Monday, April 19. 2010
Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Kirchenrecht, News Kommentare
Comments (0) Trackbacks (4) VATIKAN DISTANZIERT SICH KLAR VON KARDINAL HOYOS UND ERKLÄRT GRAVIORA DELICTA
Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. setzt seinen klaren Kurs der kirchlichen Option für die Opfer fort. Bei seiner Apostolischen Reise nach Malta, anläßlich des 1950. Jahrestages des Schiffbruchs des heiligen Apostels Paulus, traf er gestern wiederum Opfer sexuellen Mißbrauchs durch katholische Kleriker. In tief bewegender Atmosphäre begegnete der Papst acht Männern, die als Kinder mißbraucht worden waren, in der Apostolischen Nuntiatur von Rabat. Das Treffen fand nach der Heiligen Sonntagsmesse (Floriana) statt. Kurz danach teilte der Heilige Stuhl offiziell mit: "He was deeply moved by their stories and expressed his shame and sorrow over what victims and their families have suffered. He prayed with them and assured them that the Church is doing, and will continue to do, all in its power to investigate allegations, to bring to justice those responsible for abuse and to implement effective measures designed to safeguard young people in the future. In the spirit of his recent Letter to the Catholics of Ireland, he prayed that all the victims of abuse would experience healing and reconciliation, enabling them to move forward with renewed hope." Der mittlerweile weltweit bekannte und geschätzte Direktor des vatikanischen Presseamtes, P. Federico Lombardi SJ, teilte dann noch in einer darauf folgenden Pressekonferenz mit, daß Papst Benedikt XVI. sehr betroffen gewesen war von dem, was jedes einzelne Opfer ihm erzählt hatte. Jedes Opfer war von Seiner Heiligkeit empfangen worden, und das Treffen hatte mit einem gemeinsamen Gebet und mit dem Segen des Heiligen Vaters geendet. Die acht Männer sind heute zwischen 30 und 40 Jahren alt und waren als Kinder im Waisenhaus St. Joseph (Malta) mißbraucht worden. Sie baten um diese Begegnung mit Hilfe ihrer Bischöfe Mario Grech von Gozo und Erzbischof Paul Cremona, welche die Männer dann auch begleiteten. Lawrence Grech, der Sprecher der Gruppe und selbst ein Opfer, berichtete sehr berührt von dem Treffen, das ihm große spirituelle Stärkung geschenkt habe: "Wir haben jetzt Frieden in unseren Herzen, weil sogar der Papst Zeit fand, uns zu treffen. Wir blicken nun dem Ende des Gerichtsverfahrens und dem Abschluß dieses Kapitels entgegen."
Die klare Distanzierung des Heiligen Stuhles vom früheren Kardinalpräfekten der Kongregation für den Klerus, was ein von diesem unterfertigtes und schwer mißglücktes authentisches Schreiben an einen heute ebenso schon emeritierten, aber 2001 noch regierenden Diözesanbischof in Frankreich, Pierre Auguste Gratien Pican, betrifft, liegt daher ganz auf der unwiderruflichen Linie einer kirchlichen Option für die Opfer. Erschwerend kommt bei diesem Brief des früheren Kardinalpräfekten noch hinzu, daß er nach der von Johannes Paul II. approbierten und von Joseph Kardinal Ratzinger unterstützten sowie verlautbarten neueren Gesetzgebung verfaßt und abgesendet wurde. Im Grunde können wir von Glück reden, daß dieses Schreiben erst jetzt in der Öffentlichkeit auftaucht, weil es die bisher sehr konsequenten Aufklärungsbemühungen und Interpretationen des regierenden Papstes zusätzlich gestört hätte. Nach dem Hirtenbrief des Heiligen Vaters an die Iren gibt es nämlich absolut keinen Zweifel mehr, daß sich die schon damals glasklare LInie von Johannes Paul II. und von Joseph Kardinal Ratzinger nunmehr endgültig - offenbar auch gegen frühere Teile der römischen Kurie - durchgesetzt hat: radikale Aufklärung und das nunmehr für alle postulierte Transparenzprinzip. Offenbar gab es vor dem Jahr 2001 bei Fällen klerikalen sexuellen Mißbrauchs Minderjähriger, die im Falle des Falles auch noch an der Kongregation für den Klerus landeten, Meinungsverschiedenheiten unter den Kardinälen, ob schuldig befundene Priester sowohl nach staatlichem als auch nach kirchlichem Recht oder nur von Seiten der Kirche zur Rechenschaft gezogen werden sollten. Möglicherweise war bei manchen Bischöfen die frühere kanonistische Ausbildung und die diesbezügliche Logik eines Privilegs für katholische Kleriker ("privilegium fori"), nur von einem kirchlichen Gericht zur Rechenschaft gezogen zu werden, auch später noch verwurzelt. In dem auf der neuen kirchlichen Gesetzgebung des Jahres 2001 basierenden Leitfaden (Verständnishilfe für die grundlegende Vorgangsweise der Kongregation für die Glaubenslehre bei Vorwürfen sexuellen Mißbrauchs) heißt es aber ganz klar: "Die staatlichen Gesetze hinsichtlich der Anzeige von Straftaten bei den zuständigen Behörden sind immer zu befolgen." Somit läßt die sehr bedeutsame Erklärung des Heiligen Stuhles vom 16. April 2010 auch die Verdienste des Dieners Gottes Johannes Paul II. und seines damaligen Mitarbeiters Joseph Kardinal Ratzinger hervortreten, hier ist meine Übersetzung: ERKLÄRUNG DES DIREKTORS DES PRESSESAALES DES HEILIGEN STUHLES, P. FEDERICO LOMBARDI SJ Was einen Brief des früheren Präfekten der römischen Kongregation für den Klerus, Darío Kardinal Castrillón Hoyos, an den damaligen Diözesanbischof von Bayeux-Lisieux vom 8. September 2001 betrifft, hat der Direktor des Pressesaales des Heiligen Stuhles, Pater Federico Lombardi SJ, gestern abend die folgende Erklärung abgegeben: Dieses Dokument ist ein Beweis dafür, wie angebracht die einheitliche zentrale Übertragung der Behandlung der Fälle sexueller Mißbräuche Minderjähriger durch Mitglieder des Klerus in die Kompetenz der römischen Kongregation für die Glaubenslehre war, um dadurch eine rigorose und kohärente Überwachung der Fälle zu garantieren, wie es tatsächlich durch die vom Papst im Jahr 2001 approbierten Dokumente festgelegt wurde. [ENDE DER ÜBERSETZUNG DER DISTANZIERUNG DES VATIKAN.] Was stand präzise in dem kritisierten Brief von Kardinal Hoyos? Meine Übersetzung lautet folgendermaßen: "Kongregation für den Klerus. Aus dem Vatikan, am 8. September 2001. Ich schreibe Ihnen in der Eigenschaft des Präfekten der Kongregation für den Klerus, beauftragt zur Mitsorge in der Verantwortung des gemeinsamen Vaters für alle Priester der Welt. Ich spreche Ihnen meine Anerkennung dafür aus, daß Sie einen Priester [René Bissey] nicht bei der zivilen Behörde angezeigt haben. Sie haben richtig gehandelt, und ich freue mich, einen Mitbruder im Episkopat zu haben, der vor den Augen der Geschichte und aller Bischöfe der Welt das Gefängnis der Anzeige seines Priester-Sohnes vorgezogen haben wird. Tatsächlich ist die Beziehung zwischen den Priestern und ihrem Bischof keine berufsständische, sondern sie ist eine sakramentale, die sehr spezielle Bande geistlicher Vaterschaft begründet. Diese Thematik wurde vom letzten Konzil und von den Bischofssynoden der Jahre 1971 und 1991 sehr umfassend neu behandelt. Der Bischof hat andere Möglichkeiten, zu handeln, wie die katholische Bischofskonferenz Frankreichs kürzlich in Erinnerung gerufen hat, aber man kann von einem Bischof nicht verlangen, ihn selbst anzuzeigen. In allen zivilen Rechtsordnungen wird den Angehörigen die Möglichkeit eingeräumt, nicht zu Lasten eines direkten Verwandten auszusagen. In Eurem Kontext erinnern wir uns des Wortes vom heiligen Paulus: "im ganzen Prätorium und bei allen übrigen ist offenbar geworden, daß ich um Christi willen im Gefängnis bin. Und die meisten der Brüder sind durch meine Gefangenschaft zuversichtlich geworden im Glauben an den Herrn und wagen umso kühner, das Wort Gottes furchtlos zu sagen." (Phil 1,13 - 14). Diese Kongregation wird Kopien dieses Schreibens an alle Bischofskonferenzen übermitteln, um die Brüder im Episkopat auf diesem sehr heiklen Gebiet zu ermutigen. Indem ich Sie noch meiner brüderlichen Verbundenheit im Herrn versichere, grüße ich Sie mit Ihrem Weihbischof und Ihrer ganzen Diözese, Darío Kardinal Castrillón Hoyos; Fernando Guimarães, Bürochef. [Ergeht] an Seine hochwürdigste Exzellenz Msgr. Pierre Pican, Diözesanbischof von Bayeux-Lisieux." In meinen Augen absurd klingt es, wenn Kardinal Hoyos kurz nach der Distanzierung des Heiligen Stuhles von seinem Schreiben nun noch erklärt, daß er im Konsens mit dem damaligen Papst Johannes Paul II. gehandelt hätte. Um eine formelle Approbation kann es bei einem etwaigen Vorgespräch darüber nicht gegangen sein, denn im Brief selbst ist davon überhaupt keine Rede: der Papst wird nicht erwähnt. Und inoffizielle Approbationen gibt es nicht, auch wenn klar ist, daß ein Kurienkardinal normalerweise für den Papst spricht. (Leider ist davon auszugehen, daß Kardinal Hoyos während der gesamten Zeit als Präfekt der römischen Kleruskongregation die oben nachlesbare Haltung auch in anderen Ländern bzw. gegenüber anderen Bischöfen eingenommen hat.) Und ausgerechnet bei einem Kongreß der Universidad Católica San Antonio de Murcia (UCAM = Katholische Universität von Murcia) über Johannes Paul, den Großen, erklärte Kardinal Hoyos am 16. April 2010: "Se presentó un problema con un sacerdote en Francia y su obispo no lo denunció porque su obispo había recibido la confidencia en tanto que pastor y obispo. Este obispo fue llevado a la cárcel, y yo, después de consultar al Papa [Juan Pablo II], y mostrársela, escribí una carta al obispo felicitándolo como modelo de un padre que no entrega a sus hijos. Me autorizó el Santo Padre para que esta carta la enviara a todos los obispos del mundo." Angeblich sei hernach noch Applaus erfolgt: war den Applaudierenden aber klar, für was sie hier applaudierten und welche Mißbräuche der vom Bischof gedeckte Priester begangen hatte? Ich fürchte, daß Kardinal Hoyos damals im Falle des Falles den Papst so gefragt hat, daß er auch die gewünschte Antwort erhielt. In jedem Falle hätte sich der nicht mehr amtierende Kurienkardinal vor seinen öffentlichen Äußerungen nochmals präzise vergewissern müssen, daß sich der besagte französische Diözesanbischof nicht auf das Beichtgeheimnis berufen hatte können. Bischof Pican war dann damals wegen der nicht erfolgten Anzeige zu drei Monaten bedingt verurteilt worden, und der Diözesanpriester Bissey selbst war im Oktober 2000 für die von ihm zwischen 1989 und 1996 begangenen sexuellen Mißbräuche Minderjähriger ins Gefängnis gekommen. Wäre dem damaligen Papst und seinem Stab das Schreiben mit allen Rahmeninformationen vorgelegt worden, wäre dieser Brief im Sinne der kurz zuvor erlassenen neuen Gesetzgebung und des damit verbundenen Geistes der Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden im Hinblick auf die US-Skandalwelle mit Sicherheit abgeschmettert worden. Insofern erscheint mir das für Kardinal Hoyos verteidigende Hereinnehmen des Dieners Gottes Johannes Paul II. durch diesen selbst bedenklich. Und wenn Kardinal Hoyos in der vergangenen Woche gegenüber CNN (spanischsprachige TV-Station) auch noch erklärte, daß das lediglich zeitlich begrenzte Suspendieren von Mißbrauchspriestern und der hernach erfolgte stille Wiedereinsatz derselben an anderen Orten keine Vertuschung dargestellt habe, dann muß ich objektiv von Realitätsverlust sprechen. Offenbar ist Kardinal Hoyos noch nicht mit allen Konsequenzen klar geworden, was Opfer oft ein Leben lang durchmachen. Diese Sicht der Dinge - wenn auch von einem bereits emeritierten Kurienkardinal - ist somit ein direkter Widerspruch zu dem, was der heutige Papst bereits als Kardinalpräfekt unter Johannes Paul II. anpeilte und was er den Iren im Klartext schrieb. Angesichts der ganzen Geschichte erscheint die Frage menschlich verständlich, wie groß die Verantwortung desselben Kardinals Hoyos war, als er selbst offenbar das Problem des revisionistisch eingestellten Bischofs Richard Williamson gegenüber dem Papst im Vorjahr 2009 nicht erwähnte oder gar nicht bemerkt hatte. Ob dann der von mir oberhalb übersetzte skandalöse Brief des Kardinals im Jahr 2001 tatsächlich noch an alle Bischofskonferenzen gegangen ist, steht für mich noch nicht fest. Er hätte dadurch schon viel bekannter sein müssen, und somit ist die erst jetzt erfolgte "Publikation" des Schreibens durchaus bemerkenswert. Ich könnte mir vorstellen, daß der Brief nicht mehr an die Bischofskonferenzen ging, weil er - wie gesagt - inhaltlich dem Geist der kirchlichen Gesetzgebung widersprach. Erfreulicherweise ist nun auch auf der Vatikanseite die offizielle deutsche Version des von mir bereits übersetzten Leitfadens erschienen. Der Titel lautet in der Übersetzung des Heiligen Stuhles: "Verständnishilfe für die grundlegende Vorgangsweise der Kongregation für die Glaubenslehre bei Vorwürfen sexuellen Mißbrauchs". Als ein kleines Beispiel zum Vergleich habe ich oben schon die Passage zur Anzeigepflicht gegenüber den staatlichen Strafverfolgungsbehörden angeführt: "Die staatlichen Gesetze hinsichtlich der Anzeige von Straftaten bei den zuständigen Behörden sind immer zu befolgen." Damit ist für immer geklärt, daß das von Kardinal Hoyos verwendete und in meinen Augen absurde "klerikale Familienargument" zur Deckung von Verbrechen nie mehr ins Treffen geführt werden kann und darf. Es ist daher kein Zufall, daß in dem nun bekanntgewordenen Schreiben von Kardinal Hoyos keine konkrete Stelle des II. Vatikanischen Konzils genannt wurde, denn es gibt keine Passage, die einem Diözesanbischof die Anzeige eines in dessen Teilkirche inkardinierten Klerikers bei einer solchen Faktenlage ausreden oder gar verbieten würde. Im Gegenteil, spätestens mit dem Ende des letzten XXI. Ökumenischen Konzils (= II. Vatikanischen Konzils) im Jahre 1965 und mit dem neuen lateinischen Codex des kanonischen Rechtes (1983: endgültiger Wegfall des "privilegium fori" für Kleriker) hätte dies allen regierenden Bischöfen und Oberen klar sein müssen, denn in der Pastoralkonstitution Gaudium et Spes lehrt das Konzil unter dem Titel "Politische Gemeinschaft und Kirche" in der Nummer 65: "Sehr wichtig ist besonders in einer pluralistischen Gesellschaft, daß man das Verhältnis zwischen der politischen Gemeinschaft und der Kirche richtig sieht, so daß zwischen dem, was die Christen als Einzelne oder im Verbund im eigenen Namen als Staatsbürger, die von ihrem christlichen Gewissen geleitet werden, und dem, was sie im Namen der Kirche zusammen mit ihren Hirten tun, klar unterschieden wird. Die Kirche, die in keiner Weise hinsichtlich ihrer Aufgabe und Zuständigkeit mit der politischen Gemeinschaft verwechselt werden darf noch auch an irgendein politisches System gebunden ist, ist zugleich Zeichen und Schutz der Transzendenz der menschlichen Person. Die politische Gemeinschaft und die Kirche sind auf je ihrem Gebiet voneinander unabhängig und autonom. Beide aber dienen, wenn auch in verschiedener Begründung, der persönlichen und gesellschaftlichen Berufung der gleichen Menschen. Diesen Dienst können beide zum Wohl aller um so wirksamer leisten, je mehr und besser sie rechtes Zusammenwirken miteinander pflegen; dabei sind jeweils die Umstände von Ort und Zeit zu berücksichtigen. Der Mensch ist ja nicht auf die zeitliche Ordnung beschränkt, sondern inmitten der menschlichen Geschichte vollzieht er ungeschmälert seine ewige Berufung. Die Kirche aber, in der Liebe des Erlösers begründet, trägt dazu bei, daß sich innerhalb der Grenzen einer Nation und im Verhältnis zwischen den Völkern Gerechtigkeit und Liebe entfalten. Indem sie nämlich die Wahrheit des Evangeliums verkündet und alle Bereiche menschlichen Handelns durch ihre Lehre und das Zeugnis der Christen erhellt, achtet und fördert sie auch die politische Freiheit der Bürger und ihre Verantwortlichkeit. Wenn die Apostel und ihre Nachfolger mit ihren Mitarbeitern gesandt sind, den Menschen Christus als Erlöser der Welt zu verkünden, so stützen sie sich in ihrem Apostolat auf die Macht Gottes, der oft genug die Kraft des Evangeliums offenbar macht in der Schwäche der Zeugen. Wer sich dem Dienst am Wort Gottes weiht, muß sich der dem Evangelium eigenen Wege und Hilfsmittel bedienen, die weitgehend verschieden sind von den Hilfsmitteln der irdischen Gesellschaft. Das Irdische und das, was am konkreten Menschen diese Welt übersteigt, sind miteinander eng verbunden, und die Kirche selbst bedient sich des Zeitlichen, soweit es ihre eigene Sendung erfordert. Doch setzt sie ihre Hoffnung nicht auf Privilegien, die ihr von der staatlichen Autorität angeboten werden. Sie wird sogar auf die Ausübung von legitim erworbenen Rechten verzichten, wenn feststeht, daß durch deren Inanspruchnahme die Lauterkeit ihres Zeugnisses in Frage gestellt ist, oder wenn veränderte Lebensverhältnisse eine andere Regelung fordern. Immer und überall aber nimmt sie das Recht in Anspruch, in wahrer Freiheit den Glauben zu verkünden, ihre Soziallehre kundzumachen, ihren Auftrag unter den Menschen unbehindert zu erfüllen und auch politische Angelegenheiten einer sittlichen Beurteilung zu unterstellen, wenn die Grundrechte der menschlichen Person oder das Heil der Seelen es verlangen. Sie wendet dabei alle, aber auch nur jene Mittel an, welche dem Evangelium und dem Wohl aller je nach den verschiedenen Zeiten und Verhältnissen entsprechen. In der Treue zum Evangelium, gebunden an ihre Sendung in der Welt und entsprechend ihrem Auftrag, alles Wahre, Gute und Schöne in der menschlichen Gemeinschaft zu fördern (vgl. Mt 22,39) und zu überhöhen, festigt die Kirche zur Ehre Gottes den Frieden unter den Menschen (vgl. II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche Lumen Gentium, Kapitel II, Nr. 9: AAS 57 [1965] 12-14)." Vielleicht ist manchem die "Verständnishilfe für die grundlegende Vorgangsweise der Kongregation für die Glaubenslehre bei Vorwürfen sexuellen Mißbrauchs" zu kurz und anderen wiederum die vollständige Gesetzgebung aus dem Jahr 2001 zu lang: nun gibt es vom Kirchenanwalt der Glaubenskongregation, Msgr. Charles J. Scicluna - selbst ein katholischer Priester aus Malta - eine Art Mittelding, eine längere Darstellung der Vorgehensweisen und somit eine Erklärung der geltenden Gesetzgebung, wir könnten auch sagen, ein Vademecum für alle schwerwiegenderen kirchenrechtlichen Straftaten, die der römischen Glaubenskongregation (kirchenintern) vorbehalten sind, was ich unterhalb (wohl erstmals) in deutscher Sprache anbiete: DIE VORGEHENSWEISE UND DIE PRAXIS DER KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE BETREFFEND GRAVIORA DELICTA A. Einige Vorüberlegungen betreffend den Inhalt des Rechtes (substantive law) Mit Bezug auf Artikel 52 der Apostolischen Konstitution Pastor Bonus vom 28. Juni 1988 unterscheidet Artikel 1 des Motu proprio Sacramentorum sanctitatis tutela vom 30. April 2001 zwei Arten schwerwiegenderer Delikte: a) "delicta in sacramentorum celebratione commissa" (Delikte, die bei der Feier der Sakramente begangen wurden) b) “delicta contra mores” (Delikte gegen die Sitten). Betreffend die delicta graviora in sacramentorum celebratione commissa bezieht sich das Motu proprio nur auf zwei Sakramente: i) das Allerheiligste Opfer und Sakrament der Eucharistie, ii) das Sakrament der Buße. Das Motu proprio zählt im Artikel 2 fünf Delikte gegen die Eucharistie auf: 1. Die Profanierung der heiligsten Gestalten (Artikel 2, Nr. 1). Das Motu proprio erwähnt ausdrücklich (vgl. Nr. 9) die authentische Interpretation vom 4. Juni 1999, welche in die Definition des Verbes "abicere", wie es im can. 1367 CIC und im can. 1442 CCEO verwendet wird, “quamlibet actionem Sacras Species voluntarie et graviter despicientem” (jegliche Handlung, welche die heiligsten Gestalten willentlich und schwerwiegend entwürdigt) einschließt. 2. Den Versuch, das Eucharistische Opfer zu zelebrieren durch jemanden, der nicht die heiligen Weihen empfangen hat (Artikel 2, Nr. 2; can. 1378 § 2, Nr. 1 CIC). Dieses Delikt, das im CCEO nicht erwähnt wird, ist nun im Corpus canonum ecclesiarum orientalium kraft des Motu proprio ausdrücklich eingeschlossen. 3. Die Simulation der liturgischen Zelebration des Eucharistischen Opfers (Artikel 2, Nr. 2; can. 1379 CIC; can. 1443 CCEO). Für beide kirchlichen Gesetzbücher ist die Simulation jedes Sakramentes eine Straftat. Das Motu proprio behandelt nur die Simulation der Heiligen Messe bzw. der Göttlichen Liturgie als ein delictum gravius. 4. Die Konzelebration des Eucharistischen Opfers mit einem Amtsträger einer kirchlichen Gemeinschaft, die nicht die Apostolische Sukzession hat und welche die sakramentale Würde der Priesterweihe nicht anerkennt (Artikel 2, Nr. 3). Das Motu proprio erwähnt ausdrücklich die cann. 908 und 1365 CIC sowie die cann. 702 und 1440 CCEO. Der Anwendungsbereich dieser Canones ist weitgehender als die Norm des Motu proprio, welche ein delictum gravius auf die Konzelebration des Eucharistischen Opfers mit "protestantischen" Amtsträgern beschränkt. Es scheint für mich, daß die zwei Elemente (das Fehlen der apostolischen Sukzession und die Nichtanerkennung der sakramentalen Würde der Priesterweihe) in der Beschreibung dieser betreffenden kirchlichen Gemeinschaft, von der im Artikel 2, Nr. 3, gesprochen wird, nicht zu unterscheiden sind. 5. Die zu einem sakrilegischen Zweck vorgenommene Konsekration einer der eucharistischen Gestalten ohne die andere innerhalb der Eucharistiefeier oder beider Gestalten außerhalb der Eucharistiefeier (Artikel 2, § 2). Die Anmerkung Nr. 19 erwähnt den can. 927 CIC, welcher den Ausdruck nefas est verwendet, um eine Handlung zu verbieten, die keine formelle Straftat wäre. Es ist wichtig, den finis operantis "in sacrilegum finem" zu erwähnen. Ich frage mich, ob solche Konsekrationen innerhalb des sakrilegischen Kontextes der Straftat der Profanation der Eucharistie nahekommen, die ja als "qualibet actio Sacras Species voluntarie et graviter despiciens" umschrieben wird. Artikel 3 des Motu proprio faßt vier Delikte gegen die Heiligkeit des Sakramentes der Buße ins Auge: 1. Die Lossprechung eines Beteiligten bei einer Sünde gegen das sechste Gebot (Artikel 3, Nr. 1; can. 1378, § 1 CIC; can. 1457 CCEO). 2. Die Verführung zu einer Sünde gegen das sechste Gebot (Artikel 3, Nr. 2; can. 1387 CIC; can. 1458 CCEO). Es ist wichtig zu sehen, daß das Motu proprio das delictum gravius auf die Verführung beschränkt, die auf das Sündigen mit dem Beichtvater selbst abzielt ("quae ad peccandum cum ipso confessario dirigitur"), während die klassische Definition der Sollizitation im Codex auch die Verführung zu einer Sünde gegen das sechste Gebot mit einer dritten Person einschließt. Die auf dieses Delikt bezogene Rechtsprechung hat sich wesentlich weiterentwickelt, zum Teil weil es im Codex 1917 unter Strafe der Exkommunikation eine Verpflichtung gab, den verführenden Beichtvater anzuzeigen. Sollizitation beinhaltet auch die ausdrückliche Ermutigung, unkeusche Akte zu setzen. Einige Fälle von Mißbrauchsverhalten zeigen auch, daß manche Priester das Sakrament der Buße benutzt haben, um ihre Opfer kennenzulernen und mit ihnen ihren ersten Kontakt herzustellen. Dieses Benehmen könnte leicht zur sollicitatio inchoata hinzugezählt werden, wobei der Beichtvater einen scheinbar harmlosen Dialog beginnt, der dann zu einem Treffen mit dem Pönitenten außerhalb der Beichte führt, das sexuellem oder unanständigem Verhalten dient. 3. Die direkte oder indirekte Verletzung des Beichtgeheimnisses (Artikel 3, Nr. 3; can. 1388 § 1 CIC; can. 1456 § 1 CCEO). Das Motu proprio beinhaltete ursprünglich nur die direkte Verletzung des Geheimnisses. Der Heilige Vater entschied bei einer Audienz, die Kardinal Ratzinger am 7. Februar 2003 gewährt wurde, auch die indirekte Verletzung aufzunehmen. Diese Entscheidung des höchsten Gesetzgebers macht für den Ordinarius es sicherlich einfacher, zu entscheiden, welche Fälle an die Kongregation für die Glaubenslehre kraft ihrer Kompetenz übermittelt werden müssen. Es ist oft schwierig, in einem aktuellen Fall der Verletzung des Geheimnisses zwischen den beiden Straftatbeständen zu unterscheiden. 4. Die Aufnahme dessen, was in der Beichte entweder vom Priester oder vom Pönitenten gesagt wurde, oder deren Verbreitung durch Mittel der sozialen Kommunikation (Artikel 3, Nummer 4; Decretum der Kongregation für die Glaubenslehre, 23.September 1988, AAS 80 [1988] 1367). Dieses delictum gravius wurde vom Heiligen Vater in einer Entscheidung hinzugefügt, die mit 7. Februar 2003 datiert ist. Das Dekret der Kongregation für die Glaubenslehre, mit dem eine Exkommunikation latae sententiae festgelegt worden war, war im Jahre 1988 publiziert worden. Erwähnenswert ist ein Prinzip des Verfahrensrechtes, das insbesondere zu dieser Art des Deliktes gehört. Artikel 20 des Motu proprio sieht vor, daß in Straftatsfällen gegen das Sakrament der Buße der Name des Anklägers dem Beschuldigten oder dessen Anwalt ohne den ausdrücklichen Konsens des Anklagenden nicht bekanntgemacht werden kann. Diesem traditionellen Prinzip folgen auch logisch konsequente Normen im Artikel 20: a) die Frage der Glaubwürdigkeit des Anklagenden ist in diesen Fällen von größter Bedeutung; b) die Notwendigkeit, jegliche Gefahr immer zu vermeiden, wodurch auch immer das Beichtgeheimnis verletzt würde. In der Kategorie der delicta contra mores enthält das Motu proprio nur ein einziges, im Artikel 4: die Straftat gegen das sechste Gebot, verübt von einem Kleriker mit einer minderjährigen Person unter achtzehn Jahren. Bei diesem Delikt sind einige Erörterungen der Praxis der Kongregation für die Glaubenslehre relevant: a) Das Motu proprio spricht von einem "delictum cum minore". Das meint nicht nur physischen Kontakt oder direkten Mißbrauch, sondern schließt auch indirekten Mißbrauch ein (zum Beispiel: das Zeigen von Pornographie gegenüber Minderjährigen; lüsterne unkeusche Exhibition vor Minderjährigen). Eingeschlossen ist auch der Besitz oder das Herunterladen von pädophiler Pornographie vom Internet. Diese Verhaltensart ist in einigen Nationen auch ein (staatliches) Verbrechen. Während das Internetsurfen unfreiwillig passieren kann, ist es schwer zu sehen, wie dies beim Herunterladen so bewertet werden könnte, weil es nicht nur das Auswählen oder das Anklicken einer speziellen Option beinhaltet, sondern oft auch das Bezahlen durch Kreditkarte und das Abliefern persönlicher Informationen des Käufers, was spurenmäßig zu ihm führen kann. Einige Priester wurden ins Gefängnis geschickt wegen Besitzes tausender pornographischer Photographien von Kindern und Jugendlichen. Nach der Praxis der Kongregation für die Glaubenslehre wird solches Verhalten als delictum gravius bewertet. b) Can. 1395 § 2 CIC spricht von einer Straftat mit einer minderjährigen Person unter 16: "cum minore infra aetatem sedecim annorum". Das Motu proprio spricht andererseits von einer Straftat mit einer minderjährigen Person unter 18: "delictum ... cum minore infra aetatem duodeviginti annorum”. Deshalb wird die Klassifizierung der Straftat komplexer. Einige Experten sprechen in der Tat nicht nur von Pädophilie (die sexuelle Anziehung durch vorpubertäre Kinder), sondern auch von Ephebophilie (die sexuelle Anziehung durch Heranwachsende), von Homosexualität (die sexuelle Anziehung durch Erwachsene desselben Geschlechtes) und von Heterosexualität (die sexuelle Anziehung durch Erwachsene des anderen Geschlechtes). Zwischen 16 und 18 Jahren können einige "Minderjährige" tatsächlich als Objekte homosexueller oder heterosexueller Anziehung wahrgenommen werden. Manche zivile Gesetzgebungen betrachten eine Person im Alter von 16 Jahren als fähig, einer sexuellen Handlung zuzustimmen (ob hetero- oder homosexuell). Das Motu proprio brandmarkt jedoch als Straftat jede Verletzung des sechsten Gebotes mit einer minderjährigen Person unter 18 Jahren, ob diese nun auf Pädophilie, Ephebophilie, Homosexualität oder Heterosexualität basiert. Diese Differenzierung hat jedoch trotzdem eine Bedeutung vom psychologischen, pastoralen und juridischen Standpunkt her. Sie hilft ohne Zweifel dem Ordinarius und dem Richter, die Schwere des Deliktes zu erfassen und den notwendigen Weg zur Besserung des schuldigen Klerikers, zur Behebung des Skandals und zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit auszuwählen (vgl. can. 1341 CIC). c) Einige wenige schwere Fälle sexuellen Mißbrauchs Minderjähriger im Alter zwischen 16 und 18, die vor dem 30. April 2001 begangen worden waren, wurden unter dem can. 1399 CIC behandelt: in Ergänzung zu den hier oder in anderen Gesetzen herausgestellten Tatbeständen kann die äußere Verletzung eines göttlichen oder kanonischen Gesetzes mit einer gerechten Strafe geahndet werden, und zwar nur, wenn die spezifische Schwere der Verletzung Bestrafung verlangt und es eine dringliche Notwendigkeit gibt, Ärgernisse zu verhindern oder zu beheben. ("Praeter casus hac vel aliis legibus statutos, divinae vel canonicae legis externa violatio tunc tantum potest iusta quidem poena puniri, cum specialis violationis gravitas punitionem postulat, et necessitas urget scandala praeveniendi vel reparandi”.) Da dieser Canon nur von einer "iusta poena” spricht, kann ein Richter gemäß can. 1349 CIC deshalb keine dauerhafte Strafe verhängen. Die Frage der Verjährung in bezug auf die graviora delicta wird nach dem Motu proprio neuerlich sehr diskutiert, weil zum ersten Mal in der Geschichte eine zeitliche Grenze festgelegt wurde, nach der die actio criminalis für diese Delikte erloschen ist. Artikel 5 § 1 gibt an, daß ein Delikt nach zehn Jahren verjährt ist, während Artikel 5 § 2 festlegt, daß dieser Zeitraum von zehn Jahren nach der Vorschrift des can. 1362 § 2 CIC oder des can. 1152 § 3 CCEO läuft: die Verjährung läuft von dem Tag an, an dem die Straftat begangen wurde, oder wenn die Straftat fortlaufend oder gewohnheitsmäßig ist, von dem Tag, an dem sie beendet war ("praescriptio decurrit ex die quo delictum patratum est, vel, si delictum sit permanens vel habituale, ex die quo cessavit"). In Fällen sexuellen Mißbrauchs beginnt die Zeit von zehn Jahren zu laufen an dem Tag, an dem die minderjährige Person ihr achtzehntes Lebensjahr vollendet. Die Erfahrung hat gezeigt, daß eine Zeitspanne von zehn Jahren für diese Arten von Fällen inadäquat ist und daß es wünschenswert wäre, zum früheren System zurückzukehren, in welchem diese Straftaten überhaupt keiner Verjährung unterworfen waren. Am 7. November 2002 gewährte der Heilige Vater der Kongregation für die Glaubenslehre die Fakultät, von der Verjährung abzusehen, auf der Basis von Fall zu Fall und auf Antrag eines einzelnen Bischofs. B. Einige Bemerkungen zum Verfahren Die Notitia criminis Delicta graviora werden vom Ordinarius kraft Artikel 13 des Motu proprio an die Kongregation für die Glaubenslehre übermittelt. Darin wird gesprochen von "notitia saltem verisimilem … de delicto reservato" und von einer "investigatio praevia”. Die erste Phase ist identisch mit jener vom can. 1717 CIC vorgesehenen. Der Ordinarius hat die Verpflichtung, sowohl die Glaubwürdigkeit der Anschuldigung als auch die Substanz oder das Objekt der behaupteten Straftat zu untersuchen. Wenn das Ergebnis der "investigatio praevia” lautet, daß die Anschuldigung glaubwürdig sei, hat der Ordinarius keine Macht oder Kompetenz mehr, das Material in Übereinstimmung mit can. 1718 CIC zu werten, sondern er muß den Fall an die Kongregation für die Glaubenslehre übermitteln. Die Möglichkeiten der Kongregation für die Glaubenslehre Die Kongregation für die Glaubenslehre studiert die vom Ordinarius vorgelegten Akten und - wenn keine weiteren Informationen erbeten werden, um zu einer fundierten Entscheidung zu gelangen - trifft eine sehr wichtige erste Entscheidung, nämlich über die Methode (iter) zur Lösung des Falles. Verschiedene Möglichkeiten gibt es: a) Die Kongregation für die Glaubenslehre kann entscheiden, daß die Fakten des Falles keine weitere Strafverfolgung erforderlich machen, und kann um des Gemeinwohles der Kirche willen einige nicht-strafrechtliche Verwaltungsanweisungen vorschlagen oder bestätigen, auch unter Berücksichtigung des Wohles des beschuldigten Klerikers (vgl. cann. 1718 § 1, Nr. 1 - 2). Gegen solche Maßnahmen der Kongregation für die Glaubenslehre kann bei der Apostolischen Signatur kein hierarchischer Rekurs eingebracht werden, sondern nur bei den Kardinals- und Bischofs-Mitgliedern der Ordentlichen Versammlung der Kongregation für die Glaubenslehre, allgemein bekannt unter dem Namen Feria Quarta. b) Die Kongregation für die Glaubenslehre kann entscheiden, den Fall für eine Ex-Officio-Entlassung des beschuldigten Klerikers direkt dem Heiligen Vater vorzulegen. Dies ist besonders schwerwiegenden Fällen vorbehalten, bei welchen die Schuld des Klerikers ohne Zweifel feststeht und gut dokumentiert ist. Es ist die Praxis der Kongregation für die Glaubenslehre, den Ordinarius zu ersuchen, daß er den schuldigen Kleriker befrage, ob er es vorziehe, selbst um Dispens von seinen priesterlichen Verpflichtungen anzusuchen. Wenn der Kleriker ablehnt oder nicht antwortet, wird die Sache fortgesetzt. Die Disziplinarsektion der Kongregation für die Glaubenslehre bereitet einen Bericht für den Heiligen Vater vor, der selbst den Fall anläßlich der normalerweise an einem Freitag dem Kardinalpräfekten oder dem Sekretär der Kongregation gewährten Audienz entscheidet. Das Reskript wird dem Ordinarius mitgeteilt. Es gibt keine Berufung und keinen Rekurs gegen die Entscheidung des Heiligen Vaters. c) Die Kongregation für die Glaubenslehre kann entscheiden, ein Verwaltungsstrafverfahren gemäß can. 1720 CIC (can. 1486 CCEO) zu bewilligen. Wenn der Ordinarius der Meinung ist, daß der Fall die Auferlegung der Strafe der Entlassung aus dem Klerikerstand erfordere, muß er seine Meinung der Kongregation für die Glaubenslehre mitteilen, die wiederum ihrerseits entscheidet, die Strafe aufzuerlegen oder nicht. Gegen eine solche Entscheidung kann bei der Feria IV Rekurs eingelegt werden. d) Die Kongregation für die Glaubenslehre kann entscheiden, den Ordinarius zu beauftragen, ein Strafgerichtsverfahren in der Diözese durchzuführen, unter der Bedingung, daß eine Berufung in jedem Fall nur gegenüber dem Gerichtshof der Kongregation für die Glaubenslehre möglich sei. Die Richter, der Kirchenanwalt, die Notare und auch die Anwälte müssen Priester sein (Artikel 12), oder sie müssen muß von diesen Voraussetzungen dispensiert werden. Artikel 22 verlangt weiters, daß die Akten des Falles mit Beendigung der ersten Instanz ex officio an die Kongregation für die Glaubenslehre übersandt werden müssen. Der Kirchenanwalt der Kongregation besitzt die Fakultät, gegen die ersten Instanz zu berufen innerhalb von dreißig Tagen "a die qua sententia primae instantiae ipsi Promotori nota facta sit”. In diesen Fällen hat die Kongregation für die Glaubenslehre die Fakultät, jegliche Vorgänge untergeordneter Gerichte betreffend das Verfahrensrecht zu sanieren. Die Entscheidung des Gerichtshofes der Kongregation für die Glaubenslehre in der zweiten Instanz läßt keine Berufung zu, und deshalb wird sie eine res iudicata (Artikel 23, Nr. 1 und 4). Wenn es den Ordensstand betrifft, ist folgendes Verfahren vorgesehen: Jedes Mal, wenn der kompetente Obere (can. 620 CIC) Informationen über ein zumindest wahrscheinliches delictum gravius erhält, das von einem Ordenskleriker begangen wurde, muß er eine investigatio praevia gemäß den Vorschriften des Gesetzes durchführen. Der Ordensmann muß über das Ergebnis informiert werden, und es muß ihm die Möglichkeit gegeben werden, sich selbst zu verteidigen (cann. 1717; 695 § 2 CIC). Alle Akten müssen dem obersten Leiter übergeben werden, in Übereinstimmung mit den Vorschriften, die im can. 695 §2 CIC enthalten sind. Seinerseits wird der oberste Leiter die zuvor erwähnten Akten der Kongregation für die Glaubenslehre übersenden, zusammen mit seinem eigenen Votum und mit jenem seines Rates über die Sachverhalte des Falles und über die zu wählende Vorgehensweise. Sobald sie die notwendigen Akten vom höchsten Leiter erhalten hat, wird die Kongregation für die Glaubenslehre die Vorgehensweise anzeigen, der gefolgt werden soll, aber auch die vorzunehmenden Maßnahmen: a) Wenn die Kongregation anweist, daß der Fall mittels eines Strafverfahrens gelöst werden soll, kann sie auch unter Berücksichtigung der Umstände das kompetente Gericht angeben, welches die Verfahrensschritte der ersten Instanz vornehmen soll (vgl. can. 1427; can. 1408 mit can. 103 CIC). Das angegebene Gericht kann die Entlassung aus dem Institut geweihten Lebens und auch die Entlassung aus dem Klerikerstand entscheiden. Das Berufungsurteil ist dem höchsten Gericht der Kongregation für die Glaubenslehre vorbehalten. b) Wenn die Kongregation entscheidet, daß der Fall auf einem Verwaltungsweg gelöst werden soll, wird sie den höchsten Leiter bitten, gemäß der Vorschrift des can. 699 § 1 CIC vorzugehen. Mit seinem Rat kann der höchste Leiter die Entlassung aus dem Institut geweihten Lebens nicht anordnen, aber er kann disziplinäre Maßnahmen erlassen. Es ist die exklusive Aufgabe der Kongregation für die Glaubenslehre, das Dekret zur Entlassung aus dem Institut geweihten Lebens gemäß der Vorschrift des can. 700 CIC zu bestätigen. Gleichzeitig wird die Kongregation auch darüber entscheiden, ob dem Ordensmann die Strafe der Entlassung aus dem Klerikerstand aufzuerlegen sei. Kopien jeglicher Dekrete werden ex officio der Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens übersandt. Berufungen gegen Dekrete, die in Fällen von delicta graviora erlassen wurden, werden ausschließlich von der ordentlichen Versammlung der Mitglieder der Kongregation für die Glaubenslehre (Feria IV) entschieden. Es gibt keine Rekursmöglichkeit bei der Apostolischen Signatur. Rekurse haben eine aufschiebende Wirkung. c) Was Institute diözesanen Rechtes betrifft, muß jede Vorlage des höchsten Leiters gegenüber der Kongregation für die Glaubenslehre vom Bischof des Wohnsitzes oder des Quasi-Wohnsitzes des Ordensmannes nach den Vorschriften des can. 103 CIC bewilligt werden [ENDE MEINER ÜBERSETZUNG.] Heute genau vor fünf Jahren wurde Joseph Kardinal Ratzinger nach katholischem Glauben von Gott selbst erwählt, sichtbarer Stellvertreter Christi auf Erden und Nachfolger des heiligen Petrus zu sein. Die Wahl durch die Kardinäle ist nach unserem Verständnis keine demokratische Wahl, sondern ein geistlicher Vorgang, ein Modus, wodurch der Wille Gottes zum Ausdruck kommt. Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. hat in vielen existentiellen Bereichen der Katholischen Kirche entscheidende Akzente und bleibende Wegweisungen und Veränderungen geschenkt. Auch wenn heute manche den Wert dieses Pontifikates noch nicht durchschauen und recht zu bewerten vermögen, so werden sich längerfristig die Verdienste des heutigen Papstes Benedikt XVI. auswirken, nicht zuletzt für die Opfer sexuellen Mißbrauchs durch Priester. Davon geht auch der noch vom Diener Gottes Johannes Paul II. im Jahr 2004 bestellte Apostolische Visitator des Bistums St. Pölten und seines Priesterseminars, der heutige St. Pöltner Diözesanbischof Dr. Dr. Klaus Küng, aus. Er schreibt in der morgigen Ausgabe der österreichischen Tageszeitung "Die Presse" unter dem Titel "Ein ganz besonderer Papst. Realismus, Gelassenheit und Tiefgang zeichnen Benedikt XVI. aus": "Langsam spricht es sich herum, und das freut mich. Mehr und mehr wird auch kritischen Journalisten wie zum Beispiel Ross Douthat von der 'New York Times' klar, welche Rolle Benedikt XVI. im Zusammenhang mit Mißbrauch spielt und gespielt hat, schon in seiner Zeit als Kardinal und Präfekt der Glaubenskongregation und völlig konsequent auch als Papst. Er war es, der Papst Johannes Paul II. davon überzeugt hat, die Agenden bezüglich sexueller Vergehen von Priestern an Jugendlichen unter 18 der Glaubenskongregation zu übertragen und diese mit richterlichen Befugnissen auszustatten, um eine rasche und effiziente Abwicklung zu garantieren; und unter der Führung von Kardinal Ratzinger wurden die seit 2001 gültigen strengen Richtlinien zur Bearbeitung solcher Fälle zur Approbation gebracht. Persönlich habe ich bei ihm in den letzten Jahren, insbesondere im Zusammenhang mit der von mir in St. Pölten durchgeführten Apostolischen Visitation, Halt und Ermutigung gefunden, die notwendigen Maßnahmen konsequent durchzuziehen. Es ging dabei zwar nicht um sexuelle Vergehen von Priestern an Minderjährigen, aber doch auch um sehr delikate Materien." So bitte ich Euch, für unseren Heiligen Vater Benedikt XVI. zu beten und ihm heute von Herzen zu gratulieren. Euer Padre Alex - Dr. Alexander Pytlik Comments
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Einmal mehr wird der schlimme "Fall Murphy" in den USA medial behandelt, sodaß der Heilige Stuhl gestern folgendes offiziell verlauten hat lassen:
http://visnews-en.blogspot.com/2010/04/declaration-of-us-lawyer-concerning-sex.html Meine Übersetzung lautet folgendermaßen: "Bezugnehmend auf die Klage gegen den Heiligen Stuhl, welche von Anwälten in den Vereinigten Staaten von Amerika bei einem Bundesgericht in Milwaukee im Namen eines Opfers sexuellen Mißbrauchs (durch ein Mitglied des Klerus) eingebracht wurde, weist das Presseamt des Heiligen Stuhles neuerlich auf eine Erklärung hin, die von Jeffrey Lena, dem bevollmächtigten Rechtsanwalt des Heiligen Stuhles in den USA veröffentlicht worden war, deren vollständiger Text nachfolgend abgedruckt wird: Zuallererst muß das Mitleid den Opfern der verbrecherischen Handlungen gelten, die vom Priester Lawrence Murphy begangen wurden. Indem er Kinder sexuell mißbrauchte, verletzte Murphy sowohl das Gesetz als auch das Vertrauen, das seine Opfer in ihn gesetzt hatten. Während mittlerweile auch schon legitime Klagen von Mißbrauchsopfern eingebracht wurden, zählt die gegenständliche nicht dazu. Stattdessen repräsentiert diese Klage einen Versuch, tragische Vorkommnisse als eine Plattform für eine breitere Attacke zu verwenden, in diesem Fall unter neuerlicher Charakterisierung der Katholischen Kirche als ein weltweit tätiges Wirtschaftsunternehmen. Der Rechtssache gegen den Heiligen Stuhl und seine Amtsträger fehlt jegliches Fundament. Der Großteil der Anklageschrift wärmt alte Theorien auf, die von US-Gerichten längst urückgewiesen wurden. Betreffend Murphy selbst wußten der Heilige Stuhl und seine Amtsträger über Jahrzehnte nach dem verübten Mißbrauch nichts von seinen Verbrechen und spielten daher keine wie auch immer geartete Rolle bei der Verursachung der Verletzungen des Klägers. Angesichts der Ermangelung eines Fundamentes, stellt die Klage einfach den letzten Versuch von Seiten bestimmter US-Anwälte - zusammen mit der damit verbundenen 'unvermeidlichen' Pressekonferenz und den entsprechenden Nachrichtenübermittlungen - dar, das Gerichtsverfahren als ein Instrument des Medienbezugs zu verwenden. Falls notwendig, werden wir auf diese Klage ausführlicher eingehen, vor Gericht und zum angemessenen Zeitpunkt." [ENDE MEINER AKTUELLEN ÜBERSETZUNG.] Vgl. auch folgende kath.net-Artikeln: 1. Kirche hat nie Meldung von Kindesmißbrauch bei den Behörden untersagt: http://www.kath.net/detail.php?id=26133 2. US-Kirchenrichter: 'Papst ist über alle Zweifel erhaben': http://www.kath.net/detail.php?id=26199 Einen gesegneten Sonntag wünscht Euch allen Euer Padre Alex
In den USA verhinderten nun Proteste von Opfern klerikalen sexuellen Mißbrauchs, daß ein lateinisches Hochamt zum fünften Jahrestag der Erwählung von Benedikt XVI. von Kardinal Hoyos zelebriert werde. Er hat offenbar selbst eingesehen, daß dies angesichts seines Briefes vom 8. September 2001 (und seiner daraus hervorgehenden und bisher offensichtlich leider nicht aufgegebenen Haltung) nicht mehr möglich ist.
Und die einladende Gruppe hat dazu ein Statement abgegeben und somit aufgezeigt, daß die Verbundenheit mit der Tradition keine Vertuschungshaltung nach Art von Kardinal Hoyos nach sich ziehen müsse, im Gegenteil (weshalb sich der Heilige Stuhl klar von diesem Schreiben des emeritierten Kurienkardinals Hoyos distanziert hat). Hier also die wichtige Stellungnahme des Paulusinstitutes für traditionelle Liturgie aus den USA zum Zelebrantenwechsel: "In consultation with His Eminence, Dario Cardinal Castrillon Hoyos, The Paulus Institute has agreed to seek another celebrant for the Pontifical Solemn High Mass taking place on April 24th. This action will help maintain the solemnity, reverence and beauty of the Mass. The Paulus Institute was formed for the propagation of sacred liturgy. The Traditional Latin Mass planned for April 24th honoring Pope Benedict on his five-year inauguration anniversary is a liturgical event much bigger than the individual celebrant. Cardinal Castrillon was approached to celebrate the Mass early in what has been a three-year effort because of his special experience in celebrating this form of Mass and his efforts under Pope John-Paul II and Pope Benedict XV I in encouraging the traditional form of the Mass, full liturgy and sacraments. We are in the process of seeking another Bishop to celebrate a Pontifical Solemn Mass on Saturday and are confident that one will agree. However, in any event, a beautiful, dignified Traditional Latin Mass will be celebrated at the National Shrine of the Immaculate Conception on Saturday at 1PM and will be the first time in nearly a half century this has occurred. All Catholic faithful are encouraged to attend. The Paulus Institute regards all sexual abuse as tragic and a heinous sin and supports Pope Benedict’s fight to rid this disease from the Church. It stands on the side of every victim of clerical sexual abuse and earnestly desires to bind up the wounds done to their human dignity, to vindicate their civil and canonical rights, and to help them in the restoration in Christ of all they have lost. To that end, The Paulus Institute supports the directives by the Supreme Roman Pontiff and the United States Conference of Catholic Bishops that all bishops should report crimes of sexual abuse to the police in accordance with the requirements of civil law. However, the Paulus Institute is not competent, nor does it have the facts, to form an opinion about the about recent media reports concerning Cardinal Castrillon." Zum letzten Satz wiederhole ich: der Heilige Stuhl hat sich klar vom Schreiben des Kardinal Hoyos distanziert. Die Katholische Kirche kann sich in keinem einzigen Fall mehr Vertuschung und Unwahrhaftigkeit leisten. Glaubwürdigkeit und Wahrhaftigkeit sind nicht dispensierbare Anforderungen beim Auftreten für die Kirche. Österliche Grüße von Padre Alex!
Diese Transparenz ist vorbildlich. Jeder mündige und überzeugte Christ kann sich mit dieser Art von "Problembehandlung" gut identifizieren, ja mitfiebern, aber auch hoffen. Im Gebet verbunden, Norbert-Josef,
realistischer Laie und Anhänger der Kirche Jesu Christi. |
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Sämtliche der folgenden Texte übernehme ich von den heute publizierten Mitteilungen des Heiligen Stuhles. Soferne keine deutsche Übersetzung vorliegt, nehme ich sie selbst vor, wobei das eigentliche kirchenrechtliche Dokument vom 21. Mai 2010 erfreulicher
Tracked: Jul 16, 07:33
Vieles gäbe es zum Jahr 2010 zu sagen, aber eines steht für mich fest: der regierende Heilige Vater Papst Benedikt XVI. hat ein weiteres Jahr ganz entscheidend geprägt. Und so sei heute der bereits unterhalb oder innerhalb einiger meiner Blogeinträge (vgl
Tracked: Dec 28, 23:31
Schon zu Beginn des Jahres 2011 sorgte ein Schreiben des Apostolischen Nuntius Erzbischof Luciano Storero (1995 - 2000 +) in Irland aus dem Jahre 1997 für neue Aufregung. Es bezog sich wiederum auf ein weiteres in zeitlichem Zusammenhang stehendes Schreib
Tracked: Jul 18, 00:39
Wie bereits in meinem Blogeintrag vom 17. Juli 2011 nachlesbar, wurde aufgrund der Bitte der irischen Regierung eine offizielle Antwort des Heiligen Stuhles zum Cloyne Report angekündigt, die heute veröffentlicht wurde und am heutigen Morgen von Untersekr
Tracked: Sep 09, 13:41