Friday, February 29. 2008
MEDIEN, MISSBRAUCH UND KIRCHE: NEIN ... Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in News Kommentare, Skandal St. Pölten at
12:00
Comments (0) Trackbacks (3) ![]() MEDIEN, MISSBRAUCH UND KIRCHE: NEIN ZUM RÜCKFALL IN EINE MEDIEN-FEINDLICHKEIT
In den letzten Wochen sind in unterschiedlich beruflich gebundenen Gruppen Diskussionen über den Umgang der kirchenamtlich ungebundenen Medien mit der Darstellung bzw. Aufdeckung sexuellen Mißbrauches gegenüber Minderjährigen geführt worden, die von kirchlicher Seite teilweise den Eindruck erweckten, als ob frühere Zeiten zurückgewünscht oder es möglich sein könnte, die Entwicklung zur durch und durch medial durchformten Gesellschaft noch irgendwie "zurückzudrehen". Erfreulicherweise ist im Mediencommuniqué vom 27. Februar 2008 über die 279. Ordentliche Versammlung der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) nunmehr folgendes unter dem Titel "Sexuelle Übergriffe in der Seelsorge" nachlesbar: "Die geltenden Richtlinien der Schweizer Bischofskonferenz zur Frage der sexuellen Übergriffe in der Seelsorge gehen auf das Jahr 2002 zurück. Aus aktuellem Anlaß tauschten sich die Bischöfe und Territorialäbte eingehend über die Praxis der Umsetzung dieser Richtlinien in den Bistümern aus. Sie nahmen mit Befriedigung zur Kenntnis, daß die Richtlinien sich grundsätzlich bewährt haben. Das gilt namentlich auch für die präventiven Maßnahmen, die mit den Richtlinien eingeführt wurden. Die Pädophilie-Fälle, die in den vergangenen Wochen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gewonnen haben, betreffen gravierende Verfehlungen, die mehrere Jahrzehnte zurückliegen. Der damals bei diesen Fällen beschrittene Weg, die pädophilen Täter ohne Aufsehen von ihren Posten zu entfernen und nach Vorkehrung einiger Maßnahmen wieder in der Seelsorge einzusetzen, war falsch gewählt. Die SBK bedauert dies. Anders als früher weiß man heute, daß im Gegensatz zu anderen Sexualstraftätern die Rückfallgefahr bei pädophilen Tätern selbst nach erfolgter professioneller Therapie erheblich bleibt. Im Bemühen um eine stetige Verbesserung der eigenen Handlungsgrundlagen hat die SBK ihr Expertengremium damit beauftragt, die Umsetzung der Richtlinien von 2002 in den Diözesen und Orden zu prüfen. Das Expertengremium wird auch untersuchen, ob einzelne Abschnitte der Richtlinien einer Ergänzung oder Überarbeitung bedürfen. Eine besondere Verantwortung haben im Zusammenhang mit Pädophilie-Vorwürfen nicht nur die Kirchenverantwortlichen, sondern auch die Medien. Ihre Berichterstattung sollte die Privatsphäre der Opfer respektieren und nicht einem Trauma ein anderes hinzufügen."
Wer sind die Medien? Angesprochen sind alle Menschen, die als Redakteure und Journalisten die Medien gestalten, ob im Fernsehen, ob im Radio, ob in den Zeitschriften und Zeitungen, ob im Internet auf welcher Ebene auch immer. Wenn sich Opfer bewußt und als letzten Schritt gegen ein unsolidarisches und mit keinerlei finanzieller Entschädigung verbundenes "Unter-den-Tisch-Kehren" an Medien wenden, so kann dann nicht mehr in allen Fällen von einer (medialen) Hinzufügung eines anderen Traumas die Rede sein. Vielmehr liegt die Sache oft anders: die öffentliche Behandlung eines bestimmten sexuellen Mißbrauchs kann bei anderen Opfern den seelischen Schmerz wieder akut machen und damit gewissermaßen zu einer Kettenreaktion an medialer Aufdeckung sexuellen Mißbrauches führen. Auch wenn derartige Verfehlungen schon mehrere Jahrzehnte zurückliegen, darf Opfern kein schlechtes Gewissen dafür eingeredet werden, daß sie ihren Schmerz auch noch so spät öffentlich hinausschreien. In der Tat stehen wir vor dem Dilemma des Opferschutzes und der immer neu einzulernenden Medienethik. Wieviel Privatsphäre Opfer wünschen, sollte ohne jede Bevormundung noch immer in der Entscheidungsfreiheit derselben Betroffenen verbleiben. Insbesondere bin ich der festen Überzeugung, daß in unseren Breiten Schmerzensgeld überhaupt nicht oder in viel zu geringer Höhe angestrebt und gewährt wird, obschon kausal verursachte seelische Schmerzen genauso ernstzunehmen wären wie physische Schmerzen. Realistisch müssen wir sagen, daß ohne Mithilfe der Medien nicht wenige Fälle innerkirchlichen sexuellen Mißbrauchs und homosexueller Unterwanderung weltweit einfach weiter unter den Tisch gekehrt worden wären. Es darf keinen Rückfall mehr in alte Medienfeindlichkeiten zum Vertuschen erwiesener Fälle und zum Hinwegschwindeln über das fällig gewordene Schmerzensgeld geben. Diesbezüglich ist noch auf einen sehr ausgewogenen Kommentar von Christophe Büchi in der Neuen Zürcher Zeitung vom 18. Februar 2008 unter dem Titel "Lehrstück über Medien, Kirche und Pädophilie. Ein Westschweizer Trauerspiel mit tödlichem Ausgang" zu verweisen: "In den Westschweizer Medien häufen sich die Berichte über sexuelle Übergriffe durch katholische Priester. Seit sich ein ins Rampenlicht geratener Geistlicher das Leben genommen hat, stehen aber auch die Journalisten unter Beschuß. Betreiben sie eine mediale Menschenjagd – oder 'tun sie bloß ihre Arbeit'? Versuch einer Antwort. - Seit Wochen figuriert das Thema Pädophilie ganz oben auf der Agenda der welschen Medien. An diesem Wochenende veröffentlichten die 'Tribune de Genève', die Waadtländer '24 heures' und die Neuenburger Zeitungen 'Express' und 'L'Impartial' wieder ganze Seiten über sexuelle Übergriffe katholischer Priester. Was ist in der Westschweiz los? Es lohnt sich, den Ablauf der Ereignisse anzusehen, denn anhand dieses Beispiels läßt sich einiges lernen über das Funktionieren der Medien und die Eigendynamik, die gewisse Themen entwickeln können. Angriffe gegen Freiburger Bischof Begonnen hat der 'Pädophilie-Hype' Mitte Dezember mit einer Frontalattacke der französischen Zeitschrift 'Golias' gegen die Leitung des Bistums Freiburg-Lausanne-Genf. Die auf kirchliche Themen spezialisierte Publikation warf dem Freiburger Bischof Bernard Genoud unter anderem vor, sexuelle Übergriffe einzelner Priester in den letzten Jahren verharmlost oder vertuscht zu haben. Kurz darauf veröffentlichte ein französischer Journalist einen Bericht, wonach ein Kapuziner, der mehrere Jahre im Bistum Freiburg tätig war und sich pädophiler Übergriffe schuldig gemacht haben soll, ungestört in einem jurassischen Kloster lebt. Comingout-Lawine Diese Meldung löste eine eigentliche Comingout-Welle aus. In der Folge berichteten die Medien noch und noch über Menschen, die sich als Opfer dieses Priesters oder anderer Geistlicher zu erkennen gaben; dabei kam erneut, wenn auch nicht ausschließlich, das Bistum Freiburg unter Beschuß. Die Bistumsleitung, die während Jahren geglaubt hatte, Fälle von sexuellem Übergriff diskret und unter Ausschluß der Öffentlichkeit regeln zu können, änderte jetzt den Kurs: sie stellte sich den Medien und versicherte, sämtliche Fälle, in denen ein seriöser Verdacht auf pädophile Handlungen bestünde, bei den staatlichen Untersuchungsbehörden anzuzeigen (NZZ vom 26./27. 1. 08). In Abwesenheit des krebskranken Bischofs Genoud gab sein Pressesprecher und Offizial (Vorsteher der bischöflichen Justiz), Nicolas Betticher, Dutzende von Interviews, in denen er Selbstkritik an der kirchlichen 'omertà' übte. Schließlich meldete sich auch der Bischof an einer Medienkonferenz zu Wort und bat die Opfer um Verzeihung. Gleichzeitig versicherte er, die große Mehrheit der Priester sei 'gesund'. In der Tat betrafen die Berichte über sexuelle Übergriffe nur eine kleine Minderheit der rund 400 Priester des Bistums. Aber das Unheil war bereits angerichtet: der Leser der Westschweizer Zeitungen konnte in den letzten Wochen zeitweise das Gefühl bekommen, es komme hierzulande fast permanent zu sexuellen Übergriffen katholischer Priester. Halali mit tragischen Folgen Noch schlimmer war jedoch, daß durch die Affäre um den Kapuziner, bei dem es sich um einen gravierenden Fall zu handeln scheint (er hat pädophile Übergriffe inzwischen zugegeben, sie dürften allerdings mehrheitlich verjährt sein), andere und anders geartete Fälle ins Rampenlicht gerückt wurden. So war in mehreren Medienberichten von einem Freiburger Priester die Rede, der in seiner Ausbildungszeit eine homosexuelle Liaison mit einem halbwüchsigen Mann hatte, in der Folge vom Bischof nach Neuenburg transferiert wurde und offenbar nicht mehr 'rückfällig' geworden ist. Die Neuenburger Tageszeitung 'Express' veröffentlichte ein Interview mit dem Bischofsvikar und stellte in einem Editorial in Frage, ob ein solcher Priester in einer Pfarrei eingesetzt werden dürfe. Der Betreiber einer Neuenburger Website ging noch einen Schritt weiter und rief auf dem Internet dazu auf, den fraglichen Priester aufzuspüren – was aufgrund der kleinen Zahl der in diesem Kanton tätigen katholischen Geistlichen nicht sehr schwierig war. Und eine Gratiszeitung hievte das zweifelhafte Halali auf ihre Frontseite, was dem Aufruf erst so richtig zur Sichtbarkeit verhalf. Kurz darauf erschoß sich der Priester. Nach diesem tragischen Vorfall wurde es etwas ruhiger um das Thema 'Pädophilie'. Erst in den letzten Tagen scheint das Thema an der Medienbörse wieder eine kleine Hausse zu erleben. Weiße Weste? Schwarze Flecken? Dafür stehen jetzt die Journalisten mehr und mehr unter Beschuß. In der katholischen Hierarchie heißt es, die Medien führten eine eigentliche Kampagne mit dem Ziel, die Kirche, den Klerus und vor allem auch den Pflichtzölibat der Priester schlechtzumachen. Aber auch kirchenkritische Katholiken kritisieren, ein sicherlich ernsthaftes Problem, das von der Kirche zu lang verharmlost worden sei, werde jetzt maßlos aufgebauscht. Da und dort – nicht nur in katholischen Kreisen – ist gar der Vorwurf zu hören, die Medien betrieben eine regelrechte Menschenjagd. Die welschen Journalisten wehren sich gegen diese Vorwürfe. 'Wir machen nur unsere Arbeit', wird argumentiert. Die Medien bekämen zurzeit zahllose anonyme Meldungen über Übergriffe sowie Anrufe von Menschen, die sich als Opfer von Priestern deklarierten, und bei weitem nicht alles würde publik gemacht. Auch werfen die Journalisten den Stein zurück: wenn die Katholische Kirche die Fälle von sexuellem Mißbrauch nicht verharmlost und verheimlicht hätte, so müßten jetzt nicht die Medien für Aufklärung sorgen. Problem Nachahmungseffekt Wer hat recht – die Medien, die sich eine weiße Weste attestieren, oder die Kritiker, die sie rabenschwarzer Intentionen verdächtigen? Die Antwort fällt nicht leicht. Und in Wirklichkeit ist niemand weder ganz weiß noch ganz schwarz. Wer mit den beteiligten Journalisten spricht, bekommt zwar nicht den Eindruck, es werde eine systematische Kampagne betrieben mit dem Ziel, die Katholische Kirche schlechtzumachen und die Priester einem Generalverdacht auszusetzen. Zu Recht verweisen Medienvertreter darauf, daß Fälle von sexuellem Mißbrauch seit einigen Jahren generell ein großes Echo finden. Doch räumen selbstkritische Journalisten durchaus ein, daß man bisweilen allzu sehr auf die Konkurrenz schiele. In der Tat kam es in letzter Zeit vor, daß es an Redaktionssitzungen hieß: 'Weshalb haben wir nichts über pädophile Priester?' Etwas mehr Vorsicht gegenüber diesem Imitationseffekt, der zum Meutensyndrom ausarten kann, hätte gutgetan. Opferperspektive rechtfertigt nicht alles Im übrigen plädieren Medienvertreter zu Recht, die Opferperspektive sei wichtig. Diese kann aber dazu führen, daß andere Prinzipien wie die Unschuldsvermutung oder die Verhältnismäßigkeit in der Berichterstattung zu wenig beachtet werden. Selbst Aussagen von Menschen, die sich als Opfer sexueller Übergriffe sehen, sollten sorgfältig geprüft und mit einer gewissen Zurückhaltung behandelt werden. Der Fall des französischen Dorfs Outreau, in dem Dutzende von Personen der Pädophilie verdächtigt wurden, zwischen ein und drei Jahren im Gefängnis saßen und schließlich freigesprochen wurden, müßte als Mahnmal wirken. Jedenfalls sollten die Journalisten die Gefahr, daß Menschen zu Unrecht verdächtigt und der öffentlichen Ächtung preisgegeben werden, immer im Auge behalten. Im Fall, der uns hier beschäftigt, kann man den welschen Journalisten kaum krasse berufliche Fehler vorwerfen. Indessen hat man den Eindruck, daß unter dem Titel 'Pädophilie' zeitweise sehr unterschiedlich gelagerte Fälle in einen Topf geworfen wurden. Vielleicht hat der Suizid des Neuenburger Priesters inzwischen die welschen Journalisten etwas vorsichtiger und nachdenklicher gemacht. Auch ist zu hoffen, daß das Bistum Freiburg hinzugelernt hat und künftig aus freien Stücken informieren und agieren wird, statt nur zu reagieren und den Medien hinterherzuhecheln." Ein Leser hat unterhalb des NZZ-Artikels im Internet am 18. Februar geschrieben: "Auf mich wirkt die Haltung der Kirche beschämend, glaubt sie doch, Rabatt in der Berichterstattung zu haben.“ Nein, diesen Eindruck sollten Amtsträger der Kirche in der Tat nicht vermitteln, aber dies wird auch zunehmend nicht mehr vermittelt, wie an der oben abgedruckten und sehr gelungenen Passage aus der Erklärung der katholischen Ordinarien der Schweiz herauslesbar ist. Angesichts des Todesfalles des um Jahrzehnte zu spät aufgedeckten Priesters - soferne die Vorwürfe zutreffend sind - erschien in der Berner Tageszeitung "Der Bund" am 11. Februar ein Artikel von Tobias Gafafer mit dem Titel "Blog als medialer Wilder Westen. Die Treibjagd auf einen der Pädophilie verdächtigten Priester im Internet wirft Fragen auf". Er schreibt: "In einem Blog rief ein Westschweizer zur Hetzjad auf einen pädophilen Priester auf. Im Gegensatz zu herkömmlichen Medien gibt es für Blogs fast keine Regeln. Doch auch im Netz gelten die Gesetze. - Was darf ein Privater via Blog an die Öffentlichkeit tragen? Nachdem sich vergangene Woche ein der Pädophilie verdächtigter Freiburger Priester umgebracht hatte, geriet neben der Rolle einiger Medien auch ein Blog ins Zwielicht. Darin hatte ein Westschweizer eine Art Treibjagd zur Aufdeckung der Identität des verdächtigten Priester veranstaltet. Inzwischen ist der Blog nicht mehr zugänglich. In einem Eintrag hatte der Westschweizer die Medienberichterstattung zum Fall aufgenommen und den Faden weitergesponnen: im Detail schilderte er Strategien, um an den Namen des mutmaßlichen Täters unter den 19 im Kanton Neuenburg beschäftigten Priestern zu kommen. Der Katholischen Kirche nahestehende Kreise sprachen von einem 'Haß-Blog', und Angehörige des toten Kirchenmannes machten ein Recht auf Vergessen geltend - die pädophile Tat liege bereits mehr als 20 Jahre zurück. Hemmungsloses Schreiben Der Fall wirft grundsätzliche Fragen auf. Im Unterschied zu Print- und elektronischen Medien gibt es für die Betreiber von Blogs praktisch keine Regeln. Einen Blog kann jeder betreiben, ob anonym oder mit Impressum - die Informationen sind öffentlich, und Kontrollen gibt es kaum ... 'Oft verhalten sich Blogger so, als wären ihre Einträge privat', sagt der Medienrechtler und Anwalt Urs Saxer. Das sei problematisch. Denn oft schreiben Blogger hemmungslos oder manchmal sogar diffamierend. Doch auch im virtuellen Netz gelten die Grundsätze des Persönlichkeitsschutzes. 'Wenn öffentlich kommuniziert wird, gilt das Zivil- und Strafgesetz', sagt Saxer. In der Rechtsprechung sind Blogs - ein relativ junges Phänomen - nach wie vor Neuland: laut Saxer gibt es noch kaum Urteile. Während eine Tageszeitung zum Beispiel für die Publikation von ehrverletzenden Leserbriefen haftet, bleibt bei Blogs diese Frage offen. Jenseits nationaler Grenzen Das Internet macht nicht vor nationalen Grenzen und Gesetzen halt. Dies führt zu Problemen: das Blogger-Portal des Westschweizers gehört zum Beispiel der amerikanischen Firma Google. Dennoch gelte Schweizer Recht, sagt Urs Saxer - eine Privatperson könnte Google somit hierzulande einklagen; faktisch kann ein Kläger vom Betreiber in erster Linie verlangen, bestimmte Inhalte aus dem Internet zu entfernen. Denn die Weiterverbreitung von persönlichkeitsschädigenden Inhalten mache den Betreiber oft mitverantwortlich, sagt Saxer - egal ob anonym oder mit Namen. Hohe rechtliche Hürden Damit der Eigentümer eines Blogs die Daten eines anonymen Schreibers herausrückt, braucht es eine Gerichtsklage. Ende November 2007 gab zum Beispiel die Firma Google Daten eines anonymen Bloggers an ein israelisches Gericht weiter, nachdem drei israelische Bürger dort eine Klage gegen die Verletzung ihrer Persönlichkeit eingereicht hatten. Die Hürden dafür sind jedoch hoch. Beim Bundesamt für Justiz in Bern ist die Problematik erkannt. 'Im Internet ist es schwierig, die Urheber von rechtswidrigen Inhalten zu lokalisieren', sagt Ernst Gnägi, der Leiter des Fachbereichs Internationales Strafrecht. Im vorliegenden Fall hatte nun der Westschweizer Blogger aber seinen Namen ins Internet gestellt. Ein nicht anonymer Blog sei eine Publikation wie jede andere, sagt Gnägi. Wer sich dabei strafbar mache, für den gelte primär der Tatort als Gerichtsstand - in diesem Fall Neuenburg. Eigene Spielregeln Beim Bloggen gibt es nur wenige Spielregeln - und diese setzen sich die Schreibenden meist gleich selber. Längst nicht alle verwenden dabei ein Impressum. Während rund zwei Jahren beobachtete zum Beispiel der 'Pendlerblog' unter den Pseudonymen 'der unmündige Leser' und 'Hund Basil' bis 2006 die inhaltlichen und gestalterischen Leistungen der Gratiszeitung '20 Minuten' aus kritischer Warte. Dabei legten die anonymen Betreiber ihre eigene Standards, indem sie die Verantwortung selber wahrnahmen: 'Wir kritisierten nur allgemein die Inhalte des Gratisblattes und nannten die Betroffenen nie mit Namen.' Medien als Verstärker Doch nicht alle Blogger setzen die gleichen Maßstäbe. Wenn nun herkömmliche Medien Themen aus Blogs aufgreifen, kann deren Wirkung zusätzlich verstärkt werden. Der Westschweizer Blogger lancierte seinen Aufruf zur Identifizierung des Priesters, nachdem er in der Tagespresse Eckdaten zu dessen Person erfahren hatte. 'Blogger sind keine Journalisten', warnt Dominique von Burg, der Präsident des Presserats, dem Selbstregulierungsorgan der Schweizer Medien. Denn es gebe keine Kontrollen, was problematisch sei - ein Blogeintrag muß nicht durch den Filter einer Redaktion. Einige Tage nachdem der Blogger seinen Aufruf im Internet lanciert hatte, berichtete die Gratiszeitung 'Le Matin Bleu' darüber und verschaffte ihm damit zusätzliche Aufmerksamkeit. 'Unzumutbar und skandalös' Von Burg, der selber als Journalist bei der 'Tribune de Genève' arbeitet, erachtet die Übernahme von nicht überprüften Informationen aus Blogs durch Medien als problematisch. Der Presserat klärt nun ab, ob Grundsätze der Medienarbeit verletzt worden seien. Dabei geht es nicht zuletzt um das Recht auf Vergessen. Von Burg erachtet die Publikation im vorliegenden Fall indes als legitim, denn 'Le Matin Bleu' habe nur einen Artikel über den Aufruf in besagtem Blog gebracht. Die Art des Anprangerns im Blog an sich sei aber 'unzumutbar und skandalös'." Selbstverständlich dient die in jedem Rechtssystem für viele Straftaten und später auch für Schadensersatzleistungen vorgesehene Verjährung der Rechtssicherheit, und von daher kann auch ein sogenanntes "Recht auf Vergessen" konstruiert werden. Aber gravierende Straftaten können einem solchen "Recht auf Vergessen" sicher nicht unterworfen werden, selbst wenn Verjährungsfristen in einigen Gesetzgebungen schon gelaufen wären. (Man denke nur an den abseits jeglicher katholisch-kirchlichen Verwurzelung auf der britischen Kanalinsel Jersey viel zu spät aufgeflogenen schrecklichen Fall des ehemaligen Kinderheimes "Haut de la Garenne". In der großangelegten Ermittlung zum dortigen Kindesmißbrauch sagten bisher mehr als 160 Opfer aus, die Fälle reichen teils bis zu 40 Jahre zurück. Allein seit dem Leichenfund gingen mehr als 70 Anrufe bei der Polizei ein, sogar aus Australien und Thailand. Die Polizei untersucht zudem eine Liste von Kindern, die auf unerklärliche Weise verschwanden. Jerseys Vizepolizeichef Lenny Harper sagte, einige der Funde in den geheimen Kellerräumen bestätigten die Aussagen. Ehemalige Bewohner des Heims sagten aus, sie seien in einem dunklen Ort eingesperrt, unter Drogen gesetzt und systematisch mißbraucht worden.) Das Leben der Opfer sexuellen Mißbrauchs kann derart stark gestört werden, daß sie ihre (sexuelle) Identität überhaupt nicht oder zu spät erkennen. Die Nachwirkungen können das ganze Leben beeinflussen. Es kann daher keinerlei Zwangsknebelung für die Medien und auch nicht für Blogbücher geben, wiewohl alle an das allgemeine Naturrecht gebunden sind, und hier gilt es, erstens moralische Gewißheit über geschehene Widersittlichkeiten zu haben und zweitens das Interesse der Opfer eines Mißbrauchs auch wirklich zu vertreten bzw. dem Gemeinwohl der durch den Mißbrauch in ihrer Glaubwürdigkeit geschädigten Institution maßgeblich zu dienen. Ich erinnere neuerlich daran, daß der päpstliche Hausprediger P. Raniero Cantalamessa einen Bußtag zur Solidarität mit den Opfern pädophiler Priester vorgeschlagen hat. Daß ein wegen Kindesmißbrauchs vorbestrafter Regensburger Diözesanpriester ohne Wissen der Behörden und Eltern jahrelang an einer Grundschule unterrichtete, nannte ein bayerischer Kultusbeamte einen "Einzelfall", der allerdings "inakzeptabel" sei. Staatlicherseits würden Lehrkräfte bei Bekanntwerden von Übergriffen umgehend aus dem Schuldienst entfernt. Das bayerische Kultusministerium war davon ausgegangen, daß die Kirche für ihr Personal dieselben Grundsätze anwenden würde, und in der Tat kann man davon in Zukunft ausgehen. Der einschlägig vorbestrafte Priester des Bistums Regensburg muß sich in Kürze wegen eines wiederholten Kindesmißbrauchs vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft erhob in dem bundesweit bekannt gewordenen "Fall RIekofen" Anklage. Der 40jährige Geistliche wird beschuldigt, sich zwischen 2004 und 2006 insgesamt 22 Mal an einem Minderjährigen vergriffen zu haben. Als Wiederholungstäter drohen ihm bis zu 15 Jahren Haft. Offenbar wird man dem Opfer selbst eine weitere Aussage ersparen. Der beschuldigte Priester habe sich inzwischen bei Diözesanbischof Prof. Dr. Gerhard Ludwig Müller entschuldigt, und sein Rechtsanwalt kündigte ein umfassendes Geständnis an. Sein Mandant wolle den entstandenen Schaden so weit wie möglich wiedergutmachen. Dies deutet auf einen kürzeren Prozeß hin, an dessen Ende der Angeklagte möglicherweise in eine geschlossene psychiatrische Anstalt eingewiesen werden könnte. Ohne therapeutische Maßnahmen gehe von ihm eine erhebliche Wiederholungsgefahr aus, so jedenfalls die Staatsanwälte. Offenbar geht ein psychiatrisches Gutachten zudem von einer stark verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten aus. Diesbezüglich ist J. Hoyer/H. Kunst/Ph. Hammelstein, Sexualstraftäter: krank oder kriminell. In: Report Psychologie (32) 11-12/2007, auf den Seiten 497 - 508 von Interesse, wenn ich auch manchen der dort vertretenen Thesen nicht folgen kann. Die genannte Arbeit will einseitigen Positionen bei der Bewertung von Sexualstraftaten entgegenwirken. Auf der Grundlage der wissenschaftlichen Literatur wird gezeigt, daß in aller Regel psychopathologische und kriminogene Faktoren für die Erklärung von Sexualstrafstaten bedeutsam seien. Die Behandlung solle daher - so die Autoren - interdisziplinär sein und eine umfassende Psychodiagnostik einschließen. Die von den Autoren unkritisch übernommene "in den letzten Jahrzehnten veränderte Haltung zur Homosexualität" kann jedoch für den vom gesunden und am Naturrecht so wie am menschlichen Naturgesetz ausgerichteten Hausverstand keinesfalls akzeptiert werden. So wird im Beitrag die Homosexualität als solche offenbar weder als Paraphilie noch als Präferenzstörung angesehen, obschon wir dabei in der kirchlichen Gerichtsbarkeit von einem psychischen Ehenichtigkeitsgrund ausgehen müssen. Richtig geht der Beitrag davon aus, daß die meisten Männer abweichende sexuelle Impulse hemmen bzw. kontrollieren können. "Die meisten Sexualstraftäter begehen ihre Taten aus einem Gemisch von Motiven und Faktoren heraus. Es muß in jedem einzelnen Fall analysiert werden, welche Motivation hinter einer Tat stand." Viele Sexualstraftäter zeigen nicht nur kriminelles Verhalten, sondern erfüllen auch die Kriterien einer psychischen Störung, wobei dies in der Minderzahl der Fälle sexuelle Präferenzstörungen sein sollen. Die Frage ist jedoch, ob die Autoren mit ihren weiteren Ergebnissen richtig liegen: "Sie weisen meistens Ansatzpunkte für eine Behandlung auf, die sich auf die kriminogenen und/oder die psychopathologischen Risikofaktoren beziehen kann - sind also behandelbar. - Bei einer sehr kleinen Gruppe ist das Rückfallrisiko zu groß und keine ausreichende Selbststeuerung zu erwarten, sodaß eine Entlassungschance nicht realistisch und eine (psychotherapeutische) Behandlung damit nicht ausreichend begründbar ist (Jöckel, 2004.)" Die Kirche jedoch muß hier noch strengere Maßstäbe anlegen, was sich in den rechtlichen Leitlinien der verschiedenen katholischen Bischofskonferenzen und Diözesen nunmehr klar zeigt. Die dauernde Behandlung des nunmehr allgemein thematisierten sexuellen Mißbrauches Minderjähriger darf jedoch keinesfalls vom fortlaufenden skandalös-schrecklichen Alltag der Abtreibungen unzähliger unschuldiger Menschenwesen und des Verbrauches unschuldiger Embryonen für Forschungszwecke und angeblich therapeutische Maßnahmen ablenken. Sämtliche nach dem allgemeinen Naturrecht vorliegenden Verbrechen an ungeborenen und geborenen Kindern sind in radikaler Offenheit aufzuzeigen, und der strafrechtliche Schutz für das Leben der ungeborenen und geborenen Kinder (von der Empfängnis an, nicht erst von der Einnistung in der Gebärmutter an) muß sich in Europa noch sehr verbessern. Wir alle aber wollen inmitten der Fastenzeit Schritte der konkreten Umkehr setzen, mit den drei Klassikern dieser geprägten Zeit des Kirchenjahres: mehr oder besser beten, mehr oder besser fasten, mehr Almosen geben. In den gestrigen "Salzburger Nachrichten" hat Anja Kröll in ihrem Beitrag "Die Vergebung kommt per Mausklick" auch an das heilige Sakrament der Buße erinnert, das mit dem ganz persönlichen Sündenbekenntnis verbunden ist (per Internet gibt es nur Vorbereitung auf die Beichte). Einmal im Jahr wird dieses ehrliche Bekenntnis von der Kirche für alle Katholiken vorgesehen. Auch auf mein Internetangebot ist die Journalistin gestoßen: "Auf www.padre.at klärt Pytlik Interessierte über die Beichte auf. 'Ich will Gläubigen eine seriöse Auskunft über die Buße erteilen, sie darauf vorbereiten und junge Gläubige zurückgewinnen', sagt der in Bayern tätige Priester. Die Idee dafür entstand während eines Aufenthalts in Zypern: 'Da haben so viele Leute im Internetcafe gesurft, daß ich mir gedacht habe, davon könnte doch auch die Kirche profitieren.'" Der Diözesanbischof von Eichstätt, Dr. Gregor Maria Hanke OSB, hat es in seinem Hirtenwort zur Österlichen Bußzeit so formuliert: "Leben benötigt mehr als materielle Absicherung und gut bewältigte psychologische Erfahrungen. Wer Heilung und Heil für sein Leben sucht, sollte tiefer gehen ... Wenn sich unsere Pfarreien, unsere kirchlichen Verbände und Gruppen als geistliche Gemeinschaften verstehen wollen, kommen wir ohne die regelmäßige Einzelbeichte nicht aus. Geistliches Leben ist ein von Gott immer wieder geheiltes Leben. Denken wir an die Müllberge in Neapel. Kleine Ursachen - große Wirkungen. Sollten wir nicht auch regelmäßig unseren inneren Unrat abtragen und bei Gott Heilung suchen? Entdecken wir das Wesen der Beichte neu: Es ist der auferstandene Herr, der uns in der Beichte gegenübersteht." Dem schließe ich mich an als Euer Padre Alex - Kirchenrektor Dr. Alexander Pytlik Saturday, February 16. 2008
VERBINDLICHKEIT EINER LITURGISCHEN ... Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Kirchenrecht, News Kommentare at
21:36
Comments (6) Trackback (1) ![]() VERBINDLICHKEIT EINER LITURGISCHEN ANORDNUNG DES PAPSTES UND VERBINDLICHKEIT DER LEITLINIEN EINER BISCHOFSKONFERENZ
Sehr begrenzte Fachdiskussionen bzw. Diskussionen auf Basis einer bei manchen gegebenen Uneinsichtigkeit in jeweilige sachliche Notwendigkeiten veranlassen mich, zum gewählten Thema unvollständig Stellung zu nehmen. Zunächst geht es noch kurz um die von Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. weiterentwickelte Fürbitte für die Juden im Falle der Verwendung der außerordentlichen Form des Römischen Ritus am Karfreitag. Es kann keinen Zweifel darüber geben, daß der Wille des Papstes in bezug auf diese Änderung ab dem kommenden Karfreitag des Jahres 2008 von allen Zelebranten vollständig zu beachten ist, unabhängig davon, ob man nun davon ausgeht, daß die diesbezügliche rechtmäßige Nota des Päpstlichen Staatssekretariats im Osservatore Romano bereits eine außerordentliche Promulgation eines die universale lateinische Rituskirche (innerhalb der Katholischen Kirche) betreffenden (liturgischen) Gesetzes gemäß can. 8 CIC darstellt oder daß diese päpstliche Anordnung "nur ein Gesetz im weiteren Sinne" wäre und somit gar nicht den Promulgationsregeln des lateinischen Kirchengesetzbuches aus dem Jahre 1983 unterläge. Persönlich gehe ich jedoch davon aus, daß die Anordnung Seiner Heiligkeit sehr wohl ein allgemeines kirchliches Gesetz darstellt, und ich erinnere an den can. 2 CIC, in dem es bereits heißt: "Der Codex [1983] legt zumeist die Riten nicht fest, die bei der Feier liturgischer Handlungen zu beachten sind; deshalb behalten die bislang geltenden liturgischen Gesetze ihre Geltung, soweit nicht eines von diesen den Canones des Codex zuwiderläuft." Mittlerweile hat der Papst für immer geklärt, daß unter diesen liturgischen Gesetzen in bezug auf den Römischen Ritus sowohl jene für dessen außerordentliche Form (seliger Papst Johannes XXIII.) als auch jene für dessen ordentliche Form (Diener Gottes Papst Paul VI.) zu verstehen waren und sind. Ich kann mir aufgrund dieser seit 14. September 2007 gewonnenen Rechtssicherheit innerhalb des Römischen Ritus keinen (juridischen oder moralischen) Entschuldigungsgrund mehr vorstellen, warum die rechtgläubig formulierte neue Karfreitagsfürbitte für die Juden noch nicht ab dem kommenden Karfreitag Verwendung finden sollte. Der Heilige Stuhl wußte im übrigen darum, daß sich die Sache rasch verbreiten werde, sodaß die übliche oder auch eine ausdrücklich längere Zeit bis zur Rechtskraft wegfallen konnte. Wer von einer notwendigen Promulgation ausgeht, dem sei gesagt: es ist nicht notwendig, daß in der zur Promulgation gültigen Veröffentlichung im Osservatore Romano explizit erklärt werde, daß dies nun eine andere außerordentliche Form der Promulgation darstelle, vielmehr ergibt sich dies alles logisch von selbst. Es braucht keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine andere Promulgationsweise (außerhalb der Acta Apostolicae Sedis), wenn diese sichtbar eine andere ist. In Wirklichkeit zeigt sich an der treuen Umsetzung des neuen liturgischen Gesetzes, wer den Papst wirklich ganz konkret als universalen Oberhirten anerkennt. Der Papst wollte keine "Spaltung der Tradition", sondern sieht sich spätestens seit 14. September 2007 (Rechtskraft von Summorum Pontificum) verpflichtet, die außerordentliche Form des Römischen Ritus als eine gültige Ausdrucksform der ganzen Kirche dort anzupassen, wo es die organische Zusammenschau aller 21 Ökumenischen Konzilien und das darauf basierende gültige ordentliche Lehramt der Kirche fordert.
Weitere Verstehenshilfen zur nunmehr rechtmäßig installierten neuen Karfreitagsfürbitte bieten nicht nur der von kath.net aus der Tagespost übernommene Beitrag "Die Juden und das Konzil. Der Papst ist nicht hinter das Konzil zurückgegangen, sondern hat es genau getroffen" von Guido Horst, sondern auch der hervorragende Kommentar Seiner Exzellenz Erzbischof Gianfranco Ravasi im Osservatore Romano vom 15. Februar 2008. Der Titularerzbischof von Villamagna in Proconsulari ist Präsident des Päpstlichen Rates für die Kultur, der Päpstlichen Kommission für die Kulturgüter der Kirche und der Päpstlichen Kommission für die sakrale Archäologie. Sein Beitrag trägt den Titel "Oremus et pro Iudaeis" ("Lasset uns auch beten für die Juden"), und ich habe daraus einige wichtige italienische Passagen ins Deutsche übersetzt. Kurienerzbischof Ravasi geht dabei von einem "bereits kodifizierten Text besonderer Verwendung" aus, "nämlich für die Karfreitagsliturgie gemäß dem Missale Romanum in seiner vom seligen Johannes XXIII. promulgierten Fassung, vor der liturgischen Reform des II. Vatikanischen Konzils. Es ist also ein Text, der in seiner Redaktion und in seinem aktuellen Gebrauch klar umschrieben ist, gemäß den längst bekannten Bestimmungen, die im päpstlichen Motu proprio 'Summorum Pontificum' vom vergangenen Juli enthalten sind." Hier ist lediglich anzumerken, daß das II. Vatikanische Konzil als XXI. Ökumenisches Konzil der Katholischen Kirche zwar einen Anstoß zu weiteren evolutiven Reformschritten in der lateinischen Liturgie derselben Kirche gegeben hat, aber es gleichzeitig fraglich ist, ob sämtliche nach dem Ende des Konzils getroffenen und zum Teil im gläubigen Volk als abrupt empfundenen Reformschritte auch wirklich dem Willen der Konzilsväter entsprachen. Meiner Meinung nach wird sich erst in den nächsten Jahrzehnten zeigen, welche geistliche Liturgiereform das II. Vatikanische Konzil im Hinblick auf die weitere Entwicklung in der außerordentlichen und ordentlichen Form des Römischen Ritus wirklich wollte. Daß jedoch zu dieser Reform auch der ganz kleine Einschnitt des Papstes in bezug auf die Karfreitagsfürbitte für die Juden zählen muß, daran kann kein vernünftiger Zweifel bestehen. Erzbischof Ravasi begründet genau dies sehr einleuchtend: "Im Inneren der Verbindung, die das Israel Gottes und die Kirche zutiefst eint, wollen wir uns bemühen, die theologischen Charakteristika dieses Gebetes herauszufiltern, auch im Dialog mit den harten Reaktionen, die es im hebräischen Umfeld hervorgerufen hat. Das erste ist eine 'textgemäße' Betrachtung im strengen Sinn: man erinnere sich, daß das Wort 'textus' tatsächlich auf die Idee eines 'Gewebes' ('tessuto') verweist, das mit verschiedenen Fäden ausgearbeitet ist. Nun gut, die etwa 30 substantiellen Worte des Oremus sind vollständig Frucht einer 'Weberei' ('tessitura') aus neutestamentlichen Begriffen. Es handelt sich daher um eine Ausdrucksweise der Heiligen Schrift, die der orientierende Stern für den Glauben und für das christliche Gebet ist. Zunächst wird eingeladen, zu beten, damit Gott 'die Herzen erleuchte', sodaß auch die Juden 'Jesus Christus als Erlöser aller Menschen erkennen'. Daß Gott Vater und Christus 'die Augen und den Geist erleuchten' können, ist ein Wunsch, den der heilige Paulus bereits für dieselben Christen von Ephesus - sowohl jüdischer als auch heidnischer Herkunft - vorsieht (1,18; 5,14). Das große Bekenntnis des Glaubens an 'Jesus Christus, Retter aller Menschen' ist eingefaßt in den ersten Brief an Timotheus (4,10), aber es wird in analogen Formen auch von anderen neutestamentlichen Autoren bekräftigt, wie zum Beispiel von Lukas in der Apostelgeschichte, der Petrus dieses Zeugnis vor dem Synedrion in den Mund legt: 'In keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen.' (4, 12) Hier, an dieser Stelle, findet sich also der Horizont, den das wahre und eigentliche Gebet angibt: man bittet Gott, 'der will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen', um sicherzustellen, 'daß beim Eintritt der Fülle aller Völker in die Kirche auch ganz Israel gerettet werde.' Oben wird auf die feierliche Erscheinung des allmächtigen und ewigen Gottes verwiesen, dessen Liebe wie ein Mantel ist, der sich über die ganze Menschheit breitet: wie wir im ersten Brief an Timotheus (2,4) weiterlesen, will er tatsächlich, 'daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen'. Zu Füßen Gottes jedoch bewegt man sich wie in einer grandiosen planetarischen Prozession, die aus jeder Nation und Kultur besteht und die Israel gewissermaßen in einer privilegierten Reihe sieht, in notwendiger Anwesenheit. Es ist immer noch der Apostel Paulus, der den berühmten Abschnitt seines theologischen Hauptwerkes, des Briefes an die Römer, welcher dem jüdischen Volk gewidmet ist - dem edlen Ölbaum, in den wir eingepfropft wurden - mit dieser Vision beschließt, deren Beschreibung aufgebaut ist auf prophetischen und psalmenmäßigen Zitationen: die Erwartung der Fülle der Errettung 'besteht, bis die Heiden in voller Zahl das Heil erlangt haben; dann wird ganz Israel gerettet werden, wie es in der Schrift heißt: Der Retter wird aus Zion kommen, er wird alle Gottlosigkeit von Jakob entfernen. Das ist der Bund, den ich ihnen gewähre, wenn ich ihre Sünden wegnehme.' (11,25 - 27). Wir haben also ein Gebet, daß der klassischen Zusammensetzungsmethode in der Christenheit entspricht: die Anrufungen auf der Basis der Bibel 'weben' ('tessere'), um so das Glauben und das Beten von innen her zu verflechten (das ist eine Interaktion zwischen den sogenannten 'lex orandi' und 'lex credendi'). An dieser Stelle können wir eine zweite Reflexion vorschlagen, die sich strenger am Inhalt orientiert. Die Kirche betet, um in der einzigen Gemeinschaft der Christgläubigen auch das gläubige Israel bei sich zu haben. Das ist es, was St. Paulus in den Kapiteln des Briefes an die Römer (Kapitel 9 - 11) als große eschatologische Hoffnung erwartet, das heißt als letzten Landungsplatz der Geschichte, worauf wir oben eingingen. Das ist es, was dasselbe II. Vatikanische Konzil proklamierte, als es in seiner Konstitution über die Kirche geltend machte, daß 'diejenigen, die das Evangelium noch nicht empfangen haben, auf das Gottesvolk auf verschiedene Weise hingeordnet sind. In erster Linie jenes Volk, dem der Bund und die Verheißungen gegeben worden sind und aus dem Christus dem Fleische nach geboren ist, dieses seiner Erwählung nach um der Väter willen so teure Volk: die Gaben und Berufung Gottes nämlich sind ohne Reue' (Lumen gentium, Nr. 16). Diese intensive Hoffnung ist der Kirche klarerweise eigen, die als Zentrum und Quelle der Rettung Jesus Christus hat. Für den Christen ist er der Sohn Gottes und das sichtbare und wirkkräftige Zeichen der göttlichen Liebe, weil - wie Jesus in jener Nacht Nikodemus, einem 'führenden Mann unter den Juden' gesagt hatte - 'Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, und er hat ihn nicht gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird' (vgl. Joh 3,16 - 17). Von Jesus Christus, dem Sohn Gottes und dem Sohn Israels strömt daher die reinigende und befruchtende Woge der Erlösung aus, sodaß wir in abschließender Analyse auch sagen können, wie es der Christus des Johannes tut, daß 'das Heil von den Juden kommt' (4,22). Die von der Kirche erhoffte Mündung der Geschichte liegt daher in dieser Quellenlage begründet. Wiederholen wir: das ist die christliche Vision, und das ist die Hoffnung der Kirche, die betet. Das ist keine vorgegebene Programmatik einer theoretischen Vereinnahmung, aber auch keine missionarische Bekehrungsstrategie. Es ist die charakteristische Haltung der betenden Anrufung, der gemäß man sich auch für Personen, die man als nahestehend, wertvoll und bedeutungsvoll ansieht, eine Wirklichkeit wünscht, die man als kostbar und erlösend einschätzt. Ein wichtiger Exponent der französischen Kultur des zwanzigsten Jahrhunderts, Julien Green, schrieb, daß es 'immer schön und legitim ist, dem anderen das zu wünschen, was für Dich ein Gut und eine Freude ist: wenn Du daran denkst, ein wahres Geschenk anzubieten, dann halte Deine Hand nicht zurück'. Natürlich muß dies immer im Respekt der Freiheit und der verschiedenen Wegstrecken, die der andere aufgenommen hat, geschehen. Aber es ist auch Ausdruck von Liebe, dem Bruder ebenso das zu wünschen, was Du als einen Horizont des Lichtes und des Lebens erachtest. Es liegt in dieser Perspektive, daß auch das in Frage stehende Oremus - trotz der Grenzen seiner Verwendung und seiner Spezifität - unsere Beziehung und unseren Dialog mit 'jenem Volk, mit dem Gott den Alten Bund geschlossen hat', bekräftigen kann und muß, da wir genährt werden 'von der Wurzel des guten Ölbaums, in den die Heiden als wilde Schößlinge eingepfropft sind' (Nostra aetate, Nr. 4). Und wie die Kirche am kommenden Karfreitag gemäß der Liturgie des Meßbuches Pauls VI. beten wird, besteht die allgemeine und letzte Hoffnung darin, daß 'das Volk, das Gott als Erstes zu seinem Eigentum erwählt hat, zur Fülle der Erlösung gelange' ('ut populus acquisitionis prioris ad redemptionis mereatur plenitudinem pervenire.')" (Eine vollständige Übersetzung findet sich bei kath.net.) Der ausführliche Pressebericht des ehemaligen Vorsitzenden der Katholischen Bischofskonferenz Deutschlands, Karl Kardinal Lehmann, im Anschluß an die letzte Frühjahrs-Vollversammlung derselben Deutschen Bischofskonferenz (vom 11. bis 14. Februar 2008 in Würzburg) ging auf die Frage der einen neuen Karfreitagsfürbitte nicht ein, beinhaltete jedoch auch viele direkte und indirekte Hinweise zur Liturgie. So wurde die vom bundesdeutschen Gesetzgeber bereits verabschiedete Änderung des deutschen Personenstandsrechts thematisiert, die unter anderem den Wegfall des unrechtmäßigen staatlichen Verbots der kirchlichen Trauung vor einer naturrechtlich dann gar nicht notwendigen standesamtlichen Heirat zum 1. Januar 2009 umfaßt. Unter dem Abschnitt "Planungen für das Paulus-Jahr 2008/2009" wird dann nicht nur auf die vatikanische Internetseite www.annopaolino.org verwiesen, sondern auch festgehalten: "Unter anderem sollen Anregungen für die Feier von Paulus-Patrozinien und Pilgerwegen zu Paulus-Kirchen, zur Auseinandersetzung mit Paulus-Bildern in Kunst, Literatur, Philosophie und Judaistik sowie paulinische Impulse für Bibelarbeiten, Predigten, Sakramentenpastoral und eine Spiritualität im Alltag erarbeitet werden." Liturgie wird auch indirekt angesprochen durch die von der Bischofskonferenz zur Zeit in Überarbeitung stehenden "Leitlinien für das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen": "Während der vergangenen fünf Jahre wurden vielfältige Erfahrungen mit der Arbeitshilfe und im interreligiösen Gespräch gesammelt. Nicht zuletzt durch die Kontakte zwischen Papst Benedikt XVI. und Vertretern des Islam ist auch weltweit eine neue Phase des interreligiösen Dialogs angebrochen. Diese Erfahrungen sollen nun in eine erste Überarbeitung des Textes einfließen, bei der es insbesondere Präzisierungen und Aktualisierungen vorzunehmen gilt. So sind die Unterschiede der Beziehungen zwischen Christen und Juden einerseits und zwischen Christen und Muslimen andererseits noch genauer zu erfassen. Die verschiedenen Gottesbilder sowie die Unterschiede des Betens in den monotheistischen Religionen sollen stärker herausgehoben werden. Auf die mißverständliche Formulierung 'multireligiöse Feier' wird verzichtet. Die genannten Anlässe machen den Ausnahmecharakter einer Begegnung im Gebet zwischen den Religionen deutlicher. Durchgängig vertreten wir die Auffassung, bei entsprechenden Anlässen solle nicht gemeinsam mit Vertretern anderer Religionen gebetet werden, wohl aber könne in ihrem Beisein jeder in seiner eigenen Tradition beten. Schließlich soll daran erinnert werden, daß vor Gebetstreffen, an denen Gläubige der drei monotheistischen Religionen teilnehmen, die zuständigen kirchlichen Autoritäten zu fragen sind. Der Frage der Einrichtung und Gestaltung von Gebetsräumen für die verschiedenen Religionen in Schulen, Krankenhäusern und anderen öffentlichen Gebäuden soll möglichst bald eine eigene Untersuchung und Beratung gewidmet werden .... Nach einer zweiten Lesung im Sommer werden die überarbeiteten Leitlinien als Arbeitshilfe unter dem Titel 'Leitlinien für das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen' der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht." Und für die ordentliche Form des Römischen Ritus (bei Verwendung der deutschen Hochsprache) wurde das neue Rituale "Die Feier der Kindertaufe" vorgestellt, welches vom 1. Adventssonntag 2008 an die bisherige Ausgabe von 1971 ersetzt. Schließlich berieten die katholischen Bischöfe Deutschlands noch über Verlagspublikationen liturgischer Texte: "Dabei geht es insbesondere um die Verbreitung von nicht autorisierten Verlagsproduktionen liturgischer Texte, die im Gottesdienst verwendet werden ... Liturgische Handlungen sind Feiern der Kirche und stehen nicht der individuellen Gestaltung offen. Um den Schatz der Liturgie zu wahren und zur Entfaltung zu bringen, sind bei der Feier der Liturgie deshalb die genehmigten liturgischen Bücher zu verwenden, das heißt die lateinischen 'editiones typicae' [für die außerordentliche oder ordentliche Form des Römischen Ritus, Anm. v. Verf.] oder eine approbierte landessprachliche Übersetzung (vgl. cann. 846 § 1, 928 CIC). Diese Bücher enthalten die verbindlich zu verwendenden Schrifttexte und Gebete. Sie weisen auch auf bestehende Variationsmöglichkeiten und Freiräume hin, die in bestimmten Teilen [der ordentlichen Form des Römischen Ritus, Anm. v. Verf.] eine Berücksichtigung der örtlichen, zeitlichen und situativen Umstände ermöglichen. Deshalb dürfen amtliche liturgische Texte der Kirche nicht verändert oder ersetzt werden. Ergänzende Publikationen können nur im Rahmen der von der liturgischen Ordnung vorgesehenen Gestaltungsfreiheit entwickelt werden." Und damit sind wir fast schon wieder beim großen Thema der älteren liturgischen Disziplin in der lateinischen Kirche gelandet. Die Bischöfe nahmen noch ein Schreiben der römischen Kleruskongregation vom 8. Dezember 2007 zur Förderung der Eucharistischen Anbetung zugunsten des Klerus und der Priesterberufe zur Kenntnis und stellten dann unter dem Titel "Fragen zur Umsetzung des Motu proprio Summorum Pontificum zur Meßfeier in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus" fest: "Am 14. September 2007 haben die Bestimmungen zur Meßfeier in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus Rechtskraft erhalten. Papst Benedikt XVI. hatte das Motu Proprio Summorum Pontificum zusammen mit einem Brief an die Bischöfe am 7. Juli 2007 erlassen. Wir haben uns auf der Vollversammlung erneut über die Umsetzung der Bestimmungen in den deutschen Diözesen ausgetauscht. Die Leitlinien, die wir auf der Herbst-Vollversammlung am 26. September 2007 verabschiedet haben, sind inzwischen von allen Diözesanbischöfen in Kraft gesetzt und in den Amtsblättern veröffentlicht worden. Im Blick auf die zahlenmäßige Entwicklung von Anträgen und Genehmigungen für die Meßfeier in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus zeigt sich, daß keine erhebliche Zunahme zu verzeichnen ist. Die Vollversammlung bestätigt nochmals, daß Antrag und Genehmigung von Meßfeiern in der außerordentlichen Form unmittelbar zwischen den Gläubigen und ihrem Pfarrer geregelt werden. Kommen Gläubige aus mehreren Pfarreien zusammen, ist der Diözesanbischof zuständig. Initiativen zur Förderung der Meßfeiern in der außerordentlichen Form kommt keine Vermittler- bzw. Anwaltsfunktion in den diözesanen Genehmigungsverfahren zu. Wir gehen davon aus, daß eine Reihe noch offener Fragen (z. B. bezüglich der Leseordnung) in den angekündigten Ausführungsbestimmungen der Kommission Ecclesia Dei geklärt werden. Zur Vorbereitung der Vergleichbarkeit der Berichte, die von den Diözesanbischöfen drei Jahre nach dem Erlaß des Motu proprio an den Heiligen Stuhl zu senden sind, soll das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz zu gegebener Zeit eine Erhebung durchführen." Der Begriff "Leitlinien" ist also im Pressebericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz in bezug auf zwei wichtige Themenstellungen gefallen, in bezug auf das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen und in bezug auf das Apostolische Schreiben Motu proprio Summorum Pontficium. Schon an dieser Stelle kann gefragt werden, was Leitlinien rechtlich bedeuten. Seitens der Deutschen Bischofskonferenz gibt es aber noch mehr Leitlinien, so die sehr wichtigen "Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Mißbrauch Minderjähriger durch Geistliche im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz", aber auch die "Leitlinien zur Jugendpastoral", die "Leitlinien für die mediale Übertragung von gottesdienstlichen Feiern", die "Leitlinien für die Seelsorge an Katholiken anderer Muttersprache" ("Eine Kirche in vielen Sprachen und Völkern") oder die "Leitlinien für den Bau und die Ausgestaltung von gottesdienstlichen Räumen". Andererseits "verwandelten" sich die "Leitlinien für die Ausbildung der Priester“ aus dem Jahr 1969 per 1. Mai 1978 in eine umfassende Rahmenordnung für die Priesterbildung. Klare ethische Orientierung im Sinne des Lehramtes bieten beispielsweise die "Leitlinien für katholische Einrichtungen im Dienst der Gesundheitsfürsorge" der Österreichischen Bischofskonferenz. Da jedoch der Begriff "Leitlinien" nicht von vorneherein kirchenrechtlich umschrieben ist, wird man jeden Text eigens auf seinen Verpflichtungsgrad prüfen müssen. Dies gilt auch im Falle römischer oder diözesaner Dokumente wie zum Beispiel im Falle der römischen "Leitlinien zu den Beziehungen zwischen Bischöfen und Ordensleuten in der Kirche" (14. Mai 1978) oder im Falle der "Leitlinien für die Ausbildung der künftigen Priester in den Medien der sozialen Kommunikation" (19. März 1986) oder im Falle der "Leitlinien für das Studium und den Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung" (30. Dezember 1988), aber auch - um nur ein einziges Beispiel eines Bistums anzuführen - im Falle der "Leitlinien für die Weiterentwicklung der Seelsorge im Bistum Eichstätt" (30. Dezember 2002, Pastoralblatt vom 20. Januar 2003, Nr. 2). Mit Bezug auf die Leitlinien der katholischen Bischöfe Deutschlands zum Apostolischen Schreiben Summorum Pontificum und somit zur außerordentlichen Form des Römischen Ritus hat nun Hw. Dr. iur. can. Gero P. Weishaupt, Latinist bei Radio Vatikan, kirchenrechtliche Anmerkungen zu der zuvor zitierten Pressemeldung des ehemaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, unter dem fragenden Titel "Leitlinien oder allgemeine Ausführungsbestimmungen?" veröffentlicht. Sein Beitrag ist bei www.summorum-pontificum.de nachlesbar und wird in mein Blogbuch von kath.net übernommen: "Der scheidende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, hat in einem Pressebericht im Anschluß an die Frühjahrs-Hauptversammlung der Deutschen Bischofkonferenz vom 11. bis 14. Februar 2008 u. a. auch Stellung genommen zur Frage der Umsetzung des Motu Proprio Summorum Pontificum. Darin teilt Kardinal Lehmann mit: 'Die Leitlinien, die wir auf der Herbst-Vollversammlung am 26. September 2007 verabschiedet haben, sind inzwischen von allen Diözesanbischöfen in Kraft gesetzt und in den Amtsblättern veröffentlicht worden.' Die Mitteilung ruft die Frage hervor: Haben die Bischöfe nun Leitlinien veröffentlicht oder allgemeine Ausführungsbestimmungen erlassen? Was meint Kardinal Lehmann hier mit 'Leitlinien'? Als Kirchenrechtler mache ich hierzu folgende Anmerkungen: 1. Leitlinien sind keine allgemeinen Ausführungsbestimmungen im Sinne der decreta generalia exsecutoria des can. 32 CIC. Infolgedessen können sie nicht diejenigen binden, die durch das Motu Proprio Summorum Pontificum verpflichtet werden. Dessen Anwendungsweisen werden ausschließlich entweder durch eine Instruktion nach can. 34, die sich in erster Linie nicht an die Gläubigen, sondern an die kirchlichen Behörden richten würde, oder durch allgemeine Ausführungsbestimmungen nach can. 32 bestimmt, nicht aber durch 'Leitlinien'. Außerdem können nur allgemeine Ausführungsbestimmungen die Befolgung des Motu Proprio einschärfen (vgl. can. 32). Der Begriff 'Leitlinie' ist keine kirchenrechtliche, d. h. im kirchlichen Gesetzbuch anzutreffende Kategorie. 2. Leitlinien im eigentlichen Sinn des Wortes können nicht in Kraft gesetzt werden, da sie keinerlei Gesetzeskraft besitzen oder eine ein Gesetz (hier das Motu Proprio) ausführende Funktion haben. Leitlinien werden vielmehr nur zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht und dienen der Orientierung, wie Kardinal Lehmann selbst im Anschluß an die Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im September 2007 richtig gesagt hatte. 3. Der in der Pressemeldung verwendete Begriff 'Leitlinien' deckt nicht den kirchenrechtlichen Begriff 'allgemeine Ausführungsbestimmungen' des can. 32 ab. Aus dem Text der Pressemeldung geht darum nicht mit der für die Rechtssicherheit der Gläubigen, die die Feier der heiligen Messe nach dem außerordentlichen Usus des Römischen Ritus wünschen, erforderlichen Eindeutigkeit hervor, ob es sich bei den von den Bischöfen für ihre Diözesen bereits erlassenen Bestimmungen nur um 'Leitlinien' oder um 'allgemeine Ausführungsbestimmungen' handelt. Nur letztere hätten bindende Kraft, allerdings nur so weit, als sie dem Wortlaut und dem Geist des Motu Proprio Summorum Pontificum nicht widersprechen. Das sagt unmißverständlich der kanonische Gesetzgeber in can. 33 § 1: 'Allgemeine Ausführungsbestimmungen, auch wenn sie in Direktorien oder anders benannten Dokumenten' (etwa in diözesanen Amtsblättern) 'herausgegeben werden, heben Gesetze nicht auf, und soweit ihre Vorschriften Gesetzen widersprechen, entbehren sie jeglicher Rechtskraft'. 4. Im Einzelfall – von Diözese zu Diözese – müßte in den einzelnen Amtsblättern nachgeprüft werden, ob der jeweilige Diözesanbischof tatsächlich für seine Diözese allgemeine Ausführungsbestimmungen im Sinne des can. 32 erlassen oder nur Leitlinien veröffentlicht hat, die in bezug auf die Umsetzung des Motu Proprio Summorum Pontificum keine kirchenrechtlich bindende, sondern nur orientierende Kraft hätten. Sollte es sich bei den Erlässen in den diözesanen Amtsblättern um allgemeine Ausführungsbestimmungen handeln, müßte das eindeutig aus Titel und Text hervorgehen. [Es wäre allerdings merkwürdig, wenn die Bischöfe noch im Vorfeld der zu erwartenden für die Gesamtkirche bestimmten Anweisungen der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei zur praktischen Umsetzung des Motu Proprio Summorum Pontificum, sei es daß sie diese in der Form einer Instruktion im Sinn des can. 34, sei es daß sie sie in der Form von allgemeinen Ausführungsbestimmungen nach can. 32 erlassen würden, selber allgemeine Ausführungsdekrete erstellt hätten. Die diözesanen Ausführungsbestimmungen müßten nämlich an diese von der höchsten Gesetzgebungs- und Verwaltungsinstanz, nämlich vom Papst selber, erlassenen wieder angepaßt werden bzw. würden durch diese aufgehoben.]" Im Anschluß an diese wertvolle und korrekte Anfrage Dr. Weishaupts kann derzeit von meiner kirchenrechtlichen Warte aus zu den in seinem Beitrag in Frage stehenden Leitlinien nur folgendes allgemein gesagt werden: Leitlinien verpflichten nicht automatisch die Gläubigen im jeweiligen Bistum auf dem Gebiet der Deutschen Bischofskonferenz, sondern sind - vor einer ausdrücklichen gesetzesmäßigen Inkraftsetzung in einem Bistum - nichts anderes als eine abgesprochene freiwillige Selbstverpflichtung jedes einzelnen unterzeichneten und regierenden Diözesanbischofs besagter Bischofskonferenz. Ob der einzelne regierende Bischof diese Leitlinien dann auch im Amtsblatt des ihm anvertrauten Bistums verlautbaren läßt oder nicht, ist dabei unerheblich. Wenn er es tut, können die Gläubigen davon ausgehen, daß er sich an diese freiwillige Zusage im Rahmen der Bischofskonferenz halten wird. Da die angesprochenen Leitlinien gemäß ihrem Text in Kraft getreten sind, ergeben sie nur Sinn, wenn sich alle beteiligten Bischöfe auch daran halten. Die Leitlinien verpflichten daher grundsätzlich niemand anderen als die Diözesanbischöfe selbst, ausgenommen sie würden im Einzelfall dem allgemeinen und oder einem gültigen Spezialrecht territorialer oder personaler Art widersprechen. Die Frage ist dann, ob neu ernannte und geweihte Bischöfe, die noch nicht Mitglieder der Bischofskonferenz zum jeweiligen Unterzeichnungszeitpunkt waren, einfach ohne eigene Willenskundgabe zur Einhaltung von Leitlinien - welcher Leitlinien auch immer - gehalten sind, wenn diese nicht ausdrücklich im jeweiligen Bistum als Gesetz in Kraft getreten wären. Und so bleibt im Falle der außerordentlich-lateinischen Liturgie die primäre Orientierung an dem, was der Heilige Stuhl vorgibt, auch was die neue Karfreitagsfürbitte für die Juden betrifft. In Kürze werden von dort auch erstmals Ausführungsbestimmungen zum Motu proprio erwartet. Leitlinien können dann in weiterer Folge (nur noch) pastorale Verstehenshilfen sein, aber auch rechtmäßig binden, wenn sie dazu nach den geltenden (oben angesprochenen) kirchenrechtlichen Kriterien überhaupt geeignet sind. In diesem Sinne wünsche ich allen interessierten Lesern einen guten zweiten Fastensonntag! Euer Padre Alex - Vizeoffizial Dr. Alexander Pytlik Thursday, February 14. 2008
VERMÖGENSRECHT: ES KANN IN DER ... Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Kirchenrecht, Sonstiges at
22:10
Comments (0) Trackback (1) ![]() VERMÖGENSRECHT: ES KANN IN DER KIRCHE NUR EINE HIERARCHIE GEBEN
Im Zusammenhang mit dem Blogeintrag über die Aufgabe der kirchlichen Hierarchie bei der Vermögensverwaltung ist das auf kath.net besprochene Werk des Churer Bischofsvikars für die Moderatio Curiae und das Stiftungswesen von größtem Interesse: Martin Grichting, Das Verfügungsrecht über das Kirchenvermögen auf den Ebenen von Diözese und Pfarrei, St. Ottilien 2007 ( = Münchener Theologische Studien, Kanonistische Abteilung, Bd.62), ISBN 3-8306-7279-9. In den letzten Jahren hat vor allem die Schweiz Schlagzeilen mit innerkirchlichen Auseinandersetzungen über das Kirchenvermögen gemacht (vgl. z. B. den Fall Röschenz). Immer wieder kommt es dort zwischen der kirchlichen Hierarchie (Diözesanbischof, Ortspfarrer) und einer gewissemaßen "zweiten Hierarchie" ("Kirchgemeinden" und "Landeskirchen") zu Auseinandersetzungen darüber, wer über das Kirchenvermögen verfügen und somit die Sendung der Kirche maßgeblich bestimmt. In seiner Habilitationsschrift frägt Hw. Dr. iur. can. habil. Martin Grichting unter anderem, ob es auch in anderen Ländern und im Verlauf der Kirchengeschichte eine ähnliche "zweite Hierarchie" gegeben hat, die auf dem Verfügungsrecht über das Kirchengut beruhte und in Konkurrenz zur eigentlichen Hierarchie trat. Das überraschende Ergebnis der Arbeit zeigt, daß die Schweiz keineswegs einen Einzelfall darstellt. Das sogenannte "Eigenkirchenwesen" bedeutete in der Praxis bereits ab dem 5. Jahrhundert, daß die kirchliche Hierarchie durch die Besitzer von Kirchen - meist Laien - bedrängt wurde. Diese Kirchenbesitzer machten aufgrund ihrer Finanzmacht immer öfter geistliche Kompetenzen geltend und traten so in Konkurrenz zu den Bischöfen. Erst in einem mühsamen, bis ins Hochmittelalter dauernden Prozeß gelang es der Kirche schließlich, den Privatbesitz von Kirchen durch Laien zu unterbinden und in das Patronatsrecht überzuführen. Auch im Spätmittelalter kam es zu ähnlichen Ereignissen: die Kirche war nur unzureichend in der Lage, die Stiftungstätigkeit der Gläubigen in das kirchliche Recht zu integrieren. Die Folge war, daß staatliche Stellen (Städte, Gemeinden) in großer Zahl die Aufsicht über Stiftsmessen, Altäre und Kaplaneipfründen erlangten. Dadurch geriet ein großer Teil des Klerus in direkte materielle Abhängigkeit weltlicher Behörden - ein Umstand, der wohl wesentlich zur Verbreitung der Reformation beitrug.
Der Verfasser untersucht in der Folge die geschichtliche Entwicklung seit der Französischen Revolution in ausgewählten Ländern. So zeigt er, daß etwa in Österreich im 19. und 20. Jahrhundert von kirchenfeindlichen Kreisen drei Mal versucht wurde, Kirchengemeinden einzurichten, um durch den Aufbau einer "zweiten Hierarchie" die Kirche zu spalten und die Hierarchie zu schwächen (vgl. auch M. Liebmann, Kirchenbeitrag/Kirchensteuer - Kultussteuer/Kultursteuer, in: ThPQ 156, 2008, 19 - 33). Auch die Kirchengemeinden in Deutschland wurden von Bismarck auf dem Höhepunkt des Kulturkampfs mit der erklärten Absicht geschaffen, die Laien von der Hierarchie zu emanzipieren und als gegenüber der Hierarchie selbständige Kraft innerhalb der Kirche zu etablieren. Erst die Einführung der Diözesankirchensteuer nach dem Zweiten Weltkrieg vermochte die Gefahr einer solchen "zweiten Hierarchie" zu bannen (vgl. inhaltlich auch G. Bier, Der Kirchenaustritt - ein Akt des Schismas? In: ThPQ 156, 2008, 38 - 48). Dramatisch war auch die Entwicklung in Frankreich, wo der heilige Papst Pius X. unter Inkaufnahme materieller Opfern verbot, sogenannte "Kultusvereine" zu gründen. Diese Vereine hätten ebenfalls eine künstliche Spaltung der Kirche in Hierarchie und Laien bedeutet. Denn die Laien hätten in den "Kultusvereinen" unabhängig von der Hierarchie das Kirchenvermögen verwaltet und die Pfarrer besoldet. Überraschend ist auch der Befund, daß im Italien des 19. Jahrhunderts mehrfach ernsthafte Anläufe unternommen wurden, um "Pfarr-" bzw. "Diözesankongregationen" zu gründen. Diese hätten das Kirchenvermögen verwaltet und hätten damit ebenfalls eine parallele Hierarchie sowie eine unangemessene Demokratisierung der Kirche bedeutet. Zum Spannendsten gehört dann die Schilderung der Zustände in der Kirche der Vereinigten Staaten von Amerika im 18. und 19. Jahrhundert. Dort kam es aufgrund der Unmöglichkeit, im zivilen Recht Rechtsträger für das Kirchengut zu finden, zu Auseinandersetzungen, die dem gleichen, was man heute aus der Schweiz kennt. Hier wie dort waren die Laien nämlich notgedrungen die Verfügungsberechtigten über das Kirchenvermögen. Entsprechend dem Motto "Wer zahlt, befiehlt" sprangen Laien denn auch höchst unschön mit den von ihnen entlohnten Priestern und Bischöfen um. In Philadelphia ereignete sich gar ein Parallelfall zu Röschenz, als die dortigen Laien - Eigentümer der Kathedrale - dem regierenden Bischof seine Kirche zusperrten und stattdessen jahrelang einen suspendierten Priester als Pfarrer beschäftigten und entlohnten. Ein in diesem Zusammenhang ergangener Brief von Papst Pius VII. aus dem Jahr 1822 dürfte heute noch seine Gültigkeit haben: darin wird der Grundsatz betont, daß die Bischöfe, welche die Kirche leiten, nicht von der Verfügung und der Aufsicht über das Kirchengut ausgeschlossen werden dürfen. Genau das geschieht aber in der Schweiz, wie Bischofsvikar Dr. Grichting in seiner Darstellung der Geschichte dreier Kantone zeigt. So unterschiedlich die vermögensrechtliche Ausgangslage im protestantischen Bern, im gemischt-konfessionellen Aargau und im katholischen Luzern auch gewesen ist: in allen drei Fällen resultiert daraus heute eine regelrechte Gegenhierarchie ("Landeskirchen" und "Kirchgemeinden"), die über das Kirchenvermögen verfügt. Diese Konstellation hat zur Folge, daß der Diözesanbischof faktisch in die Rolle eines konstitutionellen Monarchen gerät, wie es der hochwürdigste Diözesanbischof von Basel, Kurt Koch, selbst treffend festgestellt hat. Der Autor legt im folgenden die kirchliche Rechtsentwicklung im 20. Jahrhundert dar, ausgehend vom Codex Iuris Canonici des Jahres 1917 (CIC 1917). Er untersucht dabei auch das II. Vatikanische Konzil und kommt zum Schluß, daß das XXI. Ökumenische Konzil zwar einzelne, in wirtschaftlichen Fragen erfahrene Laien zur Mitarbeit bei der Vermögensverwaltung eingeladen hat, diesen Bereich kirchlicher Tätigkeit jedoch keineswegs den Laien als ihnen eigenes Betätigungsfeld zugewiesen hat. Entsprechend hat denn auch der Codex Iuris Canonici des Jahres 1983 (CIC 1983) die Bischöfe und Pfarrer in bezug auf die Vermögensverwaltung wiederum als federführend vorgesehen. In abschließenden Thesen faßt der Autor seine aus der Rechtsgeschichte gewonnenen Erkenntnisse zusammen. So stellt der heute geltende can. 1279 § 1 CIC 1983 die Frucht bitterer geschichtlicher Erfahrungen dar, wenn er bestimmt, daß der Leiter einer juristischen Person zugleich auch deren Vermögensverwalter sein solle. Can. 1280 CIC betont demgegenüber, daß sich kirchliche Amtsträger in wirtschaftlichen Fragen von darin erfahrenen Laien haben beraten zu lassen. Nicht weniger bedeutsam erscheint schließlich can. 1282 CIC, welcher bestimmt, daß die kirchliche Vermögensverwaltung immer "im Namen der Kirche" - d. h. im Auftrag der Kirche - zu führen ist. Das Kirchenvermögen soll also nicht im eigenen Namen, im Namen des Staates oder der katholischen Staatsbürger oder im Namen der Laien, etc. - also nicht durch eine "zweite Hierarchie" - verwaltet werden. Werde dem Grundsatz von can. 1282 CIC nicht nachgekommen, sei in der Kirche stets der Same der Zwietracht gesät. Der Kirche ist es letztlich immer wieder und fast überall gelungen, eine "zweite Hierarchie" abzuwehren oder diese mit der Zeit zu überwinden. Die Lage in der heutigen Schweiz stellt so betrachtet ein Relikt aus anderen Zeiten dar. Die für die Freiheit der Verkündigung bedenklichen Zustände können aber immerhin als Warnung dienen. Denn die dargelegten geschichtlichen Betrachtungen zeigen, daß eine zweite, auf dem Verfügungsrecht über das Kirchenvermögen fußende "Hierarchie" immer eine latente Gefahr für die Kirche darstellt. In Zukunft könnte diese Gefahr wieder real werden, etwa dann, wenn etablierte Kirchenfinanzierungssysteme ins Wanken geraten sollten. Vizeoffizial Grichtings Arbeit kommt so betrachtet – wie auf kath.net folgerichtig geschlossen wird - zur rechten Zeit. Ob auf dem Gebiet des Finanzwesens, ob auf dem Gebiet der zu feiernden Liturgie und aller Sakramente: ja auf allen Ebenen der Kirche Christi muß also die hierarchische Grundordnung im Sinne ihrer göttlichen Stiftung gewahrt werden, um völlig unnötige Kämpfe, Energieverschwendungen und sogar Spaltungen immer wieder zu vermeiden. Am heutigen Festtag des heiligen Märtyrers Valentin (Kalender für die außerordentliche Form des Römischen Ritus; der Kalender für die ordentliche Form der lateinischen Liturgie sieht heute die Feier der heiligen Schutzpatrone Europas, des heiligen Mönches Cyrill und des heiligen Bischofs Methodius, vor) erinnere ich an meinen offenbar aktuell bleibenden Kommentar unter dem Titel "Ja zur Liebe, nein zur Homophilie". Bemühen wir uns auf allen Ebenen um Authentizität, auch in der Liebe zu Gott und zueinander. Euer Padre Alex - Kirchenrektor Dr. Alexander Pytlik Monday, February 11. 2008
EUCHARISTIE, LOURDES, ... Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Aktuelle Predigt, Katholische Lehre at
21:57
Comments (0) Trackback (1) ![]() EUCHARISTIE, LOURDES, KRANKENSEELSORGE UND DAS RECHT AUF KÜNSTLICHE ERNÄHRUNG
Heute war und ist ein besonderer Tag, es ist der 150. Jahrestag der ersten Marienerscheinung im französischen Wallfahrtsort Lourdes, die kirchlich überprüft und anerkannt wurde. Aus diesem Anlaß übernehme ich zunächst die Botschaft Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. zum 11. Februar 2008 anläßlich des 16. Welttages der Kranken:
Liebe Brüder und Schwestern! 1. Am 11. Februar, dem Gedenktag Unserer Lieben Frau in Lourdes, wird der Welttag der Kranken begangen – ein guter Anlaß, um über den Sinn des Schmerzes nachzudenken sowie über die christliche Pflicht, ihn in jeder Situation, in der er auftritt, mitzutragen. In diesem Jahr (das Lourdes-Jubiläumsjahr dauert von 8. Dezember 2007 bis 8. Dezember 2008) ist diese bedeutsame Feier (cette célébration significative) mit zwei für das Leben der Kirche wichtigen Ereignissen verbunden, wie bereits aus dem gewählten Thema "Die Eucharistie, Lourdes und die Krankenseelsorge" hervorgeht: mit dem 150. Jahrestag der Erscheinungen der Unbefleckten Jungfrau Maria in Lourdes und der Feier des Internationalen Eucharistischen Kongresses in Québec in Kanada [der Eucharistische Kongreß beginnt am 15. Juni 2008, Anm. d. Verf.]. Auf diese Weise bietet sich eine einzigartige Gelegenheit, über die enge Verbindung nachzudenken, die zwischen dem eucharistischen Geheimnis, der Rolle Marias im Heilsplan und der Realität des Schmerzes und des Leidens des Menschen besteht. Der 150. Jahrestag der Erscheinungen von Lourdes lädt uns ein, den Blick auf die allerseligste Jungfrau zu richten, deren Unbefleckte Empfängnis das erhabene und ungeschuldete Geschenk Gottes an eine Frau darstellt, auf daß sie voll und ganz dem göttlichen Plan zustimmen konnte, in festem und unerschütterlichem Glauben, trotz der Prüfungen und Leiden, denen sie begegnen sollte. Daher ist Maria das Vorbild völliger Hingabe an den Willen Gottes: sie hat das ewige Wort im Herzen aufgenommen und es in ihrem jungfräulichen Schoß empfangen; sie hat Gott vertraut und hat – die Seele durchdrungen vom Schwert des Schmerzes (vgl. Lk 2,35) – nicht gezögert, das Leiden ihres Sohnes zu teilen und auf dem Kalvarienberg unter dem Kreuz das "Ja" der Verkündigung zu erneuern. Über die Unbefleckte Empfängnis Marias nachzudenken bedeutet daher, sich anziehen zu lassen von dem "Ja", das sie auf wunderbare Weise mit der Sendung Christi, des Erlösers der Menschheit, verbunden hat; es bedeutet, sich von ihr an die Hand nehmen und führen zu lassen, um selbst das "fiat" zum Willen Gottes zu sprechen mit der ganzen aus Freude und Traurigkeit, Hoffnungen und Enttäuschungen gewobenen Existenz, im Bewußtsein, daß die Prüfungen, der Schmerz und das Leiden unserem irdischen Pilgerweg reichen Sinn schenken. 2. Man kann Maria nicht betrachten, ohne von Christus angezogen zu sein, und man kann Christus nicht betrachten, ohne sofort die Gegenwart Marias wahrzunehmen. Zwischen der Mutter und dem Sohn, der in ihrem Schoß durch das Wirken des Heiligen Geistes gezeugt wurde, besteht ein unauflösliches Band, und dieses Band nehmen wir auf geheimnisvolle Weise im Sakrament der Eucharistie wahr, wie die Kirchenväter und die Theologen bereits seit den ersten Jahrhunderten herausgestellt haben. "Das aus Maria geborene Fleisch, das vom Heiligen Geist kommt, ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist", sagt der heilige Hilarius von Poitiers, und im Sacramentarium Bergomense aus dem 9. Jahrhundert lesen wir: "Ihr Schoß hat eine Frucht hervorgebracht, ein Brot, das uns erfüllt hat mit der Engelsgabe. Maria hat dem Heil zurückerstattet, was Eva durch ihre Schuld zerstört hatte." Später sagt der heilige Petrus Damiani: "Den Leib, den die allerseligste Jungfrau hervorgebracht, den sie mit mütterlicher Fürsorge in ihrem Schoß genährt hat, also zweifellos diesen und keinen anderen Leib, empfangen wir jetzt vom heiligen Altar, und wir trinken sein Blut als Sakrament unserer Erlösung. Daran hält der katholische Glaube fest, das lehrt treu die heilige Kirche.« Das Band zwischen der allerseligsten Jungfrau und ihrem Sohn, dem Opferlamm, das die Sünde der Welt hinwegnimmt, weitet sich aus auf die Kirche, den mystischen Leib Christi. Maria – so sagt der Diener Gottes Johannes Paul II. – ist in ihrem ganzen Leben eine " 'eucharistische' Frau ". Daher ist die Kirche, die auf sie wie auf ihr Urbild blickt, "berufen, sie auch in ihrer Beziehung zu diesem heiligsten Mysterium nachzuahmen" (Enzyklika Ecclesia de Eucharistia, 53). Aus diesem Blickwinkel heraus versteht man noch besser, warum in Lourdes die Verehrung der allerseligsten Jungfrau Maria mit einem starken und ständigen Verweis auf die Eucharistie verbunden ist: mit täglichen Eucharistiefeiern, mit der Anbetung des Allerheiligsten Sakraments und der Krankensegnung, einem der ergreifendsten Augenblicke des Aufenthalts der Pilger an der Grotte von Massabielle. Die Anwesenheit in Lourdes vieler kranker Pilger und freiwilliger Helfer, die sie begleiten, hilft dabei, über die mütterliche und zärtliche Fürsorge nachzudenken, die die allerseligste Jungfrau dem Schmerz und dem Leiden des Menschen entgegenbringt. Hineingenommen in das Opfer Christi, wird Maria, die "Mater Dolorosa", die unter dem Kreuz mit ihrem göttlichen Sohn leidet, von der christlichen Gemeinschaft, die um ihre leidenden, von den Spuren des Leidens des Herrn gezeichneten Glieder versammelt ist, als besonders nahe empfunden. Maria leidet mit denen, die Prüfungen durchleben, sie hofft mit ihnen und ist ihr Trost, indem sie ihnen mit ihrem mütterlichen Beistand zur Seite steht. Und drängt uns die geistliche Erfahrung vieler Kranker etwa nicht, immer besser zu verstehen, daß "der göttliche Erlöser die Seele jedes Leidenden auch durch das Herz seiner heiligsten Mutter erreichen will, die von allen als erste und am vollkommensten erlöst worden ist"? (vgl. Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Salvifici doloris, 26). 3. Während Lourdes uns über die mütterliche Liebe der Unbefleckten Jungfrau Maria zu ihren kranken und leidenden Kindern nachdenken läßt, wird der bevorstehende Internationale Eucharistische Kongreß eine Gelegenheit sein, den im Altarsakrament gegenwärtigen Jesus Christus anzubeten, uns ihm anzuvertrauen als die Hoffnung, die nicht enttäuscht, ihn anzunehmen als Medizin der Unsterblichkeit, die den Leib und den Geist heilt. Jesus Christus hat die Welt durch sein Leiden, durch seinen Tod und seine Auferstehung erlöst und wollte als »Brot des Lebens« auf unserem irdischen Pilgerweg bei uns bleiben. "Die Eucharistie: Geschenk Gottes für das Leben der Welt" ist das Thema des Eucharistischen Kongresses. Es hebt hervor, daß die Eucharistie das Geschenk ist, das der Vater der Welt macht: seinen eigenen eingeborenen, menschgewordenen und gekreuzigten Sohn. Er ist es, der uns um den eucharistischen Tisch versammelt und der in seinen Jüngern liebevolle Fürsorge weckt für die Leidenden und die Kranken, in denen die christliche Gemeinschaft das Antlitz ihres Herrn erkennt. Wie ich im Apostolischen Schreiben Sacramentum caritatis betont habe, "müssen unsere Gemeinden, wenn sie Eucharistie feiern, sich immer bewußter werden, daß das Opfer Christi für alle ist und die Eucharistie darum jeden Christgläubigen drängt, selbst 'gebrochenes Brot' für die anderen zu werden" (Nr. 88). So werden wir ermutigt, uns persönlich dafür einzusetzen, den Geschwistern zu dienen, besonders denen in Not, denn es ist wirklich die Berufung eines jeden Christen, zusammen mit Christus gebrochenes Brot für das Leben der Welt zu sein. 4. Es wird also deutlich, daß die Krankenseelsorge gerade aus der Eucharistie die geistliche Kraft schöpfen muß, die notwendig ist, um dem Menschen tatkräftig beizustehen und ihm zu helfen, den heilbringenden Wert des eigenen Leidens zu verstehen. Wie der Diener Gottes Johannes Paul II. im bereits erwähnten Apostolischen Schreiben Salvifici doloris betonte, sieht die Kirche in den leidenden Brüdern und Schwestern gleichsam vielfältige Träger der übernatürlichen Kraft Christi (vgl. Nr. 27). Auf geheimnisvolle Weise mit Christus vereint, wird der Mensch, der in Liebe und fügsamer Hingabe an den göttlichen Willen leidet, zur lebendigen Opfergabe für das Heil der Welt. Weiter sagte mein geliebter Vorgänger: "Je mehr der Mensch von der Sünde bedroht ist, je drückender die Strukturen der Sünde sind, welche die heutige Welt in sich trägt, umso größer ist die Ausdruckskraft, die das menschliche Leiden besitzt, und um so dringender fühlt die Kirche die Notwendigkeit, sich um des Heiles der Welt willen an die menschlichen Leiden zu wenden" (ebd.). Wenn man also in Québec am Welttag der Kranken das Geheimnis der Eucharistie in einem ideellen geistlichen Parallelismus als Geschenk Gottes für das Leben der Welt betrachtet, dann feiert man nicht nur die tatsächliche Teilhabe des menschlichen Leidens am Heilswerk Gottes, sondern man kann in gewissem Sinne die kostbaren Früchte genießen, die den Glaubenden verheißen sind. So wird der im Glauben angenommene Schmerz zum Tor, um einzutreten in das Geheimnis des erlösenden Leidens Jesu und durch ihn zum Frieden und zur Glückseligkeit seiner Auferstehung zu gelangen. 5. Während ich an alle Kranken und an all jene, die sich auf verschiedene Weise ihrer annehmen, meinen herzlichen Gruß richte, lade ich die Diözesangemeinschaften und Pfarrgemeinden ein, bei der Feier des bevorstehenden Welttages der Kranken das glückliche Zusammentreffen des 150. Jahrestages der Erscheinungen Unserer Lieben Frau in Lourdes mit dem Internationalen Eucharistischen Kongreß in ganzer Fülle hervorzuheben. Der Welttag der Kranken möge Gelegenheit geben, die Bedeutung der Heiligen Messe, der Eucharistischen Anbetung und der Verehrung der Eucharistie zu betonen und dafür zu sorgen, daß die Kapellen in den Gesundheitseinrichtungen zum pulsierenden Herzen werden, in dem Jesus sich ohne Unterlaß dem Vater darbringt für das Leben der Menschheit. Auch ist die Spendung der Eucharistie an die Kranken, wenn sie mit Würde und im Geist des Gebets geschieht, ein wahrer Trost für diejenigen, die an irgendeiner Form von Krankheit leiden. Der bevorstehende Welttag der Kranken möge darüber hinaus ein willkommener Anlaß sein, um auf besondere Weise den mütterlichen Schutz Marias herabzurufen auf diejenigen, die von der Krankheit geprüft sind, sowie auf die Mitarbeiter im Gesundheitswesen und in der Krankenseelsorge. Ich denke insbesondere an die Priester, die in diesem Bereich tätig sind, an die Ordensmänner und Ordensfrauen, an die freiwilligen Helfer und an alle, die sich mit tatkräftiger Hingabe für den Dienst an Leib und Seele der Kranken und Notleidenden einsetzen. Alle vertraue ich Maria an, der Mutter Gottes und unserer Mutter, der Unbefleckten Empfängnis. Sie möge einem jeden helfen zu bezeugen, daß die einzige gültige Antwort auf den Schmerz und auf das menschliche Leiden Christus ist, der durch seine Auferstehung den Tod überwunden und uns das Leben geschenkt hat, das kein Ende kennt. Mit diesen Empfindungen erteile ich allen von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen. Aus dem Vatikan, am 11. Januar 2008 BENEDICTUS PP. XVI [ENDE DER BOTSCHAFT DES PAPSTES.] Damit endet eine Intensivzeit des laufenden Lourdes-Jubiläumsjahres. Viele Pilger kamen auch zur Buchenhüller Lourdesgrotte in der Stadt Eichstätt (Oberbayern). Anläßlich des Frauendreißigers im Ortsteil Buchenhüll (D-85072 Eichstätt) wird es ab 15. August 2008 dann eine weitere Intensivphase des bis 8. Dezember 2008 dauernden Lourdesjahres geben. Der amtierende hochwürdigste Generalvikar des Bistums Eichstätt, Dompropst Johann Limbacher, wird zum Frauendreißigerschluß direkt an der Lourdesgrotte predigen. Das Thema des kommenden marianischen Frauendreißigers wird daher "Maria, Heil der Kranken" lauten. So wollen wir Maria alle uns bekannten kranken und sterbenden Menschen von Herzen anvertrauen. Der Welttag der Kranken ist auch Anlaß, daran zu erinnern, daß die Ernährung schwerkranker und todgeweihter Personen keine medizinische Behandlung darstellt, sondern ein natürliches Grundrecht jedes Menschen. Es ist fatal, daß sich selbst in katholischen Breiten ein sogenannter negativer Beigeschmack "künstlicher" Ernährung eingeschlichen hat, sodaß manchmal ernsthaft argumentiert wird, (noch) keinen Notarzt rufen zu wollen, weil unter allen Umständen das Legen einer Sonde zur künstlichen Ernährung verhindert werden solle, um angebliche Qualen zu ersparen. Dies ist eine gefährliche Argumentation, die unbewußt leider dazu beiträgt, ältere und kranke Menschen unter Druck zu bringen, nicht alle natürlich zustehenden und in unserer Wohlstandsgesellschaft darüber hinaus absolut legitimen weiteren lebenserhaltenden Maßnahmen wahrzunehmen. Natürlich ist es erlaubt, auf therapeutische Maßnahmen zur sogenannten künstlichen Lebensverlängerung zu verzichten, aber der Verzicht auf das Grundrecht der Ernährung und der absoluten Verhinderung eines Verhungerns bzw. Verdurstens kann und darf niemals toleriert werden. Mittlerweile haben wir noch größere Gewißheit, daß es keinen Kompromiß auf dem Gebiet des Sterbens geben kann, da die für solche sittlichen Fragen zuständige römische Kongregation für die Glaubenslehre, also eines der Ministerien des Papstes, zwei Fragen des Vorsitzenden der Katholischen Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten von Amerika vom 11. Juli 2005 beantwortet hat, und zwar am 1. August 2007 (vgl. auch den lateinischen Text). Die erste Frage an den Papst lautete: "Ist die Ernährung und Wasserversorgung (ob auf natürlichen oder künstlichen Wegen) eines Patienten im 'vegetativen Zustand' [also in einem Komazustand, Anm. d. Verf.] moralisch verpflichtend, außer wenn Nahrung und Wasser vom Körper des Patienten nicht mehr aufgenommen oder ihm nicht verabreicht werden können, ohne erhebliches physisches Unbehagen zu verursachen?" Die Antwort der Glaubenskongregation: "Ja. Die Verabreichung von Nahrung und Wasser, auch auf künstlichen Wegen, ist prinzipiell ein gewöhnliches und verhältnismäßiges Mittel der Lebenserhaltung. Sie ist darum verpflichtend in dem Maß, in dem und solange sie nachweislich ihre eigene Zielsetzung erreicht, die in der Wasser- und Nahrungsversorgung des Patienten besteht. Auf diese Weise werden Leiden und Tod durch Verhungern und Verdursten verhindert." Und nun zur zweiten Frage: "Falls ein Patient im 'anhaltenden vegetativen Zustand' [also im anhaltenden Koma-Zustand, Anm. d. Verf.] auf künstlichen Wegen mit Nahrung und Wasser versorgt wird, kann deren Verabreichung abgebrochen werden, wenn kompetente Ärzte mit moralischer Gewißheit erklären, daß der Patient das Bewußtsein nie mehr wiedererlangen wird?" Antwort auf diese Frage: "Nein. Ein Patient im anhaltenden vegetativen Zustand ist eine Person mit einer grundlegenden menschlichen Würde, der man deshalb die gewöhnliche und verhältnismäßige Pflege schuldet, welche prinzipiell die Verabreichung von Wasser und Nahrung, auch auf künstlichen Wegen, einschließt." Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. hat die beiden eindeutigen Antworten gutgeheißen und deren Veröffentlichung angeordnet. Die Befürworter eines möglichen Verzichts auf die Ernährung und Wasserversorgung dieser Patienten beriefen sich bisher - wie der Kommentar zu den Antworten auf Fragen der Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten bezüglich der künstlichen Ernährung und Wasserversorgung, dem ich ab hier folge, erinnert - häufig auf eine Ansprache, die Papst Pius XII. anläßlich eines Anästhesiologenkongresses vor 50 Jahren, am 24. November 1957, gehalten hat. Darin bekräftigte der Papst zwei allgemeine ethische Prinzipien: auf der einen Seite lehren uns die natürliche Vernunft und die christliche Moral, daß bei schwerer Krankheit der Patient und jene, die für ihn sorgen, das Recht und die Pflicht haben, die für die Erhaltung der Gesundheit und des Lebens notwendige Pflege zu leisten. Auf der anderen Seite beinhaltet diese Pflicht gewöhnlich nur die Anwendung der Mittel, die unter Berücksichtigung aller Umstände als gewöhnlich betrachtet werden, die also für den Patienten und für die anderen keine außergewöhnliche Belastung mit sich bringen. Eine strengere Verpflichtung wäre für die Mehrzahl der Menschen zu schwer und würde die Erlangung wichtiger höherer Güter zu sehr erschweren. Das Leben, die Gesundheit und alle irdischen Tätigkeiten sind den geistlichen Zielen untergeordnet. Natürlich ist damit nicht verboten, mehr für die Erhaltung des Lebens und der Gesundheit zu tun, als streng verpflichtend ist, vorausgesetzt, daß dadurch keine wichtigeren Pflichten versäumt werden. Soweit Pius XII. ganz allgemein. Man muß hier anmerken, daß sich die Antworten von Pius XII. auf den Gebrauch und Abbruch der Wiederbelebungstechniken beziehen. Die beiden neuen Antworten vom 1. August 2007 haben jedoch nichts mit solchen Techniken zu tun. Patienten im vegetativen Zustand atmen spontan, verdauen Nahrungsmittel auf natürliche Weise, verrichten andere Stoffwechselfunktionen und befinden sich in einem stabilen Zustand. Sie können sich jedoch nicht allein ernähren. Wenn ihnen Nahrung und Flüssigkeit nicht künstlich verabreicht werden, sterben sie. Und die Ursache für ihren Tod ist dann nicht eine Krankheit oder der Komazustand selbst, sondern einzig das Verhungern und Verdursten. Die künstliche Wasser- und Nahrungsversorgung ist nicht mit übermäßigen Kosten verbunden, sie steht jedem durchschnittlichen Gesundheitssystem zur Verfügung, sie erfordert an sich keinen Krankenhausaufenthalt, sie steht im Verhältnis zur Erreichung ihres Ziels, nämlich das Sterben des Patienten durch Verhungern und Verdursten zu verhindern. Sie ist keine Therapie, die zur Heilung führt, und will es auch nicht sein, sie ist nur eine gewöhnliche Pflege zur Erhaltung des Lebens. 1995 wurde daher vom Päpstlichen Rat für die Pastoral im Krankendienst die Charta für die im Gesundheitsdienst tätigen Personen veröffentlicht, worin es heißt: Die Versorgung mit Nahrung und Flüssigkeit gehört, auch wenn sie künstlich erfolgt, zur normalen Pflege, die man dem Kranken immer schuldet, solange sie sich nicht als unerträglich für ihn erweist. Ihre unrechtmäßige Aussetzung kann tatsächlich eine Euthanasie bedeuten, also sogenannte aktive Sterbehilfe. Und noch am 20. März 2004 bekräftigte der verstorbene Papst Johannes Paul II.: "Der Kranke im vegetativen Zustand hat in Erwartung der Genesung oder des natürlichen Endes das Recht auf eine ärztliche Grundbetreuung (= Ernährung, Wasserzufuhr, Hygiene, Erwärmung, usw.) und auf die Vorsorge gegen Komplikationen, die mit der Bettlägerigkeit verbunden sind. Er hat auch das Recht auf eine gezielte Rehabilitationsmaßnahme und auf die Überwachung der klinischen Zeichen einer eventuellen Besserung. Insbesondere möchte ich unterstreichen, daß die Verabreichung von Wasser und Nahrung, auch wenn sie auf künstlichen Wegen erfolgt, immer ein natürliches Mittel der Lebenserhaltung und keine medizinische Behandlung ist." Niemand auf Erden kann genau sagen, wann sich bei einem Menschen die unsterbliche Seele vom Leib gelöst hat, sodaß der Priester auch noch nach dem medizinisch erklärten Tod geholt werden kann und soll. Die heiligen Sakramente können im Falle des Falles immer noch bedingungsweise gespendet werden, nämlich vor allem unter der ausgesprochenen Bedingung, daß der betroffene Mensch noch lebt. Die volle Gleichstellung der außerordentlichen Form des Römischen Ritus muß auch zum Nachdenken und Umdenken dahingehend beitragen, daß Priester keinesfalls auf Basis eines kürzlich medizinisch festgestellten Todes oder eines tödlichen Unfalles feststellen dürfen: "Der Mann / die Frau ist ja schon gestorben, ich kann nur noch beten und keine Sakramente mehr spenden." In der lateinischen Kirche haben sich nämlich sämtliche Bischöfe und Priester dem can. 1005 CIC 1983 zu beugen, in dem es heißt: "Im Fall eines Zweifels darüber, ... ob der Tod schon eingetreten ist, ist dieses Sakrament [der Krankensalbung] zu spenden." Es bleibt also dabei: Arzt und Priester sind im vermuteten oder sicheren Ernstfall - der Priester auch noch im "Todesfall" (also während des Trennungsprozesses von Seele und Leib) - immer sofort zu verständigen, es kann für gläubige Christen keine Ausrede der Bequemlichkeit und Menschenfurcht geben: wir haben zum gottgeschenkten Leben bis zum natürlichen Ende zu stehen, wir haben Argumente einer angeblichen Sinnlosigkeit künstlicher Ernährung und Wasserversorgung zurückzuweisen, wir haben aber auch das ewige Seelenheil nach allen unseren Möglichkeiten zu befördern. Nützen wir daher auch selbst die Fastenzeit in jeder Hinsicht! Euer Padre Alex - Kirchenrektor Dr. Alexander Pytlik |
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