Saturday, December 12. 2009
Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Kirchenrecht, News Kommentare
Comments (0) Trackbacks (4) ![]() SEXUELLER MISSBRAUCH: AUFARBEITUNGSPROZESSE IN IRLAND UND BEI LEGIONÄREN CHRISTI
In den letzten Wochen sind zum Thema sexuellen Mißbrauchs innerhalb der Katholischen Kirche vor allem das Territorium von Irland und die Ordensgemeinschaft der "Legionäre Christi" mit ihrem verstorbenen Gründer angesprochen worden. Bevor ich auf Einzelheiten und interessante Aspekte eingehe und somit auch manches neu in Erinnerung rufe, was ich immer schon vertreten habe, verweise ich auf "Gedanken über die Verpflichtung zur Ehelosigkeit" des Chefarztes im Alexianer-Krankenhaus (Köln-Porz), Manfred Lütz (Theologe sowie Facharzt für Nervenheilkunde, außerdem Mitglied des Päpstliches Rates für die Laien und Konsultor der Kongregation für den Klerus), welche im deutschsprachigen L'Osservatore Romano vom 20. November 2009 (Nr. 47) unter dem Haupttitel "Ist der Zölibat unnatürlich?" auf Seite 6 erschienen sind. Der Beitrag beginnt so: "Nicht selten trifft man die polemische Auffassung an, der Zölibat sei doch 'unnatürlich'. Was soll das eigentlich heißen? War Mahatma Gandhi unnatürlich, der immerhin ein dem Zölibat entsprechendes Gelübde abgelegt hat? Ist der Dalai Lama unnatürlich? Sind all die Menschen unnatürlich, die mit Absicht oder weil es sich irgendwie so ergeben hat, ehelos leben? Um mehr Klarheit zu gewinnen, muß man den hier zugrundeliegenden Naturbegriff untersuchen. Als die Philosophie bei den Griechen erstmals von der 'Natur des Menschen' sprach, da war das insofern ein grundlegender Fortschritt, als damit das Wesen eines jeden Menschen gemeint war. Nicht die Stammes- oder Volkszugehörigkeit erschien nun als das entscheidende Kriterium bei der Einschätzung eines Menschen, sondern sein Menschsein an sich, dem bestimmte Eigenschaften zugeschrieben wurden. Damit wurde der Weg bereitet für die Einsicht in die jedem Menschen als Menschen zukommende Würde, die sich erst durch die monotheistischen Religionen allgemein durchsetzte. Das, was jedem Menschen von Natur aus zukommt, ist also vor allem die Menschenwürde. Nie wären die Griechen auf der Höhe ihres Denkens auf den Gedanken verfallen, die Natur sei in diesem Sinne nur der körperliche Aspekt des Menschen. Solche naturalistischen Verengungen drängen sich erst viel später in den Vordergrund, und sie enden, wie wir alle wissen, konsequent in den rassistischen Definitionen des Menschen, die den eigentlichen Menschen nur in einer ganz bestimmten Rasse verwirklicht sahen. Der Rassebegriff das Nationalsozialismus hatte die praktische Folge, daß die Fortpflanzung dieser Rasse hohe Priorität hatte. Mütter wurden öffentlich für viele Kinder prämiert. Da ist es kein Wunder, daß die Nationalsozialisten im Rahmen ihres konsequenten Kampfes gegen die Katholische Kirche den Zölibat als 'unnatürlich' diskriminierten und versuchten, in den sogenannten Sittlichkeitsprozessen 1936/37, Priester und Ordensleute als homosexuell oder anderweitig sexuell fehlgeleitet öffentlich zu diskreditieren." Der Hinweis auf diese Nazikampagnen wurde in den letzten Jahrzehnten beim ersten Aufkommen glaubwürdiger Verdachtsmomente und schwerwiegender tatsächlicher Fälle innerhalb des Klerus immer wieder gerne als ein jeweils erstes Verteidigungsargument gegenüber Beschuldigern bzw. gegen jene Medien verwendet, die solchen Anschuldigungen Platz boten. Ich selbst erinnere mich noch heute an den diesbezüglichen Verteidigungsreflex des damaligen Wiener Weihbischofs Prof. Dr. Christoph Schönborn im Jahr 1995, als die Medienberichterstattung zum Fall des verstorbenen Wiener Erzbischofs Hans Hermann Kardinal Groër begann. Angesichts sehr vieler öffentlich gewordener und erwiesener Skandalfälle innerhalb des katholischen Klerus kann dieses Argument aber nur noch schwer ohne Berücksichtigung des Kontextes verwendet werden. Und Kardinal Schönborn kam später mit den katholischen Diözesanbischöfen Eder, Weber und Kapellari öffentlich zur moralischen Gewißheit, daß die Vorwürfe gegen den Kardinal im wesentlichen zuträfen. Erst so konnten diese Bischöfe für die Katholische Kirche in Österreich ein Stück an Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Und diese Glaubwürdigkeit ist insbesondere in wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen, die den Glauben bzw. das naturrechtliche Fundament der Staats- und Gesellschaftsordnung tangieren, von entscheidender Bedeutung.
Nun aber schreibt Manfred Lütz gegen Ende seines Beitrages weiter: "Gewiß, der Zölibat bedeutet einen dauerhaften Verzicht auf gelebte Sexualität. Doch die Psychoanalytikerin Eva Jaeggi hat darauf hingewiesen, daß Singles, die ihr Singledasein nicht bloß einfach erleiden, sondern frei gewählt haben, auch für Menschen, die in vielleicht spannungsreichen und leidvollen Paarbeziehungen leben, ein sichtbares Zeichen dafür sind, daß man als Mensch nicht nur das halbe Fragment einer kaputten Partnerschaft ist, sondern eine eigenständige Person und nicht bloß Funktion einer Beziehung. Zölibatäre haben in all den Jahrhunderten ganz praktische Antworten dafür gefunden, wie man mit dem Alleinsein gut zurechtkommen kann. Davon können heutzutage die vielen Singles profitieren. Aber auch heutige Zölibatäre sollten aus der reichen Geschichte dieser Lebensform lernen. Da ist der Rat des heiligen Augustinus, daß der Zölibatäre kein Einzelgänger sein soll, sondern in einer 'vitae communio' sich in gegenseitiger hilfreicher 'correctio fraterna' weiter vervollkommnen kann." Die verschiedenen Grade an Gemeinschaft müßten in einem eigenen Beitrag abgehandelt werden. Es gibt dazu sowohl praktische als auch theoretische Fragestellungen hoher Bedeutung. Ich meine außerdem, daß wenn es keine (gute) priesterliche Gemeinschaft an einem bestimmten Ort gibt, die lockere Verankerung in mehreren Familien (zum Beispiel im Rahmen der dem Priester [mit]anvertrauten konkreten Portion des Volkes Gottes) nicht selten die bessere Alternative sein wird. Angesichts der nicht wenigen sexuellen Skandalfälle ist nämlich die ernste Frage zu stellen, ob ein Kommunitätsleben, eine "vitae communio", eine "vita communis" - ausschließlich unter Klerikern und Brüdern - immer bedenkenlos (weiter)empfohlen werden kann. Die Gefahr der homosexuellen Unterwanderung ist noch lange nicht gebannt, und davon ausgehend auch die Gefahr, daß irgendwelche widernatürlichen sexuellen Vorlieben für manche Kleriker international unter Umständen ein wichtigeres Band der Gemeinschaft darstellten als die Bänder des Glaubens, der Sakramente und der päpstlichen Leitung. (An dieser Stelle denke ich auch an die Fälle der emeritierten Diözesanbischöfe Juan Carlos Maccarone [Argentinien] und Francisco Domingo Barbosa Da Silveira [Uruguay], auch wenn mir Detailinformationen nicht vorliegen.) Daß eben genau solche Vorfälle und "Lebensgemeinschaften" schließlich der Glaubwürdigkeit des Verkündigungsdienstes der Kirche massiv schaden, ist unbestritten. In Österreich wurde nun beispielsweise vom Nationalrat (der ersten Kammer des Parlamentes) trotz der klaren Stellungnahme der katholischen Bischöfe im Vorfeld mit den Stimmen der in den ausländischen Medien als christdemokratisch bezeichneten ÖVP ein neues Gesetz zur eingetragenen Partnerschaft zwischen zwei Männern oder zwei Frauen beschlossen. Lütz aber setzt fort mit den Ratschlägen für Zölibatäre: "Da ist die Bedeutung der geistlichen Vaterschaft vor allem durch das Beichtsakrament. Da sind die geistigen Interessen, aber auch gute angemessene Freundschaften. Vor allem ist es aber das beständige Gebet, das den Zölibatären in einer kraftvollen Beziehungsfähigkeit erhält, sodaß er aus einer solchen lebendigen Gottesbeziehung heraus anderen im seelsorglichen Kontakt den Zugang zu Gott eröffnen kann. So ist ja selbst der Kartäusermönch kein beziehungsloser Einzelgänger, sondern er lebt in der vitalen geistlichen Beziehung zu Gott und zu Kirche und Welt. Solange die Ehelosigkeit der Priester und Ordensleute so gelebt wird, ist sie der Natur des Menschen, der ein soziales Wesen ist, gemäß. Unnatürlich wird das Zölibatsleben nur dann, wenn das Alleinsein zum abgeschlossenen Egoismus wird oder zur narzißtischen Selbstinszenierung. Vor solcher der Natur des Menschen widersprechenden 'incurvatio in seipsum' ist aber auch der Verheiratete nicht gefeit." Tatsächlich deutet Lütz sehr Wichtiges an. Zum heiligen Sakrament der Buße ist zu sagen, daß wir einerseits eine massive Krise beim Kirchengebot der jährlichen persönlichen Beichte feststellen und daß andererseits die hier angesprochene geistliche Vaterschaft bei den Betreuten nicht zum Mißbrauch der Abnahme von Entscheidungen und einer Art Persönlichkeitsabbau führen darf. Christentum führt nämlich immer zur vollen realistischen Entfaltung der Persönlichkeit, und das kann durchaus ein Kreuzweg für den einzelnen sein. Die katholischen Bischöfe Irlands haben wegen der zuletzt bekannt gewordenen Mißbrauchsfälle und deren Vertuschung durch die Katholische Kirche in Irland um Vergebung gebeten. Bei einer Konferenz in Maynooth erklärten sie am 9. Dezember 2009, daß der jüngst veröffentlichte Bericht über den Mißbrauch von Kindern durch Priester Schreckliches zutage gefördert habe: "Dies hätte nie geschehen dürfen und darf nie wieder passieren - wir bitten demütig um Vergebung.". Auf dem Nachrichtenportal kath.net wurde nun ein wichtiger Tagespost-Beitrag von Pater Vincent Twomey SVD unter dem Titel "Wo die Guten nichts tun, gedeiht das Böse. Mißbrauch, Inkompetenz und Ignoranz: die Katholische Kirche in Irland steht nach dem Murphy-Report vor einem Scherbenhaufen" übernommen. Konsequenzen fast unvorstellbaren Ausmaßes werden durch diesen Beitrag deutlich: "Sobald fünf Bischöfe zurücktreten und einschlägige Maßnahmen ergreifen, erhebt sich die nächste Frage in bezug auf andere Bischöfe in hohen Ämtern, die ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen sind: wie wird es nun weitergehen? Wie Kardinal Brady schon sagte: es müssen Maßnahmen ergriffen werden. Die erste - von der Kirche geforderte - Maßnahme wird vermutlich eine vorläufige Einstellung sämtlicher Bischofsernennungen sein. Neben den drei Diözesen, die vakant werden, könnten die Versetzungen der Bischöfe von sieben weiteren Diözesen bald vorgesehen sein. Diese Bischofssitze sollten nicht wiederbesetzt werden. Apostolische Administratoren (wie etwa Bischöfe aus Nachbardiözesen) könnten während einer Übergangsperiode für die Betreuung der Diözesen bestellt werden. Unterdessen wird eine ehrliche Untersuchung der 'Kultur' der Katholischen Kirche Irlands selbst unumgänglich. Die Hinterfragung des 'traditionellen katholischen Katholizismus' erfordert schließlich einen langfristigen Einsatz auf regionaler als auch auf nationaler Ebene. Damit sollte man unverzüglich beginnen. Parallel dazu sollten gründliche Ermittlungen innerhalb der gegenwärtigen Strukturen der irischen Kirche stattfinden. Insbesondere zwei miteinander verwandte Bemerkungen im Murphy-Report fallen ins Auge. Erstens sind die mangelhaften Führungsstrukturen in der Erzdiözese von Dublin (und damit auch mangelhafte Kommunikationskanäle) anscheinend mit ein Faktor bei der Vertuschung und Untätigkeit gewesen. Vermutlich sind die anderen Diözesen nicht viel besser organisiert. Zweitens zitiert der Report unter Berufung auf die irische Bischofskonferenz einen Bischof, der andeutete, seine Vorgehensweise – sein Modus Operandi – habe darin bestanden, einen 'Konsens' zu erreichen. Vielleicht würde der 'kleinste gemeinsame Nenner' ja zutreffender sein." Schon an dieser Stelle wird die Frage gestattet sein: ist dieses Suchen nach dem nicht selten gemeinwohlschädigenden kleinsten gemeinsamen Nenner wirklich nur das Problem der Kirche in Irland gewesen? Aber nicht nur das, der Steyler Missionar P. Twomey spricht auch eine wichtige kirchenrechtliche Fragestellung an: "Sowohl die Größe als auch das Wesen der Bischofskonferenz schwächen die Möglichkeit einer effektiven Leitung auf regionaler oder nationaler Ebene. Jeder Bischof hat Angst, den anderen auf die Füße zu treten, geschweige denn sie zu kritisieren. Noch schlimmer ist, daß es eine ausgeprägte allgemeine Tendenz innerhalb der irischen Bischofskonferenz gibt, sich hinter der Reihe der anderen Bischöfe zu verstecken, worauf schon früher einmal in einer öffentlichen Debatte in Maynooth hingewiesen wurde (veröffentlicht in The Furrow, 1994). Der Papst, damals noch Kardinal Ratzinger, brachte, wie berichtet wurde, seine Besorgnis gegenüber der Art und Weise zum Ausdruck, wie Bischofskonferenzen im allgemeinen die persönliche Verantwortung des einzelnen Bischofs für seine eigene Diözese und für die Kirche insgesamt untergraben. Das Ergebnis ist fehlende Moral oder ein Mangel an geistlicher Leitung auf allen Ebenen der katholischen Kirche Irlands. Ratzinger zufolge sollten Bischofskonferenzen nicht nur darauf abzielen, Resolutionen zu verfassen und Dokumente zu produzieren, sondern vielmehr daran arbeiten, für die 'Bildung der Gewissen' zu sorgen (auch der der Bischöfe!) und ihnen damit auf der Grundlage der Wahrheit mehr Freiräume zu verschaffen." Gegen die bequeme innerkirchliche Tendenz, jegliche Verantwortung im Notfall weit von sich zu schieben, erinnert Pater Vincent Twomey SVD sehr deutlich: "Die Bischöfe tragen eine enorme Verantwortung für das spirituelle, emotionale, soziale und - bis zu einem gewissen Grad - auch physische Wohlergehen aller Gläubigen, Laien wie Geistlichen, Praktizierender wie Nicht-Praktizierender. Deshalb haben sie Anspruch auf Verehrung und sind in symbolische Gewänder gekleidet. Ihre derzeitige Schande hat auch die heiligen Symbole ihres Amtes in Mißkredit gebracht. Priester sind für schuldig befunden worden, an unschuldigen Kindern und ihren Familien unsäglichen Schaden angerichtet zu haben, Verbrechen, die zum Himmel nach Vergeltung schreien. Damit haben sie zudem all das, was das Beste in unserer katholischen Tradition ist, in den Schmutz gezogen. Sie haben damit uns alle beschmutzt. Die Berichterstattung darüber im Fernsehen hat die Phantasie der meisten Iren und Irinnen befleckt. Der daraus entstandene Schaden ist ungeheuer. Es wird Generationen dauern, um das wieder in Ordnung zu bringen. Und dieselben Kriminellen haben größten Schaden den zahlreichen Laien, Männern wie Frauen, zugefügt, die dem Glauben treu geblieben sind, nicht nur trotz dieser Skandale, sondern auch ungeachtet des Versagens der irischen Kirche in den vergangenen Jahrzehnten, sie, ihre Kinder und Enkelkinder von den Reichtümern des Glaubens zu nähren. Doch das ist ein anderes Thema. Die aktuelle Krise bereitet allen Katholiken, vornehmlich denen, die der Kirche am nächsten stehen, unbeschreiblichen Kummer. Die an der Spitze der Hierarchie Stehenden, wie auch viele Kleriker unter ihnen, haben offenbar nicht verantwortungsvoll gehandelt. Sie hörten nicht auf ihr Gewissen, das - simpel ausgedrückt - eine derart zarte und feine, aber letztlich unverwüstliche Empfindlichkeit für das Richtige und Falsche besitzt, die allen Menschen angeboren ist. Doch sie kann - zumindest zeitweise - zum Schweigen gebracht werden. Ein solches Nicht-Hören auf sein Gewissen kann entweder durch Willensschwäche (Ehrgeiz, mangelndem Respekt vor einem anderen Menschen, Feigheit, Selbstgefälligkeit - die Untugend so vieler irischer Geistlicher in der Vergangenheit) bedingt sein, oder aber durch eine Schwäche des Geistes, wie etwa eine falsche, subjektivistische Vorstellung vom Gewissen, die es zu einem Rechtfertigungsmechanismus reduziert." Auch wenn wir festhalten müssen, daß der sexuelle Mißbrauch nicht erst 1975 (oder, wie supertraditionalistische Extremisten behaupten: erst nach dem II. Vatikanischen Konzil) begonnen hat, so spricht Pater Twomey von der Gesellschaft des Göttlichen Wortes auch diese Problematik korrekt an: "Das Problem wurde noch durch eine bestimmte Art von Moraltheologie verschlimmert, die in Abrede stellte, es gebe Handlungen, die in sich (intrinsisch) schlecht seien. Bestenfalls kommt dabei Untätigkeit in moralischer Hinsicht heraus; schlimmstenfalls jedoch ein lasterhaftes Verhalten. Damit das Böse gedeihen kann, reicht es aus, daß die Guten nichts tun. Die unprofessionellen unzulänglichen Leitungsstrukturen der Dubliner Erzdiözese waren offenbar zum Teil verantwortlich für die Vertuschung und Untätigkeit - sowie die Absicht, die Schuld anderen weiter oben anzulasten. Doch die wahre Ursache - und das ist beängstigend - ist die fehlende, doch eigentlich zu erwartende, emotionale Reaktion auf Berichte über den Mißbrauch von Kindern. Nirgends gab es, jedenfalls ist davon nichts zu bemerken, irgendeinen Ausdruck des Entsetzens oder der Empörung bei jenen, denen man davon erzählte. Empörung und Entsetzen sind die natürlichen Gemütsbewegungen eines guten Menschen, die Gott uns gegeben hat, damit wir auch ja vom Stuhl hochkommen und im Angesicht von Ungerechtigkeit etwas unternehmen." Das habe ich mich auch schon öfters gefragt: wie kann es sein, daß in den letzten Jahrzehnten und offenbar auf unterschiedlichen Ebenen nicht an erster Stelle das Interesse der glaubwürdigen Opfer wahrgenommen wurde? Wie kann es sein, daß der äußere Ruf des Klerikerstandes das Leid so vieler Kleiner offenbar in den Hintergrund treten ließ? Und ich füge an: wie kann es sein, daß es heute noch "superkonservative" Nachrichtenmagazine gibt, die zu all diesen untersuchten Geschichten das Wörtchen "angeblich" hinzufügten, um so auch das berechtigte Einklagen von Schmerzensgeld als fast unmoralisch hinzustellen? Zu den künftigen katholischen Diözesanbischöfen in Irland hält P. Twomey SVD fest: "Abgesehen von den üblichen vom Kirchenrecht geforderten Qualifikationen muß auch ihre Eignung für das, was der Murphy-Report die säkulare Funktion eines Bischofs bezeichnet, in Betracht gezogen werden. Schließlich spielt ein Bischof keine unwesentliche Rolle in der Zivilgesellschaft (Schulen, Gesundheitswesen, Immobilien). Das bisherige System ist gescheitert. Man muß ja nicht unbedingt leugnen, daß Rom vielleicht eine gewisse Verantwortung für diese Sachlage trägt. Doch die Hauptverantwortung liegt bei der irischen Kirchenhierarchie, die praktisch eine sich selbst erhaltende Mediokrität hervorgebracht hat. Inkompetenz gebärt wiederum Inkompetenz." Das sind sehr mutige Worte des Paters, und ich frage an dieser Stelle: war und ist dieses Problem wirklich nur auf Irland beschränkt? "Es sind die irischen Bischöfe, die traditionsgemäß Rom ihre Kandidaten vorschlagen. Vielleicht haben ja einige einzelne Bischöfe einen größeren Einfluß in Rom und nutzen ihn, um ihre Wunschkandidaten zu unterstützen, besonders dann, wenn diese Kandidaten Rom als 'tadellose Männer' (mit anderen Worten als 'rechtgläubig') verkauft werden können, oder wenn so manches 'Hindernis' gefunden werden kann, um einen unerwünschten Kandidaten (der für 'Ärger sorgen' könnte) anzuschwärzen. Doch eine solche sterile 'Rechtgläubigkeit' ist genauso weit von der Wahrheit der Heiligen Schrift und der katholischen Überlieferung entfernt wie der Marxismus von der wirklichen Notlage der Arbeiter. (Die jüngsten Bischofsernennungen lassen vermuten, daß Rom endlich entgegen dem bisherigen Trend handelt.)" Diesem gesunden Realismus des Paters muß ich voll und ganz rechtgeben. Ob allerdings die vom Mitbruder im Tagespostartikel vorgeschlagene Vorgangsweise alle Probleme löst, kann ich aus der Ferne nicht beurteilen: "Es muß eine andere Art der Wahl geeigneter Bischöfe gefunden werden, die eine echte Mitwirkung von Priestern und Laien der neu gebildeten Diözesen vorsieht. Gläubige irische Katholiken und Priester könnten - vermutlich - in einzigartiger Weise mit einer derartigen Aufgabe betraut werden, ohne fürchten zu müssen, daß es dabei zu Spaltungen in der Kirche käme, wie es höchstwahrscheinlich in den meisten anderen europäischen Ländern der Fall wäre. Ein Teil dieser auf eine lange Dauer angelegten Gemeinschaftsaufgabe einer Auseinandersetzung mit unserer unmittelbaren katholischen Vergangenheit muß es sicherlich sein, die Möglichkeiten für einen aktiveren Einsatz im kirchlichen Leben von Laien und Priestern gleichermaßen auszuloten, wozu auch gehört, daß man der Wahl des Bischofs eine größere Bedeutung beimißt, des Bischofs, der als Nachfolger der Apostel zugleich eine wichtige Persönlichkeit des öffentlichen Lebens in der irischen Gesellschaft darstellt. Eine ehrfurchtgebietende Aufgabe für die Gläubigen, die darob nicht zu beneiden sind." Um zum eigentlichen Ausgangsproblem des sexuellen Mißbrauchs von Kindern durch katholische Kleriker zurückzukehren, möchte ich auch noch eine Passage aus dem Interview der Herder-Korrespondenz 63 (8/2009, S. 395) mit Francis Eugene Kardinal George OMI, dem Erzbischof von Chicago und Vorsitzenden der katholischen Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten, hereinnehmen. Stefan Orth fragte ihn: "Umgekehrt hat das öffentliche Bild der Katholischen Kirche zuletzt auch deshalb stark gelitten, weil in den vergangenen Jahren eine Fülle von Fällen sexuellen Mißbrauchs durch Priester und Ordensleute ans Licht kam. Was wurde zwischenzeitlich unternommen, um den Mißständen zu begegnen und weitere Fälle zu verhindern?" Kardinal George antwortete: "Das Problem besteht ja darin, daß man nicht vorhersagen oder gar testen kann, ob jemand ein Kind mißbrauchen wird oder nicht. Allerdings kann man nach narzißtischen Zügen und anderen pathologischen Anzeichen suchen- Da sind wir besser geworden. Es gibt auch viel Fort- und Weiterbildung, um Anzeichen von Kindesmißbrauch besser entdecken zu können. Jeder, der in der Kirche mit Kindern arbeitet, nicht nur die Priester, wird heute entsprechend geschult. Auch ich habe eine entsprechende Fortbildung besucht. Umgekehrt sind auch alle, die unsere Bildungseinrichtungen besuchen, auf angemessene Weise instruiert worden, auf entsprechende Anhaltspunkte zu achten. Wir sind da sehr sensibel geworden." Kardinal George hält zu den Disziplinarmaßnahmen noch fest: "Was die Vergangenheit angeht: manchem erscheint die Entfernung eines Priesters aus der Gemeinde eine drakonische Strafe zu sein, wenn das Vergehen 30 Jahre zurückliegt. Aber dies ist letztlich notwendig. Wenn jemand hier einmal gefehlt hat, kann man nie sicher sein, daß sich das nicht wiederholt. Ganz wichtig ist schließlich, mit den Opfern, die von Priestern mißbraucht worden sind, zu sprechen. Ich habe Dutzende solcher Gespräche geführt. Vor allem wegen der Langzeitschäden aufgrund des mißbrauchten Vertrauens waren das sehr ernüchternde Erfahrungen. Genau aus diesem Grund ist der sexuelle Mißbrauch durch Priester auch besonders schlimm. Wir versuchen, die Opfer durch bestimmte Kontaktpersonen so gut es geht zu unterstützen. Und natürlich haben wir auch Ausgleichszahlungen geleistet, die beträchtlich waren. In jedem Fall hat die Art und Weise, wie die Kirche mit dem Thema umgegangen ist, auch die Gesellschaft verändert." Und hier erinnerte der Kardinal daran, daß 90 % der Fälle sexuellen Mißbrauchs innerhalb der Familien stattfänden. Der derzeitige Generalobere der "Legionäre Christi", P. Alvaro Corcuera Martinez del Rio LC, hat sich nun auch bei den Opfern von Übergriffen des Ordensgründers Marcial Maciel Degollado (1920 - 2008) entschuldigt. Die Gemeinschaft nehme die Verfehlungen mit großem Schmerz zur Kenntnis und bitte alle um Verzeihung, denen Leid zugefügt worden sei, sagte Corcuera am 24. November 2009 in Rom vor Journalisten. Der Orden der "Legionäre Christi" steht derzeit im Fokus vatikanischer Ermittlungen mit Hilfe des Instrumentes der Apostolischen Visitation. Hintergrund sind nicht nur sexuelle Beziehungen seines Gründers, aus denen mindestens eine Tochter hervorging. Bereits 2006 hatte der Vatikan Maciel im Zusammenhang mit Vorwürfen sexuellen Mißbrauchs gemaßregelt. Ordensgründer Maciel war im Februar 2008 im Alter von 87 Jahren in den USA gestorben. Ihm wurde seit 1997 vorgeworfen, junge Seminaristen mißbraucht zu haben. Zudem soll er ihnen die Absolution für gemeinsam begangene sexuelle Handlungen erteilt haben. Das lateinische Kirchenrecht (CIC 1983) sieht dafür die automatische Exkommunikation vor, die nur vom Papst selbst gelöst werden kann. Maciel selbst bestritt die Vorwürfe. Der Vatikan hat fünf Bischöfe mit der Untersuchung der Vorfälle betraut. Für die Einrichtungen der "Legionäre Christi" in Europa mit Ausnahme Italiens soll der spanische Bischof Ricardo Blazquez Perez von Bilbao zuständig sein. Weitere Visitatoren sind der US-amerikanische Erzbischof von Denver, Charles Chaput, der chilenische Erzbischof von Concepcion, Ricardo Ezzati Andrello, sowie der Bischof von Tepic in Mexiko, Ricardo Watty Urquidi, und der italienische Bischof von Alessandria, Giuseppe Versaldi. Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. wird am 15. März 2010 den entsprechenden Untersuchungsbericht erhalten, was vom chilenische Erzbischof Ricardo Ezzati Andrello (Concepcion) der Tageszeitung "Nacional" gegenüber bestätigt wurde. Daß mittlerweile nur noch das offensive Stehen zur Wahrheit weiterhelfen kann, geht aus einem bemerkenswerten Schreiben des Territorialdirektors der "Legionäre Christi" für Mitteleuropa, P. Sylvester Heereman LC, hervor (Hervorhebungen und Verlinkungen im Text von mir): "Die Exerzitien sind ein Moment der Reinigung und der erneuerten Ausrichtung unseres ganzen Lebens auf den Herrn, was immer wieder nottut, ganz besonders in diesem Jahr, das für unsere Ordensgemeinschaft von den Erkenntnissen über unseren verstorbenen Gründer, P. Marcial Maciel LC, gekennzeichnet ist. Anliegen und Ziel dieses Briefes ist es, Ihnen einen Überblick über den Umgang unserer Gemeinschaft mit diesem Themenkomplex zu vermitteln. Die Kirche gedenkt heute des heiligen Papstes Gregor des Großen. Die liturgischen Texte und die Lesung aus dem Brevier betonen dabei die Verantwortung derer, die in der Kirche Leitungsaufgaben wahrnehmen. Als Territorialdirektor weiß ich mich auf besondere Weise in der Pflicht, gemeinsam mit der Generalleitung und den Mitbrüdern unserer Provinz, für eine sachgemäße Aufarbeitung der Vergangenheit und eine zukunftsfähige Ausrichtung der Legionäre Christi und des Regnum Christi zu sorgen. Dabei geht es um institutionelle Maßnahmen, die aber nur dann nachhaltige Früchte zeitigen, wenn wir als Einzelne bemüht sind, dem Herrn redlich und entschlossen zu folgen und wenn wir ihn inständig um seine Gnade und seinen Beistand bitten. Ich weiß, daß sehr viele von Ihnen uns in diesem Vorsatz und diesem Gebet zur Seite stehen. Dafür sind wir ihnen zutiefst dankbar. Ich hoffe, daß diese Zeilen auch einen kleinen Beitrag dazu leisten, daß alle, die irgendwie betroffen sind, den vor uns liegenden Weg gemeinsam gehen können. Sicher wird es ein langer Weg und Heilungsprozeß. Ich denke dabei vor allem an jene, die durch das schwerwiegende Fehlverhalten von P. Maciel verletzt worden sind. Im Namen der Kongregation der Legionäre Christi und unseres Generaldirektors möchte ich auch hier noch einmal von Herzen um Verzeihung bitten. P. Álvaro hat schon vor einiger Zeit damit begonnen, persönlich und privat jene aufzusuchen, die besonderes Leid erfahren haben, um um Verzeihung zu bitten und Trost anzubieten. Als Kongregation bedauern wir zutiefst, daß das Fehlverhalten von P. Maciel nicht eher von der Institution erkannt, daher auch nicht behoben wurde und so noch mehr Leid verursacht worden ist. So wollen wir all jenen beistehen, die gelitten haben: 1. Sachstand und wie wir damit umgegangen sind Wie inzwischen allgemein bekannt ist, hat P. Maciel eine Beziehung zu einer Frau unterhalten, aus der eine Tochter hervorgegangen war. Seit neuestem gibt es auch Aussagen eines mexikanischen Rechtsanwalts über weitere Beziehungen und Kinder. Auf Grund der nur bruchstückhaft vorhandenen Informationen und der Unmöglichkeit, auf die Schnelle alle Implikationen der verworrenen Situation zu überschauen, können die Legionäre Christi noch keine abschließende Stellungnahme zu diesen neuen Medienberichten abgeben. Vor diesem Hintergrund wurde noch einmal deutlich, wie weise und pastoral der Heilige Stuhl mit den Mißbrauchsvorwürfen gegen P. Maciel umgegangen ist. Die Glaubenskongregation hat diese Vorwürfe untersucht und ihn aufgefordert sich zu einem Leben des Gebetes und der Buße zurückzuziehen, wie in dem Communiqué vom 19. Mai 2006 bekannt gemacht wurde. Für uns als Institution, als Ordensfamilie und als Einzelne kam all das vollkommen unerwartet und war dementsprechend hart. Die vielen und starken Emotionen, das Durcheinander von Informationen, Unterstellungen, Spekulationen und Meinungen, die verschiedenen kulturellen Sensibilitäten und die christliche Pflicht, Fehltritte von Mitmenschen nicht in der Öffentlichkeit breitzutreten, haben es sehr erschwert, schnell eine klare und umfassende Stellungnahme zu veröffentlichen, wie viele sie sich vielleicht gewünscht hätten. Dazu kommt, daß wir die volle Wahrheit nicht kannten, auch jetzt noch viele Unklarheiten bestehen und möglicherweise noch neue Fakten bekannt werden. Es ist abzusehen, daß während der kommenden Monate das Thema mit immer neuen Variationen in einschlägigen ausländischen Medien präsent bleiben wird und manches davon auch im deutschen Sprachraum aufgegriffen wird. Ich würde Ihnen empfehlen, sich nicht von jedem neuen Detail erschüttern zu lassen. Zum einen weiß man oft nicht, was stimmt; zum anderen ändern immer neue Einzelheiten auch nichts an dem wesentlichen Inhalt, der bereits bekannt ist. Die ganze Situation ist nicht nur schmerzhaft für uns Legionäre Christi und Mitglieder des Regnum Christi, sie ist vor allem ein Ärgernis für die Kirche und wirft einen dunklen Schatten auf das katholische Priestertum, dem wir Legionäre Christi uns immer ganz besonders verpflichtet gefühlt haben und es auch weiterhin tun. Zusammenfassend gilt, was unser Generaldirektor, P. Álvaro Corcuera, schon in seinem Brief vom 29. März diesen Jahres schrieb: 'Ich habe dem Heiligen Vater herzlich für diese weitere Hilfe (durch die Apostolische Visitation) gedankt, die er uns in den momentanen Herausforderungen anbietet, die im Zusammenhang mit den schwerwiegenden Tatsachen im Leben unseres Gründervaters stehen. Die einen hat die Glaubenskongregation bereits untersucht und im Mai 2006 zu einem Abschluß gebracht; andere sind erst kürzlich bekannt geworden. All das tut uns zutiefst leid, und wir bitten Gott und alle, die dadurch verletzt worden sind, aufrichtig um Verzeihung.' 2. Aufarbeitung Viele fragen zurecht, ob die Legionäre Christi Konsequenzen aus diesen Erfahrungen gezogen haben. Ich kann Ihnen versichern, daß dies der Fall ist und sicher auch noch sein wird. a) Eine Maßnahme ist die begonnene Überarbeitung der Bezugnahme auf Person und Wirken von P. Marcial Maciel. Auf der einen Seite können und wollen wir nicht vergessen, daß P. Marcial der Gründer gewesen ist und viel Gutes bewirkt hat; auf der anderen Seite stehen seine schwerwiegenden Fehler und das, was jüngst ans Licht gekommen ist. Wir stellen diesbezüglich derzeit schrittweise sicher, daß in allen Bereichen in rechter Weise auf P. Marcial Bezug genommen wird. So werden z. B. unsere Internetseiten überarbeitet und der Vertrieb bzw. die Neuauflage von Schriften und Veröffentlichungen geprüft. All dies führt uns zum Wesentlichen: unser Leben einzig und allein auf Jesus Christus zu zentrieren. Dabei handelt es sich, wie Sie sich vorstellen können, um einen laufenden und schwierigen Prozeß. Es gilt, zwischen seiner Person, seinem Wirken als Gründer, der soliden katholischen Lehre, die er uns vermittelt hat, und den rechtlich-institutionellen Aspekten der Legionäre Christi und des Regnum Christi, die von der Kirche approbiert sind, zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist nicht leicht und kann nicht über Nacht erfolgen. Unsere Ordensleitung sucht dabei den Rat und die Führung erfahrener und kluger Kirchenmänner, damit durch diesen Prozeß die von Gott für die Legionäre Christi und das Regnum Christi erhaltenen Gaben nicht gefährdet werden. b) Des weiteren erfahren wir in der Aufarbeitung die Unterstützung der Kirche, insbesondere durch Papst Benedikt XVI., dem wir dafür aufrichtig dankbar sind. Dies erfolgt vor allem durch die Apostolische Visitation der Kongregation, die am 15. Juli begonnen hat. Seine Exzellenz Ricardo Blázquez Pérez, Bischof von Bilbao (Spanien), ist der Visitator für Europa (mit Ausnahme von Italien) und damit auch für uns. Bischof Blázquez wird unsere Niederlassungen besuchen, sich unser Leben aus der Nähe ansehen und mit allen Ordensmitgliedern sprechen, mit denen er möchte oder die ihrerseits um ein Gespräch bitten. Sein Auftrag besteht darin, zu fragen, zu prüfen, eingehend und objektiv zu beurteilen und seine Ergebnisse und Empfehlungen direkt dem Heiligen Stuhl vorzulegen. Verständlicherweise können wir keine näheren Stellungnahmen bezüglich des Inhalts oder des Verlaufs der Visitation abgeben, da dies in die Arbeit des Visitators beeinträchtigen könnte. Ich gehe davon aus, daß nach reiflicher Überlegung und Beratung weitere Maßnahmen folgen werden. Möglicherweise wird der Heilige Vater nach Abschluß der Visitation Anweisungen geben, die wir dann gerne umsetzen werden. 3. Verantwortung Die besondere Situation unserer Kongregation am Beginn dieses zweiten Kapitels unserer Geschichte beinhaltet einen Anruf an uns alle, aber insbesondere an jene, die mit Leitungsaufgaben betraut sind, die eigene Verantwortung für einen guten weiteren Weg voll und ganz wahrzunehmen. Menschliches Versagen und Scheitern ist nie vollkommen auszuschließen. Wir tragen den Schatz in zerbrechlichen Gefäßen (vgl. 2 Kor 4,7). Umso mehr sind die Oberen in der Pflicht, daß in der Ordensgemeinschaft alles Menschenmögliche getan wird, um Fehlverhalten zu vermeiden. Auch dazu möchte ich einige Gedanken mit Ihnen teilen. a) Weg in der Kirche und mit der Kirche Als Kongregation in der katholischen Kirche ist für uns die Übereinstimmung mit den Maßgaben des Heiligen Stuhles schon immer ein Garant dafür gewesen, auf Felsen und nicht auf Sand zu bauen. Der Glaube daran und das Bewußtsein dafür ist durch die jüngsten Ereignisse noch mehr geschärft worden. So lassen wir uns bei der Zulassung von Novizen und ganz besonders bei der Zulassung von Weihekandidaten von den Vorgaben der Kirche lenken. Die Eignungsprüfung findet mit größter Sorgfalt statt, auch unter Zuhilfenahme von guten Psychologen. Die Ausbildung zum Priestertum ist bei den Legionären Christi ein langer Weg (ca. 12 Jahre), sie ist umfassend und gründlich. Wir haben in den vergangenen Jahren auch konkrete Anweisungen vom Heiligen Stuhl hinsichtlich unseres Ordenslebens erhalten, die wir bereits umgesetzt haben. Seit 1957 haben die Legionäre Christi ein 'Sondergelübde der Nächstenliebe' abgelegt, das von der Kirche approbiert war. In Artikeln über die Profeßfeier der Novizen in Deutschland haben Sie davon vielleicht berichten hören. Hintergrund dieses Gelübdes war es zu gewährleisten, daß man etwaige Schwierigkeiten mit dem eigenen Vorgesetzten entweder mit dem Betreffenden selbst oder den höheren Instanzen besprach, wodurch verantwortungsloser Kritizismus oder interne Parteienbildung vermieden werden sollten. Benedikt XVI., der als Papst auf Erden die Vollmacht hat zu binden und zu lösen, hat dieses Gelübde vor zwei Jahren aufgehoben und wir legen es seither nicht mehr ab. Während der letzten beiden Jahre haben wir ebenfalls auf Anweisung des Heiligen Stuhls die allgemeine Praxis geändert, wonach die direkten Oberen gleichzeitig die geistlichen Leiter ihrer Untergebenen sein konnten. Dies basierte auf einer Jahrhunderte alten monastischen Tradition, wonach der Obere sowohl geistlicher Vater als auch Ratgeber seiner Gemeinschaft war. Papst Benedikt XVI. hat davon zuletzt bei der Generalaudienz vom 27. Mai 2009 gesprochen: 'Obwohl er eine sehr umfassende äußere Aktivität ausführte, ließ sich [der heilige] Theodoros [Studites] nicht von dem abbringen, was er für seine Funktion als Oberer als streng angebracht ansah, nämlich ein geistlicher Vater seiner Mönche zu sein (...) Er übte daher gegenüber den Mönchen die geistliche Leitung aus. Jeden Tag, so berichtet der Biograph, saß er nach dem Abendgebet vor der Ikonostase, um die vertraulichen Mitteilungen aller zu hören.' Eine weitere Veränderung nach Vorgabe des Heiligen Stuhles betrifft die Beichtpraxis in der Kongregation. Schon immer konnten die Mitglieder sich frei dafür entscheiden, die Beichte gemäß ihrer Wahl bei einem der ordentlichen oder außerordentlichen Beichtväter, die vom Generaldirektor dazu bestellt wurden, oder auch bei jedem anderen katholischen Priester abzulegen. In der Praxis haben die Mitglieder früher oft die Beichte auch bei ihren Oberen abgelegt. Auf Empfehlung des Heiligen Stuhls sind Obere nun nicht mehr Beichtväter ihrer Untergebenen. b) Formalität und Transparenz Als wachsende Organisation mit vielfältigen und zunehmenden Aufgaben und Einsatzbereichen, stehen wir in den verschiedensten Verantwortungsverhältnissen, die oft weltlicher Art sind. Auch hier lassen wir größte Sorgfalt walten, um unseren institutionellen und persönlichen Verpflichtungen gerecht zu werden. Im finanziellen Bereich ist die Verwendung von Mitteln seit Jahren durch festgeschriebene Vorgaben geregelt, die auf eine klare und eindeutige Abrechnung aller Eingänge und Ausgaben abzielen. In unserem Territorium sind wir in Deutschland als gemeinnütziger Verein 'Legionäre Christi e. V.' konstituiert und geben dementsprechend alljährlich dem Finanzamt mit Jahresabschlüssen Rechenschaft. Die Verwendung der Mittel im Sinne der Satzung und insbesondere der Spenderintention ist gewährleistet. Die Kongregation wird durch ein Team von hauptamtlichen Mitarbeitern unterstützt, die für Professionalität und Transparenz in Finanz- und Verwaltungsfragen Sorge tragen. Seit Jahren ist auch ein externes Steuerbüro mit der Prüfung der Finanzen beauftragt. Ein weiterer Gedanke gilt dem Umgang mit den uns anvertrauten Minderjährigen. Kinder sind das Wertvollste, was Eltern anderen Menschen anvertrauen können. Jede Art von Mißbrauch ist verabscheuungswürdig. Unsere Konstitutionen, Normen und disziplinären Vorgaben legen größten Wert auf respektvollen, achtsamen und verantwortungsvollen Umgang mit Minderjährigen. Unsere Ordensmitglieder und vielen freiwilligen Mitarbeiter werden angehalten, diese sorgfältig einzuhalten. Wir verfügen auch über einen Einsatzplan, um in einem – bei uns jedoch nie vorgekommenen – begründeten Verdachtsfall sofort und sachgemäß vorgehen zu können. Diese Vorsichtsmaßnahmen werden laufend aktualisiert und mit den Vorgaben der Deutschen Ordensoberenkonferenz (DOK) abgestimmt. Am Ende dieses Briefes möchte ich ein Wort des heiligen Paulus aufgreifen: 'Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Guten' (Röm 8,28). Der himmlische Vater hat die Macht und den Willen, seinen Kindern in jeder Situation beizustehen und sie durch alle Fährnisse hindurch näher an sich zu ziehen. Das ist aber kein Automatismus. Es bedarf unserer Bereitschaft in allem - in guten und in schlechten Zeiten - auf Jesus Christus zu schauen und uns dem jeder Situation innewohnenden Anruf in seinem Geist zu stellen. 'Was würdest Du jetzt denken, sagen oder tun, Herr?' Dieses Gebet hilft mir persönlich immer wieder, wenn ich mit Schwerem oder Dunklem konfrontiert werde. Verständlicherweise geht jeder anders mit dem Thema um. Wir sollten füreinander beten und anerkennen, daß ein jeder auf seine ureigene Weise an diesem Kapitel leidet und es verarbeitet. Wenn wir diese Zeit in Aufrichtigkeit vor dem Herrn leben, mit einem starken Glauben, einer festen Hoffnung und einer großzügigen Liebe; wenn wir häufig die Begegnung mit dem eucharistischen Herrn suchen, dann werden die Legionäre Christi und das Regnum Christi innerlich gereinigt und gestärkt daraus hervorgehen. Ich habe in den vergangenen Monaten sehr oft die Erfahrung machen dürfen, daß das nicht bloß ein frommer Wunsch, sondern tatsächlich der Fall ist. Gott sei Dank! P. Álvaro, für dessen kluge Führung in dieser schweren Zeit ich sehr dankbar bin, hat kürzlich in einer Predigt den heiligen Johannes Chrysostomos zitiert, der fünf Wege der Versöhnung lehrt: um Verzeihung bitten, anderen verzeihen, Gebet, Almosen und Demut (vgl. Johannes Chrysostomos, Predigten, PG 49, 263-264). Der Herr möge uns helfen, auf diesen Wegen zu gehen. So verbleibe ich voll Dankbarkeit für Ihre Freundschaft und mit der Bitte um Ihr Gebet Sylvester Heereman LC, Territorialdirektor" Der Heilige Vater selbst, Papst Benedikt XVI., hat nun gestern - während des laufenden Jahres des Priesters - den klaren Kurs der Erneuerung der Katholischen Kirche betreffend ihren Klerus und intolerable sittliche Vergehen bekräftigt und folgende Stellungnahme zu seinem Treffen mit Repräsentanten der katholischen Bischofskonferenz Irlands und mit Chefs der betrauten Dikasterien der römischen Kurie veröffentlichen lassen: "Today the Holy Father held a meeting with senior Irish Bishops and high-ranking members of the Roman Curia. He listened to their concerns and discussed with them the traumatic events that were presented in the Irish Commission of Investigation’s Report into the Catholic Archdiocese of Dublin. After careful study of the Report, the Holy Father was deeply disturbed and distressed by its contents. He wishes once more to express his profound regret at the actions of some members of the clergy who have betrayed their solemn promises to God, as well as the trust placed in them by the victims and their families, and by society at large. The Holy Father shares the outrage, betrayal and shame felt by so many of the faithful in Ireland, and he is united with them in prayer at this difficult time in the life of the Church. His Holiness asks Catholics in Ireland and throughout the world to join him in praying for the victims, their families and all those affected by these heinous crimes. He assures all concerned that the Church will continue to follow this grave matter with the closest attention in order to understand better how these shameful events came to pass and how best to develop effective and secure strategies to prevent any recurrence. The Holy See takes very seriously the central issues raised by the Report, including questions concerning the governance of local Church leaders with ultimate responsibility for the pastoral care of children. The Holy Father intends to address a Pastoral Letter to the faithful of Ireland in which he will clearly indicate the initiatives that are to be taken in response to the situation. Finally, His Holiness encourages all those who have dedicated their lives in generous service to children to persevere in their good works in imitation of Christ the Good Shepherd." (Deutsche Übersetzung hier. Namentlich waren bei dem wichtigen Treffen im Apostolischen Palast unter anderem der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz Irlands, Seán Baptist Kardinal Brady, Erzbischof von Armagh, und Erzbischof Mons. Diarmuid Martin sowie der Apostolische Nuntius in Irland anwesend.) Dazu ist nicht mehr viel zu sagen. Wenn diese Aufarbeitung auf allen territorialen und personalen Ebenen gelingt, ist der Kirche zu gratulieren. Der Heilige Stuhl greift korrigierend ein, und wir werden sehen, wie sich die Lage in Irland und bei den Legionären Christi noch verändern wird. Die oben nachlesbaren klaren und öffentlichen kirchlichen Stellungnahmen folgen allesamt dem Vorbild der in Österreich erfolgreich durchgeführten Apostolischen Visitation zur Behebung eines Skandales homosexueller Doppelmoral im damaligen Priesterseminar von St. Pölten. Der damalige Visitator hatte in ständiger Absprache mit dem Heiligen Stuhl eine ebenso offensive Politik der Transparenz und der präzisen Stellungnahmen gewählt. Die traditionelle künstliche Angst vor der Mediengesellschaft schadet im letzten immer sehr. Es muß Schluß sein mit Schnellschüssen der für Opfer besonders belastenden unsachlichen "Verteidigung" um der Verteidigung und um des rein äußeren Rufes des Klerus willen. Wir müssen dazu finden, daß in allen Fällen so rasch wie möglich die Schuldigen und Mitverantwortlichen ehrlich zu ihren Sünden stehen und glaubwürdig zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn Nachrichtenportale wie gloria.tv oder ein vieldiskutiertes anonymes Portal in bezug auf Irland bisher einerseits in ihren Meldungen davon sprachen, daß mit der Berichterstattung über den klerikalen Kindesmißbrauch in Irland der Kirche geschadet werden solle und dann sogar (trotz eines wohl kaum durchgeackerten umfassenden Untersuchungsberichtes) noch das Wörtchen "angeblich" für die Mißbrauchsfälle verwendet wird oder andererseits Schmerzensgeldforderungen als leichtes Geldverdienen für die (quasi in Anführungszeichen gesetzten) Opfer abgetan werden, hat dies eben nicht der kirchlichen Glaubwürdigkeit geholfen, sondern zerstört eine solche Grundhaltung vielmehr das vom Papst verstärkt begonnene und fortgesetzte Glaubwürdigkeitsprogramm der Katholischen Kirche. Es muß also auch Schluß sein mit verniedlichender Verharmlosung objektiv gegebener Skandale mit Ärgernissen für Gläubige und Fernstehende und mit der Verniedlichung des zugefügten Leides gegenüber Anvertrauten im Zusammenspiel mit einer teils unerklärlichen Uneinsichtigkeit verschiedener Täter. Nachdem wir am 8. Dezember wiederum das Hochfest der Unbefleckten Empfängnis Mariens und am 9. Dezember das Fest des heiligen Mystikers und Sehers Juan Diego Cuauhtlatoatzin (Guadalupe) feiern durften, begehen wir heute das Fest Unserer Lieben Frau in Guadalupe, ein besonders schöner Titel Mariens in bezug auf den meistbesuchten katholischen Wallfahrtsort der Welt bei Mexiko City. Ihr, der unbefleckten Jungfrau und Gottesmutter Maria, wollen wir das große Glaubwürdigkeitsprogramm des Papstes und aller Stände der Kirche mit ganzem Herzen anvertrauen und an der Hand Mariens die weiteren Adventtage bis zum Hochfest der Geburt unseres Herrn Jesus Christus schreiten. Euer Padre Alex - Vizeoffizial Dr. Alexander Pytlik Comments
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Betreffend Irland verweise ich nunmehr auf den außergewöhnlichen päpstlichen Hirtenbrief vom 19. März 2010, der auch die bedeutsame Ankündigung Apostolischer Visitationen enthält:
http://www.internetpfarre.de/blog/archives/241-PAPST-SEXUELLER-MISSBRAUCH-HIRTENBRIEF-VON-BENEDIKT-XVI.-FUER-IRLAND.html Dazu mein erster Kurzkommentar unter dem Titel "Der Papst für die Opfer das Kirchenrecht gerettet": http://www.internetpfarre.de/blog/archives/242-HIRTENBRIEF-PAPST-BENEDIKT-HAT-FUER-DIE-OPFER-DAS-KIRCHENRECHT-GERETTET.html Betreffend die Legionäre Christi gibt es zunächst eine kurze Meldung vom 15. März 2010 seitens derselben Ordensgemeinschaft: " Beginn einer neuen Etappe der Apostolischen Visitation. Der Heilige Stuhl untersucht die Berichte und Anregungen der Visitatoren. Die Endergebnisse werden in den kommenden Monaten bekannt gegeben. Rom, 15. März 2010. Vor wenig mehr als einem Jahr hat der Staatssekretär seiner Heiligkeit, Kardinal Tarcisio Bertone, mittels eines Briefes an den Generaldirektor der Legionäre Christi bekanntgegeben, daß der Heilige Vater entschieden habe, bei der Kongregation der Legionäre Christi eine Apostolische Visitation durchzuführen, um Leben und Wirken der Kongregation besser kennenzulernen. Die fünf Visitatoren, die ihre Arbeit am vergangenen 15. Juli 2009 aufnahmen, waren Seine Exzellenz Charles Joseph Chaput, O.F.M. Cap., Erzbischof von Denver (USA), Seine Exzellenz Ricardo Watty Urquidi, M.Sp.S., Bischof von Tepic (Mexiko), Seine Exzellenz Ricardo Ezzati Andrello, S.D.B., Erzbischof von Concepción (Chile), Seine Exzellenz Giuseppe Versaldi, Bischof von Alessandria (Italien), Seine Exzellenz Ricardo Blázquez Pérez, Bischof von Bilbao (Spanien). Im Laufe der letzten acht Monate haben die Bischöfe die mehr als 120 Niederlassungen der Legionäre Christi in aller Welt besucht, wo die Priester und Ordensleute die Gelegenheit zum Einzelgespräch mit ihnen hatten, um deren Fragen zu beantworten und freimütig ihre Beobachtungen und Vorschläge zum Gemeinschaftsleben und der Arbeit, die sie in den Apostolaten, die die Kongregation leitet und berät, zu machen. Mit Beendigung dieser ersten Phase der Apostolischen Visitation werden die Bischöfe ihre schriftlichen Berichte abschließen und diese dem Heiligen Stuhl zukommen lassen, der diese untersuchen und auswerten wird. In Anbetracht der durchgeführten umfangreichen Arbeit der Visitatoren und daß es sich um fünf individuelle Berichte, verfaßt in verschiedenen Sprachen handelt, wird diese neue Etappe der Apostolischen Visitation mehrere Monate dauern und kann einen weitere Austausch zwischen dem Heiligen Stuhl und den Visitatoren enthalten, bevor Papst Benedikt XVI. jene Anweisungen geben wird, die er für angebracht und notwendig erachtet. In einem Interview mit der Agentur Notimex vom vergangenem 4. März erklärte der Sprecher des Heiligen Stuhls, P. Federico Lombardi, dazu: 'Eine Sache ist es, daß die Arbeit der Visitatoren abgeschlossen ist, und eine andere, daß die Ergebnisse veröffentlicht werden. Das bedarf Zeit, man muß definieren, ob die Information ausreichend ist, ob es notwendig ist, einen Nachtrag zur Untersuchung zu beantragen. Ich gehe nicht von einer kurzen Zeit für die definitive Entscheidung aus.' " Und am 25. März 2010 unterzeichneten die Oberen der "Legionäre Christi" (darunter auch P. Sylvester Heereman LC, Territorialdirektor für Deutschland und Mitteleuropa) eine dramatische Erklärung, welche ganz im Geiste des päpstlichen Hirtenbriefes an die irischen Katholiken verfaßt ist, aber auch an die pastorale Erklärung der vier katholischen Bischöfe Österreichs unter Führung von Christoph Kardinal Schönborn zu der mit moralischer Gewißheit erkannten Schuld des (damals noch nicht verstorben gewesenen) Kardinals Hans Hermann Groër erinnert, wobei natürlich jeder Fall präzise zu unterscheiden ist. In der äußerst wichtigen Erklärung der "Legionäre Christi" vom 25. März 2010 heißt es nun: "Einleitung Anläßlich der alljährlich stattfindenden Besprechungen der Territorialdirektoren mit dem Generaldirektor und seinem Rat wenden wir uns an unsere Brüder Legionäre Christi, an die Gottgeweihten und alle Mitglieder der Bewegung Regnum Christi, die Familien und Freunde, mit denen wir diese Phase unserer Geschichte durchschreiten, wie auch an alle, die durch die verwerflichen Taten unseres Gründers, P. Marcial Maciel Degollado LC, betroffen, verletzt oder erschüttert worden sind. Wir haben einiger Zeit bedurft, um diese Tatsachen seines Lebens zu assimilieren. Für viele – vor allem die Opfer – war diese Zeit zu lang und schmerzvoll. Manchmal waren wir nicht fähig, allen beizustehen, wie es nötig gewesen wäre und wie wir es auch gerne getan hätten. Deshalb fühlen wir uns zu dieser Erklärung gedrängt. 1. Über einige Tatsachen aus dem Leben unseres Gründers, P. Marcial Maciel LC (1920 - 2008) Wir dachten und hofften anfangs, daß die Anschuldigungen gegen unseren Gründer falsch und unbegründet seien; denn sie entsprachen nicht den Erfahrungen, die wir mit ihm und seinem Werk gemacht hatten. Doch am 19. Mai 2006 veröffentlichte der Pressesaal des Heiligen Stuhls eine Erklärung als Abschluß der durch die Glaubenskongregation im Jahr 2004 begonnenen kanonischen Untersuchung. Damals gelangte die Glaubenskongregation zu einer hinreichenden moralischen Gewißheit, um P. Maciel schwere kanonische Sanktionen aufzuerlegen, entsprechend der Anschuldigungen gegen ihn, u. a. wegen Handlungen sexuellen Mißbrauchs von Knabenseminaristen. Wir bedauern es zutiefst, daß diese Dinge geschehen sind. Daher 'hat die Kongregation für die Glaubenslehre (...) entschieden - nämlich im Hinblick sowohl auf das fortgeschrittene Alter des Hochwürden Maciel als auch im Hinblick auf seine angeschlagene Gesundheit - auf einen kanonischen Prozeß zu verzichten und den Pater zu einem zurückgezogenen Leben des Gebetes und der Buße aufzufordern, unter Verzicht auf jedes öffentliche Dienstamt. Der Heilige Vater hat diese Entscheidungen approbiert.'(Presseerklärung des Heiligen Stuhls, 19. Mai 2006) Danach erfuhren wir, daß P. Maciel eine Tochter hatte, die aus einer längeren und festen Beziehung zu einer Frau hervorging, und von anderen schwerwiegenden Verfehlungen. Später erschienen zwei weitere Personen, die behaupteten, Kinder von ihm zu sein; zwei Brüder aus einer Beziehung zu einer anderen Frau. Wir mißbilligen diese und all jene Taten aus dem Leben von P. Maciel, die den Pflichten eines Christen, Ordensmannes und Priesters widersprechen und betonen nachdrücklich, daß diese nicht dem entsprechen, was wir in der Legion Christi und der Bewegung Regnum Christi zu leben versuchen. 2. Die Haltung der Legion Christi und der Bewegung Regnum Christi zu diesen Tatsachen Wir drücken erneut allen, die durch die Taten unseres Gründers geschädigt worden sind, unseren Schmerz und unser tiefstes Bedauern aus. Wir nehmen an dem Leid Anteil, die dieses Ärgernis der Kirche zugefügt hat, und es betrübt und schmerzt uns zutiefst. Wir bitten all jene um Verzeihung, die ihn in der Vergangenheit beschuldigt hatten und denen man keinen Glauben oder kein Gehör schenkte; wir konnten uns damals dieses Verhalten unseres Gründers einfach nicht vorstellen. Sollte es sich zeigen, daß es schuldhaftes Mitwirken gab, werden wir gemäß der Grundsätze der christlichen Gerechtigkeit und Liebe handeln und diese Personen für ihr Handeln zur Rechenschaft ziehen. Wir bitten auch unsere Familien, Freunde, Wohltäter und Menschen guten Willens um Verzeihung, die das Gefühl hatten, daß ihr Vertrauen verletzt worden ist. Wir fühlen als Glieder des mystischen Leibes Christi die Notwendigkeit, mit christlicher Gesinnung seine Fehler und das Ärgernis wiedergutzumachen, das dadurch entstanden ist. Daher laden wir alle, die Teil unserer geistlichen Familie sind, ein, ihre Gebete und zu Opfern in diesem Anliegen zu intensivieren. Wir haben als Christen und Priester auch die Pflicht, weiterhin auf jene zuzugehen, die auf irgendeine Weise betroffen sind. Ihnen gilt unsere größte Sorge und wir bieten ihnen jene geistlichen und pastoralen Hilfen an, derer sie bedürfen. So wollen wir zur nötigen christlichen Versöhnung beitragen. Wir sind uns allerdings auch bewusst, daß letztlich nur Christus fähig ist, echte Heilung zu bewirken und 'alles neu zu machen' (vgl. Offb 21,5). Gott hat in seinem geheimnisvollen Ratschluß P. Maciel als Werkzeug zur Gründung der Legion Christ und der Bewegung Regnum Christi erwählt, und wir danken Gott für das Gute, das er verwirklicht hat. Gleichzeitig erkennen wir mit Schmerz an, daß wir ihn angesichts der Schwere seiner Vergehen nicht mehr als vorbildlichen Christen und Priester betrachten können. Nach dem Beispiel Christi, der die Sünde verurteilt, aber den Sünder retten will, und überzeugt von der Wichtigkeit und Schönheit der Vergebung vertrauen wir unseren Gründer der barmherzigen Liebe Gottes an. 3. Die Apostolische Visitation Wir möchten dem Heiligen Vater, Papst Benedikt XVI., unsere Dankbarkeit ausdrücken, nicht nur, weil er uns 'seine Solidarität und sein Gebet in dieser delikaten Zeit' erneuert hat (vgl. Brief von Kardinal Tarcisio Bertone SDB an P. Álvaro Corcuera, 10. März 2009), sondern auch, weil er uns die Apostolische Visitation angeboten hat, um uns zu helfen, die 'bestehenden Schwierigkeiten zu meistern' (ebenda). Wir hoffen, so die nötigen Schritte zu tun, um die Grundlagen, die Ausbildung und das tägliche Leben der Legionäre Christi und der Mitglieder der Bewegung Regnum Christi zu festigen. Wir danken den fünf apostolischen Visitatoren, Mons. Ricardo Blázquez, Mons. Charles J. Chaput, OFM Cap., Mons. Ricardo Ezzatti SDB, Mons. Giuseppe Versaldi y Mons. Ricardo Watty MSSp für ihre Arbeit, die sie mit so viel Hingabe und väterlicher Sorge verwirklicht haben. Wir werden die aus der Apostolischen Visitation erwachsenden Anweisungen und Empfehlungen des Heiligen Vaters mit kindlichem Gehorsam aufnehmen und verpflichten uns, sie umzusetzen. 4. Auf die Zukunft gerichtet (...) Die zurückliegende Zeit hat uns geholfen, über unsere Identität und Sendung nachzudenken; gleichzeitig hat sie uns dazu angeregt, in Demut und Einfachheit einige Aspekte unseres Daseins als Institution zu überprüfen. Wir haben den festen Willen, u. a.: - weiterhin nach Versöhnung zu streben und die Begegnung mit jenen zu suchen, die gelitten haben; - die Wahrheit unserer Geschichte zu ergründen und diese aufzuarbeiten; - in unseren Einrichtungen und Aktivitäten weiterhin den Schutz v. a. der Minderjährigen zu gewährleisten, gemäß aller zivilen und kirchlichen Vorgaben; - in einer selbstlosen Dienstbereitschaft gegenüber der Kirche und den Menschen zu wachsen; - mit allen Hirten und anderen kirchlichen Einrichtungen besser zusammenzuarbeiten; - unsere Kommunikation zu verbessern; - weiter darüber zu wachen, daß auf allen Ebenen die administrativen Kontrollen und Verfahren angewendet werden, und darüber entsprechend Rechenschaft abzulegen; - unseren Einsatz zu verstärken, das Evangelium von Jesus Christus so vielen Menschen wie möglich anzubieten; - vor allem mit erneuerter Anstrengung an der Hand der Kirche ein heiligmäßiges Leben zu erstreben (...) Wir unterzeichnen diese Erklärung heute, am 25. März, dem Hochfest der Verkündigung des Herrn. Möge Er uns auf die Fürsprache seiner Mutter, der seligen Jungfrau Maria, die Gnade gewähren, das Geheimnis der menschgewordenen Liebe Gottes zu vertiefen und es mit erneuertem Eifer zu leben und weiterzugeben." [ENDE DER HISTORISCHEN ERKLÄRUNG IHRER EINSICHT VON SEITEN DER "LEGIONÄRE CHRISTI".] |
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Derzeit kursiert in den Medien ein sogenannter NRO-Bericht "über die Behinderung der Kinderrechtskonvention durch das katholische Kirchenrecht am Beispiel sexuellen Mißbrauchs" von Verena Mosen im Auftrag des "Ökumenischen Netzwerkes Kirche von unten" aus
Tracked: Feb 10, 08:35
Alle regierenden katholischen Bischöfe können aus der amerikanischen Erfahrung lernen. Das besagt eine sehr gelungene und kompakte Analyse von John Allen, Chefkorrespondent beim National Catholic Reporter, einer in den USA erscheinenden "unabhängigen" kat
Tracked: Feb 14, 16:26
In den letzten Wochen sind angesichts der endgültig im deutschen Sprachraum angekommenen Debatten und versuchten Analysen zum Bereich des sexuellen Mißbrauchs innerhalb der Katholischen Kirche durch verschiedener Kleriker oder Mitarbeiter immer wieder die
Tracked: Mar 02, 16:08
Die von Papst Benedikt XVI. immer schon gewünschte klare Linie der Transparenz und Aufklärung bei Mißbrauchsvorwürfen, die mittlerweile zum Programm der ganzen Weltkirche geworden ist, wird vom selben Heiligen Vater konsequent weiterverfolgt. Dies zeigt s
Tracked: May 02, 01:19