Wednesday, February 13. 2013IMABE NIMMT STELLUNG ZUR AKTUELLEN DISKUSSION: PILLE DANACH
IMABE, das "Institut für medizinische Anthropologie und Bioethik zur Förderung des Dialogs von Medizin und Ethik auf Grundlage des christlichen Menschenbildes" in Österreich (Wien), gilt im bioethischen Bereich (in meinen Augen) als äußerst zuverlässig, weshalb ich die aktuellen Stellungnahmen und Dokumente zur aufgeflammten Diskussion über die sogenannte "Pille danach" vollständig übernehme (vgl. auch einen früheren Blogeintrag mit Bezug auf IMABE). Damit soll auch das bei mir abrufbare Dauerdokument zum Themenbereich Verhütung eine aktualisierende Ergänzung erfahren (vgl. auch diesen Blogeintrag). Die Referenzen (Anmerkungen) habe ich direkt in die von der Internetseite des IMABE übernommenen Text eingebaut, und die Hervorhebung einer frühabtreibenden Wirkung durch Fettdruck stammt von mir:
STELLUNGNAHME VON IMABE ZUR DISKUSSION ÜBER DIE WIRKUNGSWEISE DER "PILLE DANACH" (Wien, 13. 2. 2013) Aus gegebenem Anlass ist in Deutschland eine Debatte über die sog. „Pille danach“ und deren Wirkungsweise aufgeflammt. Es geht darin um die Frage, ob diese Präparate nur antikonzeptiv oder auch nidationshemmend wirken, was einen erheblichen moralischen Unterschied ausmacht. IMABE hat sich seit Jahren mit dieser Fragestellung befasst und dazu 2008 und 2010 konkrete Stellungnahmen vorgelegt. Wir begrüßen die Erklärung des Erzbischofs von Köln, Seiner Eminenz Joachim Kardinal Meisner, in der er in aller Kürze auf drei zentrale Prinzipien in dieser Frage verweist, wie sie die Katholische Kirche immer schon gelehrt hat: 1. Die Verordnung eines Antikonzeptivums nach einer Vergewaltigung ist moralisch unbedenklich. 2. Aus der Erklärung geht klar hervor, dass sie sich auf Vergewaltigungsfälle bezieht. D. h. die Grundprinzipien der katholischen Ehemoral bleiben voll und ganz gültig. 3. In der Erklärung wird zweifelsfrei festgestellt, dass auch im Falle einer Vergewaltigung keine Präparate mit der Absicht eingesetzt werden dürfen, die die Einnistung der bereits befruchteten Eizelle (Keimling) verhindern. Diese Erklärung lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Bedauerlicherweise wurde vom Presseamt des Erzbistums Köln fast gleichzeitig mit der Erklärung des Kardinals eine Erläuterung abgegeben, die leicht missverstanden werden kann. In dieser ist nämlich die Rede von einem neuen Stand der Wissenschaft, nach dem die „Pille danach“ offensichtlich keine abortive Wirkung mehr haben soll, wie dies bisher der allgemeine Wissensstand war und auch in den offiziellen Dokumenten (Arzneimittelverzeichnis, Beipackzettel der Hersteller) dargelegt wurde. Damit wird indirekt behauptet, dass im Falle einer Vergewaltigung auch nach der katholischen Lehre die „Pille danach“ ohne jegliche Bedenken verschrieben werden kann. IMABE hat nun die jüngsten – jene, die nach 2010 veröffentlicht wurden – Publikationen über die Wirkungsweise der „Pille danach“, geprüft und ist zur Einsicht gekommen, dass nach wissenschaftlichem Stand seit 2010 einige neue Erkenntnisse gewonnen werden konnten, die die abortive Wirkung dieser Präparate in ihrem Umfang präzisieren und sie jetzt mit größeren Fallzahlen im Wesentlichen bestätigen. Im Anhang fügen wir zu dieser Stellungnahme unter Berücksichtigung der jüngsten medizinischen Publikationen eine Aktualisierung der Erkenntnisse zur Wirkweise jener Präparate bei. Die Ergebnisse im Falle einer Vergewaltigung (nur diese steht ja hier zur Debatte) können wie folgt zusammengefasst werden: 1. Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft nach einem Geschlechtsverkehr beträgt ca. 5%, wenn es sich um eine Vergewaltigung handelt. Durch die „Pille danach“ kann dieser Prozentsatz auf 1,1% verringert werden. 2. Die „Pille danach“ wirkt in 1,4% der Anwendungsfälle nach Vergewaltigung (das sind 28% der möglichen Schwangerschaften) ovulationshemmend. 3. Die „Pille danach“ wirkt in 2,5% der Vergewaltigungsfälle als Frühabortivum. Das sind 50% aller möglichen Schwangerschaften und 64% der von der „Pille danach“ verhinderten Schwangerschaften. 4. Die Einnahme der „Pille danach“ ist in über 90% der Fälle unnötig (100% - 5% = 95%). 5. Die abortive Wirkung, antikonzeptive Wirkung und Wirkungslosigkeit sind mit den heutigen medizinischen Untersuchungsmethoden voneinander zeitlich abgrenzbar. Ethische Bewertung der Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen, dass die kontrazeptive und die abortive Wirkung der Präparate auseinander gehalten werden können. Durch ärztliche Untersuchungen (Vaginalsonographie und LH Test) ist es möglich, festzustellen, ob 1. im konkreten Fall die Präparate überhaupt nicht indiziert sind, weil eine Befruchtung sicher nicht zustande kommt, oder 2. sie nur eine antikonzeptive Wirkung und keine nidationshemmende Wirkung haben oder 3. sie mit 85% Wahrscheinlichkeit abortiv wirken. Dies würde bedeuten, dass nur im letzten Fall ein Verschreiben der „Pille danach“ aus Sicht der katholischen Moral nicht zulässig wäre. Daraus folgt, dass man in den meisten Vergewaltigungsfällen helfen könnte, ohne eine Tötung eines Embryos zu riskieren. Die Frage, ob bei Vergewaltigung die Tötung des Embryos moralisch vertretbar ist, hat die Katholische Kirche immer verneint. Mit Hilfe der erwähnten Untersuchungsmethoden können die Fälle, bei denen die Einnahme der Pille nach einer Vergewaltigung abtreibend wirkt, auf 2,5% eingegrenzt werden. Für diese Gruppe von 2,5% gibt es keine moralisch zulässige Alternative, außer den Embryo zu schützen. Abschließende Feststellung In Anbetracht der wissenschaftlichen Fakten sollten sowohl für jene, die eine abortive Wirkung in Abrede stellen als auch für jene, die sie aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse vertreten, und daher die Absicht haben, nur eine Pille zu geben, wenn sie antikonzeptiv wirkt, nicht aber nidationshemmend, die gleichen Verschreibungsregeln für die „Pille danach“ gelten: ab zwei Tage vor dem Follikelsprung (im Fall von Ulipristal einen Tag) soll die „Pille danach“ nicht mehr verschrieben werden. Nach Meinung der einen, weil sie ohnehin nicht mehr wirkt (da weder antikonzeptiv noch abortiv), nach Überzeugung der anderen, weil es moralisch unzulässig wäre, eine abortive Substanz zu verabreichen. ANHANG: Aktualisierung der Erkenntnisse zur Wirkweise der „Pille danach“, IMABE Die Präparate und ihre Wirkweisen Grundsätzlich sind derzeit zwei Substanzen auf dem Markt: Ulipristalacetat (UPA) [EllaOne®] und Levonorgestrel (LNG) [Vikela®, Duofem®, Unofem®, Plan B® u. a.]. Ulipristalacetat ist ein selektiver Progesteronrezeptor-Modulator (Nachfolger der Abtreibungspille Mifepristone), Levonorgestrel ein synthetisches Gestagen mit antagonistischer Wirkung auf die Progesteronrezeptoren. Beide Substanzen haben zum Teil ähnliche, zum Teil auch deutlich unterschiedliche Wirkungsmechanismen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie den Eisprung hemmen oder um einige Tage verzögern und dadurch eine Befruchtung nach Geschlechtsverkehr verhindern können, wenn die „Pille danach“ rechtzeitig vor dem zu erwartenden Eisprung eingenommen wird. Sie sind dagegen weitgehend unwirksam, wenn sie erst nach dem Eisprung eingenommen werden. Problematisch ist die Tatsache, dass beide Präparate, wenn sie kurz vor dem Eisprung eingenommen werden, diesen nicht mehr verhindern können. Bei LNG beträgt dieses Zeitfenster mindestens 48 h vor der Ovulation, bei UPA 24-0 h.[Referenz 1: Glasier A. F. et al., Ulipristal acetate versus levonorgestrel for emergency contraception: a randomised non-inferiority trial and metaanalysis, Lancet (2010); 13: 555 – 562.] Gerade in dieser Zeit ist das Konzeptionsrisiko am größten, während es zu einem früheren Zeitpunkt gering ist. Rund 80% der Kinder werden in dieser Phase hoher Konzeptionswahrscheinlichkeit empfangen. Schwangerschaften werden nicht nur durch Ovulationshemmung verhindert Studien zeigen, dass Frauen von der „Pille danach“ an den Tagen hoher Empfänglichkeit häufiger Gebrauch machen als an potentiell unfruchtbaren Tagen.[Referenz 2: Rella W., Neue Erkenntnisse über die Wirkungsweise der „Pille danach“, Imago Hominis (2008); 15: 121 - 129; Trussell J. et al., Effectiveness of the Yuzpe regimen of emergency contraception by cycle day of intercourse: implications for mechanism of action, Contraception (2003); 67: 167 - 171, Tab. 1.] Diese Tatsache weist darauf hin, dass Frauen gerade in dieser Phase auch überproportional sexuell aktiv sind. Daraus folgt, dass bei den meisten Frauen, die die „Pille danach“ einnehmen, deren ovulationshemmender Effekt gar nicht zur Wirkung kommt. Trotzdem werden 80% möglicher Schwangerschaften durch diese Präparate verhindert. In einer rezenten Studie von Noé G. et al.[Referenz 3: Noé G. et al., Contraceptive efficacy of emergency contraception with levonorgestrel given before of after ovulation, Contraception (2011); 84: 486 - 492] konnte gezeigt werden, dass von 103 Frauen, die LNG vor der Ovulation eingenommen hatten, die meisten trotzdem eine Follikelruptur hatten. Dennoch wurde keine einzige der Studienteilnehmerinnen schwanger. Dies deutet darauf hin, dass bei den meisten Frauen die Schwangerschaft durch einen anderen Mechanismus verhindert wurde und nicht durch eine Ovulationshemmung. Eine mögliche Ursache könnte sein, dass der Zervixschleim unter LNG eingedickt und für Spermien unpassierbar wird oder dass die Spermienbeweglichkeit gehemmt wird, sodass das freigesetzte Ei nicht befruchtet werden kann. In-vitro-Untersuchungen erbrachten jedoch keinen Hinweis, dass die Spermienfunktion durch LNG beeinträchtigt werden könnte.[Referenz 4: Gemzell-Danielsson K. et al., Emergency contraception – mechanisms of action, Contraception, in press, accepted by August 2012; Yeung W. S. B., et al., The effects of levonorgestrel on various sperm functions, Contraception (2002); 66: 453 - 7; Bahamondes L., The in vitro effect of levonorgestrel on the acrosome reaction of human spermatozoa from fertile men, Contraception (2003); 68: 55 - 9; Uhler M. L. et al., Direct effects of progesterone and antiprogesterone on human sperm hyperactivated motility and acrosome reaction, Fertil Steril (1992); 58: 1191 - 8.] Ein relevanter Einfluss auf die Schleimkonsistenz bei einmaliger Gabe von LNG ist ebenfalls höchst unwahrscheinlich.[Referenz 5: ebd.] Faktoren, die eine Einnistung verhindern Mit hoher Wahrscheinlichkeit kommt hingegen ein nidationshemmender Effekt der „Pille danach“ zur Wirkung, wenn sie erst kurz vor bis knapp nach der Ovulation eingenommen wird. In einer Studie von Raymond E. G. et al.[Referenz 6: Raymond E. G. et al., Bleeding patterns after use of levonorgestrel emergency contraceptive pills, Contraception (2006); 73: 376 - 381] an 120 Frauen wurde die Korrelation zwischen einer vorzeitigen Regelblutung und dem Zeitpunkt der Pilleneinnahme untersucht. Dabei wurde ein signifikant verkürzter Zyklus beobachtet, wenn die Pille zur Zeit der 2. oder 3. Zykluswoche, also während des empfängnisbereiten Zeitraums, eingenommen wurde. Bei Anwendung während der 2. Zykluswoche betrug die mediane Verkürzung 8,6 Tage und während der 3. Zykluswoche 3,2 Tage. Es scheint schwer vorstellbar, dass Blastozysten (Keimlinge) einen so gravierenden Eingriff in den Zyklus überleben können und nicht vor ihrer Einnistung mit der vorzeitigen Blutung ausgeschwemmt werden. Bei Anwendung während der 4. Woche war der Zyklus hingegen eher verlängert. Hinsichtlich der endometrialen Rezeptivität zeigen verschiedene Studien für die Substanz LNG unterschiedliche Ergebnisse. Während bei Gabe von LNG. vor der Ovulation keine eindeutigen Veränderungen am Endometrium zu finden sind,[Referenz 7: Palomino W. A. et al., A single midcycle dose of levonorgestrel similar to emergency contraceptive does not alter the expression of the L-selectin ligand or molecular markers of endometrial receptivity, Fertil Steril (2010); 94: 1589 - 94; Durand M. et al., The mechanism of action of short-term levonorgestrel administration in emergency contraception, Contraception (2001); 64: 227 - 34] findet man geringfügige Veränderungen, wenn es postovulatorisch verabreicht wird.[Referenz 8: Vargas M. F. et al., Effect of single post-ovulatory administration of levonorgestrel on gene expression profile during the receptive period of the human endometrium, J Mol Endocrinol (2012); 48: 25 - 36.] Diese Effekte können jedoch nicht für eine nidationshemmende Wirkung von LNG verantwortlich gemacht werden.[Referenz 9: Gemzell-Danielsson K. et al., siehe Ref. 4.] Hingegen wurde in einigen Fällen eine gestörte Zeitabstimmung (Dechronisation) zwischen der Keimes- und Endometriumsentwicklung beobachtet, die Voraussetzung für eine erfolgreiche Einnistung ist (fehlende Phasenkonkordanz).[Referenz 10: Marions L., Hultenby K., Lindell I., Sun X., Ståbi B., Gemzell Danielsson K., Emergency contraception with mifepristone and levonorgestrel: mechanism of action, Obstet Gynecol (2002); 100: 65 - 71.] Hohe Dosen von Gestagen können die Aktivität des tubaren Flimmerepithels und die Tubenmotilität lähmen.[Referenz 11: Mahmood T. et al., The effect of ovarian steroids on epithelial ciliary beat frequency in the human Fallopian tube, Hum Reprod (1998); 13: 2991 - 2994.] Als Folge davon wird der tubare Transport der Blastozyste verzögert. Dieser Effekt ist im Kontext einer manifesten Verkürzung der Lutealphase (vorzeitige Regelblutung) zu sehen. Es liegt nahe zu vermuten, dass der Blastozyste letztlich nicht genug Zeit bleibt, sich im Endometrium einzunisten, auch dann nicht, wenn dessen Rezeptivität kaum affiziert ist. Denn der mit Verzögerung in die Gebärmutterhöhle eintreffende Keimling findet ein Eibett vor, das bereits im Begriff ist, vorzeitig abgestoßen zu werden. Diese Wirkung muss indirekt erschlossen werden und ist klinisch experimentell allein schon aus ethischen Gründen nicht fassbar.[Referenz 12: Gemzell-Danielsson K. et al., siehe Ref. 4.] Die letzten empirischen Beweise erbringen zu wollen, würde nämlich eine embryoverbrauchende und daher nicht vertretbare Forschung erfordern. Gefahr der statistischen Verschleierung Je später die „Pille danach“ verabreicht wird, d. h. je länger eine Fertilisation zurückliegt, desto weniger kommen nachteilige Wirkungen von LNG zu tragen. Im Gegenteil: Es treten nunmehr die schwangerschaftschützenden Attribute der Gestagenpille in den Vordergrund, nämlich eine verlängerte Lutealphase und damit eine Verschiebung der Menstruation nach hinten. Dadurch bekommen verspätete Keimlinge, die im Normalfall keine intakte Gebärmutterschleimhaut mehr vorgefunden hätten, die Chance sich einzunisten. Dem entspricht die Beobachtung, dass bei späterer Einnahme der „Pille danach“ Schwangerschaften paradoxerweise sogar häufiger auftreten können, als natürlicherweise zu erwarten wäre.[Referenz 13: Novikova N. et al., Effectiveness of levonorgestrel emergency contraception given before ovulation – a pilot study, Contraception (2007); 75: 112 - 118; Trussell J. et al., Statistical evidence about the mechanism of action of the Yuzpe regimen of emergency contraception, Obstet Gynecol (1999); 93: 872 - 876.] In diesen Fällen kommt es sozusagen zu einer Diskordanzumkehr: Die Natur wird diskordant, die „Pille danach“ korrigiert. Aus diesem Grund müssen bei der Berechnung der Schwangerschaftsraten diejenigen Patientinnen, die die „Pille danach“ unmittelbar vor oder kurz nach der Ovulation eingenommen haben, von solchen getrennt werden, die sie erst spät danach eingenommen haben. Andernfalls kommt es zu einer statistischen Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse: Wird die „Pille danach“ nämlich unmittelbar nach dem Eisprung eingenommen, überwiegt deren nidationshemmender Effekt (durch vorzeitige Regelblutung). Wird sie hingegen spät eingenommen, kommt die Schwangerschaft begünstigende Wirkung zum Tragen. In Summe ergibt dies eine durchschnittliche normale Schwangerschaftsrate, die aber in Wirklichkeit nur den Nettoeffekt von künstlich abgegangenen und künstlich „geretteten“ Embryonen widerspiegelt, wie im Fall der Studien von Noé G. et al.[Referenz 14: Noé G. et al., siehe Ref. 3.] Nidationshemmende Wirkung von Ulipristal Ulipristal (EllaOne) ist im Gegensatz zu LNG ein Nachfolgepräparat der Abtreibungspille Mifepristone. Es hat ovulationshemmende, aber - dosisabhängig wie Mifepristone - auch abtreibende Wirkung. In einer Studie von Stratton P. et al.[Referenz 15: Stratton P. et al., Endometrial effects of a single early-luteal dose of the selective progesterone receptor modulator CDB-2914, Fertil Steril (2010); 93(6): 2035 - 2041] bekamen 56 Frauen nach der Ovulation eine einmalige Dosis von UPA (10, 50, 100 mg). Es konnte gezeigt werden, dass es unter UPA auch in niedriger Dosierung zu einer Verdünnung des Endometriums und zu Veränderungen der progesteronabhängigen Rezeptormarker kommt. Die Autoren schließen aus den erhobenen Befunden, dass UPA, wenn es nicht mehr ovulationshemmend wirken kann, über diesen Mechanismus nidationshemmend wirkt. Im Vergleich mit LNG wirkt UPA nicht nur bis zum 9., sondern bis einen Tag vor dem Eisprung ovulationshemmend. Anschließend gibt es ein Zeitfenster von höchstens 1 - 2 Tagen, wo noch eine Befruchtung stattfinden kann. Dennoch ist UPA noch jenseits der 3-Tages-Frist bis zum 5. Tag nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr zugelassen. Offenbar soll hier das nidationshemmende Potential von UPA ausgenützt werden. Somit kann gesagt werden, dass UPA gegenüber LNG eine insgesamt stärkere Wirkung hat. Mit UPA können 90%, mit LNG ca. 80% der zu erwartenden Schwangerschaften verhindert werden. Diese hohen Prozentsätze können unmöglich alleine durch eine Ovulationshemmung bedingt sein, weil die Fertilitätsrate in einem Zeitraum am höchsten ist, in dem die „Pille danach“ nicht ovulationshemmend wirkt.[Referenz 16: Rabe T., Albring C., Notfallkontrazeption – ein Update, Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin (DGGEF) e.V. und des Berufsverbands der Frauenärzte (BVF) e.V., Update vom 4. 2. 2013.] Die „Pille danach“ muss daher auch einen zusätzlichen Effekt haben, der mit ihrem nidationshemmenden Potential erklärbar ist. Der Anteil der nidationshemmenden Wirkung ist bei beiden Präparaten praktisch gleich groß. Wahrscheinlichkeit Eine statistische Wahrscheinlichkeitsrechnung kommt zu folgendem Ergebnis:[Referenz 17: Rella W., siehe Ref. 2] Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft nach einmaligem Verkehr beträgt im Standardfall ca. 8%.[Referenz 18: Trussell J. et al., New estimates of the effectiveness of the Yuzpe regimen of emergency contraception, Contraception (1998); 57: 363 - 369.] Dieser Wert ist natürlich altersabhängig, wonach hier nicht differenziert wurde. Er liegt eher im oberen Bereich. Nach einer Vergewaltigung sind es nur 5%, weil die sexuelle Aktivität der Frau keine Rolle spielt.[Referenz 19: Rella W., siehe Ref. 2.] D. h. nur in 8% [im Fall der Vergewaltigung 5%] der Fälle findet der Geschlechtsverkehr in der fruchtbaren Periode statt. Von den 8%[5%] potentieller Fruchtbarkeit werden durch die „Pille danach“ 2,2% [1,4%] (=28% von 8%[5%]) mögliche Schwangerschaften durch Ovulationshemmung (bzw. Verschiebung) verhindert. Bei 1,8% [1,1] (=22% von 8%[5%]) ist die Pille in der fertilen Phase unwirksam, sodass eine Schwangerschaft ungehindert stattfinden kann. Die restlichen 4% [2,5%] (=50% von 8%[5%]) signalisieren denjenigen Prozentsatz potentieller Schwangerschaften, der durch die nidationshemmende Wirkung der Pille verhindert wird. Ein Präparat – zu verschiedenen Zykluszeiten verschiedene bis konträre Wirkungen Interessanter Weise haben wir es bei diesen Präparaten mit einer höchst ungewöhnlichen Wirkungsweise zu tun. Weil sie nämlich zu verschiedenen Zeiten des Zyklus der Frau höchst unterschiedlich, ja geradezu konträr wirken. Wir haben gesehen, dass diese Präparate, wenn sie ca. bis 2 Tage vor dem Eisprung gegeben werden, nur antikonzeptiv wirken, während die Wirkung kurz vor der Ovulation in eine nidationshemmende umschlägt und nach der Ovulation verabreicht zunehmend unwirksam wird oder sogar schwangerschaftsschützend wirkt. D. h. wir haben aus dieser Perspektive zu verschiedenen Zykluszeiten verschieden wirkende Präparate vor uns. Bis zwei Tage vor der Ovulation (im Falle einer Vergewaltigung) ein unbedenkliches Präparat, unmittelbar vor dem Eisprung stellt es ein Abtreibungsmittel dar, und nach dem Eisprung ist es wiederum unbedenklich. Wichtiger Einsatz diagnostischer Methoden zur Feststellung der Eireifung Aus medizinischer Perspektive sollte es heute möglich sein, die drei geradezu konträren Situationen voneinander zu trennen. So kann man z. B. mit Hilfe der Vaginalsonographie sehr genau feststellen, ob ein Follikel am Ovar vorhanden ist, und anhand der Größe und Morphologie mit zusätzlicher Beurteilung des Endometriums kann auch ermittelt werden, wann der Eisprung stattfinden wird. Falls man dies mit einem LH Schnelltest ergänzt, kann man mit großer Sicherheit erkennen, ob der Eisprung kurz bevor steht oder ob er erst in 2 oder mehr Tagen zu erwarten ist. Der Einsatz dieser Diagnostik kann sowohl für diejenigen, die von der nidationshemmenden Wirkung der „Pille danach“ überzeugt sind, als auch für diejenigen, die diese Wirkung abstreiten, hilfreich sein. Denn für beide Seiten sollte die Einnahme der „Pille danach“ spätestens, wenn die 48 (LNG) bzw. 24 (UPA)-Stundenfrist überschritten ist, nicht mehr in Frage kommen. Für die einen aus moralischen Gründen, für die anderen, weil ihrer Meinung nach, die „Pille danach“ ab diesem Zeitpunkt ohnehin unwirksam ist. Kein Arzt, der seiner Sorgfaltspflicht nachkommt, wird mit Absicht ein unwirksames Präparat verschreiben wollen. Es wäre wünschenswert, das diagnostische Instrumentarium auf dem Sektor der Eireifung zu verfeinern und weiter auszubauen (z. B. durch einen Schnelltest zur Progesteronbestimmung). Die Ergebnisse können wie folgt zusammengefasst werden: 1. Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft nach einem Geschlechtsverkehr beträgt ca. 8% oder ca. 5%, wenn es sich um eine Vergewaltigung handelt. Durch die „Pille danach“ kann dieser Prozentsatz auf 1,8%, bzw. 1,1% verringert werden. 2. Die „Pille danach“ wirkt in 2,2% der Anwendungsfälle ovulationshemmend bzw. in 1,4% nach Vergewaltigung (Das sind 28% der möglichen Schwangerschaften). 3. Die „Pille danach“ wirkt in 4% der Anwendungsfälle bzw. 2,5% der Vergewaltigungsfälle als Frühabortivum. Das sind 50% aller möglichen Schwangerschaften und 64% der von der „Pille danach“ verhinderten Schwangerschaften. 4. Die Einnahme der „Pille danach“ ist in über 90% der Fälle unnötig (100%-8%[5%]=92%[95%]). 5. Die abortive Wirkung, antikonzeptive Wirkung und Wirkungslosigkeit sind mit den heutigen medizinischen Untersuchungsmethoden voneinander zeitlich abgrenzbar. [ENDE DER LANGVERSION VON IMABE.] Zusammenfassung der obigen Stellungnahmen als IMABE-Stellungnahme zur Diskussion über die Wirkungsweise der „Pille danach": In sehr wenigen, klar definierten Situationen kann die Verschreibung der „Pille danach“ ethisch zulässig sein In Deutschland ist eine heftige Debatte über die Wirkungsweise der sogenannten „Pille danach“ aufgeflammt (vgl. Deutsches Ärzteblatt, online, 4.2.2013). Anlass war die Frage, ob katholische Krankenhäuser die „Pille danach“ an Vergewaltigungsopfer abgeben dürfen. Dazu müsste geklärt sein, ob diese Präparate nur antikonzeptiv oder auch nidationshemmend wirken, was einen erheblichen moralischen Unterschied ausmacht. Aus diesem Grund hat das Wiener Wissenschaftsinstitut IMABE nun eine Stellungnahme (online, 13.2.2013) veröffentlicht gemeinsam mit einer Aktualisierung der Erkenntnisse zur Wirkweise der „Pille danach“ zu Studien bis zum Jahr 2013 (online, 13.2.2013). „Es ist richtig, dass die ‚Pille danach‘ verschiedene Wirkungsweisen hat. Dies hängt davon ab, an welchem Tag des Zyklus das Präparat eingenommen wurde“, erklärt der Internist und klinische Pharmakologe, Univ.-Prof. Dr. Johannes Bonelli, Direktor von IMABE. So ist die „Pille danach“ in mehr als 90 Prozent der Fälle wirkungslos, weil zum Zeitpunkt der Einnahme aufgrund des Zyklus der Frau ohnehin keine Schwangerschaft möglich ist. In der von IMABE verfassten Aktualisierung der Erkenntnisse zur Wirkweise der „Pille danach“ wird festgestellt, dass die „Pille danach“, wenn sie bis zirka 2 Tage vor dem Eisprung gegeben wird, ausschließlich antikonzeptiv wirkt, kurz vor der Ovulation und knapp danach wirkt sie nidationshemmend und damit als Abtreibungsmittel, nach der Ovulation verabreicht wird die „Pille danach“ zunehmend unwirksam oder sogar schwangerschaftsschützend. Der Anteil der Anwendungsfälle der „Pille danach“ bei Vergewaltigungsopfern, in denen sie abtreibend wirkt, dürfte nach wissenschaftlich fundierten Schätzungen bei maximal 2,5 Prozent liegen. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hatte aus gegebenem Anlass die ethischen Richtlinien für eine Abgabe der „Pille danach“ festgehalten. In einer Erklärung (online, 31.1.2013) stellte Meisner klar, dass die Einnahme bzw. die Verabreichung eines Medikaments, das frühabtreibend wirkt, moralisch unerlaubt ist, da es sich dabei um unerlaubte Tötung menschlichen Lebens handle. Wenn eine „Pille danach“ dagegen die Befruchtung der Eizelle verhindert, ist dies im Fall einer Vergewaltigung sittlich erlaubt. IMABE begrüßt die klare und eindeutige Stellungnahme des Kölner Kardinals. Aus ethischer Sicht und auch ärztlicher Sorgfaltspflicht ergibt sich, dass sich jemand, der die Absicht hat, die „Pille danach“ nur zu verabreichen, wenn sie die Ovulation verhindert, nicht aber wenn sie abtreibend wirkt, mit Hilfe medizinischer Methoden vergewissern muss, dass sich die Frau im entsprechenden Stadium des Zyklus befindet. Ab zwei Tage vor dem Eisprung (im Fall von Ulipristal einen Tag davor), sollte die „Pille danach“ wegen ihrer nidationshemmenden Wirkung nicht mehr verschrieben werden. So eine Untersuchung könne relativ unaufwändig vorgenommen werden, z. B. mit Hilfe der Vaginalsonographie, die zeigt, ob ein Follikel am Ovar vorhanden ist. Auch anhand der Größe und Morphologie mit zusätzlicher Beurteilung des Endometriums könne ermittelt werden, wann der Eisprung stattfinden wird. Falls man dies mit einem LH Schnelltest ergänze, könne man mit großer Sicherheit erkennen, ob der Eisprung kurz bevor steht oder ob er erst in 2 oder mehr Tagen zu erwarten ist, heißt es in den aktualisierten Erkenntnissen. „Mit dieser Lösung sollte jeder Arzt einverstanden sein, der seiner ärztlichen Sorgfaltspflicht nachkommt“, hält Bonelli auch als Mediziner fest. Für katholische Krankenhäuser wäre damit ein gangbarer Weg geebnet – und sie wären Vorreiter, da Frauen sich darauf verlassen könnten, nicht unnötig ein hochdosiertes Hormonpräparat verschrieben zu bekommen. Da die „Pille danach“ in rund 90 Prozent der Fälle wirkungslos ist, weil zum Zeitpunkt der Einnahme aufgrund des Zyklus der Frau ohnehin keine Schwangerschaft möglich ist, wäre eine Vorabuntersuchung in jedem Fall angezeigt, so der IMABE-Direktor. Auch für jene, die eine nidationshemmende Wirkung der „Pille danach“ abstreiten, wäre die Diagnostik hilfreich, da laut ihrem Dafürhalten nach Überschreitung der 48-Stundenfrist (bei Levonorgestrel-Präparaten wie Vikela®) bzw. der 24-Stundenfrist (bei Ulipristalacetat-Präparaten wie EllaOne®) das Präparat ohnehin unwirksam ist. „Kein Arzt, der seiner Sorgfaltspflicht nachkommt, wird mit Absicht ein unwirksames Präparat verschreiben wollen“, heißt es in der IMABE-Stellungnahme. [ENDE DER IMABE-INFORMATIONEN ZUR WIRKUNGSWEISE DER PILLE DANACH, STAND: 13. FEBRUAR 2013.] Es geht also zuerst um eine präzise Information aus den zuständigen Wissenschaften. Auf Basis dessen muß dann auch das Gewissen gebildet und eingeschaltet werden. Wenn die Tötung ungeborenen menschlichen Lebens zu erwarten ist, so muß ein absoluter Vorbehalt gegen den Einsatz einer "Pille (danach)" gesetzt werden. Dieser ist aber zuerst noch gar kein Gewissensvorbehalt, sondern ein klarer Wissenschaftsvorbehalt. So hat es mein Doktorvater Professor Francesco D'Agostino immer gesehen, der frühere Präsident des italienischen Bioethik-Komitees. Mit besten Grüßen! Euer Padre Alex - Dr. Alexander Pytlik |
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Verhütungsmittel: ist meine Entscheidung richtig? Hat mein Gewissen dabei eine Funktion, geht die Kirche dies alles irgendetwas an? Welche Informationen fehlen mir eigentlich bei der Entscheidung? Kompetente Sexualberatung dürfte kein Tabu kennen und müßt
Tracked: Feb 24, 14:31