Leserbriefe im Mai/Juni 1995 als Reaktion auf das anlaufende sog. "Kirchenvolksbegehren" (mit seinem endgültigen Text) - Titel: A) "Der 'Demokratismus' führt weg von der wahren Kirche" und B) "Sog. 'Kirchenvolksbegehren' enthält Irrtümer in bezug auf Glaubens- und Sittenlehre"

Ein wichtiger Hinweis, bevor Du liest: Leserbriefe können eine Thematik meist nicht wirklich in der nötigen Ausführlichkeit mit allen Blickwinkeln und möglichen Argumenten abdecken - zudem sind sie aufgrund einer bestimmten Antwort auf eine bestimmte Kritik oder Fragestellung von vornherein immer der Gefahr einer momentanen Einseitigkeit ausgesetzt, dies muß bei Durchsicht jeglichen Leserbriefes immer im Auge behalten werden. Padre Alex

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(Padre Alex)


A) >> Der "Demokratismus" des sog. "Kirchenvolksbegehrens" kann dazuführen, die Autorität und Gnade, die Christus als Haupt zukommen, zu leugnen und die Kirche so zu behandeln, als wäre sie nichts anderes als eine menschliche Gesellschaft. Eine solche Sicht wollte die hierarchische Verfassung der Kirche schwächen, wie sie aber von ihrem göttlichen Gründer vorgesehen worden war und wie sie die Kirche ununterbrochen gelebt hat. Niemandem steht es jedoch zu, das zu verändern, was Christus für seine Kirche gewollt hat. Diese absolute Bindung (auch des Papstes) an den Willen Christi ist z. B. auch der Grund, warum die Priesterweihe in der wahren Kirche Christi immer berufenen Männern vorbehalten bleiben wird. Es handelt sich um eine Glaubensfrage. Eine Änderung mit Berufung auf den "zukünftigen Heiligen Geist" herbeizureden, übersieht ganz wesentlich: der Heilige Geist kann und wird dem Kirchenstifter Jesus Christus nie widersprechen. In Glaube und Sakrament sowie in den Grundfragen der Moral kann die Kirche eben nicht willkürlich tun, was sie möchte, sondern sie wird Kirche dadurch, daß sie in den Willen Christi einwilligt.

Mit freundlichen Grüßen <<

B) >> Beim "Volksbegehren" geht es leider nicht nur um "organisatorische" Probleme, sondern es geht auch um eine offensichtliche Veränderung des Glaubens. Folgende Forderungen der verantwortlichen Plattform widersprechen nämlich der unveränderlichen katholischen Glaubens- und Sittenlehre: 1. der "Zugang der Frauen zum Priesteramt", 2. die Aufhebung "der Verurteilung in bezug auf voreheliche Beziehungen oder in der Frage der Homosexualität", 3. die Anerkennung auch eines irrenden Gewissens in Fragen der Empfängnisregelung und 4. die "Versöhnungsbereitschaft" bei Personen, die ihren gegen Christus gerichteten Lebenswandel nicht ändern wollen (z. B. unerlaubt verheiratete Priester, wiederverheiratete Geschiedene usw.)

Zu 1.: Der Heilige Vater Johannes Paul II. lehrt als Stellvertreter Christi auf Erden in endgültig unfehlbarer Auslegung im Apostolischen Schreiben "Ordinatio sacerdotalis" vom 22. Mai 1994: "Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben." (Nr. 4) Diese lehramtliche Entscheidung kommt somit in der dogmatischen Sicherheit und Verbindlichkeit einem vom außerordentlichen Lehramt feierlich vorgelegten Dogma gleich. Ist es wirklich noch guter Wille, wenn die Initiatoren des "Volksbegehrens" diese Fakten verschweigen?

Zu 2.: Die von Gott geschaffene menschliche Natur ändert sich genauso wie Gott selbst nicht. Das Wesen des Menschen ist unveränderlich, daher auch die in den Menschen eingeschriebene Ordnung Gottes. Die zehn Gebote und darin eben auch das sechste Gebot können niemals geändert werden. Nur wer sein Leben an den zehn Geboten ausrichtet, kann vor Gott bestehen. Die Kirche verrät sonst das Heil der ihr anvertrauten Seelen - schwere Sünde bleibt schwere Sünde.
Die volle geschlechtliche Vereinigung drückt die Liebe bis zum Tode aus. Dies können sich nur Eheleute in Ehrlichkeit schenken. Wer aber vor der Ehe bereits dieses Geschenk vorwegnimmt, versündigt sich gegen die Keuschheit schwer. Es wird etwas ausgedrückt, was (noch) nicht stimmt, nämlich die öffentlich beschworene Treue. Nur in der ehelichen Gemeinschaft von Mann und Frau ist die geschlechtliche Vereinigung wirklich aufgehoben, mit ihren Zwecken der vollen Offenheit für Nachwuchs und der Bezeugung der öffentlich beschworenen Liebe.
Praktizierte Homosexualität kann zudem niemals die Schöpfungszwecke der Geschlechtlichkeit erfüllen und ist eine schlimme Perversion (vgl. den "Weltkatechismus" in den Nummern 1602 ff. und Nr. 2331 ff.)

Zu 3.: Der Heilige Vater Pius XI. hat in Übereinstimmung mit Schrift, Tradition und Vernunft ein für allemal an die Schöpfungsordnung Gottes erinnert: "Jeder Gebrauch der Ehe, bei dessen Vollzug der Akt durch die Willkür der Menschen seiner natürlichen Kraft zur Weckung neuen Lebens beraubt wird, verstößt gegen das Gesetz Gottes und der Natur: und die solches tun, beflecken ihr Gewissen mit schwerer Schuld." (Enzyklika "Casti connubii", 31. 12. 1930). Johannes Paul II. wiederholte z. B. am 12. Nov. 1988: "Man berührt hier einen zentralen Punkt der christlichen Lehre über Gott und den Menschen. Genau betrachtet ist das, was mit der Ablehnung dieser Lehre in Frage gestellt wird, die Vorstellung von der Heiligkeit Gottes. Gott hat uns dazu bestimmt, heilig und ohne Makel vor seinem Angesicht zu sein" (Nr. 5, Kathpress-Sonderpublikation 88/8). Wer also diese unveränderliche und heilsnotwendige Lehre ändern möchte, stellt sich gegen Gottes Ordnung und das ewige Seelenheil vieler Menschen. Diese Mißachtung der Gebote Gottes und des Seelenheiles wäre in Wahrheit menschenverachtend.

Zu 4.: Die Barmherzigkeit Gottes wird schwer mißverstanden. Jesus Christus hat ganz klar gerufen: "Geh und sündige nicht mehr!" Diese echte Bekehrung, der ehrliche Vorsatz zur Besserung ist Voraussetzung für jegliche gültige Lossprechung bei der heiligen Beichte. Wer noch dazu öffentlich nicht bereit ist, einen Lebensstand, der den Worten Christi ständig widerspricht, zu ändern, der kann nicht zu den Sakramenten zugelassen werden. Dies wäre Verrat an der Lehre Christi, die eben nicht jeden Menschen in seiner Lebenssituation einfachhin bestätigt! <<


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