Monday, June 30. 2008
Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Aktuelle Predigt, Katholische Lehre, Kirchenrecht
Comments (0) Trackbacks (5) 2000. GEBURTSTAG DES HEILIGEN PAULUS UND DAS GESCHENK DES ABLASSES IM PAULUSJAHR
Mit einer beeindruckenden heiligen Zeremonie hat Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. am Vorabend des Hochfestes der heiligen Apostelfürsten Petrus und Paulus das von ihm schon seit langem angekündigte Paulusjahr eröffnet. Der vom selben Papst per 14. September 2007 wieder in sein volles Recht eingesetzte Kalender für die außerordentliche Form des Römischen Ritus (= der zweite universale Kalender für den lateinischen Ritus) sieht heute, einen Tag nach dem Hochfest, das Gedächtnis des heiligen Völkerapostels Paulus vor, wobei traditionell immer die Orationen des heiligen Petrus unter einer Schlußformel anzufügen sind. Wie schon während des laufenden Jubiläumsjahres zu Ehren der Mutter Gottes unter ihrem Titel Unseren Lieben Frau von Lourdes anläßlich des 150. Jahrestages ihrer kirchlich anerkannten Erscheinungen das Geschenk der Ablässe reichhaltig gewährt wird, so ist dies nunmehr auch für das einige Monate parallel laufende Jubiläumsjahr des 2000. Geburtstages des heiligen Paulus der Fall. Für die von mir betreuten liturgischen Gemeinden hatte ich diese Ablaßmöglichkeiten schon seit längerem angekündigt und gestern daran erinnert. Von der Internetseite des Heiligen Stuhles übernehme ich zunächst das Dekret für das Paulinische Jahr in deutscher Übersetzung, welches ebenso die Tradition des gemeinsamen Gedächtnisses Petri und Pauli beachtet:
Dekret - aus Anlaß des 2000. Jahrestages der Geburt des heiligen Apostels Paulus werden besondere Ablässe gewährt: Im Hinblick auf das bevorstehende liturgische Hochfest der Apostelfürsten [29. Juni] möchte der Papst, von seiner Hirtenliebe bewegt, rechtzeitig um die geistlichen Schätze Sorge tragen, die den Gläubigen für ihre Heiligung gewährt werden sollen, damit sie zu diesem frommen und freudigen Anlaß ihre übernatürlichen Heilsvorsätze mit noch größerem Eifer erneuern und bekräftigen, bereits von der Ersten Vesper des besagten Hochfestes an, insbesondere zu Ehren des Völkerapostels, nun da sich der 2000. Jahrestag seiner Geburt auf Erden nähert. In der Tat bereitet das Geschenk der Ablässe, das der Römische Papst der Universalkirche gewährt, den Weg, um in höchstem Maße die innere Läuterung zu erlangen, die, indem sie dem Apostel Paulus die Ehre erweist, das übernatürliche Leben in den Herzen der Gläubigen zur Geltung bringt und sie milde anspornt, Früchte guter Werke zu tragen. Daher gewährt die Apostolische Pönitentiarie, welcher der Heilige Vater die Aufgabe übertragen hat, das Dekret über die Gewährung und Erlangung der Ablässe auszuarbeiten und abzufassen, die für die gesamte Dauer des Paulusjahres Gültigkeit haben, durch das vorliegende, dem Willen des Papstes entsprechende Dekret, wohlwollend die im folgenden aufgeführten Gnaden: I. – Allen und jedem einzelnen Christgläubigen, die wirklich bußfertig, durch das Bußsakrament gereinigt und durch die Heilige Kommunion gestärkt, in frommer Gesinnung die Päpstliche Basilika des heiligen. Paulus an der "Via Ostiense" besuchen und nach Meinung des Papstes beten, wird der vollkommene Ablaß der zeitlichen Sündenstrafen gewährt und erteilt, wenn sie den sakramentalen Nachlaß und die Vergebung der Sünden erlangt haben. Der vollkommene Ablaß kann von den Gläubigen sowohl für sich selbst als auch für die Verstorbenen gewonnen werden, so oft man die gebotenen Werke verrichtet, wobei die Norm Gültigkeit behält, daß der vollkommene Ablaß nur einmal am Tag erlangt werden kann. Damit die Gebete, die bei diesen andächtigen Besuchen zu Gott erhoben werden, die Herzen der Gläubigen mit größerem Eifer zur Verehrung des Gedächtnisses des heiligen Paulus führen und anspornen, wird folgendes festgelegt und geboten: jeder Gläubige muß nach den persönlichen Gebeten, die er vor dem Altar des Allerheiligsten Sakraments zu Gott erhebt, am Confessio-Altar das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis sprechen, unter Hinzufügung frommer Anrufungen zu Ehren der allerseligsten Jungfrau Maria und des heiligen Paulus. Diese Verehrung soll stets eng verbunden sein mit dem Gedächtnis des heiligen Apostelfürsten Petrus. II. – Die Christgläubigen der verschiedenen Ortskirchen können unter den gewohnten Bedingungen (sakramentale Beichte, eucharistische Kommunion und Gebet nach Meinung des Heiligen Vaters) und ohne jede Anhänglichkeit an jegliche Sünde den vollkommenen Ablaß gewinnen, wenn sie andächtig an einem öffentlichen Gottesdienst oder einer Andacht zu Ehren des Völkerapostels teilnehmen: an den Tagen, an denen das Paulus-Jahr feierlich eröffnet und beschlossen wird, in allen Gotteshäusern; an anderen Tagen, die vom Ordinarius des Ortes zu bestimmen sind, in Gotteshäusern, die dem heiligen Paulus geweiht sind, oder zum Nutzen der Gläubigen in anderen vom Ordinarius dafür bestimmten Gotteshäusern. III. – Schließlich können ebenso die Gläubigen, die durch Krankheit oder aus einem anderen rechtmäßigen und schwerwiegenden Grund verhindert sind, stets mit dem Herzen abgekehrt von jeglicher Sünde und mit dem Vorsatz, die gewohnten Bedingungen sobald wie möglich zu erfüllen, den vollkommenen Ablaß erlangen, wenn sie sich im Geiste einer Jubiläumsfeier zu Ehren des heiligen Paulus anschließen und ihr Gebet und ihr Leiden für die Einheit der Christen darbringen. Damit aber die Gläubigen an diesen himmlischen Gnaden leichter teilhaben können, sollen sich die Priester, die von der zuständigen kirchlichen Autorität zur Abnahme der Beichte zugelassen sind, bereitwillig und großherzig zur Verfügung stellen, um sie zu hören. Das vorliegende Dekret hat nur für die Dauer des Paulusjahres Gültigkeit. Dem steht keinerlei gegenteilige Verfügung entgegen. Gegeben zu Rom, vom Sitz der Apostolischen Pönitentiarie, am 10. Mai 2008, dem Vorabend des Pfingstfestes James Francis S. E. R. Kard. Stafford Großpönitentiar † Gianfranco Girotti, OFMConv. Titularbischof von Meta, Regent [ENDE DES RÖMISCHEN DEKRETS.] Der regierende Diözesanbischof von Eichstätt, Dr. Gregor Maria Hanke OSB, hat diese Bestimmungen für das ihm anvertraute Bistum vorbildhaft umgesetzt. Auch in einem der drei Zelebrationsorte der im Vorjahr vom selben Bischof errichteten liturgischen Gemeinde auf dem Gebiet der Dompfarrei Eichstätt zur Feier der Sakramente und Sakramentalien in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus, nämlich in der Rektoratskirche St. Peter und Paul (im Zentrum von D-85072 Eichstätt, Dominikanergasse), kann nunmehr einmal täglich der vollkommene Ablaß während des Paulusjahres (bis inklusive 29. Juni 2009) gewonnen oder den Seelen der Verstorbenen zugewendet werden, wenn man dort andächtig an einer Heiligen Messe oder an einer öffentlichen Andacht zu Ehren des heiligen Paulus teilnimmt. Dies werde ich als zuständiger Kirchenrektor bei den nächsten Gottesdienstordnungen besonders berücksichtigen. Hier nun noch das Ablaßdekret für das Bistum Eichstätt: Dekret des Bischofs von Eichstätt, Dr. Gregor Maria Hanke OSB, zum Ablaß im Paulusjahr: Papst Benedikt XVI. hat zum Gedenken an die Geburt des Völkerapostels vor 2000 Jahren ein Paulus-Jahr ausgerufen, das vom 28. Juni 2008 bis zum 29. Juni 2009 dauert. In diesem Zusammenhang hat der Heilige Vater einen besonderen vollkommenen Ablaß gewährt, der nicht nur in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern in Rom, sondern auch in den Diözesen auf dem gesamten Erdkreis gewonnen werden kann. In Wahrnehmung der von der Apostolischen Pönitentiarie durch Dekret vom 10. Mai 2008 erlassenen Bestimmungen [siehe oben!] setze ich daher für das Bistum Eichstätt folgende Regelung fest: 1. Zur Eröffnung am 28./29. Juni 2008 und zum Abschluß des Paulus-Jahres am 29. Juni 2009 kann der vollkommene Ablaß in jeder Kirche oder Kapelle innerhalb unserer Diözese gewonnen oder fürbittweise den Seelen der Verstorbenen zugewendet werden, wenn man dort andächtig an einer Heiligen Messe oder an der öffentlichen Feier des Stundengebetes bzw. einer Andacht zu Ehren des heiligen Paulus teilnimmt. 2. Täglich einmal kann der vollkommene Ablaß während des Paulusjahres darüber hinaus in bestimmten Kirchen gewonnen oder den Seelen der Verstorbenen zugewendet werden, wenn man dort andächtig an einer Heiligen Messe oder einer öffentlichen Andacht zu Ehren des heiligen Paulus teilnimmt. Zu diesen Kirchen ernenne ich + den Mariendom in Eichstätt + das Münster zur Schönen Unserer Lieben Frau in Ingolstadt + die Wallfahrtsbasilika Maria Brünnlein in Wemding + die Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung auf dem Habsberg + die Wallfahrtskirche Mariä Verkündigung auf dem Mariahilfberg in Neumarkt + die Abtei- und Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Plankstetten, in der der Ablaß auch bei andächtiger Teilnahme an der monatlichen Jugendvesper erworben werden kann. Weiterhin gilt diese Regelung gemäß Ablaßdekret in folgenden Kirchen, die dem heiligen Paulus geweiht sind: + Aurach, Pfarrkirche St. Petrus und Paulus + Berngau, Pfarrkirche St. Peter und Paul + Dollnstein, Pfarrkirche St. Peter und Paul + Eichstätt, Rektoratskirche St. Peter und Paul + Freystadt, Pfarrkirche St. Peter und Paul + Hausen, Filialkirche St. Petrus und Paulus + Hausheim, Pfarrkirche St. Peter und Paul + Heimbach, Pfarrkirche St. Pauli Bekehrung + Ingolstadt-Mühlhausen, Pfarrkirche St. Peter und Paul + Neukirchen, Pfarrkirche St. Petrus und Paulus + Paulushofen, Pfarrkirche Pauli Bekehrung + Pfraundorf, Filialkirche St. Peter und Paul + Pilsach, Pfarrkirche St. Peter und Paul + Rögling, Pfarrkirche St. Petrus und Paulus + Schwabach, Pfarrkirche St. Petrus und Paulus + Thalmässing, Pfarrkirche St. Peter und Paul + Waldkirchen, Pfarrkirche St. Peter und Paul 3. Wie bei allen vollkommenen Ablässen ist es erforderlich, nicht nur das gebotene Ablaßwerk des Gottesdienstbesuches zu erfüllen, sondern sich auch von der Anhänglichkeit an jegliche Sünde loszusagen, die Sakramente der Buße und der Eucharistie zu empfangen sowie ein Gebet in den Anliegen des Heiligen Vaters zu verrichten, z. B. ein Vater unser und ein Ave Maria. Das Gebet und der Kommunionempfang sollten am Tag erfolgen, an dem der Ablaß gewonnen wird; dagegen können durch eine einzige sakramentale Beichte bis zu 20 Tagen vor und nach dem Ablaßwerk mehrere vollkommene Ablässe gewonnen werden. 4. Durch Krankheit oder andere triftige Gründe verhinderte Gläubige können den Ablaß erlangen, indem sie sich im Geiste den Feiern zu Ehren des Völkerapostels anschließen, sich vornehmen, die vorgeschriebenen Bedingungen sobald wie möglich zu erfüllen, und Gott ihr Gebet und Leiden für die Einheit der Christen aufopfern. 5. Die Priester sollen die Gläubigen durch Verkündigung und Aushang auf die besondere Ablaßgewährung aufmerksam machen, ihnen den Sinn der Ablaßgewinnung erschließen und sie dazu ermuntern. Dabei sollen sie darauf hinweisen, daß ein vollkommener Ablaß als Erlaß zeitlicher Sündenstrafen den Empfang des Bußsakramentes vollendet, durch das der Sünder von Schuld und ewigen Sündenstrafen befreit wird, und den Verstorbenen wirksam hilft, eher zu der Anschauung Gottes zu gelangen. Die Bekehrung des heiligen Paulus, der Jesus Christus dann in vollkommener Treue nachfolgte, soll uns alle ermutigen, wieder neu den Sinn und Nutzen des Bußsakramentes und des Ablasses zu entdecken. Eichstätt, am Hochfest der Geburt Johannes des Täufers, 24. Juni 2008 Dr. Gregor Maria Hanke OSB Bischof von Eichstätt [ENDE DES BISCHÖFLICHEN DEKRETS.] Von diesen geistlichen Möglichkeiten wollen wir gerne Gebrauch machen. Der Heilige Vater hat zu der am Anfang dieses Blogeintrages erwähnten feierlichen Eröffnung des Paulusjahres grundlegende Hinweise über den heiligen Paulus gegeben, die ich in deutscher Übersetzung von Radio Vatikan übernehme: [INHALTLICHER BEGINN DER PÄPSTLICHEN PREDIGT VOM 28. JUNI 2008:] Wir sind am Grab des heiligen Paulus versammelt, der vor 2000 Jahren in Tarsus in Kilikien, in der heutigen Türkei geboren wurde. Wer war Paulus? Vor der aufgeregten Menschenmenge im Tempel zu Jerusalem, die ihn hatte töten wollen, stellt er sich selber mit diesen Worten vor: "Ich bin ein Jude, geboren in Tarsus in Kilikien, hier in dieser Stadt (Jerusalem) erzogen, zu Füßen Gamaliëls genau nach dem Gesetz der Väter ausgebildet, ein Eiferer für Gott …" (Apg 22,3). Am Ende seiner Wege sagt er über sich: "Ich wurde eingesetzt … als Lehrer der Völker im Glauben und in der Wahrheit" (1 Tim 2,7; vgl. 2 Tim 1,11). Lehrer der Völker – Apostel und Verkünder Jesu Christi nennt er sich im Rückblick auf seinen Lebensweg. Aber der Blick geht dabei nicht nur in die Vergangenheit. Lehrer der Völker – dieses Wort öffnet sich in die Zukunft hinein auf alle Völker und Generationen hin. Paulus ist für uns nicht eine Gestalt der Vergangenheit, derer wir achtungsvoll gedenken. Er ist auch unser Lehrer, auch für uns Apostel und Verkünder Jesu Christi. Wir sind also versammelt, nicht um über vergangene Geschichte nachzudenken, die unwiderruflich vorbei ist. Paulus will mit uns reden – heute. Dazu habe ich dieses besondere "Paulusjahr" ausgerufen: damit wir ihm zuhören und von ihm als unserem Lehrer jetzt „den Glauben und die Wahrheit“ erlernen, in denen die Gründe für die Einheit unter den Jüngern Christi verwurzelt sind. Unter diesem Gesichtspunkt habe ich anläßlich des 2000-Jahr-Jubiläums der Geburt des Apostels eine besondere "Paulus-Flamme" entzündet, die während des ganzen Jahres in einem speziellen Kohlenbecken im Atrium der Basilika brennen wird. Zur Feier dieses Gedenktages habe ich auch die sogenannte "Paulus-Tür" eingeweiht, durch die ich in Begleitung des Patriarchen von Konstantinopel, des Kardinal-Erzpriesters und anderer kirchlicher Autoritäten eingezogen bin. Es ist mir eine tief empfundene Freude, daß die Eröffnung des "Paulusjahres" durch die Anwesenheit zahlreicher Delegierter und Vertreter anderer Kirchen und kirchlicher Gemeinschaften, die ich mit offenem Herzen empfange, auch einen besonderen ökumenischen Charakter trägt. An erster Stelle begrüße ich Seine Heiligkeit, den Patriarchen Bartholomäus I. und die Mitglieder der ihn begleitenden Delegation sowie die große Gruppe von Laien, die aus verschiedenen Teilen der Erde nach Rom gekommen sind, um mit ihm und mit uns allen diese Momente des Gebetes und der Reflexion zu erleben. Ich begrüße die brüderlichen Delegierten der Kirchen, die eine besondere Verbindung zum Apostel Paulus haben – Jerusalem, Antiochien, Zypern, Griechenland – und die das geographische Umfeld des Lebens des Apostels vor seinem Eintreffen in Rom bilden. Herzlich begrüße ich auch die Brüder der verschiedenen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften aus Ost und West, zusammen mit Ihnen allen, die Sie gekommen sind, um an dieser feierlichen Eröffnung des "Jahres" teilzunehmen, das dem Völkerapostel gewidmet ist. Fragen wir also nicht nur: Wer war Paulus? Fragen wir vor allem: Wer ist Paulus? Was sagt er mir? Ich möchte in dieser Stunde, am Anfang des „Paulusjahres“, das wir hier eröffnen, drei Texte aus dem reichen Zeugnis des Neuen Testaments herausgreifen, in denen seine innere Physiognomie, das Eigentliche seines Wesens erscheint. Im Brief an die Galater hat er uns ein ganz persönliches Glaubensbekenntnis geschenkt, in dem er vor den Lesern aller Zeiten sein Herz auftut – sagt, was die innerste Triebkraft seines Lebens ist. "… Ich lebe im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat" (2,20). Alles, was Paulus tut, geschieht von dieser Mitte her. Sein Glaube ist die Erfahrung des ganz persönlichen Geliebtseins von Jesus Christus; er ist Wissen darum, daß Christus nicht irgendwie ins Allgemeine hinein gestorben ist, sondern ihn – Paulus – geliebt hat und als Auferstandener ihn heute liebt; daß er für ihn sich gegeben hat. Sein Glaube ist das Getroffensein von der Liebe Jesu Christi, die ihn bis ins Innerste erschüttert und umwandelt. Sein Glaube ist nicht eine Theorie, nicht eine Meinung über Gott und die Welt. Sein Glaube ist das Auftreffen der Liebe Gottes in seinem Herzen. Und so ist dieser Glaube selbst Liebe zu Jesus Christus. Paulus wird von vielen vor allem als streitbarer Mann hingestellt, der das Schwert des Wortes zu führen weiß. In der Tat, an Auseinandersetzungen hat es auf seinem Weg als Apostel nicht gefehlt. Er hat nicht nach oberflächlicher Harmonie gesucht. In dem ersten seiner Briefe, der an die Thessalonicher ging, sagt er selber: "Wir haben … das Evangelium Gottes trotz harter Kämpfe freimütig und furchtlos bei euch verkündet … Nie haben wir mit unseren Worten zu schmeicheln versucht, das wißt ihr" (1 Thess 2,2.5). Die Wahrheit war ihm zu groß, als daß er bereit gewesen wäre, sie für den äußeren Erfolg zu opfern. Die Wahrheit, die er in der Begegnung mit dem Auferstandenen erfahren hatte, war ihm des Streites, der Verfolgung, des Leidens wert. Aber was ihn zuinnerst trieb, war das Geliebtsein von Jesus Christus und das Weitergeben dieser Liebe. Paulus war ein Liebender, und all sein Wirken und Leiden erklärt sich nur von dieser Mitte her. Die tragenden Grundbegriffe seiner Verkündigung sind einzig von da aus zu verstehen. Nehmen wir uns nur eines seiner Herzworte vor: die Freiheit. Die Erfahrung des radikalen Geliebtseins von Christus hatte ihm die Wahrheit und den Weg der menschlichen Existenz sichtbar gemacht – alles war darin enthalten. Paulus war frei als ein von Gott Geliebter und von ihm her Mitliebender. Diese Liebe ist nun das "Gesetz" seines Lebens und eben so die Freiheit seines Lebens. Er spricht und handelt aus der Verantwortung der Liebe heraus. Freiheit und Verantwortung sind hier untrennbar eins. Weil er in der Verantwortung der Liebe steht, ist er frei; weil er ein Liebender ist, lebt er ganz in der Verantwortung dieser Liebe und nimmt Freiheit nicht als Deckmantel für Willkür und Egoismus. Aus dem gleichen Geist heraus hat der heilige Augustinus das berühmt gewordene Wort formuliert: Dilige et quod vis fac (Tract 1 Joa 7,7 - 8) – liebe und tue, was du willst. Wer Christus wie Paulus liebt, kann in der Tat tun, was er will, weil seine Liebe dem Willen Christi und so dem Willen Gottes geeint ist – weil sein Wille festgemacht ist in der Wahrheit und weil sein Wille nicht mehr der bloße Eigenwille, die Willkür des autonomen Ich ist, sondern hineingenommen ist in die Freiheit Gottes und von ihr her den Weg empfängt. Auf der Suche nach der inneren Physiognomie des heiligen Paulus möchte ich an zweiter Stelle an das Wort erinnern, das der auferstandene Christus auf dem Weg nach Damaskus an ihn gerichtet hat. Der Herr ruft ihm zuerst zu: "Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich?" Auf die Frage hin: "Wer bist du, Herr?" erfolgt die Antwort: "Ich bin Jesus, den du verfolgst" (Apg 9,4 f.) Indem Saulus die Kirche verfolgt, verfolgt er Jesus selbst. "Du verfolgst mich." Jesus identifiziert sich mit der Kirche in einem einzigen Subjekt. In diesem Ruf des Auferstandenen, der das Leben des Saulus umwandelte, ist im Grund schon die ganze Lehre von der Kirche als Leib Christi enthalten. Christus hat sich nicht in den Himmel zurückgezogen und auf Erden eine Schar von Anhängern zurückgelassen, die "seine Sache" weiter betreiben. Die Kirche ist nicht ein Verein, der eine bestimmte Sache voranbringen will. In ihr geht es nicht um eine Sache. In ihr geht es um die Person Jesu Christi, der auch als Auferstandener Fleisch geblieben ist. Er hat "Fleisch und Knochen" (Lk 24,39), so sagt es der Auferstandene bei Lukas zu den Jüngern, die ihn für einen Geist gehalten hatten. Er hat Leib. Er ist selbst da in seiner Kirche, "Haupt und Leib" ein einziges Subjekt, wird Augustinus sagen. "Wißt ihr nicht, daß eure Leiber Glieder Christi sind?" schreibt Paulus an die Korinther (1 Kor 6,15). Er fügt hinzu: wie Mann und Frau nach der Genesis miteinander ein Fleisch werden, so wird Christus mit den Seinen ein Geist, das heißt ein einziges Subjekt in der neuen Welt der Auferstehung (1 Kor 6,16 ff.) In alledem scheint das eucharistische Geheimnis durch, in dem Christus immerfort seinen Leib schenkt und uns zu seinem Leib macht: "Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi? Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot" (1 Kor 10,16 f.) Mit diesem Wort redet uns in dieser Stunde nicht nur Paulus, sondern der Herr selber an: Wie konntet ihr meinen Leib zerreißen? Vor dem Angesicht Christi wird dieses Wort zugleich zur dringlichen Bitte: Führe uns zusammen aus allen Trennungen. Laß es heute neu Wirklichkeit werden: Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib. Das Wort von der Kirche als Leib Christi ist für Paulus nicht irgendein beliebiger Vergleich. Es geht weit über einen Vergleich hinaus. "Warum verfolgst du mich?" Immerfort zieht uns Christus in seinen Leib hinein, baut seinen Leib von der eucharistischen Mitte her auf, die für Paulus Zentrum christlicher Existenz ist, von der aus alle und jeder einzelne ganz persönlich erfahren darf: Er hat mich geliebt und sich für mich dahingegeben. Ans Ende möchte ich ein spätes Wort des heiligen Paulus stellen, einen Zuruf an Timotheus vom Gefängnis her im Angesicht des Todes. "Leide mit mir für das Evangelium", sagt der Apostel zu seinem Schüler (2 Tim 1,8). Dieses Wort, das wie ein Testament am Ende der Wege des Apostels steht, weist zurück auf den Anfang seiner Sendung. Während Saulus nach der Begegnung mit dem Auferstandenen blind in seiner Wohnung in Damaskus weilte, erhielt Hananias den Auftrag, zu dem gefürchteten Verfolger zu gehen und ihm die Hände aufzulegen, damit er wieder sehe. Auf den Einwand des Hananias hin, daß dieser Saulus ein gefährlicher Christenverfolger sei, ergeht die Antwort: "Dieser Mann ... soll meinen Namen vor Völker und Könige... tragen. Ich werde ihm auch zeigen, wieviel er für meinen Namen leiden muß ..." (Apg 9,15 f.) Der Auftrag zur Verkündigung und die Berufung zum Leiden für Christus gehören untrennbar zusammen. Die Berufung zum Lehrer der Völker ist zugleich und in sich selbst eine Berufung zum Leiden in der Gemeinschaft mit Christus, der uns durch sein Leiden erlöst hat. Die Wahrheit kostet Leiden in einer Welt, in der die Lüge Macht hat. Wer dem Leiden ausweichen, es von sich fernhalten will, der weicht dem Leben und seiner Größe selber aus; er kann nicht Diener der Wahrheit und so des Glaubens sein. Liebe gibt es nicht ohne Leid – ohne das Leid des Verzichts auf sich selbst, der Umwandlung und Reinigung des Ich in die wahre Freiheit hinein. Wo nichts ist, das des Leidens wert wäre, da verliert auch das Leben selbst seinen Wert. Die Eucharistie – die Mitte unseres Christseins – beruht auf der Hingabe Jesu Christi für uns, sie ist aus der Passion der Liebe geboren, die im Kreuz ihren Höhepunkt fand. Von dieser sich schenkenden Liebe leben wir. Sie gibt uns den Mut und die Kraft, mit Christus und für ihn in dieser Welt zu leiden, wissend, daß gerade so unser Leben groß und reif und wahr wird. Aus allen Briefen des heiligen Paulus sehen wir, wie sich in seinem Weg als Lehrer der Völker die Vorhersage erfüllt hat, die in der Stunde seiner Berufung an Hananias ergangen war: "Ich werde ihm zeigen, wieviel er für meinen Namen leiden muß." Sein Leiden beglaubigt ihn als Lehrer der Wahrheit, der nicht seinen Gewinn, seinen Ruhm, seine eigene Erfüllung sucht, sondern für den einsteht, der uns alle geliebt und sich für uns hingegeben hat. In dieser Stunde danken wir dem Herrn dafür, daß er Paulus gerufen und ihn zum Licht für die Völker, zum Lehrer für uns alle gemacht hat und bitten ihn: schenke uns auch heute Zeugen der Auferstehung, die von deiner Liebe getroffen sind und das Licht des Evangeliums in unsere Zeit hineinzutragen vermögen. Heiliger Paulus, bitte für uns. Amen. [ENDE DER PÄPSTLICHEN ANSPRACHE ZUR ERÖFFNUNG DES INTERNATIONALEN PAULUSJAHRES.] Comments
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DAS LICHT DES EVANGELIUMS und dem gegenübergestellt: die "moderne" Gesellschaft
Was würde wohl Messner von der heutigen Geisteshaltung unserer Gesellschaft halten? Ein Theologe, der sich für die Vernunft in einer Gesellschaft eingesetzt hat. Er würde wahrscheinlich verzweifelt versuchen, in einer Zeitung die Gesellschaft zur Vernunft zu bringen, und auf jene Dinge im Leben hinweisen, auf die es auch wirklich ankommt. Die heutige Gesellschaft bei uns hat eine Bedeutungsverschiebung erfahren – sonderbarste Wertvorstellungen, die keine Vernunft in sich tragen. Wenn jeder der Beste sein will, wird diese Gesellschaft untergehen – wo keine Fairneß herrscht, nimmt Unvernunft überhand. Wo Eltern ihren Kindern eine führungslose Erziehung nach dem Motto "antiautoritäre Erziehung" angedeihen lassen, werden Kinder keine Grenzen lernen und im Erwachsenenalter meinen, alles an sich raffen zu müssen, damit man ja viel vom Leben ergattern kann. So entstehen kein Schamgefühl und kein Verantwortungsgefühl dem Nächsten gegenüber. Messner war als Priester für die Rechte des Volkes, doch er wollte ein mündiges Volk und kein degeneriertes Volk von geschiedenen und ledigen Müttern, deren einzige Wertvorstellung darin liegt, "modern" zu sein und dies übrigens als "Ausrede" benutzt – für so eine Gesellschaft hat er nicht gekämpft, sondern für ein vernunftbegabtes Volk und deren Rechte. Modernsein ist keine Leistung und beinhaltet auch keine Wertvorstellung. Verzweifeln würde er an dieser dekadenten Gesellschaft, die vermehrt den narzißtischen Persönlichkeitstyp hervorbringt. Er würde erkennen, daß man mit Narzissen keine Familien gründen kann – denn dieser lebt nur für sich und gibt selbst seinen Kindern nichts, nicht einmal eine anständige Erziehung. Wir werden uns noch wundern, welche Generationen von Egoisten aus dieser Dekadenz hervorgehen wird. Kinder brauchen beide Elternteile, um stabil zu sein und ihren Lebensweg gehen zu können. Paulus und Johannes Messner – zwei charismatische Persönlichkeiten, die sich sicher eine andere Gesellschaft gewünscht hätten. D.
Hochw. Herr Rektor Mag. Pytlik!
Recht herzliches Vergelt's Gott für Ihre sehr wertvolle Internetarbeit. Ich werde Ihre Seite demnächst bei mir verlinken. Alles Gute, Gottes und Mariens Schutz und Segen! Herzliche Grüße Josef Hausmann Laudetur Jesus Christus! Salve Regina! |
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Der traditionelle Frauendreißigerschluß in Buchenhüll, einem marianischen Ortsteil von D-85072 Eichstätt, fällt diesmal in jene mehr als fünf Monate, in welchen sich die beiden Jubiläumsjahre der Katholischen Kirche überschneiden: 150 Jahre Marienerschein
Tracked: Sep 11, 04:42
1. Gründonnerstag: Liebe Andächtige in Christus Jesus, der uns die Eucharistie geschenkt hat! Als am 12. Februar 2007 im türkisch kontrollierten und mehrheitlich katholischen Ort Kormakitis in Nordzypern der fast 100 Jahre alt gewordene maronitisch-kat
Tracked: Apr 14, 09:09
Seit dem Herz-Jesu-Fest (19. Juni 2009) läuft das von Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. angeordnete "Jahr des Priesters" in allen Teilkirchen und Rituskirchen der Katholischen Kirche. Es soll nach den letzten Informationen des Heiligen Stuhles bis zum
Tracked: Jul 24, 01:41
Möglicherweise findet in unseren Breiten eine der nächsten Apostolischen Reisen Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. nicht die Beachtung, die sie in Wirklichkeit verdiente. Meiner Meinung nach wird sein Besuch in Zypern vom 4. bis 6. Juni 2010 einer der
Tracked: Apr 29, 23:18
"Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele" = das Motto der Synode, in Weiterführung der Worte des heiligen Völkerapostels Paulus in Apg 4,32. Sehr gut führt in die ganze Thematik ein der von Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. be
Tracked: Oct 10, 15:48