Monday, February 23. 2015HEILIGER POLYKARP, PATRON DER KIRCHE VON IZMIR, BITTE FÜR UNS!
Am heutigen Festtag des heiligen Märtyrerbischofs Polykarp, Patron der Kirche von Smyrna (İzmir), übernehme ich zunächst einfach den gesamten Text jener schönen Broschüre, die in der St.-Polykarp-Kirche beim heutigen Sitz des lateinischen Metropoliten und Erzbischofs von Izmir (Türkei) angeboten wird. Abgebildet werden unter anderem die Innenansicht und die Fresken der wunderbar gepflegten Kirche des heiligen Polykarp, ihre Außenansicht, der Hauptaltar und die Kuppel sowie die Statue der Madonna und das Martyrium des Heiligen. Hier also der Text ohne Bilder, wobei ich dabei kleine Tippfehler ausbessere:
HEILIGER POLYKARP, BISCHOF UND MÄRTYRER, PATRON DER KIRCHE VON SMYRNA (IZMIR) DIE KIRCHE SANKT POLYKARP (Necatibey Caddesi Nr. 2, 35212 İzmir) Die Kirche St. Polycarp ist die älteste Kirche von İzmir. 1620 wurde mit Erlaubnis des türkischen Sultans Suliman des Großen eine Kapelle errichtet, die dem Gottesdienst der Christen dienen solle. Diese Kapelle befand sich damals innerhalb der Gebäude des französischen Konsulates. 1630 wurde dann eine Kirche mit anschließendem Kloster erbaut, die dann zur Pfarrkirche für die französische Gemeinde erhoben wurde. Diese Kirche wurde 1688 durch einen Brand zerstört. Die jetzige Kirche stammt aus dem Jahre 1690. Sie wurde mehrmals beschädigt, aber immer wieder restauriert. Im Jahre 1898 wurde der Bau vergrößert und neu ausgemalt. Die Fresken im Inneren der Kirche sind ein Werk des französischen Architekten Raymond Charles Péré, der in İzmir lebte. Ein weiteres Werk seines Schaffens ist der Uhrturm in Konak. Sein Bildnis ist auf dem Fresko, das die Verbrennung des heiligen Polykarp darstellt, festgehalten. Dieses Fresko ist rechts vom Hauptaltar. Raymond Péré ist der Mann mit dem schwarzen Schnurrbart, der wartet, bis er an der Reihe ist, um gefoltert zu werden. In der Kirche ist auch eine Statue der Muttergottes, die Maria ganz in Schwarz gekleidet zeigt. Es wird berichtet, dass diese Muttergottesstatue von Katholiken, die aus Persien flüchten mussten, mitgebracht wurde. Sie steht in der Mitte des rechten Seitenschiffes. In der Kirche sind am Fußboden auch einige Grabstätten von Gemeindemitgliedern zu erkennen, die nach damaligem Brauch hier beigesetzt wurden. Die Gebeine wurden später jedoch andernorts bestattet. Die Pfarrei St. Polykarp wurde stets von Kapuzinern betreut. Ihr Kloster wurde 1929 an die Kirche angebaut, nachdem das frühere Gebäude am 13. September 1922 durch Feuer zerstört worden war. Dieses Kloster ist jetzt der offizielle Sitz des Erzbischofs von Izmir. DER HEILIGE POLYKARP, BISCHOF UND MARTYRER (ca. 70 - 156 nach Christus) SCHUTZPATRON VON IZMIR Die Tradition berichtet, dass der heilige Polycarp aus einer Sklavenfamilie stammt. Als zehnjähriger Knabe wurde er von einer wohlhabenden christlichen Frau mit dem Namen Callisto gekauft und wie ein eigener Sohn erzogen. So wuchs er zu einem begabten jungen, frommen Mann heran. Wegen seines Glaubens und seines frommen christlichen Lebens, seiner Kenntnis der Lehre Jesu und der Überlieferung der Apostel wurde er vom heiligen Apostel Johannes als sein Nachfolger vorgesehen und zum Bischof von İzmir bestellt. Seine Amtszeit war keine leichte Zeit. Die christliche Gemeinde litt unter Verfolgung und auch unter inneren Auseinandersetzungen. Bischof Polykarp war den ihm anvertrauten Gläubigen Halt und Stütze. Dank seiner Bemühungen war es gelungen, ein Schisma zu verhindern und einen Streit, der über das Datum der Feier des Osterfestes ausgebrochen war, zu schlichten (die Ostkirche feierte Ostern gleichzeitig mit dem jüdischen Paschafest, während die westliche Kirche dies nach der Tradition des heiligen Petrus nicht tat). Bischof Polykarp starb im hohen Alter den Märtyrertod in einer Arena nahe von İzmir. Sein Leichnam wurde verbrannt. Vor seiner Hinrichtung wurde er nochmals aufgefordert, seinem Glauben abzuschwören und damit sein Leben zu retten. Er aber sagte darauf: "86 Jahre lang habe ich Christus als meinem Herrn gedient. Er hat mir nichts Böses angetan. Wie könnte ich meinen König verleugnen, der mich erlöst hat!" Der heilige Polykarp ist bis heute der Schutzpatron von İzmir. Sein Fest wird am 23. Februar gefeiert. Dieser Tag ist nach der Überlieferung der Tag seines Martertodes. Heute noch wird an diesem Tag der Brief des heiligen Ignatius von Antiochien an den heiligen Polykarp vorgelesen. DIE SIEBEN KIRCHEN DER OFFENBARUNG Geschichtlich gesehen ist İzmir, das alte Smyrna, die einzige überlebende Kirche der sieben kleinasiatischen Kirchen, von denen die Offenbarung des heiligen Johannes spricht. Das Wort "Kirche" bedeutet im biblischen Sinn eher Gemeinde als Gebäude. Der heilige Evangelist Johannes schrieb in der geheimen Offenbarung von der nahegelegenen Insel Patmos an die sieben Gemeinden von Ephesus, Philadelphia, Pergamon, Thyatira, Sardes, Smyrna und Laodizea. Alle diese Kirchen waren an historischen Stätten, deren Ruinen man besichtigen kann. Sie sind in einigen Stunden Autofahrt von İzmir aus zu erreichen. [ENDE DER ERKLÄRUNGEN ZUR KIRCHE DES HEILIGEN POLYKARP GEMÄSS OFFIZIELLER BROSCHÜRE.] Aber es geht in der Broschüre weiter, denn wie ich schon öfters wiederholte, ist der Besuch der Christen und ihrer Heiligtümer in anderen Ländern besonders wichtig. Und so listet dieselbe deutschsprachige Broschüre der St.-Polykarp-Kirche direkt am Sitz des lateinischen Metropoliten und derzeitigen Vorsitzenden der katholischen Türkischen Bischofskonferenz noch drei katholische und eine anglikanische Kirche in der impulsiven Großstadt Izmir auf: ANDERE KATHOLISCHE UND ANGLIKANISCHE KIRCHEN IN IZMIR 1. DIE JOHANNES-KATHEDRALE: Die Hauptkirche in İzmir ist die Basilika des heiligen Johannes (Şehit Nevres Bulvarı Nr. 3). Dieser Dom wurde 1874 eingeweiht. Die Kirche von Lyon (Frankreich) ist die Schwesterkirche von Smyrna, weil Smyrna die ersten Missionare nach Frankreich sandte. Der heilige Irenäus von Lyon ist in Smyrna geboren. Die Kirche von Lyon hat deshalb beim Bau dieser Kirche mitgeholfen. Der Hauptaltar wurde vom seligen Papst Pius IX. gestiftet. [Bis zur Renovierung und feierlichen Wiedereröffnung als allen zugängliche Kathedrale und Hauptkirche der Region diente sie vor allem den Angehörigen der NATO-Luftwaffe zur Feier der Heiligen Liturgie.] 2. DIE KIRCHE ST. MARIA (Halit Ziya Bulvarı Nr. 67): sie wird von den Franziskanern betreut. Diese Kirche, die 1667 erbaut wurde, diente als Dom bis zum Bau der St.-Johannes-Basilika. Die religiösen Symbole, die diese Kirche schmücken, sind Kopien alter christlicher Symbole, die in Smyrna und Umgebung entdeckt wurden. Hier finden die Gottesdienste in italienischer Sprache statt. 3. DIE ROSENKRANZKIRCHE (1481 Sokak, Alsancak) nahe dem Bahnhof von Alsancak wird von den Dominikanern geleitet. Es ist ein wunderschönes Gotteshaus, das 1904 erbaut wurde. Die Kirche besitzt einen sehr hohen Marmoraltar. Die Messen werden in türkischer, italienischer und französischer Sprache gefeiert. DIE ANGLIKANISCHE KIRCHE hat auch St. Johannes Evangelist als Patron und befindet sich gegenüber vom Bahnhof Alsancak. In einem anschließenden Gebäude befindet sich das britische Vizekonsulat. Die Kirche wurde am 7. April 1902 eingeweiht. Die Gottesdienste sind in englischer Sprache. [ENDE DER TEXTE UND HINWEISE AUF DER POLYKARP-BROSCHÜRE IN DEUTSCHER SPRACHE.] Sehr erfreulich ist diesbezüglich ein wissenschaftliches Symposium, das sich bereits vor drei Wochen den Heiligen der Stadt Smyrna/Izmir bzw. des viel größeren Metropolitan-Erzbistums widmete, worüber Prälat Dr. Nikolaus Wyrwoll verdienstvollerweise berichtet. Der Vorsitzende der katholischen Türkischen Bischofskonferenz, der lateinische Erzbischof von İzmir, Dr. Dr. Ruggero Franceschini OFMCap, hatte sich schon seit dem letzten Papstbesuch in der Türkei auf die für Februar 2015 angesetzte historische Begegnung mit dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel gefreut, und dieser Besuch wurde nun tatsächlich zu einem Erfolg. Es freut mich daher, dass ich an dieser Stelle sehr vieles aus der gründlichen Darlegung zum "Besuch des Ökumenischen Patriarchen in Izmir/Smyrna, Freitag 6. bis Montag 9. Februar 2015" von Prälat Wyrwoll übernehmen kann. Auch im St. Georgsblatt erscheint sein Bericht: "Mit einem wissenschaftlichen Symposion (Freitag, 6. bis Samstag 7. Februar 2015) über die Heiligen der Stadt Smyrna/Izmir stärkt Patriarch Bartholomaios die wachsende orthodoxe Gemeinde in Izmir." "Am Freitag um 18 Uhr eröffnete der Patriarch das Symposion. Thema waren die, die alle Gläubigen verbinden: die Heiligen. Diesmal ging es besonders um die Heiligen der Gründungszeit des Bistums: um den Apostel und Evangelisten Johannes, den ersten Bischof von Smyrna, Bukolos, und seinen Nachfolger Polykarp, die Märtyrin Photini und um Irenäus von Lyon. Bukolos, Polykarp und Photini sind die Patrone des Bistums. Das erste Referat hielt Prof. Dr. Konstantin Belesos aus Athen, ehemaliger Student des Ostkirchlichen Institutes Regensburg. Bis Samstagabend referierten griechische und türkische Professoren, der Pfarrer der katholischen Kathedrale nahm als Zuhörer teil. Feierlicher Abschluss des Symposions war die orthodoxe Vesper in der katholischen Kathedrale unter Vorsitz des Ökumenischen Patriarchen und des Erzbischofs Ruggero Franceschini. Die riesige Kirche war gefüllt mit den orthodoxen und katholischen Christen, Pilgern aus Griechenland und Gläubigen aller Kirchen und Religionen der Stadt. Als Geschenk der orthodoxen und katholischen Christen der Stadt überreichte der Erzbischof dem Patriarchen am Ende der Vesper ein Enkolpion (das Medaillon mit dem Bild Christi auf dem Arm Mariens, das die orthodoxen Bischöfe tragen wie die katholischen Bischöfe das Brustkreuz). Der Patriarch legte es gleich an und begrüßte die Gemeinde in italienischer Sprache. Nach der Vesper zog die ganze Gemeinde in den Eingangsbereich, die Bischöfe enthüllten eine große Marmortafel zur Erinnerung an diesen ersten Besuch eines Ökumenischen Patriarchen in der katholischen Kathedrale." Aber auch weitere Teile des wertvollen Berichtes von Prälat Wyrwoll möchte ich den Lesern nicht vorenthalten, wird dadurch ein weiteres Mal die in den letzten Jahren neu gewonnene Normalität an Religionsfreiheit und freiem christlichen Austausch in weiten Teilen der Türkei ersichtlich. Es geht zunächst um das Bukolosfest und die restarurierte Museumskirche desselben heiligen Voukolos (Bukolos), die bereits in einem Blogeintrag erwähnt wurde: "Der heilige Bukolos ist der erste Bischof von Smyrna. Die große Kirche zum heiligen Bukolos ist vom türkischen Staat nach den Wünschen des Patriarchen mit einer gläsernen Kuppel restauriert worden und wird als Museum betrieben. Sie kann (ab sofort) für Gottesdienste genutzt werden. Die Gottesdienste und Veranstaltungen dieser Tage waren erfüllt von ermutigenden Zeichen der Ökumene und vom lebhaften Interesse der muslimischen Bevölkerung. An den Gottesdiensten und Vorträgen nahm die gesamte Synode des Ökumenischen Patriarchates teil. Die Vorträge fanden in der Handelskammer (Ticaret odası) statt, unter großer Anteilnahme der Stadtverwaltung, der Bürger und der Presse. Mit einer feierlichen orthodoxen Liturgie in der Kirche des heiligen Bukolos wurde das Symposion eröffnet, es wurde abgeschlossen mit einer feierlichen orthodoxen Vesper in der katholischen Kathedrale St. Johannes Evangelist. An der ersten Liturgie in St. Bukolos nahmen der Vali [Gouverneur] und die Bürgermeister der Stadt teil. Mit dem katholischen Erzbischof Ruggero Franceschini waren die Pfarrer der neun katholischen Pfarreien der Stadt gekommen, der Rektor der katholischen Kathedrale und Mons. Nikolaus Wyrwoll vom Ostkirchlichen Institut Regensburg. Bei der feiernden Gemeinde waren viele Kinder und Enkel der Griechen, die beim Bevölkerungsaustausch 1923/1924 nach Griechenland ziehen mussten. Seit 1924 war die Kirche verlassen, die orthodoxe Gemeinde wird die Kirche wieder übernehmen, sobald sie stark genug ist. Seit 2013 ist Archimandrit Kyrillos Pfarrer der orthodoxen Gemeinde in Smyrna mit der kleinen Pfarrkirche St. Photini. Die Kirche hatte der griechische Generalkonsul in Izmir im Jahre 1981 von der holländischen evangelischen Gemeinde gekauft. Pfarrer Kyrill rechnet mit hundert einheimischen griechischen Pfarrkindern, mit einer viel größeren Zahl von Russen, Bulgaren, Georgiern, Rumänen. Seit der Krise in Griechenland kommen Christen von dort dazu, die in und um Izmir Arbeit finden. Credo und Vaterunser werden in jeder heiligen Liturgie griechisch, türkisch, russisch, georgisch und arabisch gebetet, die Fürbitten werden auch russisch gesungen. Die Prozession der Osternacht 2014 ging von St. Photini hinüber in die viel größere katholische Kathedrale. 2015 werden nun die Karfreitags- und Osternachtliturgie in St. Bukolos gefeiert, hier im Museumsgelände ist Platz genug für die Prozessionen." Von Archimandrit Kyrillos Sikis hatten wir in meinem Blogbuch schon durch ein übersetztes Interview mit Metropolit Franceschini gehört. In diesem Jahr werden die orthodoxen und orientalischen Christen Ostern ja eine Woche später als die lateinischen Christen feiern, wobei in Zypern oder auch in Antakya letztere sich aus ökumenischen Gründen diesem Osterdatum anschließen (vgl. auch den wiederum sehr erfreulichen Jahresbericht über die katholische Seelsorge im türkischen Antakya, also im traditionellen Patriarchalsitz Antiochia, in L'Osservatore Romano vom 10. Januar 2015 unter dem passenden Titel: "Außergewöhnliche Normalität".) Kehren wir zurück zum Bericht von Prälat Wyrwoll und damit schon zum Sonntag, dem 8. Februar 2015: "Am Sonntagmorgen wurde die heilige Liturgie mit allen Metropoliten und einigen Soldaten und Offizieren der NATO in der völlig überfüllten Pfarrkirche St. Photini gefeiert. Der Oberst der griechischen Soldaten überreichte dem Patriarchen eine große Gedenkmedaille. Gegen Mittag fuhren viele auf den Burgberg im Stadtteil Konak zu der Stelle, wo der heilige Bischof Polykarp lebendig verbrannt wurde. Ein kleines 'Wunder': wir wagten wegen des starken Regens nicht, aus dem Bus zu steigen. Der Patriarch trifft ein, die Sonne bricht durch! Der Ortsbürgermeister pflanzt mit dem Patriarchen einen Baum, dabei wird der Märtyrerhymnus aus der griechischen Liturgie gesungen, Wyrwoll singt das Regina Coeli. Alle steigen in den Bus, der Regen beginnt wieder und begleitet uns bis in die Nacht. Zum Mittagessen in einer zum Restaurant und Veranstaltungsort umgebauten Brikettfabrik hatte der Ortsbürgermeister von Konak eingeladen. Dann ging es weiter zum Ortsteil Bornova, der Patriarch besuchte den Ortsbürgermeister von Bornova. In der wieder aufgebauten Kirche Zum Heiligen Kreuz sangen wir den Kreuzeshymnus. Der Ortsbürgermeister von Bornova begrüßte uns in dieser als Museum betriebenen Kirche. Er sprach die Hoffnung aus, dass die orthodoxe Gemeinde wenigstens am Kreuzfest im September 2015 hier Gottesdienst feiern werde. Zusammen mit dem Patriarchen pflanzte er einen Baum und empfing uns dann in den Gebäuden der Stadtverwaltung, wo eine ständige Fotoausstellung über den Bevölkerungsaustausch 1923 zu sehen ist. Alle Fotos sind in griechischer und in türkischer Sprache erläutert. Ich war innerlich erregt, weil die Bilder mich an meine Vertreibung 1946 aus Schlesien erinnerten, wo wir noch das Eintreffen der aus der Ukraine vertriebenen Polen erlebt hatten. Wie der Zufall will, stellte sich am Dienstag der Fahrer (*1975) des Taxis zum Flughafen vor als 'Kritikos' = Kreter, türkisch 'Girit', Enkel von 1923 aus Kreta vertriebenen Muslimen: 'Mein Großvater konnte nur griechisch, mein Vater griechisch und türkisch, ich nur türkisch. Wir alten Kreter wohnen alle in Bornova.' Am Sonntag beim Abendessen waren wir Gäste des Ortsbürgermeisters Bornova." Am Montag, dem 9. Februar 2015, um 11.30 Uhr verlieh die Wirtschaftsuniversität im Ortsteil Narlıdere einen Dr. h. c. in Soziologie an Patriarch Bartholomaios. Dabei schrieb er folgendes ins Ehrenbuch: "Bugünden itibaren bu ilim ailesinin bir ferdi olarak kabul edilmemiz bizim için bir onur ve sevinç vesilesidir. Bu Kararı alan şahsıyetlere - ve bundan sonra değerli dostlarımıza - şükranlarımızı arzederiz. Dualarımız, bu kurumla ve sevgili talebeleri ve hocaları ile sabit kalacaktır. Bu Üniversite'nin hazırladığı aydın yeni nesil ülkemize ve dünyaya hayırlı olsun. Teşekkürlerimiz ve hayırdualarımızla - İstanbul Rum Patriği I. Bartholomeos. 9 Şubat 2015." Wir erkennen daran, dass Bartholomäus selbst demütig den Ökumene-Titel weglässt. Das erste türkische Ehrendoktorat hatte er übrigens schon am 19. Dezember 2013 von der Boğaziçi Universität erhalten. Prälat Wyrwoll berichtet also bereits zur zweiten türkischen Ehrendoktorwürde: "Die ganze Feier in der bis auf den letzten Platz gefüllten Aula Magna verlief in englischer Sprache. In seiner Vorlesung ["BUILDING BRIDGES. Interfaith Dialogue, Ecological Awareness, and Culture of Solidarity"] betonte Bartholomaios den fundamentalen Beitrag der Religion für den Frieden, für die Ehrfurcht vor den Menschen aller Religionen, Kulturen, Sprachen, für die Ehrfurcht vor der Natur. Den Gästen aus Europa fiel auf, dass Erzbischof Bartholomaios schriftlich und mündlich mit dem Titel 'Ökumenischer Patriarch' vorgestellt wurde. Der Gebrauch dieses Titels war in den ersten Jahrzehnten der Republik unter Androhung von Gefängnisstrafen verboten, erst seit kurzem wird dieser Titel wieder verwendet. Die um 1800 aus Turkmenistan eingewanderten Aleviten haben in Narlıdere Zuflucht gefunden. Ihr erstes Gebetshaus mit Wohnungen ist heute Museum. Viele hatten sich heute frei genommen und füllten den Platz, reichten eine traditionelle Suppe und zeigten in den traditionellen Trachten einen Teil der Tänze (und Gesänge) ihres Donnerstag-Abendgottesdienstes. Anschließend pflanzten Patriarch und Ortsbürgermeister von Narlıdere einen Baum und ließen drei strahlend weiße Tauben fliegen. Nach dem Mittagessen am Meer als Gäste des Ortsbürgermeisters fuhren mehrere Busse nach Selçuk-Ephesus in den Ortsteil Şirince, der bis 1923 nur von Orthodoxen bewohnt war. Deren traditionellen Weinanbau haben die Muslime weiter geführt. Die Frauen nutzten die seitdem leere Kirche des heiligen Dimitrios, um dort ihre Handarbeiten anzufertigen. So ist das Gebäude bis heute erhalten, auch die Ikonostase (ohne Ikonen), alles ist frisch gestrichen, einige Reste von Fresken sind noch zu erkennen. Trotz des Dauerregens war die Kirche zur feierlichen Vesper um 17.30 Uhr gefüllt mit den Metropoliten, den Vertriebenenverbänden aus Nordgriechenland, mit den heutigen Dorfbewohnern. Patriarch und Bürgermeister saßen rechts vor der Ikonostase, die Sänger standen links. Und noch ein Wunder: nach den Psalmen wagte sich ein Hund durch die dichte Menge bis zum Altar, ging zur Seite und setzte sich genau vor den Patriarchen und schaute ihn vertrauensvoll an. Tatsächlich reichte ihm der Patriarch etwas hinunter, der Hund legte sich friedlich neben den Patriarchen und blieb dort bis zum Ende der Vesper. Der Bürgermeister sprach bewegende Worte der Freude darüber, dass wieder gottesdienstliches Leben in die alten Mauern gekommen sei, Türken und Griechen wieder öfter zusammen sein werden. Er lud ein in die Basilika des heiligen Johannes: dort werde Patriarch Bartholomaios am Freitag 8. Mai 2015, Liturgie feiern. Am Abend (des Montags 9. Februar 2015) flogen der Patriarch und die Metropoliten nach Istanbul zurück, die Synode wählte am Dienstag den Pfarrer Jean Renneteau der orthodoxen Gemeinde in Genf zum Weihbischof für das russische Exarchat in Paris. In Smyrna feierten die verbliebenen Gäste am Dienstag heilige Liturgie in der Pfarrkirche St. Photini, und viele machten eine Wallfahrt zur gerade restaurierten Kirche des heiligen Charalambos in Çeşme gegenüber der Insel Kos, die heute als städtisches Kulturzentrum verwendet wird." So weit also die präzisen Schilderungen von Prälat Wyrwoll über diese erfreulichen christlich-ökumenischen Begegnungen im Februar 2015 auf dem Gebiet des Erzbistums Izmir. Ende Februar vollendet Patriarch Bartholomaios I. übrigens sein 75. Lebensjahr. So haben wir uns ausführlich und aktuell in ein Zentrum unserer christlichen Ursprünge versetzt, nach Izmir in die Türkei, also nach Smyrna, dessen Patron Polykarp bis heute ist und wo im Moment auch der Vorsitzende der katholischen Türkischen Bischofskonferenz seinen Sitz hat und gleich zwei riesige Bistümer leitet. Die christliche Gemeinschaft von Smyrna ist somit eine der ältesten der Welt, und sie sah seit ihren Ursprüngen die Präsenz der heiligen Apostel Johannes und Paulus. Johannes verbrachte den letzten Teil seines Lebens bekanntlich in Ephesus, 70 km von Izmir, und er wird auch als der Gründer dieser Ortskirche (Teilkirche) betrachtet. Mit Erlaubnis der türkischen Regierung war übrigens zum ersten Mal wieder am 27. Mai 2012 beim Grab des heiligen Apostels Johannes in Ephesus eine feierliche Pontifikalmesse zelebriert worden. Der heilige Polykarp, der nach den Worten seines eigenen Schülers, des heiligen Irenäus von Lyon, "Schüler (Jünger) der Apostel und Freund derer war, die den Herrn gesehen hatten", wurde in Ephesus um das Jahr 70 in einer christlichen Familie während der Regierung und Verfolgung des Kaisers Vespasian geboren. Seine Eltern vertrauten das Kind einer frommen und vornehmen Frau an, Callisto (Callista), die es in Liebe nach besten christlichen Maßstäben aufzog. Von sehr sensibler Natur war der Junge den Werken der Barmherzigkeit so verbunden, dass er das Vermögen der Adoptivmutter an die Armen verteilte. Als sich jedoch die Geldreserven wunderbarerweise wieder füllten, änderte Callisto (Callista) den Namen des Kindes von Pankratius zu Polykarp, was nämlich "viele Früchte" bedeutet. In seiner Jugend hatte er also noch den greisen Apostel Johannes und andere Zeugen der apostolischen Zeit gehört. So war er also tatsächlich ein Schüler desselben heiligen Evangelisten Johannes, der das Evangelium gemeinsam mit den Begleitern St. Bukolos und St. Ignatius von Antiochien in Asien verkündete. Indem er sich alle johanneischen Lehren zu eigen machte, teilte Polykarp alle Nöte des geliebten Jüngers bis zum Exil auf Patmos. Johannes weihte dann Bukolos zum Bischof von Smyrna, wobei er diesem Polykarp als unterstützenden Mitarbeiter beigab. In Smyrna wurde dann Polykarp zum Priester geweiht und hatte die Aufgabe der Sorge für die Waisen. Doch St. Bukolos sah seinen Tod kommen und bestimmte den demütigen Polykarp zu seinem Nachfolger. So regierte Polykarp als Hirte vom Jahr 100 weg mehr als 50 Jahre. Wir dürfen davon ausgehen, dass er als letzter Zeuge des Apostelzeitalters über weite Gebiete Kleinasiens als Autorität anerkannt war. So galt er als wesentliche Stütze des Kampfes gegen die entstehende Gnosis, einer radikalen Lehre der Selbsterlösung, als ob sich der Mensch aus eigener geistiger Kraft heraus erlösen könnte. Einen Verwandten dieser Irrlehre, den Marcion hat er (als "Erstgeborenen des Satans") öffentlich zur Rede gestellt (Iren., adv. haer. III, 3,4; Euseb, h. e. IV, 14,7; Mart. Polyc. cod. Mosq. epil. 3). Auch bemühte sich Polykarp um die Rückgewinnung von abgefallenen Gnostikern und Markioniten (Irenäus, adv. haer, III, 3,4). Alle seine Gedanken und Gesten waren Gott geweiht, und so konnte er kraft dessen viele Wunder wirken: er hat alleine durch Gebet ein Feuer von der Stadt Smyrna abgehalten und ließ es regnen, um eine Periode der Trockenheit zu beenden. Er befreite von Dämonen und heilte Kranke, sodass sich viele Heiden zu Christus Jesus bekehrten. Ignatius schrieb während seiner Überführung nach Rom sowohl Polykarps Gemeinde in Smyrna als auch ihm selbst je einen Brief. Zu Beginn des bischöflichen Wirkens von Polykarp wurde der heilige Ignatius nämlich zum Tode verurteilt und in Ketten nach Rom gebracht, um den Raubtieren zum Fraß vorgeworfen zu werden. Auf dem Weg in die Hauptstadt des Reiches hielt Ignatius, um den heiligen Bischof Polykarp ein letztes Mal zu umarmen. In Troas angelangt, schrieb Ignatius zum Dank für die Gastfreundschaft einen Brief, mit dem er ihm auch die (Seel)Sorge der antiochenischen Kirche anvertraute. In diesem Schreiben übermittelt Ignatius dem Polykarp einige Lehren zu den Pflichten des Hirten, die auch heute gelten: "Pflichten des Bischofs. Ignatius, auch Theophorus, das heißt Gottesträger, genannt, an Polykarp, den Bischof der Kirche von Smyrna, der selbst zum Bischof hat Gott den Vater und den Herrn Jesus Christus, Gruß und Heil! Ich ermuntere dich in der Gnade, mit der du bekleidete bist, deinen Lauf zu beschleunigen und alle zu ermahnen, damit sie gerettet werden. Werde deiner Stellung als Bischof gerecht mit aller Sorge des Fleisches und des Geistes. Sorge für die Einheit, denn sie geht über alles. Ertrage alle Menschen, wie der Herr dich erträgt! Habe Geduld mit allen in Liebe - wie du es ja auch tust! Gibt dich unablässig dem Gebet hin. Bete um noch größere Einsicht, als du sie schon hast! Sei wachsam in dem unermüdlichen Geist, den du besitzt! Sprich zu jedem einzelnen im Sinne Gottes! Als ein vollkommener Kämpfer trage die Last der Krankheiten aller wie ein geübter Athlet (Vgl. Jes 53,4; Mt 8,17). Je größer die Mühe, um so größer der Lohn. 'Wenn du nur die guten Schüler liebst, wirst Du keinen Dank ernten.' (Vgl. Lk 6,32) Führe vielmehr in aller Milde besonders jene zum Gehorsam, die vom Verderben bedroht sind. Nicht jede Wunde wird mit demselben Pflaster geheilt. Fieberanfälle stille mit feuchten Umschlägen! Sei klug wie eine Schlange und arglos wie die Taube! (Vgl. Mt 10,16) Weil du selbst leiblich und geistlich zugleich bist, darum sollst du alles, was die vor die Augen kommt, mit Nachsicht behandeln. Was aber das Unsichtbare anlangt, bete, dass es dir aufgeht, damit dir nichts fehlt und damit du alle Gnadengaben überreich besitzt. Wie ein Steuermann nach den Winden verlangt und ein vom Sturm Überfallener nach dem Hafen, so verlangt die Zeit nach dir, damit du mit den Deinen zu Gott gelangst. Sei nüchtern wie ein Athlet Gottes. Wie auch du überzeugt bist, sind Unsterblichkeit und ewiges Leben der Siegespreis. In jeder Hinsicht bin ich für dich ein Sühnopfer, ich und meine Ketten, die du geküsst hast. Die nur dem Anschein nach glaubwürdig sind und Irrlehren vortragen, sollen dich nicht erschüttern. Steh fest wie ein Amboss unter den Schlägen. Es gehört zu einem guten Athleten, Schläge hinzunehmen und zu siegen. Besonders für Gott müssen wir alles ertragen, damit auch er uns erträgt. Werde noch eifriger, als du es schon bist! Wäge die Zeiten ab! Warte auf den, der über der Zeit steht, den Zeitlosen, den Unsichtbaren, der für uns sichtbar wurde, den Ungreifbaren, den Leidensunfähigen, der für uns leidensfähig wurde und auf jegliche Wiese um unseretwillen gelitten hat." (Diesen Auszug von Ignatius von Antiochien [+ nach 107] aus dem Brief an Bischof Polykarp habe ich entnommen dem Lektionar zum Stundenbuch II/4. Die Feier des Stundengebetes. Lektionar für die katholischen Bistümer des deutschen Sprachgebrauchs. Authentische Ausgabe für den liturgischen Gebrauch. Heft 4, 1. - 9. Woche im Jahreskreis. Zweite Jahresreihe, Freiburg i. B. 1994, S. 229 f. [8. Woche im Jahreskreis, Freitag, Zweite Lesung], wobei folgende Quelle angegeben wird: Epistola ad Polycarpum, Nr. 5, 1 - 8, 1.3: Opera patrum apostolicorum, Ed. Funk, Bd. 1 [Thübingen 1878] 248 - 253.) Wie schon in der oben zitierten Polykarpbroschüre kurz angesprochen, reiste der schon sehr gealterte heilige Bischof um das Jahr 155 nach Rom, um mit Papst Anicet eine Einigung über den Ostertermin zu erreichen (Euseb, h. e. V, 24,16 f. vgl. IV,14,1), wobei er eben die kleinasiatische Praxis und somit den quartodezimanischen Standpunkt, auch mit den Schwerpunkten eines stellvertretenden Fastens für die Juden und des Blickes auf die Wiederkunft des auferstandenen Jesus Christus. Obwohl die Einigung nicht zustandekam, wurde Polykarp in Rom mit höchsten Ehren behandelt. Die Milde und Heiligkeit von Polykarp ließen dadurch seine Liebe nicht schmälern, im Gegenteil, der Papst und Bischof Polykarp tauschten im gegenseitigen Respekt der Unterschiede zwischen den örtlichen Teilkirchen den Friedensgruß aus. Als Polykarp am Aufbrechen war, überließ ihm der Papst auch den Vorsitz bei der Heiligsten Eucharistie, und auf Knien bat er Polykarp, gesegnet zu werden. So war also dieser heilige Bischof von Smyrna eine der beherrschenden Gestalten der sich bildenden Großkirche im Kleinasien des 2. Jahrhunderts. Kurz nach seiner Rückkehr nach Smyrna startete jedoch eine wütende Verfolgung, die von Marc Aurelius über alle Kirchen Asiens entfesselt wurde. In diesem erdrückenden Kontext fand der heilige Polykarp mit 86 Jahren einen glorreichen Tod, nach einer Gruppe von 12 Märtyrern aus Philadelphia. Obschon die Märtyrer jegliche Qualen erlitten - heute leider wieder all zu präsent durch weltweit agierende Terrorgebilde -, bevor sie den Wildtieren zum Fraß hingeworfen wurden, bewahrte Polykarp seine friedliche Natur und wollte in der Stadt bleiben, um seine geistliche Herde nicht zu verlassen. Aber als seine Gläubigen darauf bestanden, sich dem Tod nicht bewusst und übereilt auszusetzen, zog er sich in ein kleines Landhaus zurück, nicht weit weg von der Stadt, wo er Tag und Nacht für alle Menschen und alle Kirchen der ganzen Welt betete. Als Polykarp dann nach dem durch Folter erzwungenen Geständnis eines Sklaven entdeckt wurde, begegnete der heilige Greis den Soldaten, die ihn spätabends festnehmen sollten, mit einem strahlenden Gesicht und lud sie ein, mit ihm zu essen, wobei er sie nur um einen Moment des Gebetes bat. Als die Stunde des Abmarsches kam, ließen ihn die Soldaten auf einen Esel aufsitzen, um ihn so nach Smyrna zu schaffen. Die Soldaten waren von tiefer Furcht ergriffen und auch von Reue, ihre Aufgabe so erledigt zu haben. Der Polizeichef kam ihm entgegen und ließ ihn auf seinen Wagen steigen, um ihn vom Glauben abzubringen, damit er Caesar opfere. Doch als er sah, dass dies Zeitvergeudung war, stieß er ihn auf die Straße, wobei sich Polykarp am Bein verletzte und zu Fuß weiterging. Als der heilige Polykarp so in das Stadium gelangte, das voll von schreienden und blutrünstigen Menschen war, vernahmen die Christen eine göttliche Stimme: "Hab' Mut Polykarp!" Der Prokonsul rief ihn auf, Christus zu widersagen: "Habe Mitleid mit Deinem Alter", und er sagte viele andere Dinge, welche die Verfolger unter diesen Umständen gewöhnlich damals sagten, aber der Heilige antwortete: "86 Jahre lang habe ich Christus als meinem Herrn gedient. Er hat mir nichts Böses angetan. Wie könnte ich meinen König verleugnen, der mich erlöst hat!" Der Prokonsul sagte daraufhin: "Wen Du Deine Meinung nicht änderst, überlasse ich Dich den Tieren." Und Polykarp: "Rufe sie, aber ich werde meine Meinung nicht ändern, um von einer besseren in eine schlechtere Situation zu gelangen." "Ich werde Dich verbrennen, wenn Du die Gefahr der Tiere herabwürdigst", sagte der Prokonsul. Polykarp, voll Freude und Kraft, antwortete: "Du bedrohst mich mit einem Feuer, das einen Moment brennt und dann aufhört; ich fürchte hingegen das Feuer des Gerichtes Gottes und die ewige Qual der Ruchlosen. Warum noch warten, tu, was Du tun willst." Da der Bote drei Mal verkündet hatte, dass Polykarp zugegen war, bestand die Menge darauf, ihn den Löwen zum Fraß vorzuwerfen. Aber in dem Moment, als die Kämpfe mit den Tieren beendet waren, schrien sie: "Verbrennt ihn lebendig!" Sehr schnell bereiteten Bürger das Holz für das Feuer, und in der Mitte der Holzstapel wollten sie ihn festnageln, aber Polykarp sagte: "Lasst mich frei: Der, der mir die Kraft gibt, das Feuer auszuhalten, wird mir auch die Macht geben, unbewegt auf dem Holz zu bleiben." Der Heilige erhob die Augen zum Himmel und dankte Gott, dass er ihn für würdig gehalten habe, mit allen Märtyrern an Seinem Leiden teilzuhaben, und als sein Amen ausgesprochen war, wurde das Feuer entzündet. Eine große Flamme entzündete sich, aber das Feuer nahm sofort die Form einer Höhle, wie eine vom Wind aufgeblasene Verhüllung, die den Körper des Märtyrers umgab, ohne ihn zu berühren. Mit dem Heiligen in der Mitte schien kein Fleisch zu verbrennen, sondern eher Brot gebacken oder Gold und Silber zum Glühen gebracht zu werden, wobei davon ein Duft von Weihrauch und anderen guten Aromen ausging. Da man feststellte, dass der Körper des Märtyrers unverbrannt blieb, befahlen die Heiden dem Henker, sein Leben mit dem Schwert zu beenden. Das Blut floss dabei in solchem Überfluss, dass das Feuer gelöscht wurde. Die Menge war zutiefst erstaunt. Das geschah also am heutigen Tag, dem 23. Februar des Jahres 156. Die wertvollen Überreste des Märtyrers waren zur Verbrennung bestimmt, aber Gläubigen gelang es, einige Gebeine einzusammeln, die sie an einem würdigen Ort beisetzten, wo sie in jedem Jahr freudig diesen Tag der Geburt des Polykarp für den Himmel zelebrierten. Einige Fragmente der Gebeine von Polykarp wurden dann den Kirchen gegeben, damit seine Reliquien verehrt werden konnten, und davon ist ein kleiner Knochenteil des Schädels bis heute in Izmir, nämlich in einem wertvollen Reliquiar, das während der Novene (neun Tage Vorbereitung) und am Festtag (also heute) den Gläubigen zur Verehrung präsentiert wird. Hinzu kommt, dass das Martyrium des Polykarp (Martyrium Polycarpi) unter den Märtyrerakten (nach Acta 7) das älteste aufgezeichnete ist: es war in Briefform unmittelbar nach dem Tod des Heiligen geschrieben worden, nämlich von der Gemeinschaft in Smyrna an die Kirche von Philomelion in Phrygien. Polykarps Angabe vor seinem Richter, er habe Christus 86 Jahre gedient (Mart. Polyc. 9,3), fasst sein ganzes Leben unter dem Gesichtspunkt der Herrschaft Christi zusammen. Wir sahen ihn als einen vom vom Heiligen Geist erfüllten Greis gefasst das Martyrium auf sich nehmen, und dieses ruhmreiche Martyrium erinnert uns an so viele Christen weltweit, die ähnliche Qualen erleiden müssen, nur weil sie getauft und gefirmt sind und an diesen einzigen Erlöser Jesus Christus glauben. Exemplarisch denken wir vielleicht sogleich an die kürzlich bestialisch hingerichteten 21 koptisch-christlichen ägyptischen Arbeiter in Libyen. Der in der Deutschen Bischofskonferenz für die Weltkirche verantwortliche Metropolit von Bamberg, Erzbischof Prof. Dr. Ludwig Schick, hat dazu dieses Gebet formuliert: "Herr und Gott, wir sind entsetzt und traurig über den Tod der koptischen Christen in Libyen. Wir klagen an und fragen: Wie können Menschen so grausam sein und Dich, ihren Gott, so beleidigen, indem sie Deine geliebten Geschöpfe, ihre Mitmenschen, quälen und töten? Wir klagen auch vor Dir, Herr und Gott, und fragen Dich: Konntest Du nicht diesen Kelch an den Ermordeten vorübergehen lassen, sie retten und zu ihren Familien in Ägypten zurückbringen? Trotz unserer Klagen und Fragen haben wir Hoffnung und Vertrauen und bitten Dich inständig: Lass die getöteten koptischen Christen und alle Opfer von Gewalt und Terror, bei Dir Frieden und die Fülle des Lebens finden. Tröste die Familien, Ehegatten und Kinder, Eltern, Verwandte und Freunde in ihrem Schmerz, lass sie nicht verbittern und nicht auf Rache sinnen, gib ihnen Gedanken der Versöhnung. Lass das Blut der Getöteten als Samenkörner aufgehen und Früchte des Friedens bringen für die Länder des Nahen Ostens. Bringe die Extremisten zu Vernunft und lass sie einsehen, dass Du der einzige und wahre Gott, Freiheit und Gerechtigkeit, Einheit und Liebe für alle Menschen willst. Sende den Verantwortlichen in der Politik, in der Gesellschaft und in den Religionsgemeinschaften Deinen Geist, damit sie ihrem Auftrag entsprechen, dem Wohl aller dienen und eine Zivilisation der Liebe weltweit aufbauen. Guter Gott über die Herzen der Menschen und den Lauf der Geschichte: Bekehre uns alle und mache uns zu Werkzeugen Deines Friedens für eine bessere Zukunft und eine Welt, die Deinem Willen entspricht. Darum bitten wir durch Jesus Christus unseren Herrn und Bruder. AMEN." Der "apostolische Lehrer und prophetische Bischof" (Mart. Polyc. 16,2) Polykarp genoss auch später hohes Ansehen und war für den schon genannten Irenäus ein wichtiges Bindeglied in der Traditions- und Sukzessionslinie der Großkirche, d. h. der ununterbrochenen Nachfolge der Bischöfe durch die heilige Weihe. Tertullian zählt ihn zu den ("viri apostolici", de praescr. haer. 32), den Gewährsmännern der apostolischen Überlieferung. Einer, der heute an seinem Wirkungsort in den Fußstapfen des heiligen Polykarp schreitet, ist der regierende katholische Bischof von Smyrna, der Kapuziner-Erzbischof Dr. Dr. Ruggero Franceschini. Die regelmäßig erscheinende, von der italienischen Vereinigung AMCOR (Amici Chiese d'Oriente ["Freunde der Kirchen des Orient]) herausgegebene Zeitschrift "ANATOLIA OGGI" ("Anatolien heute") berichtet über viele der von ihm segensreich begonnenen und empfohlenen Aktivitäten. Online sind derzeit Ausgaben der Jahre 2012 (Mai) bis 2014 (Dezember) verfügbar. Vom 14. - 17. Jahrhundert war die Nachfolge der lateinischen Bischöfe von Smyrna ja nur noch titularmäßig gegeben, und bis zum 19. Jahrhundert war dann ein Apostolisches Vikariat vorhanden. Schließlich konnte Papst Pius VII. die antike Erzdiözese Smyrna mit der Bulle Apostolatus officium wieder in die Normalität eines voll ausgestatteten Metropolitanbistums (allerdings ohne Suffraganbistümer) versetzen. Bei den Verdiensten des heutigen lateinischen Metropoliten, der derzeit auch das Apostolische Vikariat Anatolien und die interrituelle katholische Bischofskonferenz leitet, ist die Ausgabe Nr. 70 (2/2013) von ANATOLIA OGGI zu seinem goldenem Priesterjubiläum hervorzuheben. Natürlich hat er rechtzeitig zum 75. Geburtstag (Stichtag somit der 1. September 2014) dem Heiligen Vater seinen Rücktritt angeboten, aber bis jetzt ist dieser nicht angenommen worden. Schon 1985 war er als Kapuzinerpater Maurizio der Obere der Mission in Iskenderun (Alexandretta) geworden, und 1986 wurde er zum regulären Oberen der Kapuzinermission in der Türkei gewählt. 1990 musste er nochmals zurück nach Parma, weil er nach den Jahren 1979 - 1985 nochmals als Provinzial die Gesamtverantwortung für die Kapuziner übernehmen sollte. Von dort aus nahm er sich besonders den Aufgaben in der Türkei an, und die Pastoralbesuche der Präfekten der Kongregation für die Ostkirchen (Simon Kardinal Lourdusamy im Juni 1990 und Achille Kardinal Silvestrini im Mai 1992) konnten deutlich erkennen, wie sehr die Arbeit der Kapuziner trotz damals noch zahlreicher administrativer Schwierigkeiten Früchte zeitigte. Bekanntlich fällt in der Türkei auch die lateinische Kirche in die Kompetenz der römischen Ostkirchenkongregation. Am 2. Juli 1993 wurde Provinzial P. Maurizio Franceschini mit seinem Taufnamen Ruggero vom heiligen Papst Johannes Paul II. zum Apostolischen Vikar des Apostolischen Vikariates von Anatolien ernannt (gleichzeitig zum Titularbischof von Sicilibba beim früheren Karthago). In der Kathedrale von Mersin wurde er dann am 3. Oktober 1993 zum Bischof geweiht. Heute ist er wieder der Ordinarius dieser Teilkirche, nämlich als Apostolischer Administrator. Bis November 2004 (also in 11 Jahren Regierungszeit) konnte Bischof Ruggero Franceschini einige erfolgreiche Initiativen verzeichnen (ziemlich zu Beginn seines bischöflichen Wirkens versuchte allerdings ein Auto, ihn absichtlich zu überfahren - Gott sei Dank erholte er sich von den zahlreichen Brüchen sehr bald): er konnte die unbesetzten Stationen in Adana, Trabzon und Samsun wiedereröffnen (in der genannten Jubiläumsausgabe Nr. 70 [2/2013] von ANATOLIA OGGI sind schöne Photographien zu sehen, wie er selbst Hand anlegte); er konnte in Kappadokien (Uçhisar in der Provinz Nevşehir) ein kleines Haus in eine Gebetsoase umwandeln; er konnte durch den Aufbau von regionalen und zentralen Kontakten erreichen, dass der erste Sitz des heiligen Petrus in Antiochia (Antakya) und somit die Petrusgrotte als wichtiges Zentrum der ganzen Christenheit wiederentdeckt werde; er begann mit der Konstruktion eines Pauluszentrums in Tarsus; er förderte die enge Zusammenarbeit mit den antiken Kirchen der Armenier, der Syrer und der Chaldäer, die seit den ersten Jahrhunderten hier präsent sind; und er erreichte mit den orthodoxen Brüdern und Schwestern einen freundschaftlichen Kontakt, den es so noch nicht gegeben hatte, und er führte oft den Dialog mit der muslimischen Welt. Am 12. Oktober 2004 ernannte ihn der heilige Papst Johannes Paul II. zum neuen Metropoliten und Erzbischof von Smyrna (Izmir), und am 5. Dezember 2004 nahm er Besitz von diesem traditionsreichen Erzbistum. Nach der Ermordung des neuen Apostolischen Vikars für Anatolien am 3. Juni 2010, nämlich des Kapuzinerbischofs Luigi Padovese, wurde Erzbischof Franceschini auch wieder Ordinarius für das Vikariat Anatolien, als Apostolische Administrator. (Bereits am 5. Februar 2006 war der Priester Andrea Santoro in Trabzon umgebracht worden.) So wurde Erzbischof Ruggero Franceschini OFMCap 2010 auch wieder Vorsitzender der katholischen Türkischen Bischofskonferenz, was seit 2005 Mitbruder Padovese gewesen war. Immer wieder bat man um einen neuen Bischof für das Apostolische Vikariat, und es bleibt abzuwarten, ob in diesem Jahr möglicherweise gleich mehrere lateinische Bischofssitze in der Türkei neu besetzt werden. Auch im großen Erzbistum Izmir öffnet Erzbischof Ruggero katholische Pfarreien wieder, vor allem mit Hilfe von Fidei-donum-Priestern wie in einem Viertel der Großstadt Izmir. Insgesamt sind es mindestens sieben Kirchen, die Erzbischof Franceschini restaurieren bzw. auch zum täglichen Gebet wieder öffnen konnte. Und das große Ziel der Wiedereröffnung der Mutterkirche, der Kathedrale zum heiligen Johannes Evangelist, für die gesamte Öffentlichkeit ging auch noch in Erfüllung, obwohl dies sogar manche Gesprächspartner in Rom fast nicht geglaubt hätten. Ich habe in meinem Blogbuch darüber berichtet. Nebenbei wird nun auch die Georgskirche in der Nähe von Alanya restauriert, auch dies wieder mit tatkräftiger Unterstützung der kommunalen Behörden. Sie wird dann nicht nur den vielen orthodoxen Christen aus Russland und der Ukraine zur Verfügung stehen, sondern allen christlichen Gruppen. Abschließen möchte ich diesen Blogeintrag zu Ehren des heiligen Polykarp mit einer weiteren erfreulichen Meldung aus der Türkei: SAT-7 TÜRK ist der erste und einzige christliche TV-Kanal, der ab sofort auf dem von der türkischen Regierung regulierten Satelliten Türksat 4A sendet. Nun können mehr als 50 Millionen Zuschauer in der Türkei und viele weitere türkisch sprechende Zuschauer in Europa und Zentralasien SAT-7 TÜRK ansehen. Der christliche Sender SAT-7 für den mittleren Osten und Nordafrika begann 2006 mit Sendungen in arabischer und persischer Sprache. Das türkischsprachige Programm musste sich bisher mit diesen Programmen andere Sendekanäle teilen und war lediglich im Internet 24 Stunden am Tag auf Sendung. Jetzt geht es für SAT-7 also einen großen Schritt vorwärts, weil Türksat der populärste Satellit mit dem größten Publikum in der Türkei mit mehr als 50 Millionen Zuschauern ist. Damit kann sich der christliche Sender, der als moderat evangelikal, aber keineswegs fundamentalistisch eingeschätzt werden kann, einem breiteren Publikum in Zentralasien, Europa und im Nahen Osten präsentieren. "Wir sind überwältigt und glauben wirklich, es ist ein Wunder, dass wir jetzt über Türksat senden", meint der geschäftsführende Direktor von SAT-7 TÜRK, Melih Ekener. SAT-7 TÜRK ist bestens vertraut mit der Herstellung von verschiedenen Arten von Programmen wie Drama, Dokumentation, Musik, Gottesdienst, Kinder-, Frauen- und Jugendprogrammen und seit kurzem auch Live-Shows. Die meisten Programme werden in den SAT-7-TÜRK-Studios in Istanbul produziert. "Wir machen Programme, die die kulturellen Werte des Landes respektieren und schätzen", so Melih Ekener, "und eröffnen der Welt so die Möglichkeit, unsere Wahrnehmung des Landes wie eine oft fehlende Farbe zu sehen." Dass die türkischen Behörden dieses Engagement von SAT-7 TÜRK würdigen und eine Frequenz auf dem offiziellen staatlichen Satelliten erteilt haben, ist für Ekener ein historischer Moment. Ein Programm von Christen aus der Türkei, das für die Gemeinden und darüber hinaus da ist und von dem bedeutenden christliche Erbe des Landes erzählt, wäre vor zehn Jahren noch nicht möglich gewesen. Türksat ist europaweit zu empfangen. SAT-7 TÜRK sendet auf Türksat 4A 42° Ost, 11,824 GHz Vertikal, SR 8000 3/4. Direkte Informationen zum Empfang in türkischer Sprache unter www.sat7turk.com. Dies ist eine große Freude für alle Christen, aber nicht zuletzt auch für den derzeitigen Präsidenten der katholischen Türkischen Bischofskonferenz, Dr. Dr. Ruggero Franceschini OFMCap, der heute den Stuhl des heiligen Bischofs Polykarp einnehmen darf. Vergessen wir nicht, dass dieser Boden auch heiliges Ursprungsland des Christentums war und ist. Im Gebet mit allen Lesern und Leserinnen in dieser Fastenzeit 2015 verbunden, grüßt herzlich Euer Padre Alex - Dr. Alexander Pytlik Trackbacks
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