Jeder Mensch hat ein natürliches Verteidigungsrecht. Jeder Mensch als Staatsbürger hat die Möglichkeit, wenigstens im eigenen Staatswesen die rechtlich möglichen Schritte zur Verteidigung selbst zu bestimmen, wobei er darüber nachzudenken hat, wie weit rechtliches Vorgehen unter Umständen kontraproduktiv sein könnte. (Der Christ ist aber nicht nur Staatsbürger, und der geweihte katholische Priester unterliegt dann zweifellos noch höheren ethischen Überlegungen.) Nun ist es sicherlich menschlich verständlich, wenn sich offenbar gegen ihren Willen photographisch in hausverständlich als unsittlich erkennbaren Situationen Veröffentlichte zu verteidigen suchen und dabei die Frage der Veröffentlichung über die dargestellten oder darüber hinaus berichteten Handlungen stellen zu suchen. Wobei aber tatsächlich auch nebenbei die Frage entsteht: sind heute zur wirklichen Aufklärung oder Behebung von Mißständen Filme und Photographien notwendig, die über trockene Berichte hinweg ein nation- oder gar nationenweites Echo auslösen? Man denke auch an den plötzlichen Handlungselan des Verteidigungsministers angesichts der offensichtlichen psychischen Folterungen junger auszubildender Grundwehrdiener in Oberösterreich. Scheinbar braucht es heute mehr denn je einen "
visuellen Start", um eine Reinigung in Gang zu setzen, wie man dazu auch immer stehen mag.
Kann aber nun ein Gerichtsprozeß unmoralisch begonnen und geführt werden? "Ambrosius" meint als Augenzeuge in seinem aktuellen Kommentar offenbar: ja. Wenn dem aber so ist, wie offenbar "Ambrosius" sehr spannend analysiert, so wäre es streng genommen sehr bedenklich, daß hier Brüder in priesterlicher Kleidung auftreten. Dann müßte sich jeder Priester vom prozessualen Vorgehen der Antragsteller distanzieren - tatsächlich sollte nämlich die Wahrheitsfrage an erster Stelle stehen, und nur um diese ging es bei der genannten Apostolischen Visitation, wenn man die mutigen Presseaussendungen, Pressekonferenzen und Interviews des ehemaligen Apostolischen Visitators Dr. Dr. Klaus Küng heute nochmals liest. Dann aber scheint es einen ganz entscheidenden Unterschied zwischen dem von Verdächtigen angestrengten außerkirchlichen Prozeß zur eben dadurch in ihrer Vorgehensrichtigkeit bestätigten Visitation zu geben. An dieser Stelle sei an die drei Kommentare aus meiner Feder
(1) (2) (3) erinnert, die in unterschiedlicher Weise den sogenannten Fall St. Pölten und damit zusammenhängende Problembereiche tangieren, besonders an den letzten Wurf über die
Gefahr homosexueller Unterwanderung.
All jene, die die Erwartungshaltung bei den Antragstellern ins phantastisch Unermeßliche steigerten, daß man sich durch einen derartigen außerkirchlichen Prozeß vollständig rehabilitieren könnte, sollten in sich gehen und überlegen, ob dies der Kirche, der Wahrhaftigkeit und diesen Priestern dient. Es ist in Wirklichkeit völlig absurd, über den Umweg der staatlichen Gerichtsbarkeit das gewissenhafte Arbeiten des vom Heiligen Stuhl eingesetzten Visitators
ad absurdum führen zu wollen. Hinzu kommt, daß im hier diskutierten Prozeß wichtige Zeugen (Visitator, Weihbischof, Kriminalinspektor) durch Berufung auf das jeweilige Amtsgeheimnis nicht aussagen, sodaß nicht nur vom formalen Vorgehen, sondern auch von den Sachergebnissen her ein Vergleich mit der umfassenden Untersuchungsarbeit der Apostolischen Visitation nicht möglich erscheint.
Niemand wird daher herumkommen: es kann nicht um rechtspositivistische Ausflüchte gehen - das nämlich ist der Kirche nicht würdig und entspricht nicht dem Auftrag Christi an die Apostel. Und so wollen wir um Erleuchtung aller fehlinformierten und fehlgesteuerten Personen beten, besonders in der Zeit des Advents, damit die
Predigt des neuen Diözesanbischofs von St. Pölten Beachtung in der Praxis finde: "
Aber die vielen Kirchenskandale, die das Vertrauen der Gläubigen erschüttert haben!? - Ja, das ist schon bedrückend, schmerzhaft und schwer, dennoch gibt es Hoffnung. Irgendwie ist uns allen bewußt, daß nur ein Weg aus der Krise herausführt: es ist der Weg der Wahrheit - nur die Wahrheit macht frei - man muß der Wahrheit, auch im Sinne der Aufrichtigkeit sich selber und den anderen gegenüber, ins Auge schauen, und es ist auch notwendig, daß die Kirche den Gläubigen, jenen, die Unrecht erfahren haben, auch jenen, die beschuldigt werden, Gerechtigkeit zuteil werden läßt, ohne zu vergessen, daß Barmherzigkeit dazugehört. Die Möglichkeit zu Umkehr, Bewährung und Neuanfang sind Wesensbestandteile einer christlichen Betrachtungsweise des Lebens. 'Legt als neues Gewand den Herrn Jesus Christus an', ruft uns Paulus zu. Ebenso muß auch das Wort des Herrn im Evangelium in unseren Herzen Eingang finden: 'Seid also wachsam!' Es ist nicht zu übersehen, das manche Entwicklungen, die in unserer Gesellschaft vorkommen, zum Teil aus Mangel an Wachsamkeit auch in der Kirche wirksam sind. Es betrifft uns alle, jene, die die Hirten sind, es sein sollen, ganz besonders. Die Vorfälle zeigen: wir müssen aufwachen, wachsam sein, wachsamer werden, damit vorhandene Mißbräuche behoben und durch entsprechende Maßnahmen in Hinkunft vermieden werden."
Euer Padre Alex - Dr. Alexander Pytlik (
wie immer verweise ich darauf, daß für Inhalte externer Linkverbindungen keine Verantwortung übernommen wird - es gilt für alle Verdächtigen die Unschuldsvermutung.)