Die Vorweihnachtszeit ist für viele Kinder der spannendste Abschnitt des Jahres. Ein Kalender mit 24 Türchen verkürzt die Wartezeit auf das Christfest durch eine tägliche Überraschung in Form von Süßigkeiten, kleinen Bildchen oder Geschichten. Aus Anlaß einer sehr übersichtlichen und lobenswerten Ausstellung in der
Staats- und Seminarbibliothek Eichstätt, Hofgarten 1, D-85072 EICHSTÄTT, unter dem Titel "
Adventskalender - Warten aufs Christkind" sei unter anderem auf die Möglichkeiten der Vorbereitung auf die Weihnacht der Geburt Christi durch das Verwenden eines Adventkalenders hingewiesen. Die noch bis 5. Januar 2007 (Montag bis Freitag, 08.30 bis 17.00 Uhr) gezeigten Kalender stammen aus der Privatsammlung der Regensburger Volkskundlerin Esther Gajek, welche bei der Eröffnung den Lichtbildvortrag "
Türchen auf! Einblicke in die Geschichte des Adventskalenders" hielt. Die Vorderseite der Einladung zur Ausstellung zeigt einen wunderschönen christlichen Weihnachtsbaum von Richard Ernst Kepler (Verlag Reichhold & Lang, um 1920). Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Deutschland die Spannung und Vorfreude der Kinder durch das Zählen der vorweihnachtlichen Tage gesteigert. An Tür oder Wand gemalte Kreidestriche wurden abgewischt, die Kerze jeden Tag um einen Strich weiter abgebrannt, die Weihnachtsuhr immer um eine Stunde weiter nach vorne gerückt. Ein ähnliches Prinzip findet sich bei der Himmelsleiter, die das Christkind erklimmen mußte, oder bei einer Krippe, die jeden Tag mit weiteren Strohhalmen gefüllt wurde, um dem Christkind ein weiches Lager zu bereiten.
Der Adventskalender ist eine relativ junge Erscheinung vorweihnachtlichen Brauchtums. Seine Wirkungsgeschichte begann, als 1902 in Hamburg in der Zeitschrift "
Der deutsche Kinderfreund" von einer beworbenen gedruckten "
Weihnachtsuhr für Kinder" die Rede war. Schon ein Jahr später stellte der Verleger Gerhard Lang (1881 - 1974) für die Kinder der Abonnenten einer Stuttgarter Zeitung einen weiteren Adventkalender her, den er dann als Papierkalender 1908 erstmals zum allgemeinen Kauf anbot. Pro Tag hatten die Kinder eines von 24 Motiven mit Engeln, Knecht Ruprecht oder Spielzeugdarstellungen auszuschneiden und puzzleartig auf eines von 24 numerierten Feldern eines vorgedruckten Kartons zu kleben, auf dem sich 24 Verse christlich-pädagogischer Thematik befanden, wie etwa: "
Drum sei lieb, damit die Engel droben / im Himmel dich beim Christkind loben." Langs Produktpalette umfaßte Kalender zum Ausschneiden, Aufkleben und Basteln, Abreißkalender, Kalender mit Ziehfiguren und zum Teil schon mit Süßigkeiten gefüllte Adventskalender. Im Zuge des Zweiten Weltkrieges und der damit verbundenen Papierknappheit wurde ein generelles Verbot des Drucks der beliebten Bildkalender erlassen. Allerdings mit einer Ausnahme: im Zentralverlag der NSDAP erschien zwischen 1942 und 1944 "Vorweihnachten", ein stark ideologisch geprägter Kalender, in dem die vertrauten christlichen Elemente durch germanische oder nationalsozialistische Symbole ersetzt worden waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlangte der Adventskalender einen neuen Aufschwung. Seine Verbreitung blieb jetzt nicht nur auf den deutschsprachigen Raum beschränkt, auch in den benachbarten Ländern erfreute er sich zunehmender Beliebtheit, und das bis zum heutigen Tag.
Auf Wunsch bietet die Universitätsbibliothek Führungen durch die Ausstellung sowie Erzähl- und Vorlesestunden mit Adventsgeschichten an. Kontakt für Terminabsprachen: Frau Schießler (+49-8421/93-1331) oder Frau Kürzl (+49-8421/93-1328 oder -1327). Traditionelle Adventskalender können auch heute noch beispielsweise beim
Johannisverlag bestellt werden. Dort gibt es noch das "
Geheimnis der Weihnacht" von Paula Jordan mit Türchen vom 1. Dezember bis zum 6. Januar oder das Adventshäuschen, welches seit 1926 im Programm ist und sich immer noch großer Beliebtheit erfreut: beginnend mit dem 1. Adventssonntag auf der Seite mit der Verkündigung des Erzengels an Maria bis zum Heiligen Abend, an dem dann auch noch die Tür aufgemacht werden darf. Falls der erste Advent wie in diesem Jahr später ist, dürfen dann am Heiligen Abend die restlichen Türchen aufgemacht werden ;-) Zum 29. Mal erschien nun der
Essener Adventskalender, in diesem Jahr unter dem Thema "
Lichtboten". Der Kalender bietet sehr viele sinnvolle Gestaltungsideen. Besonders ist dabei auch die "
Einladung zu einer Verwandlungsaktion" für den Gedenktag des heiligen Bischofs Nikolaus (6. Dezember) hervorzuheben, bei dem es sich im Gegensatz zu einer ORF-Meldung nicht um eine "
mythisch-folkloristische Figur" handelt, sondern um einen unfehlbar heiliggesprochenen Bischof der Katholischen Kirche, der zweifellos vom Himmel her den Heiligen Vater Benedikt XVI. auf seiner
Türkeireise begleitet hat, lebte Nikolaus doch im vierten Jahrhundert in der römischen Provinz Lykien in Kleinasien, d. h. in der heutigen Türkei.
In der Tat ist es heute nicht so einfach, unter den Süßigkeiten für das katholische Nikolausfest auch korrekt gekleidete Schokoladen-Nikoläuse zu finden. Mir ist dies zuletzt bei einem Laden namens Confiserie Dengel gelungen, und im Vorjahr entdeckte jemand in einer Diskontkette Nikoläuse mit der notwendigen Bischofsmitra. Die vorgeschlagene und von Andrea Velten eingesandte Verwandlungsaktion des Essener Adventkalenders macht jedoch auch aus den falschen Schoko-"Weihnachtsmännern" echte Nikoläuse, indem man selbst den Vespermantel und die Mitra aus Papier bastelt: "
Umhang und Mitra in entsprechender Größe ausschneiden und bemalen oder bekleben. Kragen nach außen knicken. Die Mitra an der Klebelasche zusammenkleben. Den Umhang um die Schokoladenfigur legen und vorn oben zusammenkleben. Die Einschnitte an den Schultern übereinander kleben und so der Form der Figur anpassen ... aus Alufolie einen Bischofsstab formen und mit Klebstreifen hinter einer Hand festkleben." Und fertig ist der korrekt eingekleidete St. Nikolaus als Heiligenfigur. Diesbezüglich verweist der Essener Adventskalender noch auf die Aktion der
weihnachtsmannfreien Zone. Der Klosterneuburger Chorherr Pius Parsch hatte bereits in den dreißiger Jahren versucht, dem allerorten erkennbaren Kitsch entgegenzuwirken und zur Vorbereitung auf Weihnachten als zentrales Thema seiner Adventkalenderbilder die Heilserwartung im Heiligen Land zu propagieren, wie das
Internetportal der Römisch-katholischen Kirche in der Deutschschweiz zum 100jährigen Jubiläum des Adventkalenders am 29. November 2002 richtig erinnerte.
Es ist grotesk, wenn in unseren Breiten plötzlich während des Advents und rund um den 6. Dezember auf die Tradition der echten Nikolausbesuche verzichtet würde, aus welchen vorgeschobenen Gründen auch immer. Einziger Kritikpunkt beim Essener Adventskalender ist die für 22. Dezember vorgeschlagene Aktion: "
Faltengel aus Gesangbuchblättern" - so ist bei einem Beispiel deutlich erkennbar, daß eine Seite aus einem alten Schott-Meßbuch (zum Mitbeten der älteren lateinischen Liturgie) verwendet wurde. Dies wäre nur dann vertretbar, wenn es sich um fast völlig zerstörte ältere Gebetbücher handeln würde. Andererseits wird jedoch für den kommenden 8. Dezember, dem Hochfest der
ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria, in sehr schöner Weise das tägliche Angelusläuten erklärt. Erfreulicherweise vermeldet das Portal der
Erzdiözese Wien nun auch die vermehrte Rückkehr der Krippe in Familien und gibt gleich drei Ausstellungen an. Im Unterschied zum Adventskalender gehört die Krippe zu den frühesten Symbolen weihnachtlicher Festkultur und rückte nach und nach ins Zentrum volkstümlichen Weihnachtsbrauchtums. Bereits im Jahr 335 ließ Kaiserin Helena über jener Höhle, die damals in Bethlehem als Geburtsort Jesu angesehen wurde, eine Krippe errichten, die mit der Geburtsszene ausgestattet wurde. Womit wir wieder an das Thema der ersten Adventkalender Gerhard Langs erinnert werden: "
Im Lande des Christkindes". Denn das gottmenschliche Christkind war und ist volle Realität, der Ewige Sohn Gottes hat sich im Moment der Verkündigung an Maria wirklich eine menschliche Natur erschaffen und wurde in der Weihnacht als Sohn Mariens geboren, ohne irgendetwas von Seiner göttlichen Natur aufzugeben.
Solche Adventkalender führen uns so wie die Heiligen, darunter der heilige Nikolaus, in die Christmette, in der kraft der Heiligen Wandlung Jesus wirklich sakramental gleichsam "geboren" wird. Wie wir uns auch immer auf die Weihnacht vorbereiten, wichtig ist die Bereitung unserer Herzen in dieser geprägten Zeit des Advents, der das neue Kirchenjahr am Vorabend des kommenden 1. Adventsonntags einläutet. Verzicht auf faschingsartige Veranstaltungen und der Empfang der Lossprechung nach einer
guten Beichte können die Freude an der Geburt unseres einzigen Erlösers, unseres Herrn Jesus Christus, entscheidend vertiefen. In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern und Besuchern von Herzen eine von vielen Momenten der Stille und Einkehr geprägte Adventszeit. Euer
Padre Alex - Vizeoffizial Mag. Mag. Dr. Alexander Pytlik
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