom regierenden Heiligen Vater definitiv erkannt, erklärt und verbindlich bekannt gegeben worden, sodaß sich eine zusätzliche positivrechtliche Erlaubnis spätestens ab 14. September 2007 erübrigt (siehe unten). Seit 14. Dezember 2004 bin ich zudem beauftragt, in der Bischofsstadt Eichstätt die regelmäßige Zelebration der Heiligen Messe nach dem Römischen Meßbuch des Jahres 1962 sicherzustellen. Von daher gab es auf meiner Internetseite schon sehr früh den Hinweis für alle Priester des lateinischen Ritus, daß sie vom Wunsch des verstorbenen Dieners Gottes Johannes Paul II. profitieren dürfen: am 18. Oktober 1988 hatte er festgestellt, daß allen, die darum bitten, der Gebrauch des genannten älteren Meßbuches zu gestatten sei.
Im folgenden übernehme ich von den Seiten des Heiligen Stuhles (Aktualisierung durch die Publikation in den Acta Apostolicae Sedis vom 7. September 2007, 777 - 781) und des Nachrichtendienstes kath.net das als Motu Proprio erlassene Apostolische Schreiben Summorum Pontificum (Untertitel: De usu extraordinario antiquae formae Ritus Romani) vom 7. Juli 2007 inklusive Arbeitsübersetzung, die ich nur an ganz wenigen Stellen verändert bzw. verbessert habe. Ich gliedere das Dokument exakt nach den vom Vatikan vorgenommenen Absätzen und biete neben der übernommenen Übersetzung auch jeweils einen kurzen unvollständigen Kommentar, wobei an erster Stelle natürlich das Begleitschreiben Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. an die Bischöfe über die Römische Liturgie in ihrer Gestalt (= außerordentliche Form) vor der 1970 durchgeführten Reform einfließt: [BEGINN DES APOSTOLISCHEN SCHREIBENS UND MEINER KOMMENTIERUNG:] De usu extraordinario antiquae formae Ritus Romani GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT (immer gemäß AAS): Summorum Pontificum cura ad hoc tempus usque semper fuit, ut Christi Ecclesia Divinae Maiestati cultum dignum offerret, "ad laudem et gloriam nominis Sui" et "ad utilitatem totius Ecclesiae Suae sanctae". DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Die Sorge der Päpste ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, daß die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringe, "zum Lob und Ruhm Seines Namens" und "zum Segen für Seine ganze heilige Kirche". KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Deshalb sagt der Heilige Vater im Begleitschreiben: "Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein. Es tut uns allen gut, die Reichtümer zu wahren, die im Glauben und Beten der Kirche gewachsen sind und ihnen ihren rechten Ort zu geben." GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Ab immemorabili tempore sicut etiam in futurum, principium servandum est "iuxta quod unaquaeque Ecclesia particularis concordare debet cum universali Ecclesia non solum quoad fidei doctrinam et signa sacramentalia, sed etiam quoad usus universaliter acceptos ab apostolica et continua traditione, qui servandi sunt non solum ut errores vitentur, verum etiam ad fidei integritatem tradendam, quia Ecclesiae lex orandi eius legi credendi respondet" [1: Institutio generalis Missalis Romani, Editio tertia, 2002, 397.] DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Seit unvordenklicher Zeit wie auch in Zukunft gilt es, den Grundsatz zu wahren, "demzufolge jede Teilkirche mit der Gesamtkirche nicht nur hinsichtlich der Glaubenslehre und der sakramentalen Zeichen übereinstimmen muß, sondern auch hinsichtlich der von der apostolischen und ununterbrochenen Überlieferung allgemein angenommenen Gebräuche, die einzuhalten sind, nicht nur um Irrtümer zu vermeiden, sondern auch zur Weitergabe der Unversehrtheit des Glaubens, denn das Gesetz des Betens (lex orandi) der Kirche entspricht ihrem Gesetz des Glaubens (lex credendi)." [1: Allgemeine Einführung des Römischen Meßbuches, dritte Edition, 2002, 397.] KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Dieser Grundsatz wurde in vielen (westlichen) Einzugsgebieten des lateinischen Ritus der Katholischen Kirche in den letzten 40 Jahren seitens nicht weniger Kleriker (Zelebranten) in der Praxis zum Teil schwer verletzt. Von daher ist es richtig, daß wir in der liturgischen Krise innerhalb der lateinischen Rituskirche einen der Gründe mißlungener Glaubensweitergabe erkennen können. Deshalb stellte der Heilige Vater im Begleitschreiben fest: "Viele Menschen, die klar die Verbindlichkeit des II. Vaticanums annahmen und treu zum Papst und zu den Bischöfen standen, sehnten sich doch auch nach der ihnen vertrauten Gestalt der heiligen Liturgie, zumal das neue Missale vielerorts nicht seiner Ordnung getreu gefeiert, sondern geradezu als eine Ermächtigung oder gar als Verpflichtung zur 'Kreativität' aufgefaßt wurde, die oft zu kaum erträglichen Entstellungen der Liturgie führte. Ich spreche aus Erfahrung, da ich diese Phase in all ihren Erwartungen und Verwirrungen miterlebt habe. Und ich habe gesehen, wie tief Menschen, die ganz im Glauben der Kirche verwurzelt waren, durch die eigenmächtigen Entstellungen der Liturgie verletzt wurden." GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Inter Pontifices qui talem debitam curam adhibuerunt, nomen excellit sancti Gregorii Magni, qui tam fidem catholicam quam thesauros cultus ac culturae a Romanis in saeculis praecedentibus cumulatos novis Europae populis transmittendos curavit. Sacrae Liturgiae tam Missae Sacrificii quam Officii Divini formam, uti in Urbe celebrabatur, definiri conservarique iussit. Monachos quoque et moniales maxime fovit, qui sub Regula sancti Benedicti militantes, ubique simul cum Evangelii annuntiatione illam quoque saluberrimam Regulae sententiam vita sua illustrarunt, "ut operi Dei nihil praeponatur" (cap. 43). Tali modo sacra liturgia secundum morem Romanum non solum fidem et pietatem sed et culturam multarum gentium fecundavit. Constat utique liturgiam latinam variis suis formis Ecclesiae in omnibus aetatis christianae saeculis permultos Sanctos in vita spirituali stimulasse atque tot populos in religionis virtute roborasse ac eorundem pietatem fecundasse. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Unter den Päpsten, die eine solche gebotene Sorge walten ließen, ragt der Name des heiligen Gregor des Großen heraus; dieser sorgte dafür, daß sowohl der katholische Glaube als auch die Schätze des Kultes und der Kultur, welche die Römer der vorangegangenen Jahrhunderte angesammelt hatten, den jungen Völkern Europas übermittelt wurden. Er ordnete an, daß die in Rom gefeierte Form der heiligen Liturgie - sowohl des Meßopfers als auch des Göttlichen Officiums - festgelegt und bewahrt werde. Eine außerordentlich große Stütze war sie den Mönchen und auch den Nonnen, die unter der Regel des heiligen Benedikt wirkten und überall zugleich mit der Verkündigung des Evangeliums durch ihr Leben auch jenen äußerst heilsamen Satz der Regel veranschaulichten, daß "dem Gottesdienst nichts vorzuziehen" sei (Kap. 43). Auf solche Weise befruchtete die heilige Liturgie nach Römischem Brauch nicht nur den Glauben und die Frömmigkeit, sondern auch die Kultur vieler Völker. Es steht fraglos fest, daß die lateinische Liturgie in ihren verschiedenen kirchlichen Formen durch alle Jahrhunderte christlicher Praxis hindurch sehr viele Heilige im geistlichen Leben angespornt und so viele Völker in der Tugend der Gottesverehrung gestärkt und deren Frömmigkeit befruchtet hat. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: In meinem Kommentar vom 16. Dezember 2006 unter dem Titel "Lateinische Liturgie: Heiliger Stuhl plant weitere Normalisierung - alter Römischer Ritus wird reguläre außerordentliche Praxis" übernahm ich eine Erklärung, die in Genua unter Autorität des Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz, Erzbischof Angelo Bagnasco, zur Vorbereitung auf das erwartete Motu Proprio verfaßt worden war, worin es heißt: "7. in der Kirche sind seit dem Beginn des vierten Jahrhunderts verschiedene Liturgien und Riten in Geltung, die denselben katholischen Glauben zum Ausdruck bringen, obschon sie unterschiedlichen Überlieferungen und Verbundenheiten entsprechen; diese Verschiedenartigkeit ist ein fühlbares Zeichen für die Vitalität der Katholischen Kirche". GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Ut autem Sacra Liturgia hoc munus efficacius expleret, plures alii Romani Pontifices decursu saeculorum peculiarem sollicitudinem impenderunt, inter quos eminet Sanctus Pius V, qui magno cum studio pastorali, Concilio Tridentino exhortante, totum Ecclesiae cultum innovavit, librorum liturgicorum emendatorum et "ad normam Patrum instauratorum" editionem curavit eosque Ecclesiae latinae usui dedit. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Damit jedoch die Heilige Liturgie diesen Dienst noch wirksamer erfüllte, haben verschiedene weitere Päpste im Lauf der Jahrhunderte besondere Sorgfalt verwandt; unter ihnen ragt der heilige Pius V. heraus, der mit großem seelsorglichen Eifer auf Veranlassung des Konzils von Trient den ganzen Kult der Kirche erneuerte, die Herausgabe verbesserter und "nach der Norm der Väter erneuerter" liturgischer Bücher veranlaßte und sie der lateinischen Kirche zum Gebrauch übergab. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: In meinem Kommentar vom 16. Dezember 2006 unter dem Titel "Lateinische Liturgie: Heiliger Stuhl plant weitere Normalisierung - alter Römischer Ritus wird reguläre außerordentliche Praxis" übernahm ich eine Erklärung, die in Genua unter Autorität des Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz, Erzbischof Angelo Bagnasco, zur Vorbereitung auf das erwartete Motu Proprio verfaßt worden war, worin es heißt: "8. das Konzil von Trient wollte die in der lateinischen Kirche damals existenten Riten nicht mit einem oberherrschaftlichen Akt vereinheitlichen; tatsächlich konnten die Teilkirchen und religiösen Orden auf der Grundlage des vom selben heiligen Pius V. festgelegten Prinzips - der auf Bitte des Konzils die Reform umsetzte - ihren je eigenen Ritus verehrungswürdiger Tradition behalten, wenn er dort mindestens zwei Jahrhunderte lang praktiziert worden war. Mit dem Fortschreiten der Jahre behauptete sich dann in der Praxis der Römische Ritus, aber nie in exklusiver Weise. Beispielhaft steht dafür der Fall des Ambrosianischen Ritus, verbreitet in einigen Tälern des Tessin (genannt 'Valli Ambrosiane' [Ambrosianische Täler]), in der ganzen Erzdiözese Mailand, aber auch hier in der Erzdiözese Genua mit Ausnahme von Monza, Trezzo und Treviglio". Somit ist festzustellen, daß es nicht nur innerhalb der universalen Katholischen Kirche immer schon eine legitime Ritenvielfalt gab, sondern auch innerhalb der lateinischen Rituskirche derselben Katholischen Kirche. Heute ist die volle Gleichberechtigung sämtlicher rechtmäßiger lateinischer und orientalischer Riten selbstverständlich, und ebenso können in Hinkunft die beiden legitimen Formen des einen Römischen Ritus nicht mehr gegeneinander ausgespielt werden. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Inter Ritus romani libros liturgicos patet eminere Missale Romanum, quod in romana urbe succrevit, atque succedentibus saeculis gradatim formas assumpsit, quae cum illa in generationibus recentioribus vigente magnam habent similitudinem. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Unter den liturgischen Büchern des Römischen Ritus ragt das Römische Meßbuch deutlich heraus; es ist in der Stadt Rom entstanden und hat in den nachfolgenden Jahrhunderten schrittweise Formen angenommen, die große Ähnlichkeit haben mit der in den letzten Generationen geltenden. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Am 28. Juni 2007 habe ich die Meldung über das fertige Apostolische Schreiben, das wir hier besprechen, in meinem Blogbuch so übertitelt: "Papst Benedikt XVI. gibt lateinischer Liturgie ihre organische Entfaltung zurück", und in seinem Begleitschreiben notiert der Heilige Vater: "Es gibt keinen Widerspruch zwischen der einen und der anderen Ausgabe des Missale Romanum. In der Liturgiegeschichte gibt es Wachstum und Fortschritt, aber keinen Bruch." Und ich erinnere an meinen Kommentar vom 16. Dezember 2006: "Logisch darf angenommen werden, daß auch in Zukunft der Diözesanbischof und der Ortspfarrer beim Angebot und bei der Ordnung der jeweils zu wählenden Meßliturgie das maßgebliche Wort zu führen haben werden, da in der Tat vom seelsorglichen Standpunkt aus gewachsene Gewohnheiten nicht einfach mit einem Schlag umgeformt werden können. So wird die Grundregel, daß die Meßform zu gewährleisten ist, die angekündigt wurde, auch weiterhin Geltung haben. Es wird allerdings erwartet werden dürfen, daß die Liturgiesprache der lateinischen Rituskirche auch häufiger im Rahmen des neuen Meßritus [= nunmehr die ordentliche Form des Römischen Meßritus] Verwendung finden werde, da ansonsten die Erwartung des II. Vatikanischen Konzils nicht mehr erfüllt werden kann: 'Es soll jedoch Vorsorge getroffen werden, daß die Christgläubigen die ihnen zukommenden Teile des Meß-Ordinariums auch lateinisch miteinander sprechen oder singen können.' (Konstitution über die Heilige Liturgie, Nr. 54)" GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: "Quod idem omnino propositum tempore progrediente Pontifices Romani sunt persecuti, cum novas ad aetates accommodaverunt aut ritus librosque liturgicos determinaverunt, ac deinde cum ineunte hoc nostro saeculo ampliorem iam complexi sunt redintegrationem" [2: Ioannes Paulus Pp. II, Litt. ap. Vicesimus quintus annus (4 Decembris 1988), 3: AAS 81 (1989), 899.] Sic vero egerunt Decessores nostri Clemens VIII, Urbanus VIII, sanctus Pius X [3: Ibid.], Benedictus XV, Pius XII et beatus Ioannes XXIII. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: "Dasselbe Ziel verfolgten in jeder Hinsicht die Päpste im Lauf der folgenden Jahrhunderte, indem sie eine zeitgemäße Formung oder die Festlegung der liturgischen Riten und Bücher vornahmen und schließlich mit dem Eintritt in unsere Epoche eine weitergehende Erneuerung in Angriff nahmen" [2: Papst Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Vicesimus quintus annus vom 4. Dezember 1988, 3: AAS 81 (1989), 899.] So aber hielten es Unsere Vorgänger Clemens VIII., Urban VIII., der heilige Pius X. [3: ebd.], Benedikt XV., Pius XII. und der selige Johannes XXIII. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Welches Ziel ist gemeint? Ein kurzer Blick zurück genügt: Anspornung im geistlichen Leben, Stärkung in der Tugend der Gottesverehrung und Befruchtung wahrer Frömmigkeit, aber auch und vor allem die Absicherung der Unversehrtheit des katholischen Glaubens. Aus diesem Grund kann keine Liturgie einfach unveränderlich festgeschrieben werden, sondern ist für eine von der zuständigen Autorität geförderte und geordnete organische Entwicklung immer offen. Dies ist auch der Grund, warum der regierende Heilige Vater unter Beratung so vieler Christgläubiger eine kurzfristig durchaus verschüttete Situation liturgischen Reichtums im Römischen Ritus neu enthüllen und für immer rechtlich feststellen kann, darf und muß. Deshalb hatte der hochwürdigste Diözesanbischof von Eichstätt, Dr. Gregor Maria Hanke OSB, in einem Interview am 30. Dezember 2006 festgestellt: "Liturgische Entwicklung muß immer das Ganze im Blick haben: die Wurzeln, den Stamm und die Äste. Liturgie ist immer eine Entwicklung, ist immer ein Prozeß. Aber die Weiterentwicklung, das Werden der Liturgie, darf nie die Wurzeln vergessen, sonst ist das keine gesunde Entwicklung. Man muß bei liturgischen Überlegungen immer von den Wurzeln ausgehen und darf nie zu kurz anzusetzen. Nur an soziologische Erfordernisse zu denken, wäre der falsche Weg. Von daher kann ich eine neue Offenheit für das reiche liturgische Erbe der Kirche nur begrüßen. Das schließt einen unbefangeneren Umgang mit der 'alten [lateinischen] Messe' ein und kann auch auf das liturgische Erbe des 1. Jahrtausends nicht verzichten." GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Recentioribus autem temporibus, Concilium Vaticanum II desiderium expressit, ut debita observantia et reverentia erga cultum divinum denuo instauraretur ac necessitatibus nostrae aetatis aptaretur. Quo desiderio motus, Decessor noster Summus Pontifex Paulus VI libros liturgicos instauratos et partim innovatos anno 1970 Ecclesiae latinae approbavit; qui ubique terrarum permultas in linguas vulgares conversi, ab Episcopis atque a sacerdotibus et fidelibus libenter recepti sunt. Ioannes Paulus II, tertiam editionem typicam Missalis Romani recognovit. Sic Romani Pontifices operati sunt ut "hoc quasi aedificium liturgicum [...] rursus, dignitate splendidum et concinnitate" appareret [4: S. Pius Pp. X, Litt. Ap. Motu proprio datae Abhinc duos annos (23 Octobris 1913): AAS 5 (1913), 449 - 450; cfr Ioannes Paulus II, Litt. ap. Vicesimus quintus annus (4 Decembris 1988), 3: AAS 81 (1989), 899.] DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: In jüngerer Zeit brachte das Zweite Vatikanische Konzil den Wunsch zum Ausdruck, wonach mit der gebotenen Achtsamkeit und Ehrfurcht gegenüber dem Gottesdienst dieser ein weiteres Mal erneuert und den Erfordernissen unserer Zeit angepaßt würde. Von diesem Wunsch geleitet hat Unser Vorgänger Papst Paul VI. im Jahr 1970 weiterentwickelte und zum Teil mit neuen Elementen versehene liturgische Bücher für die lateinische Rituskirche approbiert; auf der ganzen Erde in eine Vielzahl gesprochener Sprachen übertragen, wurden sie von Bischöfen sowie von Priestern und Gläubigen bereitwillig angenommen. Johannes Paul II. rekognoszierte die dritte Editio typica des Römischen Meßbuchs. So haben die Päpste daran gearbeitet, daß "dieses ,liturgische Gebäude' [...] in seiner Würde und Harmonie" neu erstrahlte [4: Heiliger Papst Pius X., Apostolisches Schreiben "Motu proprio" Abhinc duos annos vom 23. Oktober 1913: AAS 5 (1913), 449 - 450; vgl. Papst Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Vicesimus quintus annus vom 4. Dezember 1988, 3: AAS 81 (1989), 899.] KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Papst Benedikt XVI. ist sichtlich bemüht, durch sein Apostolisches Schreiben keine einzige Wunde (neu) aufzureißen, sondern in der gewählten Formulierung der einzig legitimen Interpretation der Kontinuität zwischen den älteren und neueren liturgischen Büchern vollen Raum zu geben. Und wenn man von einigen Mißbräuchen in der Praxis absieht, so kann auf Basis der lateinischen Texte und Bücher allein in der Tat ohne große Probleme diese Kontiuität bewiesen werden. Auch wenn es fraglich ist, ob die Väter des II. Vatikanischen Konzils eine so weitgehende Reform wie jene des Jahres 1970 angestrebt hatten, so darf nicht übersehen werden, daß der Diener Gottes Paul VI. vom Wunsch dieses XXI. Ökumenischen Konzils geleitet war. Außerdem ist anzuerkennen, daß es durchaus Breiten des Territoriums der lateinischen Rituskirche gibt, in denen eine neue Generation ohne große Kenntnis der lateinischen Liturgiesprache in einer geordneten landessprachlichen Liturgie der erneuerten römischen Bücher aufgewachsen ist und dabei nicht nur in sogenannten neuen Bewegungen Früchte der Heiligkeit und Frömmigkeit festgestellt werden konnten. Doch der Papst und die gesamte Kirche müssen auf das Wohl aller Christgläubigen achten, und nur davon ist seine nunmehrige epochale Entscheidung getragen. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Aliquibus autem in regionibus haud pauci fideles antecedentibus formis liturgicis, quae eorum culturam et spiritum tam profunde imbuerant, tanto amore et affectu adhaeserunt et adhaerere pergunt, ut Summus Pontifex Ioannes Paulus II, horum fidelium pastorali cura motus, anno 1984 speciali Indulto "Quattuor abhinc annos", a Congregatione pro Cultu Divino exarato, facultatem concessit utendi Missali Romano a Ioanne XXIII anno 1962 edito; anno autem 1988 Ioannes Paulus II iterum, litteris Apostolicis "Ecclesia Dei" Motu proprio datis, Episcopos exhortatus est ut talem facultatem late et generose in favorem omnium fidelium id petentium adhiberent. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Andererseits hingen in manchen Gegenden durchaus nicht wenige Gläubige den früheren liturgischen Formen, die ihre Kultur und ihren Geist so grundlegend geprägt hatten, mit derart großer Liebe und Empfindung an und tun dies weiterhin, daß Papst Johannes Paul II., geleitet von der Hirtensorge für diese Gläubigen, im Jahr 1984 mit dem besonderen Indult "Quattuor abhinc annos", das die Kongregation für den Gottesdienst entworfen hatte, die Möglichkeit zum Gebrauch des Römischen Meßbuchs zugestand, das von Johannes XXIII. im Jahr 1962 herausgegeben worden war; im Jahr 1988 forderte wiederum Johannes Paul II. die Bischöfe mit dem als Motu Proprio erlassenen Apostolischen Schreiben "Ecclesia Dei" auf, eine solche Möglichkeit weitherzig und großzügig zum Wohl aller Gläubigen, die darum bitten, einzuräumen. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Damit zeigt der Papst sehr schön auf, daß er keine einsame Entscheidung getroffen hat, sondern daß - wie schon öfters in der Kirchengeschichte auf unterschiedlichem Gebiet christlicher Glaubenspraxis - das gesamte Volk Gottes, vom Heiligen Geist angeleitet, deutliche und unauslöschbare Hinweise im liturgischen Leben der lateinischen Rituskirche gab, daß sich der eine Römische Ritus nicht nur in der einer gewissen Schnellentwicklung in allen Lebensbereichen unserer Zeit angepaßten erneuerten Form erschöpfen konnte, sondern daß der heilende Kontrast zum dauernden technischen, wirtschaftlichen und politischen Wandel ganz besonders in einer leichter universal erkennbaren außerordentlichen Form des Römischen Ritus liegen müßte, den die Kirche nie abschaffen konnte und auch nie abgeschafft hat. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Instantibus precibus horum fidelium iam a Praedecessore Nostro Ioanne Paulo II diu perpensis, auditis etiam a Nobis Patribus Cardinalibus in Concistorio die XXIII mensis martii anni 2006 habito, omnibus mature perpensis, invocato Spiritu Sancto et Dei freti auxilio, praesentibus Litteris Apostolicis DECERNIMUS quae sequuntur: DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Nachdem die inständigen Bitten dieser Gläubigen schon von Unserem Vorgänger Johannes Paul II. über längere Zeit hin abgewogen und auch die Väter Kardinäle in dem am 23. März 2006 abgehaltenen Konsistorium von Uns gehört worden sind, haben Wir alles reiflich geprüft und LEGEN nach Anrufung des Heiligen Geistes und im festen Vertrauen auf die Hilfe Gottes mit dem vorliegenden Apostolischen Schreiben folgendes FEST: KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Nun folgen die eigentlichen Rechtsnormen, die dem Römischen Ritus in seiner Gesamtheit die positivrechtliche Sicherheit und organische Entwicklung zurückgeben, derer er sich - im übertragenen Sinn gesprochen - "naturrechtlich" immer schon, d. h. auch in den letzten 37 Jahren, erfreut hat, auch wenn dies nicht viele anerkennen wollten bzw. im guten Glauben einfach nicht erkannt hatten. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 1. Missale Romanum a Paulo VI promulgatum ordinaria expressio "Legis orandi" Ecclesiae catholicae ritus latini est. Missale autem Romanum a S. Pio V promulgatum et a B. Ioanne XXIII denuo editum habeatur uti extraordinaria expressio eiusdem "Legis orandi" Ecclesiae et ob venerabilem et antiquum eius usum debito gaudeat honore. Hae duae expressiones "legis orandi" Ecclesiae, minime vero inducent in divisionem "legis credendi" Ecclesiae; sunt enim duo usus unici ritus romani. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art. 1. Das von Paul VI. promulgierte Römische Meßbuch ist die ordentliche Ausdrucksform der "Lex orandi" der Katholischen Kirche des lateinischen Ritus. Das vom heiligen Pius V. promulgierte und vom seligen Johannes XXIII. neu herausgegebene Römische Meßbuch hat als außerordentliche Ausdrucksform derselben "Lex orandi" der Kirche zu gelten, und aufgrund seines verehrungswürdigen und unvordenklich wertvollen Gebrauchs soll es sich der gebotenen Ehre erfreuen. Diese zwei Ausdrucksformen der "Lex orandi" der Kirche führen aber keineswegs zu einer Spaltung der "Lex credendi" der Kirche; denn sie sind zwei Anwendungsformen des einen Römischen Ritus. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Der Papst hält im Begleitschreiben fest: "Es ist nicht angebracht, von diesen beiden Fassungen des Römischen Meßbuchs als von 'zwei Riten' zu sprechen. Es handelt sich vielmehr um einen zweifachen Usus ein und desselben Ritus. Was nun die Verwendung des Meßbuchs von 1962 als Forma extraordinaria der Meßliturgie angeht, so möchte ich darauf aufmerksam machen, daß dieses Missale nie rechtlich abrogiert wurde und insofern im Prinzip immer zugelassen blieb. Im Augenblick der Einführung des neuen Meßbuchs schien es nicht notwendig, eigene Normen für den möglichen Gebrauch des bisherigen Missale zu erlassen. Man ging wohl davon aus, daß es sich um wenige Einzelfälle handeln würde, die fallweise am jeweiligen Ort zu lösen seien. Dann zeigte sich aber bald, daß vor allem in Ländern, in denen die Liturgische Bewegung vielen Menschen eine bedeutende liturgische Bildung und eine tiefe innere Vertrautheit mit der bisherigen Form der liturgischen Feier geschenkt hatte, nicht wenige stark an diesem ihnen von Kindheit auf liebgewordenen Gebrauch des Römischen Ritus hingen." Damit hat der Papst auch Vorwürfe moderner Liturgiewissenschaftler zurückgewiesen, die so manchem Gläubigen, der schon bisher die außerordentliche Form des Römischen Ritus bevorzugte, mangelnde liturgische Bildung usw. unterstellt hatten. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Proinde Missae Sacrificium, iuxta editionem typicam Missalis Romani a B. Ioanne XXIII anno 1962 promulgatam et numquam abrogatam, uti formam extraordinariam Liturgiae Ecclesiae, celebrare licet. Condiciones vero a documentis antecedentibus "Quattuor abhinc annos" et "Ecclesia Dei" pro usu huius Missalis statutae, substituuntur ut sequitur: DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Demgemäß ist es erlaubt, das Meßopfer nach der vom seligen Johannes XXIII. promulgierten und niemals abgeschafften Editio typica des Römischen Meßbuchs als außerordentliche Form der Liturgie der Kirche zu feiern. Die von den vorangegangenen Dokumenten "Quattuor abhinc annos" und "Ecclesia Dei" für den Gebrauch dieses Meßbuchs aufgestellten Bedingungen aber werden wie folgt ersetzt: KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Auch seit 1970 haben daher jene Bischöfe und Priester, welche aus objektiven bzw. aus Gewissens-Gründen heraus (auch oder ausschließlich) die Bücher der außerordentlichen Form des Römischen Ritus verwendeten, nicht gesündigt, soferne dieses Festhalten an der traditionellen lateinischen Liturgie nicht mit sündhaften Haltungen und Straftaten verbunden war. Nunmehr schenkt der Papst jedoch nach einer realen historischen Durststrecke definitive Rechtssicherheit, und nicht nur das: man kann tatsächlich davon ausgehen, daß mit dem Stichtag des 14. September 2007 ein Gleichgewicht und eine gewisse Gleichberechtigung zwischen den beiden Möglichkeiten des einen Römischen Ritus hergestellt ist. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 2. In Missis sine populo celebratis, quilibet sacerdos catholicus ritus latini, sive saecularis sive religiosus, uti potest aut Missali Romano a beato Papa Ioanne XXIII anno 1962 edito, aut Missali Romano a Summo Pontifice Paulo VI anno 1970 promulgato, et quidem qualibet die, excepto Triduo Sacro. Ad talem celebrationem secundum unum alterumve Missale, sacerdos nulla eget licentia, nec Sedis Apostolicae nec Ordinarii sui. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art. 2. In Messen, die ohne Volk gefeiert werden, kann jeder katholische Priester des lateinischen Ritus - sei er Weltpriester oder Ordenspriester - entweder das vom seligen Papst Johannes XXIII. im Jahr 1962 herausgegebene Römische Meßbuch gebrauchen oder das von Papst Paul VI. im Jahr 1970 promulgierte, und zwar an jedem Tag mit Ausnahme des Triduum Sacrum (= Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag). Für eine solche Feier nach dem einen oder dem anderen Meßbuch benötigt der Priester keine Erlaubnis, weder vom Apostolischen Stuhl noch von seinem Ordinarius. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Der Begriff Messe ohne Volk ist ein liturgierechtlicher und meint eine nicht öffentlich angekündigte Heilige Messe, die jedoch selbstverständlich öffentlich zelebriert werden kann, sodaß sich dabei auch wenige oder sogar viele Gläubige (man denke an einen Wallfahrtsort) sammeln können. Normalerweise wird bei der sogenannten Messe ohne Volk auch der Dienst eines Ministranten vorgesehen. Da dem Priester die Sicherstellung eines Ministranten aber beispielsweise auf Reisen nicht immer möglich ist und die tägliche Zelebration nicht unterlassen werden sollte, kann und darf in solchen und ähnlichen Situationen die Heilige Messe auch ohne jede reale Beteiligung des irdischen Volkes Gottes gefeiert werden. Es ist kein Zufall, daß der Papst zuerst die außerordentliche Form nennt, auch weil sie schon älter ist. In meinem Kommentar vom 16. Dezember 2006 unter dem Titel "Lateinische Liturgie: Heiliger Stuhl plant weitere Normalisierung - alter Römischer Ritus wird reguläre außerordentliche Praxis" übernahm ich eine Erklärung, die in Genua unter Autorität des Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz, Erzbischof Angelo Bagnasco, zur Vorbereitung auf das erwartete Motu Proprio verfaßt worden war, worin es heißt: "5. derselbe Papst Paul VI., der im Jahre 1970 das Römische Meßbuch nach den Vorgaben des II. Vatikanischen Konzils promulgierte, gewährte persönlich dem heiligen Pater Pio von Pietrelcina das Indult zur Fortsetzung der (auch öffentlichen) Zelebration der Heiligen Messe nach dem Ritus des heiligen Pius V., obgleich die liturgische Reform mit der Fastenzeit des Jahres 1965 in die Umsetzungsphase trat (...) 9. zwei gültige Ausdrucksformen desselben katholischen Glaubens - jene des heiligen Pius V. und jene von Paul VI. - dürfen nicht als 'sich ausdrückende gegensätzliche Auffassungen' präsentiert werden, als ob sie logisch nicht miteinander vereinbar wären; 10. im liturgischen Bereich dürfen die Entscheidungen und Handlungen der Päpste - im besonderen von Johannes XXIII., Paul VI., Johannes Paul II. und von Benedikt XVI. - sowie der Konzilien - sei es das Tridentinische, sei es das II. Vatikanische - nicht in Kontrastform dargestellt werden und noch viel weniger als sich gegenseitig ausschließende Alternativen." Somit sind alle Wallfahrtsorte, Kathedralkirchen und Pfarreien verpflichtet, das gesamte dort wirkende kirchliche Personal anzuweisen, daß die tägliche Einzelzelebration für jeden ausgewiesenen Priester zu ermöglichen ist. Für das Meßbuch 1962 gibt es keine Konzelebrationsmöglichkeit im Sinne heute sehr verbreiteter Kon-Konsekration. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 3. Si communitates Institutorum vitae consecratae atque Societatum vitae apostolicae iuris sive pontificii sive dioecesani quae in celebratione conventuali seu "communitatis" in oratoriis propriis celebrationem sanctae Missae iuxta editionem Missalis Romani anno 1962 promulgatam habere cupiunt, id eis licet. Si singula communitas aut totum Institutum vel Societas tales celebrationes saepe vel habitualiter vel permanenter perficere vult, res a Superioribus maioribus ad normam iuris et secundum leges et statuta particularia decernatur. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art. 3. Wenn Gemeinschaften der Institute geweihten Lebens und der Gesellschaften apostolischen Lebens - seien sie päpstlichen oder diözesanen Rechts - wünschen, bei der Konvents- bzw. "Kommunitäts"-Zelebration in den eigenen Oratorien die Feier der Heiligen Messe nach der Ausgabe des Römischen Meßbuchs zu halten, die im Jahr 1962 promulgiert wurde, ist ihnen dies erlaubt. Wenn eine einzelne Gemeinschaft oder ein ganzes Institut bzw. eine ganze Gesellschaft solche Zelebrationen öfters oder als feste Gewohnheit oder ständig begehen will, ist es Sache der höheren Oberen, nach der Norm des Rechts und gemäß der partikularen Gesetze und Statuten zu entscheiden. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Daß solche Entscheidungsprozesse friedlich und unter Anerkennung sowie Einbindung aller konkreten Sensbilitäten von statten gehen sollen, steht außer Frage. Die Oberen haben sich an jenen Maßstab des Gleichgewichts zu halten, den der Papst hiermit gegeben hat. Eine ausschließliche Konzentration auf die eine oder andere Form des Römischen Ritus wird nur dann gemeinschaftlich möglich sein, wenn alle Mitglieder freiwillig dafür votieren. Andernfalls hat sich in sämtlichen Gemeinschaften eine gerechte Vielfalt des Römischen Ritus zu entwickeln und zu präsentieren. Insbesondere ist dabei auf Schwesterngemeinschaften zu achten, deren Rechte und Traditionsverbundenheiten nicht selten mißachtet wurden. Dies betraf nicht nur ältere Ordensschwestern, sondern dies betrifft auch Schwestern und Brüder der jüngsten Generation. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 4. Ad celebrationes sanctae Missae de quibus supra in art. 2 admitti possunt, servatis de iure servandis, etiam christifideles qui sua sponte id petunt. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art. 4. Zu den Feiern der Heiligen Messe, von denen oben in Art. 2 gehandelt wurde, können entsprechend dem Recht auch Christgläubige zugelassen werden, die aus eigenem Antrieb darum bitten. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Damit ist mein Kommentar bestätigt, es handelt sich auch bei den sogenannten Messen ohne Volk nicht um eigentliche "Privatmessen", die es abgesehen von der legitimen Begrifflichkeit real nicht geben kann, weil jede Liturgie der Kirche prinzipiell eine öffentliche ist. Ganz konkret ist es daher in Hinkunft nicht mehr denkbar, daß ein Seminarregens einem ihm unterstellten Priesteramtskandidaten für die Ferienzeit den Besuch solcher legitimer Heiliger Messen in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus untersagt. Insbesondere sind Seminaristen als Ministranten in der außerordentlichen Form zuzulassen und zu fördern. Wie sollen jene Christgläubigen, die sich besonders den außerordentlichen Formen der Sakramente im Römischen Ritus verbunden fühlen, in Hinkunft an möglichst vielen Orten zu ihrem geistlichen Gewinn kommen können, wenn nicht auch in sämtlichen Ausbildungsstätten die Gleichwertigkeit der außerordentlichen und ordentlichen Form des Römischen Ritus wenigstens toleriert würde? GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 5, § 1. In paroeciis, ubi coetus fidelium traditioni liturgicae antecedenti adhaerentium stabiliter exsistit, parochus eorum petitiones ad celebrandam sanctam Missam iuxta ritum Missalis Romani anno 1962 editi, libenter suscipiat. Ipse videat ut harmonice concordetur bonum horum fidelium cum ordinaria paroeciae pastorali cura, sub Episcopi regimine ad normam canonis 392, discordiam vitando et totius Ecclesiae unitatem fovendo. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art. 5, § 1. In Pfarreien, wo eine Gruppe von Gläubigen stabil existiert, die der früheren Liturgie verbunden sind, hat der Pfarrer deren Bitten, die Heilige Messe nach dem Ritus des im Jahr 1962 herausgegebenen Römischen Meßbuches zu feiern, bereitwillig aufzunehmen. Er selbst hat darauf zu achten, daß das Wohl dieser Gläubigen mit der ordentlichen Hirtensorge für die Pfarrei harmonisch in Einklang gebracht werde, unter der Leitung des Bischofs nach der Norm des Canon 392, wobei Zwietracht zu vermeiden und die Einheit der ganzen Kirche zu fördern ist. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Da der Papst die Gruppe zahlenmäßig nicht definiert, sind auch Gruppen ernstzunehmen, die weniger als 30 Personen umfassen. Sie müssen als Gruppen vor dem 14. September 2007 nicht stabil bestanden haben, sondern können sich auch jetzt bilden. Canon 392 CIC 1983 schreibt in seinem § 2 folgendes vor: "Der Bischof hat darauf zu achten, daß sich kein Mißbrauch in die kirchliche Ordnung einschleicht, vor allem in bezug auf den Dienst am Wort, die Feier der Sakramente und Sakramentalien, die Verehrung Gottes und der Heiligen sowie in bezug auf die Vermögensverwaltung." Der Papst notiert in seinem Begleitschreiben: "Nichts wird folglich der Autorität des Bischofs weggenommen, dessen Aufgabe in jedem Fall jene bleibt, darüber zu wachen, daß alles friedlich und sachlich geschieht. Sollten Probleme auftreten, die der Pfarrer nicht zu lösen imstande ist, kann der Ordinarius immer eingreifen, jedoch in völliger Übereinstimmung mit den im Motu Proprio festgelegten neuen Bestimmungen. Außerdem lade ich Euch, liebe Mitbrüder, hiermit ein, drei Jahre nach dem Inkrafttreten des Motu Proprio dem Heiligen Stuhl über Eure Erfahrungen Bericht zu erstatten. Wenn dann wirklich ernsthafte Schwierigkeiten aufgetreten sein sollten, können Wege gesucht werden, um Abhilfe zu schaffen." Und: "Es ist wahr, daß es nicht an Übertreibungen und hin und wieder an gesellschaftlichen Aspekten fehlt, die in ungebührender Weise mit der Haltung jener Gläubigen in Zusammenhang stehen, die sich der alten lateinischen liturgischen Tradition verbunden wissen. Eure Liebe und pastorale Klugheit wird Anreiz und Leitbild für eine Vervollkommnung sein. Im übrigen können sich beide Formen des Usus des Ritus Romanus gegenseitig befruchten: Das alte Meßbuch kann und soll neue Heilige und einige der neuen Präfationen aufnehmen. Die Kommission Ecclesia Dei wird im Kontakt mit den verschiedenen Institutionen die sich dem usus antiquior widmen, die praktischen Möglichkeiten prüfen. In der Feier der Messe nach dem Missale Pauls VI. kann stärker, als bisher weithin der Fall ist, jene Sakralität erscheinen, die viele Menschen zum alten Usus hinzieht. Die sicherste Gewähr dafür, daß das Missale Pauls VI. die Gemeinden eint und von ihnen geliebt wird, besteht im ehrfürchtigen Vollzug seiner Vorgaben, der seinen spirituellen Reichtum und seine theologische Tiefe sichtbar werden läßt." Die Frage der Form des Kommunionempfanges ist in diesem Zusammenhang nicht geklärt. Es gibt in vielen Territorien der lateinischen Rituskirche nämlich aktuell das Grundrecht des disponierten Kommunikanten, die würdige Form des Empfanges selbst zu erwählen (vgl. die römische Instruktion "Redemptionis sacramentum" vom 25. März 2004 über einige Dinge bezüglich der heiligsten Eucharistie, die einzuhalten und zu vermeiden sind: "Obwohl jeder Gläubige immer das Recht hat, nach seiner Wahl die heilige Kommunion mit dem Mund zu empfangen (vgl. Missale Romanum, Institutio Generalis, Nr. 161),soll in den Gebieten, wo es die Bischofskonferenz erlaubt und der Apostolische Stuhl rekognosziert hat, auch demjenigen die heilige Hostie ausgeteilt werden, der das Sakrament mit der Hand empfangen möchte. Man soll aber sorgfältig darauf achten, daß der Kommunikant die Hostie sofort vor dem Spender konsumiert, damit niemand mit den eucharistischen Gestalten in der Hand weggeht. Wenn eine Gefahr der Profanierung besteht, darf die heilige Kommunion den Gläubigen nicht auf die Hand gegeben werden (vgl. Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Dubium: Notitiae 35 [1999] 160-161)." Es könnte in der Tat negative Auswirkungen haben, wenn in einer Übergangszeit "Handkommunikanten" beim Besuch der außerordentlichen Form des Römischen Ritus die Mundkommunion aufgezwungen würde, auch wenn diese die ordentliche Form für beide Formen des Römischen Ritus war und ist. Ich gehe derzeit davon aus, daß mindestens in den herkömmlichen Pfarreien ein solches Aufzwingen bzw. eine Verweigerung rechtlich nicht zulässig sein wird, selbst wenn es im Rahmen einer außerordentlichen lateinischen Zelebration angekündigt würde. Die in der ordentlichen Form der Heiligen Messe nach lateinischem Ritus mögliche Kommunionspendung durch Eintauchen - womit nur die Mundkommunion möglich ist - wäre jedoch auch für die außerordentliche Form anzudenken, da zudem die Kommunionspendung in der älteren Form rubrikal nicht so stark mit der zelebrierten Messe verbunden erscheint wie in der ordentlichen Form. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: § 2. Celebratio secundum Missale B. Ioannis XXIII locum habere potest diebus ferialibus; dominicis autem et festis una etiam celebratio huiusmodi fieri potest. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: § 2. Die Feier nach dem Meßbuch des seligen Johannes XXIII. kann an den Werktagen stattfinden; an Sonntagen und Festen kann indes ebenfalls eine Feier dieser Art stattfinden. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Für Pfarreien mit mehreren Heiligen Messen an Sonn- und Feiertagen ist damit die rechtliche Lage klar. Für kleinere Pfarreien mit nur einer Messe am Sonntag und am Feiertag müßte in einer Versammlung der Gläubigen eine harmonische Lösung getroffen werden, die sich beispielsweise im Wechsel der beiden Formen ausdrücken könnte oder der jeweils weniger erwünschten Form beispielsweise einen Sonntag im Monat zuschreibt. Was die Frage der Ministrantinnen und beauftragten Kommunionspender(innen) betrifft, so ist dieser Bereich auch noch nicht angesprochen oder gar gelöst, was die außerordentliche Form des Römischen Meßritus betrifft. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der Päpstliche Rat für Gesetzesauslegung auf Anfrage hin aktiv werden könnte, weil durch die päpstliche "organische Rückfestlegung" zweier Ausdrucksformen des einen Ritus eine durchaus neue und jedenfalls definitive rechtliche Erkenntnis geschaffen wurde. Im übrigen jedoch ist es immer noch Sache des Orts- bzw. Personalpfarrers, ob Ministrantinnen zugelassen werden können. Es dürfte kein größeres Problem sein, im Falle von (voraussehbaren) Beschwerden traditioneller Gläubiger für die außerordentlichen lateinischen Liturgien Ministrantinnen nicht einzuteilen. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: § 3. Fidelibus seu sacerdotibus id petentibus, parochus celebrationes, hac in forma extraordinaria, permittat etiam in adiunctis peculiaribus, uti sunt matrimonia, exsequiae aut celebrationes occasionales, verbi gratia peregrinationes. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: § 3. Gläubigen oder Priestern, die darum bitten, hat der Pfarrer auch zu besonderen Gelegenheiten Feiern in dieser außerordentlichen Form zu gestatten, so z. B. bei der Trauung, bei der Begräbnisfeier oder bei situationsbedingten Feiern, wie etwa im Falle von Wallfahrten. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Der Papst hat sich sehr gut beraten lassen und kommt aus der Praxis. Mitbrüder mit solchen von der nunmehr abgesicherten Rechtslage her gedeckten Wünschen dürfen nicht abgewiesen werden. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: § 4. Sacerdotes Missali B. Ioannis XXIII utentes, idonei esse debent ac iure non impediti. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: § 4. Priester, die das Meßbuch des seligen Johannes XXIII. gebrauchen, müssen geeignet sein und dürfen nicht von Rechts wegen gehindert sein. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Diese Bestimmung versteht sich eigentlich von selbst. Die Eignung kann sicher nicht auf die Schnelle überprüft werden. Jeder Priester des lateinischen Ritus hat ja nunmehr das ausdrückliche Recht, an fast allen Tagen bei sogenannten Heiligen Messen ohne Volk das ältere Meßbuch zu wählen. Da die Bestimmung im Zusammenhang mit der Pfarrei genannt ist, werden das Wohl der Gläubigen und der Friede in der Pfarrei mitangesprochen sein. Die Einheit der Kirche kann nur wahren, wer die Identität des katholischen Glaubens auch im Sinne einer Nichtablehnung der ordentlichen oder außerordentlichen Form des Römischen Ritus wahrt. Vom Recht her sind Priester nicht in Gemeinschaft mit dem Heiligen Stuhl stehender traditionalistischer Gemeinschaften gehindert, wenn auch deren Rückkehr und volle Anerkennung des Jurisdiktionsprimates des Heiligen Vaters durch das vorliegende Dokument besonders erwünscht wird. Der Papst notiert in seinem Begleitschreiben: "Wir wissen alle, daß in der von Erzbischof Lefebvre angeführten Bewegung das Stehen zum alten Missale zum äußeren Kennzeichen wurde; die Gründe für die sich hier anbahnende Spaltung reichten freilich viel tiefer (...) So sah sich Papst Johannes Paul II. veranlaßt, mit dem Motu Proprio 'Ecclesia Dei' vom 2. Juli 1988 eine Rahmennorm für den Gebrauch des Missale von 1962 zu erlassen, die freilich keine Einzelbestimmungen enthielt, sondern grundsätzlich an den Großmut der Bischöfe gegenüber den 'gerechtfertigten Wünschen' derjenigen Gläubigen appellierte, die um diesen Usus des Römischen Ritus baten. Der Papst hatte damals besonders auch der 'Priester-Bruderschaft des heiligen Pius X.' helfen wollen, wieder die volle Einheit mit dem Nachfolger Petri zu finden, und hatte so eine immer schmerzlicher empfundene Wunde in der Kirche zu heilen versucht. Diese Versöhnung ist bislang leider nicht geglückt, aber eine Reihe von Gemeinschaften machten dankbar von den Möglichkeiten dieses Motu Proprio Gebrauch." Auch ich hoffe, daß meine kurze Analyse zur sogenannten Piusbruderschaft inhaltlich bald der Vergangenheit angehören darf, indem die meisten Kleriker und Gläubigen der Bruderschaft den Schritt des Papstes zur vollen Aussöhnung nutzen. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: § 5. In ecclesiis, quae non sunt nec paroeciales nec conventuales, Rectoris ecclesiae est concedere licentiam de qua supra. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: § 5. In Kirchen, die weder Pfarr- noch Konventskirchen sind, ist es Sache des Kirchenrektors, eine Erlaubnis bezüglich des oben Genannten zu erteilen. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: - GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 6. In Missis iuxta Missale B. Ioannis XXIII celebratis cum populo, Lectiones proclamari possunt etiam lingua vernacula, utendo editionibus ab Apostolica Sede recognitis. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art. 6. In Messen, die nach dem Meßbuch des seligen Johannes XXIII. zusammen mit dem Volk gefeiert werden, können die Lesungen auch in der Volkssprache verkündet werden, unter Gebrauch der vom Apostolischen Stuhl rekognoszierten Ausgaben. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Wiederum: der Papst hat sich gut beraten lassen. Es bleibt der örtlichen Tradition überlassen, ob die Lesungen sogleich in der jeweils gesprochenen Sprache oder zuerst in lateinischer Sprache vorgetragen oder gesungen werden. Es gibt ja auch die Möglichkeit, das Wort Gottes vor der Predigt in der Volkssprache zu verkünden. Insbesondere, wenn keine Schott-Meßbücher oder andere wertvolle Hilfsmittel zum Besuch der außerordentlichen Form des Römischen Ritus vorliegen, wird es klug sein, die Lesungen sofort in der gesprochenen Sprache zu verkünden. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 7. Ubi aliquis coetus fidelium laicorum, de quo in art. 5 § 1 petita a parocho non obtinuerit, de re certiorem faciat Episcopum dioecesanum. Episcopus enixe rogatur ut eorum optatum exaudiat. Si ille ad huiusmodi celebrationem providere non vult res ad Pontificiam Commissionem "Ecclesia Dei" referatur. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art. 7. Wo irgendeine Gruppe von Laien durch den Pfarrer nicht erhalten sollte, worum sie nach Art. 5 § 1 bittet, hat sie den Diözesanbischof davon in Kenntnis zu setzen. Der Bischof wird nachdrücklich ersucht, ihrem Wunsch zu entsprechen. Wenn er für eine Feier dieser Art nicht sorgen will, ist die Sache der Päpstlichen Kommission "Ecclesia Dei" mitzuteilen. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Damit bestätigt der Heilige Stuhl den bereits eingeschlagenen Weg, Sorgen und Beschwerden über das liturgische Leben an einem konkreten Ort wirklich ernstzunehmen und Lösungen zum Wohle betroffener Gläubiger zu finden. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 8. Episcopus, qui vult providere huiusmodi petitionibus christifidelium laicorum, sed ob varias causas impeditur, rem Pontificiae Commissioni "Ecclesia Dei" committere potest, quae ei consilium et auxilium dabit. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art. 8. Ein Bischof, der für Bitten dieser Art seitens der christgläubigen Laien Sorge tragen möchte, aber aus verschiedenen Gründen daran gehindert wird, kann die Sache der Päpstlichen Kommission "Ecclesia Dei" berichten, die ihm Rat und Hilfe zu geben hat. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Daß diese Päpstliche Kommission eine Aufwertung erfahren würde, war im Zuge der Gleichstellung der beiden Formen des Römischen Ritus zu erwarten. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 9, § 1. Parochus item, omnibus bene perpensis, licentiam concedere potest utendi rituali antiquiore in administrandis sacramentis Baptismatis, Matrimonii, Poenitentiae et Unctionis Infirmorum, bono animarum id suadente. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art 9, § 1. Der Pfarrer kann - nachdem er alles gut erwogen hat - auch die Erlaubnis geben, daß bei der Spendung der Sakramente der Taufe, der Ehe, der Buße und der Krankensalbung das ältere Rituale verwendet wird, wenn das Wohl der Seelen dies nahe legt. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Es heißt nicht salus animarum, sondern bonum animarum. Hier muß die Übersetzung der Deutschen Bischofskonferenz ("Heil der Seelen") kritisiert werden, denn es ist festzuhalten: die Sakramente in der außerordentlichen und in der ordentlichen Form bewirken objektiv dasselbe. Es kann kein Sakrament weniger gültig sein. Die heilige Taufe nach dem alten Rituale bewirkt die Gotteskindschaft genauso wie die heilige Taufe nach ihrer ordentlichen Form. Dem Heil der Seelen wird mit beiden Formen vollständig gedient, aber die volle Wiederherstellung der organischen Rückbindung des lateinischen Ritus garantiert insgesamt nun mehr Gläubigen in ihren jeweiligen Verbundenheiten besser das Seelenheil. Es ist zu hoffen, daß möglichst alle Priester in ihren Seelsorgsbereichen die Gläubigen über die nunmehr gegebenen Möglichkeiten gut und umfassend informieren. Wer lieber die älteren Taufriten hat (z. B. mehr Exorzismen, Vertretung des Täuflings nur durch den Taufpaten/die Taufpatin, als erste Speise exorziertes Salz usw.), soll dies auch angeboten bekommen und es einfach erbitten können. Und wenn Gläubige bekanntermaßen mit den außerordentlichen Formen mehr verbunden sind, wird die Spendung der Krankenölung nach dieser Form angeraten sein. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 9, § 2. Ordinariis autem facultas conceditur celebrandi Confirmationis sacramentum utendo Pontificali Romano antiquo, bono animarum id suadente. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art. 9, § 2. Den Ordinarien [vgl. can. 134 § 1 CIC] ist die Vollmacht gegeben, das Sakrament der Firmung nach dem alten Pontificale Romanum zu feiern, wenn das Wohl der Seelen dies nahe legt. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Papst Benedikt XVI. hat an alle Sakramente gedacht, und somit ist die "Firmwatsche" rehabilitiert. Nur die Weiheordnung ist nicht angesprochen, die jedoch in einigen mit dem Papst in Einheit stehenden lateinischen Gemeinschaften ebenso traditionell (außerordentlich) geordnet ist. Kurze Hinweise finden sich in meinem alten Ritus-Dokument: "Was nicht wirklich geklärt ist, ist die rechtliche Bewertung der empfangenen 'niederen Weihen' und der 'Subdiakonatsweihe' in den entsprechenden Gemeinschaften. Man kann natürlich die Frage stellen, ob sich durch die eindeutig zugenommene Großzügigkeit, was die legitime Verwendung des Missale 1962 und der gesamten bis dahin geltenden liturgischen Ordnungen nicht auch automatisch eine Entwicklung anbahnt, die die Dienstämter ernster nimmt und möglicherweise wieder zu einigen oder allen niederen Weihen führt. Aber notwendig ist dies nicht. Eher ist zu erwarten, daß es sich um ein pragmatisches Nebeneinander handeln wird, wobei es dem lateinischen Katholiken dadurch sozusagen freisteht, den neuen Weg oder den alten Weg Richtung Priestertum zu wählen, so er göttlich berufen ist. Der eigentliche Kleriker nach universalem Recht ist aber erst durch die Diakonatsweihe gegeben: dies drücken sogar die Statuten der Priesterbruderschaft St. Petrus aus. Die Frage, was mit illegal gespendeten niederen Weihen und Subdiakonatsweihen (z. B. in der Zeit von 1972 bis 1988) rechtlich ist, hat keine existentielle Bedeutung, da die Frage dogmatisch gar keine Relevanz besitzt." GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 9, § 3. Fas est clericis in sacris constitutis uti etiam Breviario Romano a B. Ioanne XXIII anno 1962 promulgato. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art. 9, § 3. Die geweihten Kleriker haben das Recht, auch das Römische Brevier zu gebrauchen, das vom seligen Johannes XXIII. im Jahr 1962 promulgiert wurde. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Dank sei dem Papst, aber dies war natürlich auch schon bisher ohne jede läßliche Sünde möglich und "naturrechtlich" gestattet ;-) GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 10. Fas est Ordinario loci, si opportunum iudicaverit, paroeciam personalem ad normam canonis 518 pro celebrationibus iuxta formam antiquiorem ritus romani erigere aut rectorem vel cappellanum nominare, servatis de iure servandis. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art. 10. Der Ortsordinarius hat das Recht, wenn er es für ratsam hält, eine Personalpfarrei nach Norm des Canon 518 für die Feiern nach der älteren Form des römischen Ritus zu errichten oder einen Rektor bzw. Kaplan zu ernennen, entsprechend dem Recht. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Das ist eine ganz entscheidende und wichtige Rechtsnorm, da in manchen Breiten der lateinischen Rituskirche nur dadurch die Rechte der den außerordentlichen Formen verbundenen Katholiken gesichert werden können. Wir müssen realistisch sein: nicht wenige Priester, die der Liturgiereform fast einen dogmatischen Charakter gegeben hatten, verstehen noch nicht ganz, was der Papst der Kirche nunmehr (zurück)geschenkt hat. Und wir müssen es menschlich verstehen, daß es noch Widerstände geben wird. Die Errichtung von Personalpfarreien (die Feier des Österlichen Triduums ist dabei miteingeschlossen) ist eine hervorragende Möglichkeit, die Übergangszeiten zu überbrücken, wobei der eingesetzte Personalpfarrer ganz im Geist des vorliegenden Dokumentes arbeiten wird müssen. Es kann keinen exklusivistischen Traditionalismus-Monopolismus oder ähnliches mehr geben, sondern alles soll in die Einheit der Gesamtkirche eingebunden werden. Auch wenn die Nennung von Canon 518 CIC 1983 fast den Eindruck erweckt, daß somit die außerordentliche Form des Römischen Ritus doch zu einem eigenen Ritus erhoben würde, so ist der Wille des Papstes zu beachten: "Es ist nicht angebracht, von diesen beiden Fassungen des Römischen Meßbuchs als von ‘zwei Riten’ zu sprechen. Es handelt sich vielmehr um einen zweifachen Usus ein und desselben Ritus (...) Damit bin ich bei dem positiven Grund angelangt, der mich veranlaßt hat, mit diesem Motu Proprio dasjenige von 1988 fortzuschreiben. Es geht um eine innere Versöhnung in der Kirche. In der Rückschau auf die Spaltungen, die den Leib Christi im Lauf der Jahrhunderte verwundet haben, entsteht immer wieder der Eindruck, daß in den kritischen Momenten, in denen sich die Spaltung anbahnte, von seiten der Verantwortlichen in der Kirche nicht genug getan worden ist, um Versöhnung und Einheit zu erhalten oder neu zu gewinnen; daß Versäumnisse in der Kirche mit schuld daran sind, daß Spaltungen sich verfestigen konnten. Diese Rückschau legt uns heute eine Verpflichtung auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, um all denen das Verbleiben in der Einheit oder das neue Finden zu ihr zu ermöglichen, die wirklich Sehnsucht nach Einheit tragen." GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 11. Pontificia Commissio "Ecclesia Dei" a Ioanne Paulo II anno 1988 erecta [cfr Ioannes Paulus Pp. II, Litt. ap. Motu proprio datae Ecclesia Dei (2 iulii 1988), 6: AAS 80 (1988), 1498], munus suum adimplere pergit. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art. 11. Die Päpstliche Kommission "Ecclesia Dei", die von Johannes Paul II. im Jahr 1988 errichtet wurde [vgl. Papst Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben "Motu Proprio" Ecclesia Dei adflicta vom 2. Juli 1988, 6: AAS 80 (1988), 1498], fährt fort mit der Erfüllung ihrer Aufgabe. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: – GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Quae Commissio formam, officia et normas agendi habeat, quae Romanus Pontifex ipsi attribuere voluerit. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Diese Kommission soll die Form, die Amtsaufgaben und die Handlungsnormen erhalten, mit denen der Papst sie ausstatten will. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Dies wird noch von großem Interesse sein. Auch die Zusammenarbeit der genannten Päpstlichen Kommission mit der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung wird wohl eine neue Qualität erhalten. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Art. 12. Eadem Commissio, ultra facultates quibus iam gaudet, auctoritatem Sanctae Sedis exercebit, vigilando de observantia et applicatione harum dispositionum. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Art. 12. Dieselbe Kommission wird über die Vollmachten hinaus, derer sie sich bereits erfreut, die Autorität des Heiligen Stuhls ausüben, indem sie über die Beachtung und Anwendung dieser Anordnungen wacht. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Dies ist bereits der erste Schritt zur Aufwertung der genannten Päpstlichen Kommission, und das wird eine umfassende Aufgabe sein. GÜLTIGER LATEINISCHER RECHTSTEXT: Quaecumque vero a Nobis hisce Litteris Apostolicis Motu proprio datis decreta sunt, ea omnia firma ac rata esse et a die decima quarta Septembris huius anni, in festo Exaltationis Sanctae Crucis, servari iubemus, contrariis quibuslibet rebus non obstantibus. DEUTSCHE ÜBERSETZUNG: Alles aber, was von Uns durch dieses als Motu Proprio erlassene Apostolische Schreiben beschlossen wurde, ist – so bestimmen Wir – gültig und rechtskräftig und vom 14. September dieses Jahres, dem Fest der Kreuzerhöhung, an zu befolgen, ungeachtet jeder anderen gegenteiligen Anordnung. KOMMENTAR VON MEINER SEITE: Der Spielraum bis 14. September 2007 ist eine sehr kluge Maßnahme, wie überhaupt der lange Vorlauf und die vielen Diskussionsmöglichkeiten im Vorfeld von großem Vorteil für die nunmehrige Annahme der neuen rechtlichen Situation innerhalb der lateinischen Rituskirche waren, sind und sein werden. Datum Romae, apud Sanctum Petrum, die septima mensis Iulii, anno Domini MMVII, Pontificatus Nostri tertio. BENEDICTUS PP. XVI [ENDE DES APOSTOLISCHEN SCHREIBENS UND MEINER KOMMENTIERUNG.] In großer Freude über die Entscheidung des Heiligen Vaters überlasse ich dem Eichstätter Diözesanbischof Dr. Gregor Maria Hanke OSB die abschließenden Worte, indem ich aus seiner Erklärung zum Motu Proprio folgendes zitiere: "Der im kirchlichen Alltag da und dort geübte Zynismus gegenüber der alten liturgischen Form von 1962 wirkte manchmal wie ein liturgischer Ödipuskomplex, besonders wenn die aggressive Ablehnung von Priestern kam, die noch nach der sogenannten tridentinischen Form geweiht worden sind. Ebenso wirft aber auch die radikale und nicht minder militante Ablehnung der kirchlich approbierten erneuerten liturgischen Formen die Frage nach dem Glauben an die Wirksamkeit des Gottesgeistes in der Kirche auf (...) Liturgie darf nicht zu einer von subjektivem Empfinden geleiteten Erfindung von Formen werden, sondern muß auf der Fortschreibung liturgischer Tradition aufbauen und von der Innerlichkeit der Gläubigen wie des Zelebranten geprägt sein. Willkürlich inszenierte Kreativität in der Liturgie und Deformationen bis an die Grenze des Erträglichen, die sich über den verbindlichen Charakter der liturgischen Vorschriften hinwegsetzen, verletzen und spalten die Kirche. Wegen dieser Spaltung in unseren Reihen haben sich Gläubige der Bewegung von Erzbischof Lefebvre angeschlossen. Nicht zuletzt aufgrund eigener leidvoller Erfahrungen ruft der Heilige Vater zu einem würdigen Vollzug der Liturgie auf. Von der Neuregelung erwartet und erhofft Papst Benedikt eine Bereicherung und Verinnerlichung der Liturgie der Kirche: indem man das reiche Erbe nicht versteckt oder verleugnet, sondern aus einem unbefangeneren Verhältnis zur Tradition Nutzen schöpft für die Menschen unserer Tage, die auf der Suche nach Heilszeichen Gottes sind. Wir sollten uns der Hoffnung des Heiligen Vaters vertrauensvoll anschließen. Kultivieren wir jetzt nicht irgendwelche Ängste oder Befürchtungen, auch blinde Euphorie ist nicht angesagt … Durch das Motu Proprio wird uns nichts genommen, sondern etwas geschenkt. Ich möchte die beiden Schreiben des Heiligen Vaters so resümieren: der Blick auf die Wurzeln bedeutet lernen, nicht das Rad zurückzudrehen, sondern in rechter Weise zu wachsen." In diesem Sinne herzliche Grüße! Euer Padre Alex – Vizeoffizial Mag. Mag. Dr. Alexander Pytlik http://www.internetpfarre.de P. S. Und hier geht es zum meinem Kommentar betreffend die Ausführungsbestimmungen (Instruktion Universae Ecclesiae). Tuesday, July 10. 2007
LATEINISCHE LITURGIE: BRIEF DES ... Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
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08:25
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BRIEF DES HEILIGEN VATERS PAPST BENEDIKT XVI. AN DIE BISCHÖFE ANLÄSSLICH DER PUBLIKATION DES APOSTOLISCHEN SCHREIBENS "MOTU PROPRIO DATA" SUMMORUM PONTIFICUM ÜBER DIE RÖMISCHE LITURGIE IN IHRER GESTALT VOR DER 1970 DURCHGEFÜHRTEN REFORM
Liebe Brüder im Bischofsamt, hoffnungsvoll und mit großem Vertrauen lege ich den Text eines neuen als Motu Proprio erlassenen Apostolischen Schreibens über den Gebrauch der römischen Liturgie in ihrer Gestalt vor der 1970 durchgeführten Reform in Eure Hände, die Hände der Hirten. Das Dokument ist Frucht langen Nachdenkens, vielfacher Beratungen und des Gebetes. Nachrichten und Beurteilungen, die ohne ausreichende Kenntnis vorgenommen wurden, haben in nicht geringem Maße Verwirrung gestiftet. Es gibt sehr unterschiedliche Reaktionen, die von freudiger Aufnahme bis zu harter Opposition reichen und die sich auf ein Vorhaben beziehen, dessen Inhalt in Wirklichkeit nicht bekannt war. Dem Dokument standen näherhin zwei Befürchtungen entgegen, auf die ich in diesem Brief etwas näher eingehen möchte. An erster Stelle steht die Furcht, hier werde die Autorität des II. Vatikanischen Konzils angetastet und eine seiner wesentlichen Entscheidungen - die liturgische Reform - in Frage gestellt. Diese Befürchtung ist unbegründet. Dazu ist zunächst zu sagen, daß selbstverständlich das von Papst Paul VI. veröffentlichte und dann in zwei weiteren Auflagen von Johannes Paul II. neu herausgegebene Missale die normale Form - die Forma ordinaria - der Liturgie der heiligen Eucharistie ist und bleibt. Die letzte dem Konzil vorausgehende Fassung des Missale Romanum, die unter der Autorität von Papst Johannes XXIII. 1962 veröffentlicht und während des Konzils benützt wurde, kann demgegenüber als Forma extraordinaria der liturgischen Feier Verwendung finden. Es ist nicht angebracht, von diesen beiden Fassungen des Römischen Meßbuchs als von "zwei Riten" zu sprechen. Es handelt sich vielmehr um einen zweifachen Usus ein und desselben Ritus. Was nun die Verwendung des Meßbuchs von 1962 als Forma extraordinaria der Meßliturgie angeht, so möchte ich darauf aufmerksam machen, daß dieses Missale nie rechtlich abrogiert wurde und insofern im Prinzip immer zugelassen blieb. Im Augenblick der Einführung des neuen Meßbuchs schien es nicht notwendig, eigene Normen für den möglichen Gebrauch des bisherigen Missale zu erlassen. Man ging wohl davon aus, daß es sich um wenige Einzelfälle handeln würde, die fallweise am jeweiligen Ort zu lösen seien. Dann zeigte sich aber bald, daß vor allem in Ländern, in denen die Liturgische Bewegung vielen Menschen eine bedeutende liturgische Bildung und eine tiefe innere Vertrautheit mit der bisherigen Form der liturgischen Feier geschenkt hatte, nicht wenige stark an diesem ihnen von Kindheit auf liebgewordenen Gebrauch des Römischen Ritus hingen. Wir wissen alle, daß in der von Erzbischof Lefebvre angeführten Bewegung das Stehen zum alten Missale zum äußeren Kennzeichen wurde; die Gründe für die sich hier anbahnende Spaltung reichten freilich viel tiefer. Viele Menschen, die klar die Verbindlichkeit des II. Vaticanums annahmen und treu zum Papst und zu den Bischöfen standen, sehnten sich doch auch nach der ihnen vertrauten Gestalt der heiligen Liturgie, zumal das neue Missale vielerorts nicht seiner Ordnung getreu gefeiert, sondern geradezu als eine Ermächtigung oder gar als Verpflichtung zur "Kreativität" aufgefaßt wurde, die oft zu kaum erträglichen Entstellungen der Liturgie führte. Ich spreche aus Erfahrung, da ich diese Phase in all ihren Erwartungen und Verwirrungen miterlebt habe. Und ich habe gesehen, wie tief Menschen, die ganz im Glauben der Kirche verwurzelt waren, durch die eigenmächtigen Entstellungen der Liturgie verletzt wurden. So sah sich Papst Johannes Paul II. veranlaßt, mit dem Motu Proprio "Ecclesia Dei" vom 2. Juli 1988 eine Rahmennorm für den Gebrauch des Missale von 1962 zu erlassen, die freilich keine Einzelbestimmungen enthielt, sondern grundsätzlich an den Großmut der Bischöfe gegenüber den "gerechtfertigten Wünschen" derjenigen Gläubigen appellierte, die um diesen Usus des Römischen Ritus baten. Der Papst hatte damals besonders auch der "Priester-Bruderschaft des heiligen Pius X." helfen wollen, wieder die volle Einheit mit dem Nachfolger Petri zu finden, und hatte so eine immer schmerzlicher empfundene Wunde in der Kirche zu heilen versucht. Diese Versöhnung ist bislang leider nicht geglückt, aber eine Reihe von Gemeinschaften machten dankbar von den Möglichkeiten dieses Motu Proprio Gebrauch. Schwierig blieb dagegen die Frage der Verwendung des Missale von 1962 außerhalb dieser Gruppierungen, wofür genaue rechtliche Formen fehlten, zumal die Bischöfe dabei häufig fürchteten, die Autorität des Konzils werde hier in Frage gestellt. Hatte man unmittelbar nach dem Ende des II. Vaticanums annehmen können, das Verlangen nach dem Usus von 1962 beschränke sich auf die ältere Generation, die damit aufgewachsen war, so hat sich inzwischen gezeigt, daß junge Menschen diese liturgische Form entdecken, sich von ihr angezogen fühlen und hier eine ihnen besonders gemäße Form der Begegnung mit dem Mysterium der heiligen Eucharistie finden. So ist ein Bedarf nach klarer rechtlicher Regelung entstanden, der beim Motu Proprio von 1988 noch nicht sichtbar war; diese Normen beabsichtigen, gerade auch die Bischöfe davon zu entlasten, immer wieder neu abwägen zu müssen, wie auf die verschiedenen Situationen zu antworten sei. Als zweites wurde in den Diskussionen über das erwartete Motu Proprio die Befürchtung geäußert, eine erweiterte Möglichkeit zum Gebrauch des Missale von 1962 werde zu Unruhen oder gar zu Spaltungen in den Gemeinden führen. Auch diese Sorge scheint mir nicht wirklich begründet zu sein. Der Gebrauch des alten Missale setzt ein gewisses Maß an liturgischer Bildung und auch einen Zugang zur lateinischen Sprache voraus; das eine wie das andere ist nicht gerade häufig anzutreffen. Schon von diesen konkreten Voraussetzungen her ist es klar, daß das neue Meßbuch nicht nur von der rechtlichen Normierung, sondern auch von der tatsächlichen Situation der gläubigen Gemeinden her ganz von selbst die Forma ordinaria des Römischen Ritus bleibt. Es ist wahr, daß es nicht an Übertreibungen und hin und wieder an gesellschaftlichen Aspekten fehlt, die in ungebührender Weise mit der Haltung jener Gläubigen in Zusammenhang stehen, die sich der alten lateinischen liturgischen Tradition verbunden wissen. Eure Liebe und pastorale Klugheit wird Anreiz und Leitbild für eine Vervollkommnung sein. Im übrigen können sich beide Formen des Usus des Ritus Romanus gegenseitig befruchten: Das alte Meßbuch kann und soll neue Heilige und einige der neuen Präfationen aufnehmen. Die Kommission Ecclesia Dei wird im Kontakt mit den verschiedenen Institutionen die sich dem usus antiquior widmen, die praktischen Möglichkeiten prüfen. In der Feier der Messe nach dem Missale Pauls VI. kann stärker, als bisher weithin der Fall ist, jene Sakralität erscheinen, die viele Menschen zum alten Usus hinzieht. Die sicherste Gewähr dafür, daß das Missale Pauls VI. die Gemeinden eint und von ihnen geliebt wird, besteht im ehrfürchtigen Vollzug seiner Vorgaben, der seinen spirituellen Reichtum und seine theologische Tiefe sichtbar werden läßt. Damit bin ich bei dem positiven Grund angelangt, der mich veranlaßt hat, mit diesem Motu Proprio dasjenige von 1988 fortzuschreiben. Es geht um eine innere Versöhnung in der Kirche. In der Rückschau auf die Spaltungen, die den Leib Christi im Lauf der Jahrhunderte verwundet haben, entsteht immer wieder der Eindruck, daß in den kritischen Momenten, in denen sich die Spaltung anbahnte, von seiten der Verantwortlichen in der Kirche nicht genug getan worden ist, um Versöhnung und Einheit zu erhalten oder neu zu gewinnen; daß Versäumnisse in der Kirche mit schuld daran sind, daß Spaltungen sich verfestigen konnten. Diese Rückschau legt uns heute eine Verpflichtung auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, um all denen das Verbleiben in der Einheit oder das neue Finden zu ihr zu ermöglichen, die wirklich Sehnsucht nach Einheit tragen. Mir kommt da ein Wort aus dem zweiten Korintherbrief in den Sinn, wo Paulus den Korinthern sagt: "Unser Mund hat sich für euch aufgetan, Korinther, unser Herz ist weit geworden. In uns ist es nicht zu eng für euch; eng ist es in eurem Herzen. Laßt doch als Antwort darauf ... auch euer Herz weit aufgehen!" (2 Kor 6,11 - 13). Paulus sagt das in anderem Zusammenhang, aber sein Anruf kann und soll uns gerade auch in dieser Sache berühren. Machen wir unser Herz weit auf, und lassen wir all dem Raum, wozu der Glaube selbst Raum bietet. Es gibt keinen Widerspruch zwischen der einen und der anderen Ausgabe des Missale Romanum. In der Liturgiegeschichte gibt es Wachstum und Fortschritt, aber keinen Bruch. Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein. Es tut uns allen gut, die Reichtümer zu wahren, die im Glauben und Beten der Kirche gewachsen sind und ihnen ihren rechten Ort zu geben. Um die volle communio zu leben, können die Priester, die den Gemeinschaften des alten Usus zugehören, selbstverständlich die Zelebration nach den neuen liturgischen Büchern im Prinzip nicht ausschließen. Ein völliger Ausschluß wäre nämlich nicht in Übereinstimmung mit der Anerkennung des Wertes und der Heiligkeit des Ritus in seiner erneuerten Form. Abschließend, liebe Mitbrüder, liegt mir daran zu betonen, daß diese neuen Bestimmungen in keiner Weise Eure Autorität und Verantwortlichkeit schmälern, weder hinsichtlich der Liturgie noch was die Seelsorge an Euren Gläubigen anbelangt. In der Tat steht jedem Bischof das Recht zu, in der eigenen Diözese die Liturgie zu ordnen (vgl. Sacrosanctum Concilium, Nr. 22: "Sacrae Liturgiae moderatio ab Ecclesiae auctoritate unice pendet quae quidem est apud Apostolicam Sedem et, ad normam iuris, apud Episcopum"). Nichts wird folglich der Autorität des Bischofs weggenommen, dessen Aufgabe in jedem Fall jene bleibt, darüber zu wachen, daß alles friedlich und sachlich geschieht. Sollten Probleme auftreten, die der Pfarrer nicht zu lösen imstande ist, kann der Ordinarius immer eingreifen, jedoch in völliger Übereinstimmung mit den im Motu Proprio festgelegten neuen Bestimmungen. Außerdem lade ich Euch, liebe Mitbrüder, hiermit ein, drei Jahre nach dem Inkrafttreten des Motu Proprio dem Heiligen Stuhl über Eure Erfahrungen Bericht zu erstatten. Wenn dann wirklich ernsthafte Schwierigkeiten aufgetreten sein sollten, können Wege gesucht werden, um Abhilfe zu schaffen. Liebe Brüder, dankbar und zuversichtlich vertraue ich Eurem Hirtenherzen diese Seiten und die Bestimmungen des Motu Proprio an. Seien wir stets eingedenk der Worte des Apostels Paulus, die er an die Ältesten von Ephesus gerichtet hat: "Gebt acht auf euch und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist zu Bischöfen bestellt hat, damit ihr als Hirten für die Kirche Gottes sorgt, die er sich durch das Blut seines eigenen Sohnes erworben hat" (Apg 20, 28). Der mächtigen Fürsprache Mariens, der Mutter der Kirche, vertraue ich diese neuen Bestimmungen an und erteile Euch, liebe Mitbrüder, den Pfarrern in Euren Diözesen und allen Priestern, die Eure Mitarbeiter sind, sowie allen Euren Gläubigen von Herzen meinen Apostolischen Segen. Gegeben zu Sankt Peter, am 7. Juli 2007 BENEDICTUS PP. XVI |
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