Friday, November 26. 2010
Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Aktuelle Predigt, News Kommentare
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(Vorab: hier geht es zu meiner eigenen Rezension - unterhalb, im Diskussionsforum von kath.net oder bei amazon -, und hier geht es zur Note der Glaubenskongregation.)
Am 23. November 2011 wurde um 10.30 Uhr in der Aula Giovanni Paolo II des Pressesaales des Heiligen Stuhles im Rahmen einer Pressekonferenz das neue Buch "Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit. Ein Gespräch mit Peter Seewald", Freiburg - Basel - Wien 2010. An erster Stelle nahm Seine Exzellenz Rino Fisichella, Präsident des neu errichteten Päpstlichen Rates zur Förderung der Neuevangelisierung und Titularerzbischof von Vicohabentia, Stellung. Seine wichtige und wegweisende italienische Stellungnahme habe ich ins Deutsche gebracht und auch die Zitate des Papstbuches dem bereits erschienen deutschen Original entnommen: Licht der Welt. Die Handschrift des Papstes ist unverkennbar, und sie auf der ersten Seite des Buches vorzufinden, hat einen gewissen Effekt. Er hat höchstwahrscheinlich selbst den Titel ausgewählt, und das ist bedeutsam. Bei einem Interview wird angenommen, daß die Hauptrolle dem Interviewer zukomme; in diesem Fall aber ist es nicht so. Der ausgewählte Titel erlaubt nicht, sich auf die Person des Papstes zu beschränken, sondern weist darüber hinaus, auf den, der nach 2000 Jahren immer noch die Geschichte erleuchtet, weil Er gesagt hatte, das "Licht der Welt" zu sein. Protagonistin dieser Seiten ist jedenfalls, wie sofort aufscheint, die Kirche. Die vielen Fragen, die das Gespräch anleiten, stellen nichts anderes heraus als die Natur der Kirche, ihre Präsenz im Laufe der Geschichte, den Dienst, den der Papst zu tun berufen ist, und - was nicht zweitrangig ist - die Sendung, die sie auch heute noch fortsetzen muß, um ihrem Herrn treu zu sein. "Das heißt, daß wir wirklich in einem Zeitalter sind, in dem eine neue Evangelisierung nötig ist; in dem das eine Evangelium in seiner großen, bleibenden Rationalität und zugleich in seiner die Rationalität übersteigenden Macht verkündet werden muß, um neu in unser Denken und Verstehen zu kommen ... Das zu verstehen ist wichtig, um von daher Kirche nicht als einen Apparat zu begreifen, der alles Mögliche machen muß - der Apparat gehört auch dazu, aber in Grenzen -, sondern als lebendiger Organismus, der von Christus selbst herkommt" (S. 164 f.). Im Lichte dieses Hinweises ist es einfach, das Ziel zu erfassen, das diese Jahre des Pontifikates kennzeichnet und darauf ausgerichtet ist, aufzuzeigen, wie entscheidend es für den Menschen von heute ist, die Gegenwart Gottes in sein Leben integrieren zu können, um in freier Weise - dies bringt die fortlaufende Hervorhebung der Rationalität tatsächlich mit sich - auf die entscheidende Frage nach dem Sinn der eigenen Existenz zu antworten. Die Reichweite, innerhalb derer sich das Interview abspielt, ist sehr groß. Es scheint, daß der Neugierde von Peter Seewald nichts entgehe, der bis zu den Grundlinien des persönlichen Lebens des Papstes vordringen möchte, mit den großen Fragestellungen, welche die aktuelle Theologie kennzeichnen, mit den verschiedenen politischen Vorgängen, die seit jeher die Beziehungen zwischen verschiedenen Ländern begleiten und schließlich mit den Anfragen, die einen großen Teil der öffentlichen Debatte beanspruchen. Wir befinden uns vor einem Papst, der sich keiner Frage entzieht, der die Absicht hat, mit einer einfachen Sprache alles zu klären - aber nichts desto trotz tiefgehend -, und der mit Wohlwollen jene Provokationen annimmt, die viele Fragestellungen in sich bergen. Das ganze Interview jedoch auf einen aus der Gesamtheit des Denkens von Benedikt XVI. herausgebrochenen Satz zu reduzieren, wäre eine Beleidigung gegenüber der Intelligenz des Papstes und eine billige Instrumentalisierung seiner Worte. Das, was aus dem Gesamtbild dieser Seiten hervorgeht, ist die Vision einer Kirche, die dazu berufen ist, Licht der Welt zu sein, Zeichen für die Einheit der ganzen Menschheit - um eine bekannte Formulierung des II. Vatikanischen Konzils zu verwenden - und Instrument zur Erfassung des Wesentlichen für das Leben. Auch wenn sie in unseren Augen wie eine Kirche erscheint, die Ärgernis gibt, die sich nicht den angesagten Verhaltensweisen anpassen möchte, die in ihren Lehren unverständlich erscheint und die vielleicht mögliche interne Handlungen von Menschen durchscheinen läßt, die ihre Heiligkeit verdunkeln. In jedem Fall ist sie auf Basis der Lehre des Meisters "Licht der Welt", eine Stadt auf dem Berg, um von allen gesehen zu werden, Zeichen des Widerspruches, und sie hat die Sendung, im Laufe der Jahrhunderte den Glauben an den auferstandenen Herrn bis zu Seiner Wiederkunft lebendig zu erhalten: "Das war ja ein Anliegen von Johannes Paul II., deutlich zu machen, daß wir auf den kommenden Christus hinschauen. Daß also der Gekommene noch weit mehr der Kommende ist und wir in dieser Perspektive Glauben auf Zukunft hin leben." (S. 84). Licht der Welt ist natürlich kein von Benedikt XVI. geschriebener Band, und dennoch, wer sich sein Denken zu Gemüte führt, seine Sorgen und die Leiden dieser Jahre, sein pastorales Programm und die Erwartungen für die Zukunft, gewinnt den Eindruck eines optimistischen Papstes, was das Leben der Kirche betrifft, trotz der Schwierigkeiten, die sie immer schon begleiten: "In anderen Erdteilen wächst und lebt sie, ist sie voller Dynamik. Die Zahl der Neupriester ist in den letzten Jahren weltweit gestiegen, auch die Zahl der Seminaristen." (S. 28). Das will sagen: die Kirche darf nicht nur mit dem Fragment eines geographischen Gebietes identifiziert werden; sie ist ein Ganzes, das jeden Teil aufbaut, umfaßt und übersteigt. Eine Kirche, die auch aus Sündern besteht; und dennoch kann der Papst - ohne das Böse zu bagatellisieren - richtigerweise sagen, daß "es zu einem Kollaps führen würde, wenn sie nicht mehr da wäre" (S. 49), weil das Gute, das sie tut, im Blick aller ist, auch wenn man den Blick oft und all zu gerne wo anders hinlenken möchte. Eine Seite nach der anderen wird die Geduld sichtbar, mit Klarheit auf jede Anfrage einzugehen, die gestellt wird. Benedikt XV. öffnet sein Herz, was sein tägliches Leben betrifft, so wie er mit der nötigen Offenheit die Probleme anspricht, die sich im Verlauf der Geschichte dieser Jahre finden. Wenn er uns einerseits in seine Wohnung einzulassen scheint, indem er mit dem Leser die Rhythmen seines Tages teilt, greift er andererseits auf Bilder zurück, welche die Befindlichkeit der vergangenen Monate gut beschreiben: "Ja, es ist eine große Krise, das muß man sagen. Es war für uns alle erschütternd. Plötzlich so viel Schmutz. Es war wirklich fast ein Vulkankrater, aus dem plötzlich eine gewaltige Schmutzwolke herauskam, alles verdunkelte und verschmutzte" (S. 40). Der einfache Ton seiner Antworten gewinnt Kraft aus der Anschaulichkeit der Bilder, die oft wiederkehren, was das vollständige Verstehen des Dramas einiger Fakten gestattet. Und doch ist das, was aus der Gemütsruhe der Antworten und aus der Entwicklung seiner Argumentation in deutlicher Weise hervorgeht, vor allem die Spiritualität, die sein Leben so sehr charakterisiert, daß wir verstummen. " Im übrigen konnte ich schon in dem Augenblick, in dem es mich getroffen hatte, einfach zum Herrn nur sagen: 'Was tust Du mit mir? Jetzt hast Du die Verantwortung. Du mußt mich führen! Ich kann es nicht. Wenn Du mich gewollt hast, dann mußt Du mir auch helfen!' " (S. 18; vgl. S. 31). Wer es liest, kapituliert. Entweder man nimmt die Vision des Glaubens als ein authentisches Sich-Übergeben an Gott an, der dich dorthin führt, wohin Er will, oder man läßt sich von den phantasiereichsten Interpretationen leiten, die oft das klerikale Geschwätz, und nicht nur dieses, kennzeichnen. Die Wahrheit aber befindet sich ganz in diesen Worten. Wenn man Benedikt XVI. verstehen möchte, sein Leben und sein Pontifikat, muß man zu diesem Bekenntnis zurückkehren. Hier spürt man die Berufung zum Priestertum als einen Ruf in die Nachfolge; hier versteht man das Warum einer Laufbahn, die in ihrer Vision der Welt und des Handelns der Kirche nicht verändert werden kann; hier erfaßt man die Perspektive, durch die es möglich ist, zur Tiefe seines Denkens und zur Interpretation einiger seiner Handlungen zu gelangen. Es gibt im Deutschen einen Begriff, der dies alles zusammenfaßt: Gelassenheit, das heißt die vertrauensvolle Hingabe bis zum Tod. Das drückt die entschiedene Wahl in Freiheit aus wie ein radikales Sich-Entleeren, um sich formen und führen zu lassen, wohin der Herr es will; kurz gesagt: der Papst erkennt sich mehr als alle anderen als ein "einfacher Bettler vor Gott" (S. 32). Die christozentrische Spiritualität, die mehrere Male angesprochen wird und die von einer tiefen Verbindung mit der Liturgie (vgl. 131 f.) genährt wird, erlaubt es, das Verhalten von Benedikt XVI. zu verstehen. Übrigens stellt er dies selbst heraus, wenn er zur Frage nach der Macht, die ein Papst besitze, attestiert: "Zum Papst gehört nicht, daß er als glorreicher Herrscher dasteht, sondern daß er für jenen Zeugnis ablegt, der gekreuzigt wurde, und daß er bereit ist, auch selbst in dieser Form, in der Bindung an Ihn, sein Amt auszuüben" (S. 24). In dieser Optik wird es zumindest paradox, wenn man die nachfolgende Passage liest, die dem, was soeben gesagt wurde, zu widersprechen scheint, während er sie jedoch in seinen kohärenten Verstehenshorizont einbringt: "Durch mein ganzes Leben hat sich immer auch die Linie hindurchgezogen, daß Christentum Freude macht, Weite gibt" (S. 25). Zusammengefaßt: ein Papst, der ein Optimist bleibt; nicht an erster Stelle wegen der objektiven Dynamik der Kirche, die sich von vielen Kräften der Spiritualität her zeigt, sondern vor allem kraft der Liebe, die alles formt und alles gewinnt (vgl. S. 79). Ein Interview, das durch viele Passagen zu einer Herausforderung wird, innerhalb und außerhalb der Kirche eine ernsthafte Gewissenserforschung durchzuführen, um zu einer wahren Bekehrung des Herzens und des Geistes zu gelangen. Die Bedingungen des Lebens der Gesellschaft, die Ökologie, die Sexualität, die Wirtschaft und das Finanzwesen und eben die Kirche? Dies alles sind Themen, die eines besonderen Engagements bedürfen, um die kulturelle Ausrichtung der Welt von heute und die Perspektiven, die sich für die Zukunft öffnen, zu überprüfen. Benedikt XVI. läßt sich nicht durch Umfrageergebnisse einschüchtern, weil die Wahrheit ganz andere Kriterien besitzt: "Aber andererseits würde ich festhalten, daß die Statistik nicht schon der Maßstab der Moral sein kann" (S. 174). Er ist sich bewußt, daß es eine "Vergiftung des Denkens gibt, die uns schon im voraus in falsche Perspektiven hineinführt" (S. 67), und deshalb fordert er uns heraus, den notwendigen Weg zur Wahrheit zu erfassen (vgl. S. 69 - 70), um fähig zu sein, der Welt von heute echten Fortschritt zu geben (vgl. S. 60 - 62). Diese Seiten lassen jedenfalls in Klarheit das Denken des Papstes aufleuchten, und einige werden sich nach den in der Vergangenheit aufgeworfenen Beschreibungen eines obskuren und modernitätsfeindlichen Mannes neu ausrichten müssen: "Wichtig ist, daß wir versuchen, das Christentum so zu leben und so zu denken, daß es die gute, die rechte Moderne in sich aufnimmt" (S. 76), mit ihren Errungenschaften und ihren Werten, die sie mühevoll erreichen konnte: "So gibt es von Natur aus viele Themen, in denen sozusagen die Moralität der Moderne liegt. Die Modernität ist ja nicht nur aus Negativem aufgebaut. Wenn dies der Fall wäre, könnte sie nicht lange bestehen. Sie trägt große moralische Werte in sich, die gerade auch vom Christentum kommen, die durch das Christentum erst als Werte in das Bewußtsein der Menschheit gerückt wurden. Wo sie vertreten werden - und sie müssen vom Papst vertreten werden -, gibt es Zustimmung über weite Bereiche hin" (S. 36). Diese Hinweise lassen nachvollziehen, warum der Papst so häufig das Thema der Neuevangelisierung anspricht, um alle zu erreichen, die sich unter den Bedingungen finden, "Kinder" der Moderne zu sein, indem sie nur ein paar Aspekte des Phänomens aufgenommen haben, nicht immer die positivsten, während sie die notwendige Suche nach der Wahrheit und vor allem das Erfordernis vergessen haben, das eigene Leben unter eine verbindende und nicht unter eine entgegengesetzte Vision zu stellen (vgl. 76 f.). Daraus ergibt sich, daß dies zu seinen programmatischen Aufgaben gehört, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen: "Aber daß wir mit einer frischen Kraft darangehen müssen, wie dieser Welt das Evangelium neu verkündet werden kann, sodaß es in ihr ankommt, und daß wir dafür alle Energien aufbieten müssen, das gehört zu den Programmpunkten, die mir aufgegeben sind" (S. 158; vgl. 164). Benedikt XVI. kommt auf diesen Seiten immer wieder auf die Beziehung zwischen der Moderne und dem Christentum zu sprechen. Eine Beziehung, die weder parallel gelebt werden kann noch darf, sondern gelebt werden kann durch die korrekte Verbindung von Glaube und Vernunft sowie der individuellen Rechte und der sozialen Verantwortung. Mit einem Wort, "daß man Gott wieder an die erste Stelle setzt" (S. 83), um einem großen Teil der Kultur der vergangenen Jahrzehnte zu widersprechen, die darauf abzielte, die "Hypothese Gott" (S. 162) als überflüssig zu erweisen. Dies ist die Bekehrung, die Benedikt XVI. von den Christen erbittet und von allen, die seine Stimme hören wollen: "Ich glaube, unsere große Aufgabe ist jetzt, nachdem einige Grundfragen geklärt sind, in erster Linie die Priorität Gottes neu ans Licht zu bringen. Heute ist das Wichtige, daß man wieder sieht, daß es Gott gibt, daß Gott uns angeht und daß Er uns antwortet. Und daß umgekehrt, wenn Er wegfällt, alles andere noch so gescheit sein kann - aber daß der Mensch dann seine Würde und seine eigentliche Menschlichkeit verliert und damit das Wesentliche zusammenbricht" (S. 86). Das ist die Aufgabe des Papstes, der sich für sein Pontifikat vornimmt - und um ehrlich zu sein, man kann nicht negieren, wie schwierig dies erscheint: "Jetzt geht es darum, dies weiterzuführen und die Dramatik der Zeit zu erfassen, in ihr das Wort Gottes als das Entscheidungswort festzuhalten - und zugleich dem Christentum jene Einfachheit und Tiefe zu geben, ohne die es nicht wirken kann." (S. 87) Vertraulichkeit, Ironie, in manchen Momenten Sarkasmus, aber vor allem Einfachheit und Wahrheit sind die charakteristischen Merkmale dieses Gespräches, das von Benedikt XVI. erwählt wurde, um die große Öffentlichkeit an seinem Denken teilhaben zu lassen, an seiner Art zu sein und an seiner Art, seine Sendung zu begreifen, die ihm anvertraut worden ist. Kein einfaches Unterfangen im Zeitalter der Kommunikation, das oft dahin tendiert, nur einige Fragmente herauszustreichen und das Ganze im Dunkeln stehen zu lassen. Ein lesenswerter und bedenkenswerter Band, um einmal mehr zu verstehen, auf welche Weise die Kirche in der Welt Ansage einer guten Nachricht sein kann, die Freude und Frieden bereitet. [ENDE DER ÜBERSETZUNG DER VORSTELLUNGSWORTE VON ERZBISCHOF RINO FISICHELLA.] Zusammengefaßt aus meiner Warte: wer dieses Buch nicht liest, dem entgeht wirklich etwas Fundamentales. Ein idealeres Weihnachtsgeschenk kann ich mir aktuell nicht vorstellen. So verbleibe ich mit den besten Segenswünschen für die kommende Adventzeit Euer Padre Alex - Vizeoffizial Dr. Alexander Pytlik Comments
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In "L'Osservatore Romano" wird eine Note der Kongregation für die Glaubenslehre abgedruckt, um die korrekte Lektüre des Papstinterviewbuches "Licht der Welt" zu befördern. Der Text lautet gemäß heutiger Information der Internetseiten des Heiligen Stuhles:
NOTE DER KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE Über die Banalisierung der Sexualität Im Hinblick auf einige Textstellen aus »Licht der Welt« Aus Anlaß der Veröffentlichung des Interview-Buches „Licht der Welt" von Papst Benedikt XVI. sind verschiedene abwegige Interpretationen verbreitet worden, die Verwirrung über die Haltung der katholischen Kirche zu einigen Fragen der Sexualmoral gestiftet haben. Die Gedanken des Papstes wurden nicht selten für Absichten und Interessen mißbraucht, die mit dem Sinn seiner Worte nichts zu tun haben. Deren Bedeutung ist aber klar, wenn man die Kapitel vollständig liest, in denen von der menschlichen Sexualität die Rede ist. Die Intention des Heiligen Vaters ist eindeutig: Es geht ihm darum, die Größe des göttlichen Plans über die Sexualität wiederzufinden und dabei die heute verbreitete Banalisierung zu vermeiden. Einige Interpretationen haben die Worte des Papstes als Aussagen im Widerspruch zur moralischen Tradition der Kirche dargestellt. Dies haben manche als positive Wende begrüßt, andere haben es mit Sorge aufgenommen, als würde es sich um einen Bruch mit der Lehre über die Empfängnisverhütung und mit der Haltung der Kirche im Kampf gegen AIDS handeln. In Wirklichkeit ändern die Worte des Papstes, die insbesondere auf das schwer ungeordnete Verhalten der Prostitution eingehen (vgl. „Licht der Welt", S. 146 - 147), weder die Morallehre noch die pastorale Praxis der Kirche. Eine aufmerksame Lektüre des betreffenden Abschnittes zeigt, daß der Heilige Vater hier nicht von der eheliche Liebe und auch nicht von der sittlichen Norm bezüglich der Empfängnisverhütung spricht. Diese Norm, die zur Tradition der Kirche gehört, ist von Papst Paul VI. in der Nummer 14 der Enzyklika Humanae vitae in sehr präzisen Worten aufgegriffen worden. Darin schrieb er, daß „jede Handlung verwerflich ist, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzugs des ehelichen Aktes oder im Anschluß an ihn beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel". Die Meinung, aus den Worten von Papst Benedikt XVI. könne man ableiten, daß die Verwendung des Kondoms in einigen Fällen zulässig sei, um unerwünschte Schwangerschaften zu vermeiden, ist völlig willkürlich und entspricht weder seinen Worten noch seinem Denken. In diesem Zusammenhang verweist der Papst vielmehr auf menschliche und ethische Wege der Lebbarkeit, für die sich die Seelsorger „noch mehr und noch besser" („Licht der Welt", S. 175) einsetzen sollen. Dabei geht es um Wege, bei denen der unlösbare Zusammenhang der beiden Sinngehalte der liebenden Vereinigung und der Fortpflanzung in jedem ehelichen Akt respektiert wird, auch durch die Anwendung der Methoden der natürlichen Empfängnisregelung im Blick auf eine verantwortliche Elternschaft. In dem betreffenden Abschnitt bezog sich der Heilige Vater auf den völlig andersartigen Fall der Prostitution, die von der christlichen Moral immer als schwer sündhaft betrachtet worden ist (vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, Nr. 27; Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2355). Die Weisung der gesamten christlichen Tradition – und nicht nur dieser – im Bezug auf die Prostitution läßt sich in den Worten des heiligen Paulus zusammenfassen: „Hütet euch vor der Unzucht!" (1 Kor 6,18). Die Prostitution ist also zu bekämpfen, und die Hilfswerke der Kirche, der Zivilgesellschaft und des Staates müssen sich dafür einsetzen, die betroffenen Personen daraus zu befreien. In diesem Zusammenhang muß darauf hingewiesen werden, daß die Lage, die aufgrund der Verbreitung von AIDS in vielen Gebieten der Welt entstanden ist, das Problem der Prostitution noch dramatischer gemacht hat. Wer weiß, daß er mit HIV infiziert ist und deshalb die Infektion weitergeben kann, begeht neben der schweren Sünde gegen das sechste Gebot auch eine Sünde gegen das fünfte Gebot, weil er bewußt das Leben einer anderen Person ernsthaft gefährdet, mit Folgen auch für die öffentliche Gesundheit. Dazu stellt der Heilige Vater eindeutig fest, daß Kondome „nicht als wirkliche und moralische Lösung" des AIDS-Problems betrachtet werden können und daß „die bloße Fixierung auf das Kondom eine Banalisierung der Sexualität" bedeutet. Denn man will die menschliche Verwahrlosung nicht angehen, die sich hinter der Verbreitung der Pandemie verbirgt. Es kann allerdings nicht geleugnet werden, daß derjenige, der ein Kondom verwendet, um das Risiko für das Leben einer anderen Person zu verringern, den Schaden begrenzen möchte, der mit seinem falschen Verhalten verbunden ist. In diesem Sinn bemerkt der Heilige Vater, daß die Verwendung des Kondoms „in der Absicht, Ansteckungsgefahr zu verringern, jedoch ein erster Schritt sein kann auf dem Weg hin zu einer anders gelebten, menschlicheren Sexualität". Dabei handelt es sich um eine Anmerkung, die mit der anderen Aussage des Heiligen Vaters in vollem Einklang steht: „Aber es ist nicht die eigentliche Art, dem Übel der HIV-Infektion beizukommen". Einige haben die Worte von Papst Benedikt XVI. mit Bezugnahme auf die Theorie vom so genannten „kleineren Übel" interpretiert. Diese Theorie ist aber für abwegige Auslegungen im Sinn des Proportionalismus anfällig (vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Veritatis splendor, Nr. 75 - 77). Eine Handlung, die aufgrund ihres Gegenstands ein Übel ist, und sei es auch ein kleineres Übel, darf nicht angestrebt werden. Der Heilige Vater hat nicht gesagt, daß Prostitution mit Verwendung eines Kondoms als kleineres Übel angestrebt werden darf, wie einige behauptet haben. Die Kirche lehrt, daß Prostitution sündhaft ist und bekämpft werden muß. Betreibt jemand dennoch Prostitution und ist er darüber hinaus mit HIV infiziert, kann es ein erster Schritt hin zu einer Achtung vor dem Leben der anderen sein, wenn er sich, auch durch die Verwendung des Kondoms, dafür einsetzt, die Ansteckungsgefahr zu verringern, wobei die Prostitution natürlich schwer sündhaft bleibt. Solche Bewertungen stehen im Einklang mit dem, was die moraltheologische Tradition auch in der Vergangenheit vertreten hat. Abschließend ist anzumerken, daß die Mitglieder und die Einrichtungen der katholischen Kirche im Kampf gegen AIDS wissen müssen, daß es darum geht, den Menschen nahe zu sein, die Kranken zu pflegen und alle dazu zu erziehen, vor der Ehe enthaltsam zu leben und in der Ehe die Treue zu halten. Dabei müssen sie auch Verhaltensweisen aufdecken, die die Sexualität banalisieren. Wie der Heilige Vater sagt, sind gerade diese Verhaltensweisen die gefährliche Quelle dafür, daß viele Menschen in der Sexualität nicht mehr den Ausdruck ihrer Liebe finden. „Deshalb ist auch der Kampf gegen die Banalisierung der Sexualität ein Teil des Ringens darum, daß Sexualität positiv gewertet wird und ihre positive Wirkung im Ganzen des Menschseins entfalten kann" („Licht der Welt", S. 146). [ENDE DER OFFIZIELLE NOTE DER RÖMISCHEN GLAUBENSKONGREGATION VOM 21. DEZEMBER 2010.]
Und hier ist nun meine eigene Rezension des Papstinterviewbuches, und zwar unter dem Titel:
"Gleichzeitig die Katholische Kirche und den aktuellen Papst verstehen lernen!" Das sensationelle Interviewbuch des regierenden Heiligen Vaters Benedikt XVI. hält nicht nur das, was es verspricht ("der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit"), nein, es übertrifft jedenfalls meine Erwartungen. Wer dieses Buch von Peter Seewald ganz liest, lernt nicht nur die Motivationslage des jetzigen Petrusnachfolgers besser kennen, nein, er versteht auch viel besser, um was es der Kirche weltweit geht und immer gehen wird müssen. Dabei betont der Papst selbst, daß er damit nichts Unfehlbares produzieren wolle (vgl. S. 22). "Der Papst kann selbstverständlich verkehrte Privatmeinungen haben." (S. 23) Sogar zum ersten Band seines Jesusbuches hält er fest: "Es ist eben kein Buch des Lehramtes, kein Buch, das ich in meiner päpstlichen Vollmacht geschrieben habe" (S. 198). So lernt der Uninformierte auch den wahren Gehalt der päpstlichen Unfehlbarkeit kennen. Manche Leser werden sich trotzdem schwertun mit der Darstellung des Papstes, daß es sich bei der Rücknahme der Exkommunikationen gegenüber den "Piusbischöfen" um einen ganz normalen rechtlichen Vorgang gehandelt habe (vgl. S. 39 und vor allem S. 148 ff.) Glaubwürdig bekennt der Papst an anderer Stelle: "Deshalb war es für mich klar - auch hier in voller Kontinuität mit Papst Johannes Paul II. - daß dieses neue, liebende, verstehende Ineinander von Israel und Kirche im jeweiligen Respekt für das Sein des anderen und seine eigene Sendung wesentlich sein muß für meine Verkündigung des christlichen Glaubens." (S. 106) Der Papst "ist an das Zweite Vatikanum [= 21. Ökumenisches Konzil der Katholischen Kirche] gebunden." (S. 121) Die ganze Argumentation des Papstes ist somit absolut nachvollziehbar und sachlich richtig, und ebenso klar benennt er unter dem Kapitel "Der Skandal des Mißbrauchs" die seit 1960 erfolgte Vernachlässigung des Kirchenrechtes und darin des Strafrechtes zum Schaden des kirchlichen Gemeinwohles: "Und zur Wahrheit gehört auch, daß ich denjenigen strafen muß, der gegen die wirkliche Liebe gesündigt hat." (S. 43) Wie Erzbischof Rino Fisichella, der Präsident des neuen Päpstlichen Rates für die Neuevangelisierung, richtig bemerkt hat, öffnet Benedikt XV. mit diesem Interview tatsächlich sein Herz, "was sein tägliches Leben betrifft, so wie er mit der nötigen Offenheit die Probleme anspricht, die sich im Verlauf der Geschichte dieser Jahre" seines Pontifikates ergeben haben. Dies alles erfolgt in radikaler Ehrlichkeit: "Für mich jedenfalls war es eine Überraschung, daß der Mißbrauch auch in Deutschland in dieser Größenordnung existierte." (S. 44) "Alles, was Lüge und Verheimlichung ist, darf nicht sein." (S. 58) "Personalentscheidungen sind schwierig, weil niemand in das Herz des anderen hineinschauen kann und niemand vor Täuschungen sicher ist." (S. 108) Seewald frägt zum Teil provokativ, manchmal auch etwas langatmig, aber diese Fragestellungen scheinen dem Papst ganz gut zu gefallen und auch dem Höchstmaß seines Auffassungsvermögens zu entsprechen. Jedenfalls liegt es nicht nur an Seewald, daß der Papst sehr stark die Realitäten der Sünde sieht und auch darauf eingeht, nicht nur mit der von vielen unabsichtlich oder ganz bewußt mißverstandenen Kondom-Passage (S. 146 f.), sondern auch mit dem Beispiel des Priesters, der schon länger mit einer Frau illegitim zusammenlebt und eine gute Ehe bilden könnte: "Wenn dem so ist, müssen sie diesen Weg gehen." (S. 58) Offen bleibt für mich, wie sich die wiederholte Argumentation des Papstes, daß die Glaubens- und Sittenlehre neu übersetzt und offenbar besser verkündet werden müsse, konkret auswirken müßte: "Oft wurde dieser Kommende [Jesus Christus] zwar einerseits in wahren, zugleich aber auch in abgestandenen Formeln vorgetragen. Sie sprechen nicht mehr in unseren Lebenszusammenhang hinein und sind oft für uns nicht mehr verständlich." (S. 84, vgl. vor allem auch S. 163 f., S. 175 und S. 208) Was ist mit der besseren Übersetzung gemeint, wenn doch die wesentlichen Inhalte der katholischen Lehre absolut unveränderlich sind, wie es auch aus der (zum hier besprochenen Buch für immer dazugehörenden) "Note der Kongregation für die Glaubenslehre" (vom 21. Dezember 2010) gegen die heutige Banalisierung der Sexualität hervorgeht. Diese relativ spät publizierte Note zum richtigen Verständnis einiger Passagen des Papstinterviews ist aber im Grunde nur für die gemeint, die das Buch nicht ganz gelesen haben oder es bewußt für ihre ideologischen Zwecke mißbrauchen wollen. Daß aber dieser Papst durch und durch katholisch ist, ergibt sich schon alleine aus der klaren Ansage auf S. 71: "Wenn man beispielsweise im Namen der Nichtdiskriminierung die Katholische Kirche zwingen will, ihre Position zur Homosexualität oder zur Frauenordination zu ändern, dann heißt das, daß sie nicht mehr ihre eigene Identität leben darf, und daß man stattdessen eine abstrakte Negativreligion zu einem tyrannischen Maßstab machte, dem jeder folgen muß. Das ist dann anscheinend die Freiheit - allein schon deshalb, weil es die Befreiung vom Bisherigen ist." Und es "bleibt der große Auftrag der Kirche, daß sie Glaube und Vernunft, das Hinausschauen über das Greifbare hinaus und zugleich die rationale Verantwortung miteinander verbindet." (S. 101) "Wir sind keine Moralisten, aber wir tragen vom Fundament des Glaubens her eine ethische Botschaft, die den Menschen Orientierung gibt." (S. 113) Unmißverständlich nimmt der Papst gegen Sexualitätsformen Stellung, die dem in der Schöpfungsordnung grundgelegten menschlichen Naturgesetz widersprechen: "Wenn man Sexualität und Fruchtbarkeit grundsätzlich voneinander trennt, wie es durch die Anwendung der Pille geschieht, dann wird Sexualität beliebig. Dann sind in der Folge auch alle Arten von Sexualität gleichwertig. Dieser Auffassung ... ist ja auch sehr schnell die Gleichbewertung der Homosexualität gefolgt." (S. 175) "Der Sinn der Sexualität ist, Mann und Frau zueinander zu führen und damit der Menschheit Nachkommenschaft, Kinder, Zukunft zu geben. Das ist die innere Determination, die in ihrem Wesen liegt. Alles andere ist gegen den inneren Sinn von Sexualität." (S. 180) "Homosexualität ist mit dem Priesterberuf nicht vereinbar. Denn dann hat ja auch der Zölibat als Verzicht keinen Sinn ... Hier muß größte Aufmerksamkeit walten, damit eine solche Verwechslung nicht einbricht und am Schluß die Ehelosigkeit der Priester sozusagen mit der Tendenz zur Homosexualität identifiziert würde." (S. 181) Was den kurzen Dokumentenanhang Seewalds betrifft, so hätte die Regensburger Rede (S. 220) nicht nur auf das 2006 weltweit beachtete Zitat beschränkt werden sollen. Auch diesbezüglich ist der Papst radikal ehrlich und gibt damit auch indirekt den Hinweis, daß ihn damals offenbar kein Mitarbeiter gewarnt hatte: "Ich hatte die Rede als streng akademische Rede konzipiert und gehalten, ohne mir bewußt zu sein, daß man eine Papstrede nicht akademisch, sondern politisch liest." (S. 123) Seewald und der Papst decken also sehr viele Themenbereiche ab, und daß zum Abschluß auch noch die sogar einigen Christen durchaus unangenehmen "Letzten Dinge" ausführlich durchgesprochen werden, ist ein Hinweis auf die durchaus gelungene Systematik des ganzen Interviewbandes. So meine ich mehr denn je: das Buch ist ein ideales Weihnachtsgeschenk. Es läßt besser verstehen, warum Jesus Christus gekommen ist: "Er ist in der Tat gekommen, damit wir die Wahrheit kennenlernen. Damit wir Gott berühren können. Damit uns die Tür offen steht. Damit wir das Leben finden, das wirkliche Leben, das nicht mehr dem Tod unterworfen ist." (S. 214) [ENDE MEINER REZENSION.] |
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Vorab muß klar gesagt sein: eine Vorlesung oder ein Interview eines Papstes ist kein lehramtlicher Akt und hat daher für eine organische Lehrentwicklung der Katholischen Kirche grundsätzlich keine Relevanz. Die Gebote Gottes und die von Gott eingeschaffen
Tracked: Nov 26, 17:06
Vieles gäbe es zum Jahr 2010 zu sagen, aber eines steht für mich fest: der regierende Heilige Vater Papst Benedikt XVI. hat ein weiteres Jahr ganz entscheidend geprägt. Und so sei heute der bereits unterhalb oder innerhalb einiger meiner Blogeinträge (vgl
Tracked: Dec 28, 23:31
APOSTOLISCHES SCHREIBEN IN FORM EINES "MOTU PROPRIO" ZUR PRÄVENTION UND ZUR BEKÄMPFUNG DER ILLEGALEN AKTIVITÄTEN AUF DEM FINANZ- UND WÄHRUNGSSEKTOR * EXKLUSIVÜBERSETZUNG VON DR. ALEXANDER PYTLIK * Der Apostolische Stuhl hat immer seine Stimme erhobe
Tracked: Dec 30, 15:00
Seine Heiligkeit Benedikt XVI. hat am 11. Februar 2013 nachweislich aus freien Stücken heraus auf das ihm von Gott selbst anvertraute Petrusamt mit Datum vom heutigen 28. Februar und mit der in Rom geltenden Uhrzeit 20.00 Uhr verzichtet, sodaß ab jetzt de
Tracked: Feb 28, 21:48