Der vom verstorbenen Diener Gottes Johannes Paul II. am 21. Februar 2001 zum Kardinal erhobene Theologe und Priester Prof. Dr. Leo Scheffczyk (Kardinaldiakon von S. Francesco Saverio alla Garbatella) ist am Hochfest der ohne jegliche Befleckung der Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria verstorben. Er wurde am 21. Februar 1920 im schlesischen Beuthen geboren und am 29. Juni 1947 zum katholischen Priester des lateinischen Ritus geweiht. Prof. Dr. Scheffczyk war Zeitzeuge des XXI. Ökumenischen Konzils der Katholischen Kirche und lehrte an der Münchener Universität bis zu seiner Emeritierung katholische Dogmatik. Am morgigen Dienstag, dem 13. Dezember 2005, wird der Sarg des verstorbenen Kardinals am Vormittag in den Münchner Liebfrauendom gebracht und aufgebahrt. Die Gläubigen sind zum stillen Gebet für die Seele des Verstorbenen eingeladen. Mitglieder der geistlichen Familie
Das Werk werden den ganzen Tag über eine Gebetswache im Dom halten. Sie wird um 18.30 Uhr mit dem heiligen Sterberosenkranz enden. Der hochwürdigste Erzbischof von München, Friedrich Kardinal Wetter, wird am Mittwoch, dem 14. Dezember 2005, um 10.30 Uhr im selben Münchner Liebfrauendom ein heiliges Pontifikalrequiem zelebrieren.
Die Beerdigung findet dann in Österreich statt: am Donnerstag, dem 15. Dezember 2005, zelebriert der (wie Kardinal Scheffczyk aus Schlesien stammende) hochwürdigste Kardinal-Erzbischof von Köln um 11.00 Uhr in der Pfarrkirche St. Gallus in Bregenz, Vorarlberg, das heilige Pontifikalrequiem, welches von
K-TV direkt aus der Pfarrkirche St. Gallus übertragen wird. Anschließend findet die heilige Beerdigungszeremonie auf dem Friedhof der geistlichen Familie
Das Werk im Kloster Thalbach, Bregenz, statt.
Das Beileidstelegramm des Heiligen Vaters in deutscher Originalsprache an Seine Eminenz Friedrich Kardinal Wetter, Erzbischof von München und Freising, vom 9. Dezember 2005 lautete: "
Mit tiefer Trauer und innerer Bewegung habe ich vom Heimgang des geschätzten Kardinals Leo Scheffczyk am Hochfest der Unbefleckten Empfängnis Mariens Kenntnis erhalten. Sein reiches priesterliches und wissenschaftliches Leben und Wirken widmete er mit unermüdlichem Eifer der theologischen Durchdringung und Verkündigung der Göttlichen Wahrheit. In seiner Glaubenstreue sowie in seiner menschlichen Güte und Bescheidenheit bleibt er seinen Schülern und vielen Gläubigen ein leuchtendes Vorbild. Möge die jungfräuliche Gottesmutter, der Kardinal Scheffczyk sein ganzes Leben in kindlicher Liebe verbunden war, ihn in das ewige Vaterhaus geleiten. Von Herzen erteile ich allen, die um den verstorbenen Kardinal der heiligen Kirche trauern und für sein ewiges Heil beten, als Unterpfand göttlichen Trostes den Apostolischen Segen. BENEDICTUS PP. XVI "
Exemplarisch sei außerdem der von kath.net übernommene Nachruf auf den verstorbenen Leo Kardinal Scheffczyk unter dem Titel
Ganz und gar katholisch auch hier publiziert: Kurz nach der Erhebung des nun verstorbenen Gottesgelehrten zum Kardinal wurde ein mit dem Geehrten gut bekannter Priester von einer Gruppe von Gläubigen gefragt, wie dieser denn so sei. Zum Erstaunen der Gläubigen, die nun ein "nett" oder "gebildet" erwartet hatten, antwortete der Priester einfach nur: "katholisch". "
Was denn auch sonst? - Sonst wäre er wohl nicht Kardinal geworden, wenn er Protestant oder Buddhist wäre", dachten sich die Fragenden. Und doch enthält diese Antwort etwas, was den verstorbenen Kardinal zutiefst kennzeichnet: ganz und gar katholisch, im Leben und Denken, inmitten einer Zeit der Verunsicherung und des Relativismus.
Stets war sein Anliegen, die systematische Darstellung des katholischen Glaubens mit dessen mutiger geistreicher Verteidigung zu verbinden. Und so blickte er stets mit "zwei scharfen Augen" auf sein Aufgabenfeld: dem historischen, das der geschichtlichen Entwicklung Rechnung trägt, und dem philosophischen, das mit großer spekulativer Tiefe den Organismus der Mysterien des Christentums widerspiegelt: er verstand es, die exakte Erklärung komplizierter geschichtlicher Sachverhalte mit der synthetischen Zusammenschau der großen Linien der Glaubenslehre glaubhaft zu verbinden. Von daher ist seine Theologie auch wissenschaftlich im echten Sinne - zeichnet sich die vollkommene Erkenntnis nach Aristoteles und dem Aquinaten doch dadurch aus, daß sie sich methodisch in einem steten Kreislauf von Analyse und Synthese vollzieht.
Auf dieser wissenschaftlichen Basis schließlich baut auch das klare Wort des Kardinals, wenn es um die Gefährdungen des
depositum fidei geht: genauso exakt, wie er Analyse und Synthese in der dogmatischen Theologie vereint, charakterisiert er jene Strömungen und Positionen, die der vom Glauben erleuchteten Vernunft widersprechen, und weist sie konsequent zurück: einen Kompromiß zwischen Glauben und Irrglauben kann es nicht geben! Vielleicht am deutlichsten wird dieses Anliegen in den zahlreichen Artikeln, die er über all die letzten dreißig Jahre in der Zeitschrift Theologisches veröffentlicht hat sowie in dem von Peter Christoph Düren
im Jahr 2003 herausgegebenen Buch, das ein ausführliches Interview mit Kardinal Scheffczyk enthält, in dem dieser die pastorale Situation in Deutschland sowie die dahinter stehenden verfehlten Theologien scharf kritisiert. Auch deshalb, weil man seit Erscheinen des Buches den Eindruck gewinnt, als hätten sich die Stellen, die aus diesem Buch unbedingt Konsequenzen ziehen müßten, auf ein bequemes Verschweigen des Buches eingeschworen.
In einer Zeit, die der man das Wesen des Katholischen nicht selten mit dem Vorurteil, damit der Einheit der Christen zu dienen, zurückstellt, wird gerade dieses nun, im Sinne einer Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, bewußt in den Vordergrund gerückt. Und zwar nicht aus einem antiökumenischen Impuls, sondern aus der gut begründeten Überzeugung, daß das Katholischsein gerade das Wesen des Christentums ausmacht und die Einheit der Christen nur durch die Hingabe an dieses, niemals durch dessen Preisgabe zu erreichen ist. Dabei wird das Wesen des Katholizismus - obgleich im Kontext des auch Schatten kennenden zeitgenössischen Pluralismus und Ökumenismus gesucht - niemals in konfessionalistischer Verengung gefunden. Es zeigt sich gerade im Gegenteil in der Liebe zur Ganzheitlichkeit und Fülle, die sich im methodischen Bereich im das gesamte Denken durchformenden Prinzip des "Sowohl-als-auch" (et-et) widerspiegelt. Dieses erfließt nicht nur dem christologischen Prinzip von Chalzedon, das für Christus stets das sowohl "ganz Gott" als auch "ganz Mensch" festhält, sondern wird als das grundlegende "Formelement" des Katholischen überhaupt verstanden.
Damit steht am Anbeginn des Katholizismus keine Idee, sondern der Heilsrealismus in der Person Jesu. Dem protestantischen
sola - allein (die Gnade, der Fiduzialglaube, die Schrift ...), das bis in die Dialektik und die existentialistischen Verbiegungen moderner Theologie hinein wirkt, wird also das katholische Sowohl-als-auch gegenübergestellt: sowohl die Gnade als auch die Freiheit, sowohl die Heilige Schrift als auch die Tradition, sowohl der Glaube als auch die Vernunft. Dabei werden beide Komponenten nicht einfach egalisierend nebeneinander gestellt, sondern es herrscht stets eine klare Über- und Unterordnung, die um den Primat des Übernatürlichen weiß. Mit diesem ganzheitlichen Prinzip aufs engste verbunden zeigt sich der universale Anspruch des Katholischen, den sonst keine andere Religion erheben kann: fernab von jeder nationalistischen oder kulturellen Engführung richtet es sich auf das "Ganze": die ganze Welt, den ganzen Menschen, die ganze Gesellschaft.
Umso bedauerlicher ist es freilich, daß gerade das Christusdogma sich schon seit mehreren Jahrzehnten harten Angriffen, auch von Seiten katholischer Theologen, ausgesetzt sieht. In dem erwähnten Interviewbuch stellte der Kardinal fest, daß sich in der heutigen Theologie "
geradezu eine Phalanx von Gegnern des kirchlichen Christusdogmas" ausmachen läßt, die zur Vorherrschaft einer "
Orthodoxie des Unglaubens" geführt habe. Sehr deutlich kann der erfahrene Dogmatiker zeigen, wie sich bekannte und einflußreiche Theologen, angefangen von Karl Rahner über Piet Schoonenberg bishin zu Edward Schillebeeckx und Hünermann, von dem Christusdogma des Konzils von Chalzedon (451) und damit dem "
unerschütterlichen Herzstück des Christusglaubens", ja der christlichen Religion überhaupt, weitgehend verabschiedet hätten.
Freilich allzu oft eingefaßt "
in die Edelsprache existentialistischer Esoterik" und wieder unter dem Zwang ihres Neuentwurfs der Theologie überhaupt: die existentialistische oder phänomenalistische Theologie vermag es "
in ihrem subjektivistischen Monismus nämlich nicht mehr, Gott als 'etwas anderes', als etwas Übernatürliches, als 'den anderen' zu denken", vielmehr bringt sie es aufgrund eines verfehlten, zuletzt vom Papst in seiner Enzyklika
Fides et ratio erneut zurückgewiesenen, philosophischen Vorentscheids nur noch fertig, Gott "
als etwas Natürliches am Menschen zu fassen". Dieser Ausgangspunkt des katholischen Sowohl-als-auch ist es, der alle weiteren großen Strukturelemente der Theologie des Kardinals durchdrang, allen Überlegungen Tiefenschärfe verlieh und sie zu einer faszinierenden Synthese vereinte: angefangen von der Lehre über die Kirche, der damit verbundenen Verehrung der Gottesmutter, über die Schöpfungstheologie und die Sakramentenlehre, bis hin zur Kritik an der "Gott-ist-tot-Theologie", der Heilslehre des Buddhismus und den seit der Esoterikwelle der 80er Jahre weit verbreiteten Reinkarnationsvorstellungen.
Scheffczyk, der bis zu seiner Todesstunde bei Bewußtsein sein durfte, äußerte sich noch kurz vor seinem Tod, daß es ihm eine große Freude sei, seine Seele ihrem Schöpfer am Fest der Unbefleckten Empfängnis der Gottesmutter zurückgeben zu dürfen. Auch dies zeigt, wie sehr bei dem großen Theologen Leben und Lehre eine vorbildliche Einheit bildeten. Einer der Schüler des Kardinal, Manfred Hauke (
Ganz und gar katholisch. Ein erster Einblick in das theologische Werk von Leo Cardinal Scheffczyk, Stella Maris Verlag: Buddenwiesen 2003) hat schön aufgezeigt: von Anfang seines Lehrens an beschäftigte er sich intensiv mit Maria als "Zepter des wahren Glaubens", jener Person, die die größten Glaubensgeheimnisse sozusagen in sich vereinigt und widerstrahlt. Besonders jedoch mit dem Mysterium der Unbefleckten Empfängnis Mariens: der Sieg über die Sünde, der in diesem Glaubensgeheimnis hell aufstrahlt, ist - da Maria, wie das Zweite Vatikanische Konzil lehrt, das Urbild der Kirche ist - zugleich der Grund unserer gläubigen Zuversicht: "
Angesichts des Ursprungs und des Zieles der Kirche, die in Maria verwirklicht sind, braucht es keine rosarote optimistische Schönfärberei bezüglich der zukünftigen Geschicke der Kirche. Angesagt ist die gläubige Zuversicht, daß die Pforten der Hölle die Kirche nicht überwinden werden."
Wer Scheffczyk persönlich kennen lernen durfte, wußte, daß er ganz von dieser Zuversicht getragen war: sein Katholischsein war konsequent und kompromißlos, aber nie traditionalistisch verengt oder einer kleinlichen Nörgelei verfallen, sondern stets von einer großen Gelassenheit, Demut und Fröhlichkeit, die jeden ansteckte, der mit ihm auch nur kurze Zeit zusammen sein durfte. Die pilgernde Kirche in Deutschland hat einen ihrer wichtigsten Vertreter der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verloren, aber von der Kirche des Himmels wird er ihr - so dürfen wir hoffen - in neuer Weise beistehen.
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ENDE DES NACHRUFES.]
So wollen wir eifrig für die Seele des großen Theologen Leo Kardinal Scheffczyk beten und ihm viele Ablässe schenken. Advent bedeutet, die große Erwartungshaltung und Sehnsucht der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria und des heiligen Johannes des Täufers nach dem wahren Erlöser Jesus Christus zu verinnerlichen, so wie es dieser große deutschsprachige Kardinal vorgelebt hat. Euer Padre Alex - Dr. Alexander Pytlik