Thursday, September 23. 2004
1. Die inhaltliche Kritik hat Seine Exzellenz der Apostolische Visitator und Diözesanbischof Dr. Dr. Klaus Küng bereits formuliert. Es kann nicht angehen, daß die von der ÖVP angesprochenen Lebensgemeinschaften in der Praxis fast die gleichen Vorteile wie eheliche Beziehungen hätten. Das Bekenntnis zur besonderen Förderung von Ehe und Familie ist zu wenig, wenn nicht berücksichtigt wird, wie viele und wie große soziale Leistungen von einer stabilen Familie mit Kindern erbracht werden. Die Zukunft der Gesellschaft hängt in großem Maße davon ab, ob die in der Ehe begründete Familie, insbesondere die kinderreiche, wirksam und entschlossen gefördert werde. Immerhin wird im ÖVP-Beschluß formal alles vermieden, was auf eine Gleichstellung homosexueller Beziehungen mit der Ehe hinauslaufen könnte, wie etwa eine Registrierung solcher Beziehungen.
2. Es ist notwendig, öffentlich an wichtige Passagen der Erwägungen der Glaubenskongregation vom 3. Juni 2003 zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen zu erinnern und diese jedem einzelnen Mandatar des Parlaments auch persönlich zu übermitteln:
" Es gibt keinerlei Fundament dafür, zwischen den homosexuellen Lebensgemeinschaften und dem Plan Gottes über Ehe und Familie Analogien herzustellen, auch nicht in einem weiteren Sinn. Die Ehe ist heilig, während die homosexuellen Beziehungen gegen das natürliche Sittengesetz verstoßen. Denn bei den homosexuellen Handlungen bleibt « die Weitergabe des Lebens [...] beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen » (...) Das Gewissen fordert in jedem Fall, Zeugnis abzulegen für die ganze sittliche Wahrheit, der sowohl die Billigung homosexueller Beziehungen wie auch die ungerechte Diskriminierung homosexueller Menschen widerspricht. Deshalb sind diskrete und kluge Stellungnahmen nützlich, die zum Beispiel folgenden Inhalt haben könnten: den instrumentalen oder ideologischen Gebrauch aufdecken, den man von einer solchen Toleranz machen kann; den unsittlichen Charakter dieser Art von Lebensgemeinschaften klar herausstellen; den Staat auf die Notwendigkeit hinweisen, das Phänomen in Grenzen zu halten, damit das Gewebe der öffentlichen Moral nicht in Gefahr gerät und vor allem die jungen Generationen nicht einer irrigen Auffassung über Sexualität und Ehe ausgesetzt werden, die sie des notwendigen Schutzes berauben und darüber hinaus zur Ausbreitung des Phänomens beitragen würde.
Jene, die diese Toleranz gebrauchen, um bestimmte Rechte für zusammenlebende homosexuelle Personen einzufordern, müssen daran erinnert werden, daß die Toleranz des Bösen etwas ganz anderes ist als die Billigung oder Legalisierung des Bösen. Werden homosexuelle Lebensgemeinschaften rechtlich anerkannt oder werden sie der Ehe gleichgestellt, indem man ihnen die Rechte gewährt, die der Ehe eigen sind, ist es geboten, klar und deutlich Einspruch zu erheben. Man muß sich jedweder Art formeller Mitwirkung an der Promulgation und Anwendung von so schwerwiegend ungerechten Gesetzen und, soweit es möglich ist, auch von der materiellen Mitwirkung auf der Ebene der Anwendung enthalten. In dieser Materie kann jeder das Recht auf Einspruch aus Gewissensgründen geltend machen (...) Wenn der Staat die homosexuelle Lebensgemeinschaft auf eine rechtliche Ebene stellt, die jener der Ehe und Familie analog ist, handelt er willkürlich und tritt in Widerspruch zu seinen eigenen Verpflichtungen. Um die Legalisierung der homosexuellen Lebensgemeinschaften zu stützen, kann man sich nicht auf das Prinzip der Achtung und der Nicht-Diskriminierung jeder Person berufen. Eine Unterscheidung unter Personen oder die Ablehnung einer sozialen Anerkennung oder Leistung sind nämlich nur dann unannehmbar, wenn sie der Gerechtigkeit widersprechen. Wenn man den Lebensformen, die weder ehelich sind noch sein können, den sozialen und rechtlichen Status der Ehe nicht zuerkennt, widerspricht dies nicht der Gerechtigkeit, sondern wird im Gegenteil von ihr gefordert. Auch auf das Prinzip der rechten persönlichen Autonomie kann man sich vernünftigerweise nicht berufen. Eine Sache ist es, daß die einzelnen Bürger frei Tätigkeiten ausüben können, für die sie Interesse hegen, und daß diese Tätigkeiten im Großen und Ganzen in den allgemeinen bürgerlichen Freiheitsrechten Platz haben. Eine ganz andere Sache ist es, daß Tätigkeiten, die für die Entwicklung der Person und der Gesellschaft keinen bedeutsamen, positiven Beitrag darstellen, vom Staat eine eigene qualifizierte rechtliche Anerkennung erhalten. Die homosexuellen Lebensgemeinschaften erfüllen auch nicht in einem weiteren analogen Sinn die Aufgaben, deretwegen Ehe und Familie eine eigene qualifizierte Anerkennung verdienen. Es gibt jedoch gute Gründe zur Annahme, daß diese Lebensgemeinschaften für die gesunde Entwicklung der menschlichen Gesellschaft schädlich sind, vor allem wenn ihr tatsächlicher Einfluß auf das soziale Gewebe zunehmen würde (...)
Nicht zutreffend ist das Argument, daß die rechtliche Anerkennung der homosexuellen Lebensgemeinschaften notwendig wäre, um zu verhindern, daß die homosexuell Zusammenlebenden auf Grund der bloßen Tatsache ihres Zusammenlebens die wirksame Anerkennung der allgemeinen Rechte verlieren, die sie als Personen und als Bürger haben. In Wirklichkeit können sie jederzeit wie alle Bürger, ausgehend von ihrer persönlichen Autonomie, auf das allgemeine Recht zurückgreifen, um rechtliche Situationen von gegenseitigem Interesse zu schützen. Es ist jedoch eine schwerwiegende Ungerechtigkeit, das Gemeinwohl und die authentischen Rechte der Familie zu opfern, um Güter zu erlangen, die auf Wegen garantiert werden können und müssen, die nicht für die ganze Gesellschaft schädlich sind (...) Wenn alle Gläubigen verpflichtet sind, gegen die rechtliche Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften Einspruch zu erheben, dann sind es die katholischen Politiker in besonderer Weise, und zwar auf der Ebene der Verantwortung, die ihnen eigen ist ... Wird der gesetzgebenden Versammlung zum ersten Mal ein Gesetzesentwurf zu Gunsten der rechtlichen Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften vorgelegt, hat der katholische Parlamentarier die sittliche Pflicht, klar und öffentlich seinen Widerspruch zu äußern und gegen den Gesetzesentwurf zu votieren. Die eigene Stimme einem für das Gemeinwohl der Gesellschaft so schädlichen Gesetzestext zu geben, ist eine schwerwiegend unsittliche Handlung." Es müßte hier jeder einzelne Mandatar an seine Möglichkeit erinnert werden, gegen die Parteilinie zu stimmen und vielmehr Gott als dem Schöpfer von Mann und Frau zu folgen.
3. Insbesonders müssen folgende Punkte des ÖVP-Papiers im Sinne der von der Kongregation für die Glaubenslehre am 3. Juni 2003 getroffenen Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen abgelehnt werden:
ÖVP-Punkt 6: " Lebensgemeinschaften - im Sinne von Partnerschaften von zwei Personen unabhängig von deren Geschlecht, die auf längere Dauer ausgerichtet sind und die zumindest mehrere Merkmale einer Solidar-, Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft aufweisen - sollen vom Gesetzgeber und im Vollzug der Gesetze gleich behandelt werden."
ÖVP-Punkt 7: " Diskriminierungen von Lebensgemeinschaften werden beseitigt." Es ist falsch, in den 13 benannten Gesetzesbereichen von Diskriminierungen im eigentlichen Sinne zu sprechen. Es kann niemals natürlicherweise ein Recht auf Gleichstellung von Lebensgemeinschaften mit dem Lebensbund der Ehe zwischen Mann und Frau geben.
Mag. Mag. theol. Dr. iur. can. Alexander Pytlik
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