In der heutigen Ausgabe der katholischen Zeitung Die Tagespost (für Politik, Gesellschaft und Kultur) wird unter dem Titel "
Wir sollten die Wandlungsworte wörtlich übersetzen" ein Interview (Markus Reder) mit dem neuen Diözesanbischof von Eichstätt, Dr. Gregor Maria Hanke OSB, über erste Akzente im Amt, das Profil der
Katholischen Universität und über liturgischen Änderungsbedarf dargeboten:
Die Tagespost:
Wie haben Sie die ersten Wochen als Bischof von Eichstätt erlebt?
Diözesanbischof Gregor Maria Hanke OSB: Auf der einen Seite ist mir ein unsagbares Wohlwollen entgegengekommen, eine frohe Aufnahme meiner Person, ja eine Freude, die mich manchmal ängstigt. Denn was erwarten all die Menschen von mir? Das kann ich ja gar nicht alles erfüllen. Dennoch habe ich diese Freude dankbar aufgenommen. Sie ist ein enormes Geschenk. Auf der anderen Seite nimmt mich der Alltag voll und ganz in Beschlag. Viele Termine, viele Verpflichtungen, ich hätte bereits viel mehr Akten- und Unterlagenstudium betreiben müssen. Aber die Zeit reicht einfach nicht. Kurzum, die erste Erfahrung ist: der Tag hat leider nur 24 Stunden.
Die Tagespost:
Warum ängstigt Sie das "große Wohlwollen", von dem Sie sprachen? Haben Sie Sorge, daß Sie falsch eingeschätzt werden?
Diözesanbischof Gregor Maria Hanke OSB: Die Sorge habe ich nicht. Ich muß meinen Weg gehen aus der Verantwortung heraus, die mir übertragen wurde und aus dem Wissen, was diese Berufung verlangt. Da ist es dann nicht mein Problem, wenn da und dort falsche Erwartungen in mich hineinprojiziert werden. Aber selbst, wenn dem so sein sollte, möchte ich den Menschen in jedem Fall mit Offenheit begegnen.
Die Tagespost:
Vermissen Sie das Klosterleben schon?
Diözesanbischof Gregor Maria Hanke OSB: Was ich stark vermisse, ist das gemeinschaftliche Chorgebet. Ich muß jetzt lernen, allein Brevier zu beten. Das ist eine ganz andere Art des Betens. Ich bin gerne in das gemeinschaftliche Chorgebet gegangen. Das vermisse ich jetzt sehr. Aber da läßt sich mit ein bißchen Kreativität sicher noch einiges verändern. Mit Schwestern und Sekretär entsteht hier ja auch eine kleine Hausgemeinschaft. Was ich noch vermisse, ist der benediktinische Rhythmus. Dieser Rhythmus ist etwas Heilendes und Heilsames. Die Verbindung von Arbeit und Gebet, Einsamkeit, Stille und Gemeinschaftsleben - auch das fehlt mir. Im Augenblick stehe ich mehr unter dem Diktat meines Terminkalenders und der berechtigten Erwartungen derer, die mit mir ein Gespräch führen wollen oder mir eine Einladung aussprechen. Dafür bin ich auch da. Das ist vielleicht eine neue Form der Spiritualität, in die ich mich einüben muß. Bei allem, was da an Neuem auf mich einströmt, ist es mir wichtig, weiter Mönch zu bleiben.
Die Tagespost:
In Eichstätt liegen schwere Aufgaben unterschiedlichster Art vor Ihnen. Wo möchten Sie erste Akzente setzen?
Diözesanbischof Gregor Maria Hanke OSB: Mein größter Wunsch ist, den Priestern nahe zu sein, ein Stück Leben mit ihnen zu teilen, in die Dekanate hinauszufahren und mit den Priestern ins Gespräch zu kommen und dann auch die pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrer Tätigkeit zu stützen. Ermutigung und Zuspruch zu geben, die Arbeit vor Ort wertzuschätzen, den Priestern immer wieder zu sagen, daß sie etwas Großes tun dürfen, das ist mir ein ganz wichtiges Anliegen.
Die Tagespost:
Der Priestermangel macht auch vor dem Bistum Eichstätt nicht halt. Wie werden Sie darauf reagieren?
Diözesanbischof Gregor Maria Hanke OSB: Ich möchte Initiativen unterstützen, die die Berufungspastoral fördern. Es ist so wichtig, daß wir jungen Menschen wieder Mut machen zu hören, ob nicht gerade sie vom Herrn gerufen sind, auf diesem Weg zu gehen. Und ich bin überzeugt, der Herr ruft auch heute. Es fehlt nicht am Ruf. Es fehlt oft an Begleitumständen, die Berufungen entsprechend fördern und junge Menschen ermutigen. Da müssen wir viel stärker flankieren, spirituell fördern, am Wegrand stehen und jungen Menschen Mut machen für einen Priester- oder Ordensberuf.
Die Tagespost:
Als Bischof von Eichstätt sind Sie auch Großkanzler der Universität. Kürzlich haben Sie in einem Interview gesagt, die Universität brauche ein stärkeres Profil. Wie soll dieses gestärkte Profil aussehen?
Diözesanbischof Gregor Maria Hanke OSB: Ich werde keine Schublade aufmachen und ein fertiges Konzept herausziehen. Ich lade ein, sich Gedanken zu machen. Wir haben als katholische Universität einen Auftrag, in die Gesellschaft hineinzuwirken. Wir müssen einen Diskurs mit den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen beginnen und das aus dem Geist der Kirche heraus. In diesem Sinne muß es darum gehen, das katholische Profil zu schärfen. Und darüber möchte ich zuallererst mit den Verantwortlichen der Katholischen Universität das Gespräch suchen.
Die Tagespost:
Der Dialog mit der Ostkirche ist gerade in Eichstätt, wo das "Collegium Orientale" seinen Sitz hat, ein besonderes Thema. Bedeutet die Ostkirche für Sie einen Schwerpunkt in der Ökumene?
Diözesanbischof Gregor Maria Hanke OSB: Der Dialog mit der Ostkirche ist mir schon seit meiner Studienzeit ein ganz großes Anliegen. Ich habe persönlich vielfältige Kontakte zu den Unierten und in die orthodoxen Kirchen hinein. Papst Johannes Paul II. hat von den beiden Lungenflügeln gesprochen, der Tradition des Westens und der Tradition des Ostens. Das kann ich nur unterstreichen. Wir können viel voneinander lernen und wir brauchen einander.
Die Tagespost:
Auf Grund der Bio-Kultur im Kloster Plankstetten sind Sie als "Grüner Abt" durch die Medien gegangen. Nervt es Sie, wenn man Sie auf den Öko-Mönch reduziert?
Diözesanbischof Gregor Maria Hanke OSB: Sicher ist es nicht angenehm, wenn man als Geistlicher in eine enge Schublade gesteckt wird. Schließlich habe ich ja nicht als Öko-Apostel gelebt, sondern als Mönch, der in der Nachfolge des Herrn steht. Andererseits hat gerade die ökologische Ausrichtung des Klosters mir vielfältige Möglichkeiten geboten, an Menschen heranzukommen und mit ihnen in ein Glaubensgespräch einzutreten, die sonst vielleicht nicht mehr erreichbar gewesen wären. Ökologisches Handeln hat mit gelebter Schöpfungsspiritualität zu tun und ist auch eine pastorale Brücke. Das hat mich immer wieder fasziniert.
Die Tagespost:
Sie haben sich wissenschaftlich mit Fragen der Liturgie befaßt. Derzeit wird in der Kirche intensiv über die Liturgie diskutiert. Bestehende liturgische Mißstände lassen auch den Ruf nach der "alten Messe" lauter werden ...
Diözesanbischof Gregor Maria Hanke OSB: Es hat in der Tat Exzesse gegeben, und es gibt zweifellos liturgische Mißstände. Ich komme ja selbst aus der Nach-68er-Bewegung und habe erlebt, wie vieles im Fluß war. Ich mußte mir als Student auch selbst erst wieder den Weg einer Klarheit und Eindeutigkeit erringen. Ich meine, wir sollten heute positiv ansetzen. In unserer Zeit ist wieder eine große Offenheit für Symbolik zu spüren. Die Menschen suchen sich teilweise abseits unserer religiösen Traditionen irgendwelche archaischen, esoterischen oder sonstigen Symbole. Dabei haben wir eine wunderbare liturgische Symbolsprache, Zeichen, die wirklich Heilszeichen Gottes sind. Wir sollten den Menschen wieder einen Zugang zu dieser Symbolsprache ermöglichen. Es gibt heute sehr viel mehr Vertrauen in die Symbolik als noch vor zwanzig oder dreißig Jahren. Eine Kultur des Gottesdienstes, eine schön gefeierte Liturgie, eine ehrfürchtig angewendete Symbolsprache: das könnte den Menschen heute sehr, sehr viel geben. Ich bin überzeugt, daß sich viele gerne darauf einlassen.
Die Tagespost:
Wäre es dann nicht geboten, die reiche liturgische Tradition der Kirche wieder fruchtbar zu machen und sich nicht nur auf die Entwicklung nach dem II. Vatikanischen Konzil zu konzentrieren?
Diözesanbischof Gregor Maria Hanke OSB: Liturgische Entwicklung muß immer das Ganze im Blick haben: die Wurzeln, den Stamm und die Äste. Liturgie ist immer eine Entwicklung, ist immer ein Prozeß. Aber der Prozeß, die Weiterentwicklung, das Werden der Liturgie, darf nie die Wurzeln vergessen, sonst ist das keine gesunde Entwicklung. Man muß bei liturgischen Überlegungen immer von den Wurzeln ausgehen und darf nie zu kurz anzusetzen. Nur an soziologische Erfordernisse zu denken, wäre der falsche Weg. Von daher kann ich eine neue Offenheit für das reiche liturgische Erbe der Kirche nur begrüßen. Das schließt einen
unbefangeneren Umgang mit der "alten Messe" ein und kann auch auf das liturgische Erbe des ersten Jahrtausends nicht verzichten.
Die Tagespost:
Der Vatikan drängt darauf, die Wandlungsworte künftig wörtlich zu übersetzen: "für viele" statt "für alle". Ist das sinnvoll oder eher ein pastorales Problem?
Diözesanbischof Gregor Maria Hanke OSB: Wenn der Priester bei der Wandlung die Worte Jesu sozusagen zitierend wiederholt, dann sollte er das wörtlich tun. Mein Lateinlehrer hätte die jetzige Übersetzung mit Sicherheit rot angestrichen. Ich kann es gut verstehen und begrüße es ausdrücklich, daß im Deutschen jetzt auch die wörtliche Übersetzung "für viele" eingeführt werden soll. Ich halte dieses Anliegen für absolut berechtigt. Man ändert deswegen nicht die Theologie. Der Heilswille Gottes ist in der Tat auf alle Menschen gerichtet, aber es bedarf natürlich immer noch der Entscheidung jedes einzelnen Menschen. Außerdem sollte man bedenken, daß es auch außerhalb der Katholischen Kirche - etwa in den reformatorischen Gemeinschaften - überhaupt keine Probleme mit der wörtlichen Übersetzung "für viele" gibt. Die verschiedenen reformatorischen oder anglikanischen Traditionen haben sich alle um eine wörtliche Übersetzung bemüht. Und dort hat man ja schon länger Erfahrung mit der Muttersprache.
Die Tagespost:
In einem Interview haben Sie sich vor kurzem als Vertreter einer "konservativen Linie" bezeichnet. Was verstehen Sie unter einer "konservativen Linie"?
Diözesanbischof Gregor Maria Hanke OSB: Konservativ sein heißt aus den Wurzeln leben und daraus Kraft für die Zukunft zu schöpfen. Eine Gestalt, die das für mich in besonderer Weise deutlich macht, ist John Henry Newman. Er hat sich intensiv mit der Theologie der Väter befaßt und daraus gelebt. Newman ist für mich ein gutes Beispiel dafür, was ich unter konservativ verstehe: ein Dialog mit der Gegenwart, der gespeist ist aus der Kraft der Wurzeln.
[
ENDE DES GESPRÄCHS.]
In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern ein weiteres Mal einen guten Neujahrsbeginn! Euer
Padre Alex - Vizeoffizial Mag. Mag. Dr. Alexander Pytlik
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