Sunday, July 11. 2010
Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in News Kommentare, Sonstiges
Comments (0) Trackbacks (4) VERSCHLOSSENE AUSTER: KRITIK AN PREISVERLEIHUNG FÜR KATHOLISCHE KIRCHE
Zum neunten Mal wurde die "verschlossene Auster" als Negativpreis (im Gegensatz zum "Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen") von einem "Netzwerk Recherche" verliehen, diesmal im Jahr 2010 einfachhin der Katholischen Kirche "für ihren Umgang mit dem Mißbrauchsskandal". Als Begründung gibt Prof. Dr. Thomas Leif, der Vorsitzende des genannten Netzwerkes, an: "Die deutschen Bischöfe geben bei der Aufarbeitung der Mißbrauchsfälle nur die Tatsachen zu, die sich nicht mehr leugnen lassen. Die Katholische Kirche respektiert den Anspruch der Öffentlichkeit auf frühzeitige und vollständige Information nicht und widerspricht damit ihren eigenen Werte-Postulaten nach Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit". Der Preis stünde als mahnendes Symbol für mangelnde Offenheit und Behinderung der Pressefreiheit von Personen oder Organisationen gegenüber den Medien. Wer hatte ihn eigentlich in den letzten Jahren erhalten? 2009 ging er an den Bundesverband deutscher Banken, auch schon verbunden mit einer Gegenrede zur "Laudatio". Die ausgezeichneten Preisträger erhalten nämlich immer das Recht auf Gegenrede oder Stellungnahme vor der Jahreskonferenz. In den vergangenen Jahren wurde eine eigentliche Gegenrede offenbar nur von Innenminister Schily und vom Bundesverband deutscher Banken beantragt. Möglicherweise waren die anderen "Preisträger" gar nicht persönlich zugegen oder vertreten. Im Jahr 2008 war der "Preis" an das Internationale Olympische Komitee ergangen, 2007 an den damaligen russischen Präsidenten Wladimir Putin, 2006 an Hartmut Mehdorn, den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Bahn AG, 2005 an Gerhard Mayer-Vorfelder, den damaligen Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), 2004 an die Hypovereinsbank "stellvertretend für fast alle DAX-Unternehmen, die Hörfunk- und TV-Journalisten an einer umfassenden Berichterstattung über ihre Hauptversammlungen behindert und damit die Freiheit der Presse in einem wesentlichen Punkt eingeschränkt" hätten, 2003 war es der Aldi-Konzern, und 2002 (zum ersten Mal) Otto Schily als Bundesinnenminister, verbunden mit einer lesenswerten Gegenrede desselben "Preisträgers".
Als Ergänzung zur gelungenen Gegenrede des Sprechers der Deutschen Bischofskonferenz werden meinerseits noch ein paar unhaltbare Thesen der ankündigenden Auster-Pressemitteilung bzw. der Laudatio des Ressortleiters Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung, Heribert Prantl, aufgezeigt. Vor allem ist es absolut notwendig, den Papst aufgrund der mittlerweile sehr eindeutigen Faktenlage ganz klar zu verteidigen. Das "Netzwerk Recherche" ist so fair, daß die Gegenrede jeweils gemeinsam mit der Laudatio auf der Internetseite abrufbar gemacht wird. So kann bis heute die Gegenrede des geschäftsführenden Vorstandes des Bundesverbandes deutscher Banken zur verschlossenen Auster 2009 nachgelesen werden: "Was ich aber zurückweise – und zwar dezidiert zurückweise –, ist der pauschale Vorwurf, wir hätten die Aufklärung der Finanzmarktkrise behindert oder gar die Presse fehlgeleitet, wir hätten Informationen blockiert oder seien nicht bereit zur selbstkritischen Analyse dieser Krise." Den Preis der verschlossenen Auster nahm am vergangenen Samstag für die Deutsche Bischofskonferenz also ihr Sprecher Matthias Kopp entgegen. Domradio berichtet noch von einer nachfolgenden Rahmendiskussion unter dem reißerisch-undifferenzierten Titel "Mixa und Co. – Der Mißbrauchsskandal in den Medien". Dieser Titel war meines Erachtens nicht mehr legitim, da bekanntermaßen eine ohne Autorisierung des Heiligen Stuhles aufgegebene "diözesane" Mißbrauchsanzeige gegen den katholischen Bischof Dr. Walter Mixa freispruchmäßig eingestellt worden war. Ich will nicht allem widersprechen, was Leif in seiner Presseaussendung und was Prantl in seiner "Laudatio" formulierte. Es werden auch Dinge angesprochen, die ich schon seit langem vertrete. Aber ein paar wichtige Punkte müssen noch zurechtgerückt und somit differenzierter und näher an die Wahrheit der Fakten herangeführt werden, und eben solches hätte in einer umfassenden Gegenrede abrufbar gemacht werden müssen: 1. fällt auf, wie sehr die Konzentration der Kritik beim Diözesanbischof von Regensburg, Prof. Dr. Gerhard Ludwig Müller, liegt. Fast gewinnt man den Eindruck, die Veranstalter empfänden es als schade, daß bei ihm noch keine "Vorwürfe" aufgetaucht seien. Im Grunde müssen Leif und Prantl aber dankbar sein, denn gäbe es ihn nicht, würden dieselben wohl klagen, daß es keine klaren Aussagen mehr zum Kritisieren und Weiterdenken gäbe. Mein Vorwurf ist allerdings, daß die in der Tat ausgewogenen Stellungnahmen des Regensburger Diözesanbischofs einfach ignoriert wurden und werden, Wer diese 15 Punkte Müllers liest, wird der überzogenen Kritik am Regensburger Bischof nicht mehr folgen können. Und das, was im Punkt 8 genannt ist, bedürfte einer besseren Antwort als was an Inhalten in der Laudatio Prantls nachlesbar ist. Prantl bringt somit Müller zu Unrecht mit der folgenden "Kirchendefinition" in Verbindung: "Es gibt eine Kirche, deren Selbstmitleid größer ist als das Mitleid mit den Opfern. Es gibt eine Kirche, die glaubt, sie habe lediglich ein Problem mit angeblich mißliebigen Medien. Dieser Kirche widme ich diesen Negativ-Preis, die 'Verschlossene Auster'. Ich widme ihn, pars pro toto, dem Bischof meiner Heimatdiözese Regensburg, dem Bischof Gerhard Ludwig Müller ... Was Wackersdorf für die CSU war, ist Bischof Müller für die katholische Kirche: ein Fiasko." In Wirklichkeit bleibt die legitime Anfrage Bischof Müllers berechtigt: "Mißbrauchte Pressefreiheit läßt sich nicht mehr unterscheiden von einer Diffamierungs-Lizenz, mit der man scheinbar legal all diejenigen Personen und Glaubensgemeinschaften ihrer Ehre und Würde beraubt, die sich dem totalitären Herrschaftsanspruch des Neo-Atheismus und der Diktatur des Relativismus nicht fügen." Und weil dies eben keine realitätsferne Schwarz-Weiß-Malerei ist, druckte auch der L'Osservatore Romano offizielle Meldungen über die vorbildhaften und aufrichtigen Vorgehensweisen des Regensburger Bischofs ab (vgl. auch 1 und 2). Niemand kann daher heute noch gutwillig bestreiten, daß es dem Regensburger Bischof immer schon um diese drei Punkte ging: a) Gerechtigkeit und Hilfe für die Opfer, b) strafrechtliche und kirchenrechtliche Verfolgung der Täter, c) Verhindern zukünftiger Übergriffe. Und damit völlig übereinstimmend sagte der für Augsburg neu ernannte Diözesanbischof Dr. Konrad Zdarsa, derzeit Bischof von Görlitz, gegenüber der "Augsburger Allgemeinen": "Sie reden von 'der' Kirche, die etwas falsch gemacht hat. Aber was hat denn die Gesellschaft falsch gemacht? Denken Sie daran, daß Mißbrauch von einzelnen Tätern verübt wird. Jeder Mißbrauchsfall ist einer zu viel. Aber man muß auch die Relationen sehen. Man hat einzelne Fälle, wenn auch noch so schlimme, bezogen auf eine ganze Gemeinschaft (...) ich möchte doch darum bitten, daß wir immer wieder differenzieren. Der Anspruch an Priester ist hoch, und wir haben uns immer wieder neu danach auszurichten. Auch ich muß mir bei jeder Predigt überlegen: predigst du nicht auch für dich? Insgesamt wird uns aber daran deutlich gemacht, daß die Kraft, das Geheimnis Christi glaubwürdig zu verkünden, nicht von uns kommt, sondern von Gott. Der Apostel Paulus sagt: Gottes Kraft kommt in der Schwachheit zur Vollendung. Damit möchte ich aber keineswegs die Vergehen herunterspielen." 2. Wenn Heribert Prantl formuliert: "Viele Journalisten wollen wohl gar keinen katholischen Schutzpatron haben und empfinden ihn als aufgedrängte Bereicherung", ist dies seine persönliche Meinung. Dann aber ohne Würdigung der Bemühungen des damaligen Kardinals Ratzinger und des heutigen Papstes Benedikt XVI. zu behaupten, daß die Katholische Kirche als ganze im Gegensatz zu ihrem Heiligen Franz von Sales nicht mehr glaubwürdig wäre und daß die Kirche "sprach- und sprechunfähig geworden" sei, "vor allem, wenn es um ihr Verhältnis zur Sexualität geht", ist eine Behauptung, die das Lehramt des Papstes und der mit ihm verbundenen Bischöfe einfach nicht zur Kenntnis nimmt und sämtliche Predigten, Schreiben und Impulse in den Pontifikaten der Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. in Bausch und Bogen als nicht existent ansieht (vgl. z. B. die Orientierungshilfen des Päpstlichen Rates für die Familie "Menschliche Sexualität: Wahrheit und Bedeutung"), ganz zu schweigen von der sehr rasch eingerichteten umfassenden Ressourcenseite des Heiligen Stuhles zur Problematik innerkirchlichen sexuellen Mißbrauchs. Und wenn Thomas Leif fast dogmatisch meint: "Die Katholische Kirche muß sich zu einer prinzipiellen Kurskorrektur in ihrer Informationspolitik aufraffen und die Öffentlichkeit künftig unverzüglich und vollständig informieren. Nur so kann sie Stück für Stück dem entstandenen Glaubwürdigkeits-Vakuum begegnen”, frägt man sich schon, ob er denn den Hirtenbrief des Papstes an die Iren mit exemplarischer Bedeutung für die ganze Weltkirche vollständig gelesen und auch ernstgenommen hat. Angesichts dessen dann die "Laudatio" von Prantl in der "Süddeutschen" noch mit dem Titel "Das kalte Herz der Kirche" zu beginnen, halte ich für unfair. In Wahrheit - so ist meine Behauptung - würde diese exemplarische Kritik Prantls von seiner Seite erst dann aufhören, wenn die Kirche fundamentale Prinzipien ihrer aus dem Glauben und dem jedem Menschen einsehbaren menschlichen Naturgesetz folgenden Morallehre aufgeben und "neue", also gegen die Gebote Gottes verstoßende Antworten geben würde. Anders ist für mich der Tabu-Unsinn Prantls nicht nachvollziehbar: "Die Diskussion über den Zölibat samt der Sexualität der Priester ist ein Tabu, die Diskussion über die katholische Sexuallehre ist ein Tabu, das Reden über Verhütung ist tabu. Wenn es so viele Tabus gibt, gibt es keine Wahrhaftigkeit mehr. Die Institution, die diese Tabus aufgestellt hat, geht den heiklen Fragen aus dem Weg, weil sie keine Antworten geben will." Die glaubensgemäßen Antworten der Katholischen Kirche und die Vermittlung dieser Antworten in pastoraler Liebe vieler Priester und in Treue zum Lehramt sind Fakten. Es bleibt daher dabei: wir müssen Sünden anerkennen und selbstverständlich bekennen, aber wir können nicht unveränderliche Gebote Gottes, auch nicht das 6. Gebot mit allem, was dazu gehört, sukzessive abändern. Wenn die klare Lehre der Kirche als "Tabu"-Aufstellen bezeichnet wird, ist dies all zu billig und - ich sage es noch deutlicher - populistisch. Darauf deutet auch Prantls Meinung hin: "Heute, in der Katholischen Kirche, heißt es, unter anderem, Aufhebung des Pflicht-Zölibats und Frauen-Ordination." (Letztere ist niemals möglich, weil dogmatisch unfehlbar vorgelegt, endgültig, aber auch gut begründet.) Und im übrigen sei - gegen Prantl - auch noch gesagt: eine "Entsexualisierung des Menschen" war nie das geltende Programm der Kirche oder ihrer Lehre, eine solche These entspringt einem tatsächlich schwerwiegenden Mißverständnis. Das Reden der Opfer ist in der Tat ein absoluter Gewinn, aber das im Zuge der Preisverleihung versuchte undifferenzierte Ausspielen des Redens vieler Opfer gegen das Verkündigungsreden des katholischen Lehramtes ist sinnlos und bringt den Opfern gar nichts. 3. Doch Prantl schafft auch Differenzierung, die im Grunde die Verleihung der "verschlossenen Auster" an die Katholische Kirche insgesamt auf wackeligen Beinen erscheinen läßt: "Die Kirche war nicht die Täterin des sexuellen Mißbrauchs. Aber sie war und ist die Heimat der Täter. Sie hat ihnen die heiligen Räume zur Verfügung gestellt, in denen die Täter so geschützt agieren konnten und in denen die Opfer so ungeschützt waren; sie, die Kirche hat den Tätern die Würde des Amtes verliehen, mit der sie sich tarnen und in der sie sich verstecken konnten. Es sind so viele Amtsträger, die als unwürdig entlarvt worden sind, und bei fast allen hat die Amtskirche so lange weggeschaut." Den abgegriffenen und ekklesiologisch unsinnigen Kampfbegriff "Amtskirche" will ich hier gar nicht kommentieren. Doch wenn Prantl dann trotz der umfassenden Stellungnahmen des Heiligen Stuhles (vgl. nochmals die Ressourcenseite zur Problematik innerkirchlichen sexuellen Mißbrauchs) behauptet: "Die Amtskirche, bis hinauf zu dem Mann, der heute Papst ist, hat seinerzeit neue Verbrechen an Kindern nicht konsequent verhindert, als sie von den alten Verbrechen erfahren hatten." Dann muß ich ihm radikal widersprechen. Nein, dafür gibt es keinen Beweis, alle diesbezüglichen Angriffe auf den regierenden Papst sind bisher so durchgefallen wie diese eine völlig verfehlte Mißbrauchsanzeige gegen den emeritierten Augsburger Diözesanbischof. Die heutige Linie des Papstes war schon immer seine Linie, und wenn es nicht so wäre, dann gäbe es weder den Hirtenbrief an die Iren noch die klare Stellungnahme des Heiligen Stuhles nach der Apostolischen Visitation der Legiönäre Christi, um nur zwei überzeugende Beispiele zu benennen. Ja, in diesem Zusammenhang muß ich wirklich dem Air-Berlin-Chef Joachim Hunold rechtgeben: "Konrad Adenauer hat auch gesagt: 'Nehmen Sie die Menschen, wie sie sind, es gibt keine anderen.' Gerade damit tun wir uns in Deutschland schwer. Wir jammern beim kleinsten Wehwehchen und sind gnadenlos bereit, alles und jeden zu skandalisieren. Vor fünf Jahren waren wir noch stolz darauf, daß Kardinal Joseph Ratzinger Papst wurde. Heute lechzen wir förmlich danach, daß ihn endlich jemand direkt mit den Fällen von Kindesmißbrauch in der Katholischen Kirche in Verbindung bringt. Auch Sportler und Künstler werden erst von den Medien hochgejubelt und dann wieder im Handumdrehen vom Podest gestoßen (...) Ein deutscher Politiker kann für sein Land leisten, was er will - wenn er einmal einen Fehler macht, erklären ihn seine [gewiß unfehlbaren] Kritiker schnell zur Unperson. Kein Wunder also, daß Eltern ins Grübeln geraten, wenn sie von ihren Kindern nach Vorbildern gefragt werden." 4. Was Prantl dann abschließend sagt, ist längst vom Papst selbst im Hirtenbrief an die Iren vorweggenommen, hier rennt er einfach offene No-Na-Türen ein. Benedikt XVI. schreibt am 19. März 2010 an die Iren: "Zu den beitragenden Faktoren sind sicherlich zu zählen: unangemessene Verfahren zur Feststellung der Eignung von Kandidaten für das Priesteramt und das Ordensleben; nicht ausreichende menschliche, moralische, intellektuelle und geistliche Ausbildung in Seminaren und Noviziaten; eine gesellschaftliche Tendenz, den Klerus und andere Autoritäten zu begünstigen; sowie eine unangebrachte Sorge um den Ruf der Kirche und die Vermeidung von Skandalen, die zum Versagen in der Anwendung bestehender kanonischer Strafen und im Schutz der Würde jeder Person geführt hat (...) Nur entschiedenes Vorgehen, das in vollkommener Ehrlichkeit und Transparenz erfolgt, werden den Respekt und das Wohlwollen des irischen Volks gegenüber der Kirche, der wir unser Leben geweiht haben, wiederherstellen. Das muß zuallererst aus Eurer eigenen Gewissenserforschung, aus innerer Reinigung und geistlicher Erneuerung kommen. Die Menschen Irlands erwarten zu Recht, daß Ihr Männer Gottes seid, daß Ihr gottgefällig und einfach lebt und täglich nach persönlicher Umkehr strebt. Für sie seid Ihr – mit den Worten des heiligen Augustinus – Bischof; aber gemeinsam mit ihnen seid Ihr berufen, Christus nachzufolgen (vgl. Sermon 340,1)." Und ich habe den gerade für die Prävention und den Schadensersatz unersetzlichen Wert des vom Papst hervorgehobenen Kirchenrechts in einen Kommentar gemünzt: "Papst Benedikt hat für die Opfer das Kirchenrecht gerettet." Hier irrt Thomas Leif in der Presseaussendung zur Preisverleihung fundamental: "Trotz massiver Forderungen aus Politik und Öffentlichkeit nach einer rückhaltlosen Aufklärung und Bestrafung der Täter, hielt die Katholische Kirche an einer internen Aufarbeitung fest. Die innerkirchlichen 'Aufklärungs'-Maßnahmen behindern bis heute in manchen Fällen sogar die staatsanwaltlichen Ermittlungen." Nein, das stimmt nachweislich nicht. Wer den innerkirchlichen kirchenrechtlichen Maßnahmen ihre Legitimität abspricht, schwächt paradoxerweise die Rechte der Opfer. Ich habe dies schon mehrfach aufgezeigt, so in meiner Kritik an einem absurden NRO-Bericht (über die angebliche Behinderung der Kinderrechtskonvention durch das katholische Kirchenrecht). Aber auch die neuerlich populistische These Prantls ist in jeder Hinsicht falsch: "Es gibt den Papst, der beharrlich schweigt, wenn alle Welt eine Erklärung erwartet, der keinen Sinn hat für rechten Augenblick, keinen Sinn für den Kairos, für das große Mea Culpa, vor dem sein Vorgänger nicht zögerte." Nein, die Erwartungen verschiedener deutscher Journalisten sind nicht der Maßstab zur Bewertung einer Amtsführung des Papstes. Und der Diener Gottes Johannes Paul II. kann nicht gegen Benedikt XVI. oder umgekehrt ausgespielt werden, auch nicht was die Vergebungsbitte des Jubiläumsjahres 2000 betrifft (vgl. ein Dokument der Internationalen Theologischen Kommission zur Thematik "Erinnern und Versöhnen. Die Kirche und die Verfehlungen in ihrer Vergangenheit"). Bei allen Einzelbeispielen übersieht Prantl einfach das Recht als solches und somit auch das Kirchenrecht. Wer jeden diskutierten Einzelfall genau ansieht, wird schnell bemerken, daß man nicht immer einfach konkrete Skandalfälle oder auch Mißbrauchsfälle miteinander vergleichen oder gegeneinander ausspielen kann. Es gibt Grundrechte, welche auch das Grundrecht auf Verteidigung beinhalten, und es gibt sogar etwas Unverbrüchliches, das keinen Menschen auf dieser Welt nur irgendetwas angeht: den Inhalt der Beichte. Es gibt das Recht auf absolute und ausnahmslose Beachtung des Beichtgeheimnisses. Und all diese und andere natürliche Grundrechte wird die Kirche immer verteidigen, ob gelegen oder ungelegen, und nach dem Willen des regierenden Papstes gehören dazu auch die Rechte der Opfer sexuellen Mißbrauchs in jeder nur erdenklichen legalen Hinsicht. Der Papst selbst hat daher den Preis der "verschlossenen Auster" in keinerlei Hinsicht verdient, und der mit diesem auch auf diesem Gebiet vereinte Regensburger Diözesanbischof meiner Meinung nach genausowenig. So weit also meine unvollständige Kritik an einer kritischen Preisverleihung - eine gute gesegnete Woche im Monat des Kostbaren Blutes Jesu Christi wünscht Euch Euer Padre Alex - Dr. Alexander Pytlik Comments
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Hallo Alexander.
nachdem Du mir den Text heute morgen empfohlen hast, habe ich mir nun bis zur Mitte des zweiten Punktes alles durchgelesen. Ich brach an der Stelle jedoch aufgrund der Langwierigkeit ab. Ich empfinde diese ewigen Relativierungs- und Legitimationsversuche (so wirkt der Text auf mich) als befremdlich. Letztlich finde ich die Kritik berechtigt. Die Kirche hat ein markiges Problem in der Auslebung Ihrer eigenen Wertvorstellungen, was für eine Glaubensorganisation ein fataler Zustand sehr nah am Verlust der Glaubwürdigkeit ist. Angesichts dieser Ausgangsvoraussetzung mutet dieser Text an, als würde mit einem Lackstift penibel der Lackschaden eines Totalschadens restauriert werden. Bitte verstehe mich richtig: Ich will mit diesem Kommentar jetzt nicht den Finger in die Wunde halten. Obiger Text forderte diesen meinen Kommentar jedoch heraus, ist er doch gefühlt ein Ausdruck von später Einsicht, die gleich nach ihrer Geburt, gleich wieder bis zur schieren Unkenntlichkeit relativiert wird; womit die Situation mehr oder minder wieder an Ihrem Ausgangspunkt angekommen wäre. Viele Grüsse, Karpfenpeter
Hallo Karpfenpeter!
Wenn Du genau hineinliest, dann merkst Du, daß ich der Kritik nicht ihre Berechtigung ganz abspreche. Obiger Text versteht sich als Ergänzung zur durchaus gelungenen "Gegenrede" http://www.netzwerkrecherche.de/Projekte/Verschlossene-Auster/Verschlossene-Auster-2010/Gegenrede-2010/ des Sprechers der Deutschen Bischofskonferenz, der sich das jeweilige Eingehen auf die in der "Laudatio" benannten Namen ersparte. Angesichts der präzisen Stellungnahmen des Heiligen Stuhles http://www.resources.va gerade auch im Hinblick auf die bisher immer völlig ungerechtfertigten Vorwürfe gegen die Person des Papstes (auch noch als damaliger Kardinal Ratzinger) konnte ich nicht anders, als denselben in dieser Weise zu verteidigen. Du hast leider den dritten Punkt meines obigen Blogeintrages nicht mehr gelesen. Dort gebe ich ausdrücklich Air-Berlin-Chef Joachim Hunold recht: "Konrad Adenauer hat auch gesagt: 'Nehmen Sie die Menschen, wie sie sind, es gibt keine anderen.' Gerade damit tun wir uns in Deutschland schwer. Wir jammern beim kleinsten Wehwehchen und sind gnadenlos bereit, alles und jeden zu skandalisieren. Vor fünf Jahren waren wir noch stolz darauf, daß Kardinal Joseph Ratzinger Papst wurde. Heute lechzen wir förmlich danach, daß ihn endlich jemand direkt mit den Fällen von Kindesmißbrauch in der Katholischen Kirche in Verbindung bringt. Auch Sportler und Künstler werden erst von den Medien hochgejubelt und dann wieder im Handumdrehen vom Podest gestoßen (...) Ein deutscher Politiker kann für sein Land leisten, was er will - wenn er einmal einen Fehler macht, erklären ihn seine [gewiß unfehlbaren] Kritiker schnell zur Unperson. Kein Wunder also, daß Eltern ins Grübeln geraten, wenn sie von ihren Kindern nach Vorbildern gefragt werden." Viele Grüße von Padre Alex |
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Tracked: Jul 12, 15:07
Habe soeben die Stellungnahme zur verschloßenen Auster bei @padrealex auf der Internetpfarre kommentiert: http://bit.ly/bSFPeW
Tracked: Jul 12, 19:13
#kath #Kirche versucht sich zu rechtfertigen für die #Verschlossene #Auster #epic #fail http://bit.ly/9vA5UE
Tracked: Jul 12, 22:56
VERSCHLOSSENE AUSTER: KRITIK AN PREISVERLEIHUNG FÜR KATHOLISCHE KIRCHE Zum neunten Mal wurde die "verschlossene Auster" als Negativpreis (im Gegensatz zum "Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen") von einem "Netzwerk Recherche" verliehen, d
Tracked: Jul 13, 19:34
Sämtliche der folgenden Texte übernehme ich von den heute publizierten Mitteilungen des Heiligen Stuhles. Soferne keine deutsche Übersetzung vorliegt, nehme ich sie selbst vor, wobei das eigentliche kirchenrechtliche Dokument vom 21. Mai 2010 erfreulicher
Tracked: Jul 16, 01:13