Saturday, January 24. 2009
Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Kirchenrecht, News Kommentare
Comments (4) Trackbacks (9) SENSATIONELLER WEITERER VERSÖHNUNGSSCHRITT DES HEILIGEN VATERS BENEDIKT XVI., DIESMAL GEGENÜBER DEN BISCHÖFEN DER PRIESTERBRUDERSCHAFT ST. PIUS X.
In der Hoffnung, mein Dauerinformationsdokument über die notwendige Haltung katholischer Christen gegenüber der im kanonischen Bereich nicht existierenden Priesterbruderschaft St. Pius X. bald so adaptieren zu können, daß darin genannte und dem Geist der kirchlichen Einheit entgegengesetzte Haltungen (vgl. dazu die offizielle Erklärung des Päpstlichen Staatssekretariates zum Fall Williamson, aber auch meinen Beitrag zum liturgietheologischen Versöhnungskurs des Nachfolgers Petri in der Festschrift zum ersten Jahrestag des Papstbesuches in Österreich und meinen aktuellen Kommentar "Guter Glaube gilt nun auch für Piusbrüder") als nur noch der Vergangenheit zugehörig angesehen werden, veröffentliche ich meine persönliche und auch von kath.net übernommene Übersetzung der vom Heiligen Stuhl heute mittag bekanntgegebenen sensationellen Entscheidung des regierenden Heiligen Vaters Papst Benedikt XVI. zum Abschluß der Gebetswoche für die Einheit der Christen, einen Tag vor dem nächsten Höhepunkt im laufenden Paulusjahr, nämlich vor dem morgigen Festsonntag zur Bekehrung des heiligen Paulus. Ich übernehme den Text und die Absatzgliederung präzise von der Seite des Heiligen Stuhles:
NACHLASS DER EXKOMMUNIKATION LATAE SENTENTIAE GEGENÜBER DEN BISCHÖFEN DER PRIESTERBRUDERSCHAFT SANKT PIUS X., 24. 01. 2009 I. MITTEILUNG DES PRESSESAALES DES HEILIGEN STUHLES Nach einem Dialogprozeß zwischen dem Apostolischen Stuhl und der Priesterbruderschaft Sankt Pius X., vertreten durch ihren Generalsuperior Seine Exzellenz Mons. Bernard Fellay, hat der Heilige Vater die vom genannten Bischof mit Brief vom 15. Dezember 2008 auch im Namen der anderen drei Bischöfe der Bruderschaft, Seiner Exzellenz Mons. Bernard Tissier de Mallerais, Seiner Exzellenz Mons. Richard Williamson und Seiner Exzellenz Mons. Alfonso de Galarreta, neuerlich formulierte Bitte aufgenommen, die Exkommunikation nachzulassen, welche sich dieselben vor 20 Jahren zugezogen hatten. Tatsächlich waren die genannten vier Bischöfe mit Datum vom 30. Juni 1988 der Exkommunikation latae sententiae (= als Tatstrafe) verfallen, nämlich aufgrund der von Seiner Exzellenz Mons. Marcel Lefebvre ohne päpstliches Mandat vorgenommenen Bischofsweihen, was von der Kongretation für die Bischöfe am 1. Juli 1988 formal festgestellt worden war. Seine Exzellenz Mons. Bernard Fellay brachte gegenüber dem Heiligen Vater im zitierten Schreiben klar zum Ausdruck, daß "wir immer vom festen Willen bestimmt sind, katholisch zu bleiben und alle unsere Kräfte in den Dienst der Kirche unseres Herrn Jesus Christus zu stellen, welche die römische katholische Kirche ist. Wir nehmen ihre Lehren mit kindlichem Geiste an. Wir glauben fest an den Primat des Petrus und an alle seine Vorrechte, und deshalb läßt uns die aktuelle Situation sehr leiden". Seine Heiligkeit Benedikt XVI., der diesen Prozeß von Anbeginn verfolgt hat, bemühte sich immer, den Bruch mit der Bruderschaft wieder aufzuheben, auch indem er Seine Exzellenz Bernard Fellay am 29. August 2005 persönlich traf. Dabei hat der Heilige Vater den Willen kundgetan, einen solchen Weg sukzessive und in vernünftigen Zeiträumen zu beschreiten, und jetzt erläßt er in der pastoralen Sorge und väterlichen Barmherzigkeit durch das Dekret der Kongregation für die Bischöfe vom 21. Januar 2009 wohlwollend die Exkommunikation, welche auf den genannten Bischöfen lastete. Der Heilige Vater ist bei dieser Entscheidung vom Wunsch geleitet gewesen, daß sich die vollkommene Versöhnung und volle Gemeinschaft so schnell wie möglich einstelle. II. DEKRET DER KONGREGATION FÜR DIE BISCHÖFE Mit einem Brief vom 15. Dezember 2008, gerichtet an Seine Eminenz Dario Kardinal Castrillón Hoyos, Präsident der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei, hat Mons. Bernard Fellay, auch im Namen der anderen drei am 30. Juni 1988 geweihten Bischöfe neuerlich um die Wegnahme der Exkommunikation latae sententiae ersucht, welche mit Dekret des Präfekten dieser Kongregation für die Bischöfe am 1. Juli 1988 formal ausgesprochen worden war. In dem erwähnten Brief betont Mons. Fellay unter anderem: "Wir sind immer vom festen Willen bestimmt, katholisch zu bleiben und alle unsere Kräfte in den Dienst der Kirche unseres Herrn Jesus Christus zu stellen, welche die römische katholische Kirche ist. Wir nehmen ihre Lehren mit kindlichem Geiste an. Wir glauben fest an den Primat des Petrus und an alle seine Vorrechte, und deshalb läßt uns die aktuelle Situation sehr leiden". Seine Heiligkeit Benedikt XVI. hat entschieden, die durch ihre Bischofsweihe entstandene kirchenrechtliche Situation der Bischöfe Bernard Fellay, Bernard Tissier de Mallerais, Richard Williamson und Alfonso de Galarreta neu zu bedenken, in der väterlichen Sensibilität für die von den Betroffenen wegen der Strafe der Exkommunikation geäußerte geistliche Beschwerlichkeit und im Vertrauen auf den von ihnen im zitierten Brief zum Ausdruck gebrachten Einsatz, an keinen Kräften zu sparen, um in den notwendigen Gesprächen mit den Autoritäten des Heiligen Stuhles die noch offenen Fragen gründlich durchzugehen und so bald zu einer vollen und zufriedenstellenden Lösung des Ursprungsproblemes zu gelangen. Mit diesem Akt wird die Konsolidierung des gegenseitigen Vertrauensverhältnisses und die Intensivierung und Stabilisierung der Beziehungen der Bruderschaft Sankt Pius X. zu diesem Heiligen Stuhl gewünscht. Dieses Geschenk des Friedens zum Abschluß der weihnachtlichen Feiern will auch ein Zeichen dafür sein, die Einheit in der Liebe der universalen Kirche zu fördern und den Skandal der Trennung zu überwinden. Wir wünschen, daß diesem Schritt von Seiten der gesamten Bruderschaft Sankt Pius X. die umgehende Verwirklichung der vollen Gemeinschaft mit der Kirche folge, sodaß dadurch wahre Treue und eine wahre Anerkennung des Lehramtes und der Autorität des Papstes mit dem Beweis der sichtbaren Einheit bezeugt werde. Auf Basis der mir vom Heiligen Vater Benedikt XVI. ausdrücklich verliehenen Vollmachten und kraft des vorliegenden Dekretes erlasse ich den Bischöfen Bernard Fellay, Bernard Tissier de Mallerais, Richard Williamson und Alfonso de Galarreta die Zensur (Beugestrafe) der Exkommunikation latae sententiae, welche von dieser Kongregation am 1. Juli 1988 festgestellt wurde, und erkläre gleichzeitig das zu jener Zeit herausgegebene Dekret vom heutigen Tage an als rechtsunwirksam. Rom, von der Kongregation für die Bischöfe, 21. Januar 2009. Giovanni Battista Kardinal Re Präfekt der Kongregation für die Bischöfe [ENDE DER INFORMATIONEN DES HEILIGEN STUHLES.] So bleibt nur noch, zum weiteren Dialog mit den katholischen Christen aufzurufen, die eine besondere Bindung zur Priesterbruderschaft St. Pius X. aufweisen, und vor allem durch unser Gebet den weiteren Fortgang angesichts eines derart großzügigen Schrittes des Heiligen Vaters zu begleiten. Nach der definitiven Rechtserkenntnis des Papstes zu den beiden Formen des Römischen Ritus dürfen wir uns über diesen nächsten - wenn auch nicht alle in gleicher Weise betreffenden - Schritt sehr freuen. So grüße ich Euch mit diesem offiziellen 200. Eintrag im Blogbuch (vgl. meinen nachfolgenden Kommentar "Guter Glaube gilt nun auch für Piusbrüder" und die offizielle Erklärung des Päpstlichen Staatssekretariates zum Fall Williamson) wie immer als Euer Vizeoffizial Dr. Alexander Pytlik - Padre Alex Comments
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GLORIA IN EXCELSIS DEO, DEO GRATIAS!
DEO GRATIAS, Erzbischof Lefebvre!!! DEO GRATIAS, Heiliger Vater!!! Danke für die Ausführungen und Ihre Seite und Ihren Einsatz in unserer Region, Padre Alex! Der Papst zieht einen Schlußstrich unter einen kirchenrechtlich und auch menschlich höchst zweifelhaften Vorgang aus dem Jahr 1988. Es ist zu hoffen und zu wünschen, daß die Bruderschaft diese Geste des Papstes richtig versteht.
S. g. Herr E.!
Ihr Wunsch, daß die Priesterbruderschaft St. Pius X. diese Geste des Papstes richtig verstehen möge, ist in der Tat ein wichtiges Gebetsanliegen. Am heutigen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, zu denen auch der Vater des verstorbenen Gründer-Erzbischofs Marcel Lefebvre zählt, hat nun der von der Exkommunikation befreite Generalobere Seine Exzellenz Bischof Bernard Fellay dieses wichtige Kommuniqué verfaßt, was ich hiermit von der Internetseite http://www.fsspx.info/news/ übernehme: "Uns wurde ein Interview zur Kenntnis gebracht, das Bischof Richard Williamson – ein Mitglied unserer Bruderschaft – dem schwedischen Fernsehen gab. In diesem Interview äußert er sich zu geschichtlichen Fakten, insbesondere zum Genozid an den Juden durch die Nationalsozialisten. Es ist offensichtlich, daß ein Bischof nur in Fragen des Glaubens und der Moral mit kirchlicher Autorität sprechen kann. Unsere Bruderschaft beansprucht keinerlei Autorität über Themen anderer Art. Die Aufgabe der Priesterbruderschaft ist die Verbreitung und Wiederherstellung der authentischen katholischen Lehre, wie sie in den Dogmen dargelegt ist. Dafür sind wir weltweit bekannt, akzeptiert und geschätzt. Mit großem Schmerz stellen wir fest, welch großen Schaden die Überschreitung dieses Auftrages unserer Sendung zufügt. Die Aussagen von S. E. Bischof Williamson spiegeln in keiner Weise die Position unsere Gemeinschaft wider. Deshalb habe ich Bischof Williamson bis auf weiteres jedwede öffentliche Stellungnahme zu politischen oder historischen Fragen untersagt. Wir bitten den Heiligen Vater und alle Menschen guten Willens um Entschuldigung für die verheerenden Auswirkungen einer solchen Tat. Mit Trauer stellen wir fest, dass diese unangebrachten Aussagen unsere Bruderschaft in direkter Weise berühren, weil sie die Aufgabe unserer Gemeinschaft in Verruf bringen. Das können wir nicht zulassen, und wir erklären, daß wir mit der Verkündigung der katholischen Lehre und der Spendung der Sakramente zum Erhalt der Gnade unseres Herrn Jesus Christus fortfahren werden. Menzingen, den 27. Januar 2009" Im Gebet verbunden! Padre Alex
Zu ergänzen wären noch die an besonderer Stelle angesetzten Worte Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. im Rahmen der letzten Generalaudienz am Mittwoch, dem 28. Januar 2009:
"In meiner Predigt anläßlich der feierlichen Inauguration meines Pontifikates sagte ich, daß der 'Ruf zur Einheit' eine 'ausdrückliche' Aufgabe des Hirten sei, und indem ich die Worte des Evangeliums zum wunderbaren Fischfang kommentierte, setzte ich fort: 'Und obwohl es so viele waren, zerriß das Netz nicht', und nach diesen Worten aus dem Evangelium (Joh 21,11) sagte ich: 'Ach, lieber Herr, nun ist es doch zerrissen, möchten wir klagend sagen.' Und: 'Aber nein – klagen wir nicht! Freuen wir uns über die Verheißung, die nicht trügt und tun wir das Unsrige, auf der Spur der Verheißung zu gehen, der Einheit entgegen. Erinnern wir bittend und bettelnd den Herrn daran: Ja, Herr, gedenke Deiner Zusage. Laß einen Hirten und eine Herde sein. Laß dein Netz nicht zerreißen, und hilf uns Diener der Einheit zu sein!' Eben in Erfüllung dieses Dienstes an der Einheit, der in besonderer Weise mein Amt als Nachfolger des Petrus kennzeichnet, habe ich vor einigen Tagen entschieden, die Exkommunikation aufzuheben, welcher die vier von Mons. Lefebvre 1988 ohne päpstliches Mandat geweihten Bischöfe verfallen waren. Ich habe diesen Akt der väterlichen Barmherzigkeit gesetzt, weil diese Bischöfe mir wiederholt ihr anhaltendes Leiden aufgrund der Situation bekundeten, in der sie sich befanden. Ich wünsche, daß von deren Seite auf diese meine Geste das umgehende Bemühen folge, die weiteren notwendigen Schritte zur Verwirklichung der vollen Einheit mit der Kirche zu setzen, sodaß sie damit echte Treue und echte Anerkennung des Lehramtes und der Autorität des Papstes sowie des II. Vatikanischen Konzils bezeugen." Zu meiner oben angebotenen Übersetzung des Dekretes der Bischofskongregation wollte ich noch anmerken, daß der hochwürdigste Generalobere am 15. Dezember 2008 mit dem Begriff der "Chiesa cattolica romana" nicht nur die römisch-katholische Kirche im Sinne der lateinischen Rituskirche innerhalb der Gesamtkirche gemeint hat, sondern die "Kirche unseres Herrn Jesus Christus", also die universale Kirche mit all ihren territorialen und rituellen Gliederungen, sodaß meine Übersetzung "römische katholische Kirche" (es wäre auch möglich "katholische römische Kirche") dies doch am besten zum Ausdruck bringt, denn es ist gemeint die Katholische Kirche, zu welcher alle ihre Gliederungen nur im Vollsinn gehören, wenn sie die Einheit mit Rom, mit dem Heiligen Stuhl, besitzen und leben. In der heutigen deutschsprachigen Ausgabe des L'OSSERVATORE ROMANO wird nun die Übersetzung "römisch-katholische Kirche" angeboten, was aber neuerlich zeigt, daß dieser Begriff auch in unserer Alltagssprache sowohl die universale Kirche mit allen ihren Riten meinen kann, aber auch konkret - beispielsweise bei der Angabe des religiösen Bekenntnisses in Deutschland und Österreich - die lateinische Kirche meinen kann, denn als Katholik in voller Einheit mit dem Petrusnachfolger wären auch andere Konfessionsangaben möglich wie "griechich-katholisch" oder "maronitisch-katholisch" usw. Beste Grüße von Padre Alex
In meinem Kommentar zum sensationellen Versöhnungsschritt des Heiligen Vaters
http://www.internetpfarre.de/blog/archives/201-GUTER-GLAUBE-GILT-NUN-AUCH-FUER-PIUSBRUEDER-KOMMENTAR-AM-50.-JAHRESTAG-DER-ANKUENDIGUNG-DES-II.-VATIKANISCHEN-KONZILS-ZUR-AUFHEBUNG-DER-EXKOMMUNIKATIONEN.html habe ich zu einem Dokument des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte verlinkt, präzise zu den erklärenden Anmerkungen "über die Exkommunizierung durch Abspaltung der Anhänger der Bewegung des Bischofs Marcel Lefebvre" http://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/intrptxt/documents/rc_pc_intrptxt_doc_19960824_vescovo-lefebvre_it.html Auch wenn spätestens nach Aufhebung der Exkommunikationen im Falle der vier Bischöfe seit 21. Januar 2009 nicht mehr von einem Schisma im Sinne eines Deliktes die Rede sein kann und daher auch die Frage zu stellen ist, wie es nun mit den anderen Klerikern der Piusbruderschaft aussieht, so seien diese logischen Überlegungen des Heiligen Stuhles aus dem Jahr 1996 von meiner Seite übersetzt, auch um nochmals klar zu zeigen, daß für die seit ihrer kirchenrechtlich gültigen Aufhebung im kirchlichen Rahmen nicht mehr existente Priesterbruderschaft St. Pius X. - wie die beiden jüngsten Äußerungen des Heiligen Stuhles ja betonen - noch eine Wegstrecke zurückzulegen ist, um jenen gesunden Boden des lebendigen Lehramtes der Kirche zu erreichen, ohne den die Piusbruderschaft niemals rechtmäßig anerkannt werden kann. Insbesondere distanziere ich mich auf diesem Wege von unklugen und dem ernsthaften Dialog in keiner Weise dienenden Äußerungen einzelner Kleriker derselben Bruderschaft, wenn sie darüber hinaus sogar andere Religionen beleidigen. Hier also meine Übersetzung: PÄPSTLICHER RAT FÜR DIE GESETZTESTEXTE ERKLÄRENDE ANMERKUNGEN zur Exkommunikation aufgrund Schismas, welcher die Anhänger der Bewegung des Bischofs Marcel Lefebvre verfallen (Communicationes, 29 [1997] 239–243) Nach den jüngst verbreiteten Nachrichten in einigen Medien hat es dieser Päpstliche Rat für opportun gehalten, erklärende Anmerkungen desselben Rates der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, die an die Kongregation für die Bischöfe übersandt worden waren. Vatikanstadt, am 24. August 1996 Hochwürdigste Eminenz, mit Schreiben vom 26. Juli dieses Jahres, Prot. N. XXX, übersandten Eure hochwürdigste Eminenz an diesen Päpstlichen Rat einen Brief Sr. Exz. Msgr. Norbert Brunner, des Bischofs von Sitten in der Schweiz, in welchem der Bischof aufgrund einiger verwirrender Presseinformationen um die autoritative Interpretation des Motu Proprio "Ecclesia Dei" und des nachfolgenden Dekretes jener Kongregation bat, was die gegenüber dem Bischof Marcel Lefebvre, den vier von ihm geweihten Bischöfen und dem emeritierten Bischof Antonio de Castro verhängte Exkommunikation betrifft. In der Zwischenzeit erfragten Eure Eminenz die Meinung dieses Dikasteriums betreffend die Ausführungen der Antwort für den oben benannten Bischof. Es sei mir erlaubt, Sie darauf hinzuweisen, daß das vom Ordinarius von Sitten behandelte Problem im Kern keine authentische Interpretation, weder des Motu Proprio "Ecclesia Dei" vom 2. Juli 1988 noch des Dekretes jener Kongregation für die Bischöfe vom 1. Juli 1988 und ebensowenig der damit zusammenhängenden Canones des CIC (1364 § 1 und 1382) zu bedürfen scheint. Der Bischof begründet seine Anfrage mit pastoralen Erfordernissen, um unrichtigen Interpretationen eine Ende zu bereiten, aber er verweist auf kein einziges Element, das die Existenz oder die begründete Wahrscheinlichkeit eines authentischen dubium iuris in den Normen der vorgenannten Dokumente auswiese, was jedoch für eine "authentische Interpretation" unersetzbare Bedingung wäre. Trotzdem werden in den beigelegten Anmerkungen einige Erläuterungen und Empfehlungen angeboten, um der Bitte jenes Dikasteriums nachzukommen, in der Hoffnung, daß diese für die von jener Kongregation geplante klärende Antwort an den Bischof von Sitten nützlich sein können. Wenn jedoch die Verwirrung, von welcher der Bischof in seinem Brief spricht, aus pastoralem Blickwinkel relevant wäre - auch weil dies andere Diözesen und Nationen betrifft, wo die lefebvrianische Bewegung wirkt - könnte man eine allgemeine Erklärung des Heiligen Stuhles in Erwägung ziehen, welche in Zusammenarbeit mit der Kongregation für die Glaubenslehre vorzubereiten wäre (vgl. die Anmerkungen in der Nummer 5). So nütze ich den Umstand, um von meiner Seite das Gefühl tiefer Verehrung gegenüber Eurer hochwürdigsten Eminenz zu bestätigen, und verbleibe demütigst Julián Herranz, Titularerzbischof von Vertara Präsident Marino Maccarelli Untersekretär * * * ANMERKUNGEN 1. Aus dem Motu proprio "Ecclesia Dei" vom 2. Juli 1988 und aus dem Dekret "Dominus Marcellus Lefebvre" der Kongregation für die Bischöfe vom 1. Juli 1988, wird zunächst deutlich, daß das Schisma des Msgr. Lefebvre in unmittelbarem Bezug zu den am 30. Juni 1988 durchgeführten Bischofsweihen ohne päpstlichen Auftrag erklärt worden ist (vgl. CIC, can. 1382). Jedenfalls geht aus den vorgenannten Dokumenten auch klar hervor, daß dieser gravierende Akt des Ungehorsams die Vollendung einer fortschreitenden Situation schismatischen Charakters dargestellt hat. 2. Tatsächlich erklärt die Nummer 4 des Motu proprio, was die lehrmäßige "Wurzel dieses schismatischen Aktes" gewesen sei, und die Nummer 5 (c) erinnert daran, daß "die formale Zustimmung zum Schisma" (wobei darunter die "Bewegung des Erzbischofs Lefebvre" verstanden werden muß) die Exkommunikation mit sich bringe, die vom allgemeinen Recht der Kirche (CIC, can. 1364 § 1) festgelegt ist. Auch das Dekret der Kongregation für die Bischöfe nimmt explizit Bezug auf die "schismatische Natur" der vorgenannten Bischofsweihen und erinnert an die schwerste Strafe der Exkommunikation, die mit der Zustimmung "zum Schisma von Msgr. Lefebvre" einhergehe. 3. Leider hat der schismatische Akt, welcher das Motu proprio und das Dekret verursachte, nichts anderes zum Ausdruck gebracht als in einer besonders gut sichtbaren und unzweideutigen Weise einen Prozeß der Loslösung von der hierarchischen Gemeinschaft zu einem Ende zu bringen, eben mit einem sehr schwerwiegenden formalen Akt des Ungehorsams gegenüber dem Heiligen Vater. Solange es keine Änderungen gibt, welche zur Wiederherstellung dieser notwendigen Gemeinschaft führen, ist die gesamte lefebvrianische Bewegung als schismatisch anzusehen, weil es dazu eine formelle Erklärung der höchsten Autorität gibt. 4. Man kann kein Urteil über die Argumentation der diskutierten Arbeit von Murray [Anm.: Lizenzarbeit mit dem Titel The Canonical Status of the Lay Faithful Associated with the Late Archbishop Marcel Lefebvre and the Society of Saint Pius X: Are they Excommunicated as Schismatics?] abgeben, weil sie nicht veröffentlicht ist, und die zwei Artikel, welche darauf Bezug nehmen, erscheinen verwirrend. Jedenfalls kann vernünftigerweise die Gültigkeit der im Motu proprio und im Dekret erklärten Exkommunikationen der Bischöfe nicht in Zweifel gezogen werden. Insbesondere scheint es nicht so zu sein, daß im Hinblick auf die Anrechenbarkeit der Strafe ein strafbefreiender oder strafmildernder Umstand gefunden werden könnte (vgl. CIC, cann. 1323 - 1324). Was den Notstand betrifft, in welchem sich Msgr. Lefebvre zu befinden dachte, muß klar sein, daß ein solcher Zustand objektiv verifizierbar sein muß und daß es niemals eine Notwendigkeit geben kann, Bischöfe gegen den Willen des römischen Papstes, des Hauptes des Bischofskollegiums, zu weihen. Das würde nämlich tatsächlich die Möglichkeit eröffnen, der Kirche mittels eines Angriffs auf ihre Einheit in einem mit denselben Fundamenten dieser Einheit verbundenen Bereich zu "dienen". 5. Wie das Motu proprio in der Nummer 5 (c) erklärt, betreffe die durch Schisma automatisch eintretende Exkommunikation jene, die der genannten schismatischen Bewegung "formal zustimmen". Auch wenn die Frage nach der präzisen Bedeutung des Begriffes einer "formalen Zustimmung zum Schisma" der kompetenten Kongregation für die Glaubenslehre vorgelegt werden müßte, scheint es für diesen Päpstlichen Rat, daß eine solche Zustimmung zwei komplementäre Elemente beinhalten müsse: a) eines interner Natur, bestehend aus dem freien und bewußten Teilen der Substanz des Schismas, oder bezogen auf die Anhänger von Lefebvre, die so optieren, daß man diese Option [die Substanz des Schismas zu teilen] über den Gehorsam gegenüber dem Papst stellt (an der Wurzel dieser Haltung werden normalerweise dem Lehramt der Kirche widersprechende Positionen vorhanden sein); b) und ein weiteres externer Natur, bestehend aus dem Kundtun dieser Option [die Substanz des Schismas zu teilen], deren deutlichstes Zeichen die exklusive Teilnahme an den lefebvrianischen "kirchlichen" Akten sein wird, ohne an den Akten der Katholischen Kirche teilzunehmen (es handelt sich jedenfalls um kein eindeutiges Zeichen, weil es die Möglichkeit gibt, daß mancher Gläubige an den liturgischen Funktionen der Anhänger Lefebvres teilnimmt, ohne jedoch ihren schismatischen Geist zu teilen). 6. Im Falle der lefebvrianischen Diakone und Priester erscheint es unzweifelhaft, daß ihre dienstliche Aktivität im Umfeld der schismatischen Bewegung ein mehr als deutliches Zeichen dafür ist, daß die beiden oben definierten Erfordernisse (Nummer 5) vorliegen und daß folglich eine formale Zustimmung vorliegt. 7. Im Falle der anderen Gläubigen jedoch ist es offensichtlich, daß die gelegentliche Teilnahme an liturgischen Handlungen oder Aktivitäten der lefebvrianischen Bewegung nicht ausreichend ist, um von einer formalen Zustimmung zur Bewegung zu sprechen, wenn sie sich die Haltung der lehrmäßigen und disziplinären Nichteinheit dieser Bewegung nicht zu eigen zu machen. In der pastoralen Praxis kann es schwieriger sein, ihre Situation zu beurteilen. Es ist notwendig, vor allem die Intention der Person und die dieser inneren Überzeugung entsprechende Übersetzung in Handlungen zu berücksichtigen. Die verschiedenen Situationen müssen jedoch von Fall zu Fall in den kompetenten Räumen des Forum externum und des Forum internum bewertet werden. 8. In jedem Falle muß immer die moralische Fragestellung, ob die Sünde eines Schismas vorliegt, von der strafrechtlichen Frage, ob das Delikt eines Schismas mit der daraus folgenden Strafe vorliegt, unterschieden werden. Zum letzteren müssen die Bestimmungen des Buches VI des CIC angewendet werden (auch die Canones 1323–1324). 9. Es erscheint nicht sinnvoll, die Erfordernisse für das Delikt des Schismas noch weiter zu definieren (in der Sache müßte aber das kompetente Dikasterium angegangen werden: vgl. die Apostolische Konstitution "Pastor Bonus", Artikel 52). Man würde durch eine normative Verengung strafrechtlicher Natur, die nicht alle Fälle in gelungener Weise berücksichtigt, vielleicht mehr Probleme schaffen: dann nämlich, wenn Fälle substantiellen Schismas nicht berücksichtigt würden oder dann, wenn äußere Verhaltensweisen aufgenommen würden, die subjektiv nicht immer schismatisch wären. 10. Vom pastoralen Gesichtspunkt erschiene es opportun, den heiligen Hirten weiterhin die Normen des Motu proprio "Ecclesia Dei" zu empfehlen, mit denen die Sorge des Vikars Christi zum Dialog anregte und dazu, alle übernatürlichen und menschlichen Mittel einzusetzen, um die Rückkehr der Lefebvrianer zur vollen kirchlichen Gemeinschaft zu erleichtern. Vatikanstadt, am 24. August 1996 * * * So wünsche ich allen Lesern und Leserinnen einen schönen Abend und rufe zum gemeinsamen Gebet in den Anliegen des Heiligen Vaters auf. Seine konkreten Schritte waren richtig und haben bewußt den weiteren Weg offen gelassen, sodaß eine Art künstliche Daueraufregung bald der Vergangenheit angehören wird. Vielmehr gilt es, sachlich zu sehen, um was es geht und um was es nicht geht. Euer Padre Alex |
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