Monday, November 22. 2010
Posted by Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Katholische Lehre, News Kommentare, Sonstiges
Comments (0) Trackbacks (2) ![]() VATIKANISCHER PRESSESAAL ZUM PAPSTBUCH LICHT DER WELT
Vorab muß klar gesagt sein: eine Vorlesung oder ein Interview eines Papstes ist kein lehramtlicher Akt und hat daher für eine organische Lehrentwicklung der Katholischen Kirche grundsätzlich keine Relevanz. Die Gebote Gottes und die von Gott eingeschaffenen naturrechtlichen Prinzipien sind absolut unveränderlich. Maßstab für die gesamte Sittenlehre der Katholischen Kirche bleibt gerade zum 5. und 6. Gebot die gesamte Moralverkündigung des Dieners Gottes Johannes Paul II., und eben dieser Verkündigung sieht sich sein Nachfolger, der regierende Papst Benedikt XVI., voll und ganz verpflichtet.
Trotzdem sah sich der Direktor des vatikanischen Pressesaales, Pater Federico Lombardi SJ, gestern aufgerufen, eine offizielle Note zu den derzeit diskutierten und vielfach von der gemeinten Ebene her schwer mißverstandenen Interview-Worten des Heiligen Vaters im Buch "Licht der Welt: Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit. Ein Gespräch mit Peter Seewald" über den Gebrauch des Kondoms zu veröffentlichen. Dies liegt aber offenbar auch daran, daß der Journalist Peter Seewald zu bestimmten Fragekomplexen hingedrängt hatte, aber immerhin bei der offiziellen Vorstellung (spät, aber) in richtiger Weise darauf hinwies: "Alle aber wissen wir, daß es dem Papst nicht ansteht, das Präservativ zu erlauben oder nicht, sondern moralische Prinzipien aufzuzeigen." Kein Papst kann nämlich Kondome oder ungeordnete Sexualität - weder je für sich noch in Kombination - jemals wirklich "erlauben", selbst wenn er es wollte: [BEGINN MEINER ÜBERSETZUNG DER OFFIZIELLEN NOTE DES HEILIGEN STUHLES:] Am Ende des elften Kapitels des Buches "Licht der Welt" antwortet der Papst auf zwei Fragen zum Kampf gegen AIDS und zum Gebrauch des Kondoms, auf Fragen also, die wiederum an die Diskussion anschließen, welche nach einigen vom Papst zum Thema ausgesprochenen Worten im Zuge seiner Reise nach Afrika im Jahr 2009 entstanden war. Der Papst betont klar, daß er damals nicht allgemein zum Problem der Kondome Stellung nehmen, sondern überzeugend klarmachen wollte, daß das AIDS-Problem nicht einfach mit der Verteilung von Kondomen gelöst werden könne, weil dafür viel mehr zu tun sei: vorbeugen, erziehen, helfen, beraten und den Personen nahe sein, sei es, damit sie nicht erkranken, sei es für den Fall, daß sie erkrankt seien. Der Papst bemerkt, daß sich auch im nichtkirchlichen Umfeld ein ähnliches Bewußtsein entwickelt habe, wie es aus der sogenannten ABC-Theorie hervorgehe (Abstinence [Enthaltsamkeit] – Be Faithful [Treue] – Condom [Kondom]), bei der die ersten beiden Elemente (Enthaltsamkeit und Treue) für den Kampf gegen AIDS viel entscheidender und fundamentaler seien, wohingegen das Kondom als letzter Ausweichpunkt gemeint sei, wenn die beiden ersten Punkte nicht griffen. Es müsse daher klar sein, daß das Kondom nicht die Lösung des Problems darstelle. Der Papst weitet dann den Blick aus und besteht darauf, daß eine bloße Fixierung auf das Kondom der Banalisierung der Sexualität gleichkomme, die so ihren Sinn als Ausdruck der Liebe zwischen Personen verliere und gewissermaßen zu einer "Droge" werde. Gegen die Banalisierung der Sexualität zu kämpfen sei Teil des großen Ringens darum, daß die Sexualität positiv gewertet werde und ihre positive Wirkung im Ganzen des Menschseins entfalten könne. Im Licht dieser umfassenden und tiefgehenden Sicht der menschlichen Sexualität und ihrer heutigen Problematik bekräftigt der Papst, daß "die Kirche die Kondome natürlich nicht als wirkliche und moralische Lösung" des AIDS-Problems ansehe. Damit reformiert oder ändert der Papst die Lehre der Kirche nicht, sondern er bestätigt sie, indem er von der Perspektive des Wertes und der Würde der menschlichen Sexualität als Ausdruck von Liebe und Verantwortung ausgeht. Gleichzeitig berücksichtigt der Papst eine unnormale Situation, in welcher die Ausübung der Sexualität ein echtes Risiko für das Leben des anderen darstelle. In einem solchen Fall rechtfertigt der Papst die ungeordnete Ausübung der Sexualität moralisch nicht, sondern meint, daß der Kondomgebrauch mit dem Ziel einer Reduzierung der Ansteckungsgefahr "ein erstes Stück Verantwortung" sei, "ein erster Schritt auf dem Weg hin zu einer menschlicheren Sexualität" im Vergleich zum Nichtgebrauch, was den anderen der Lebensgefahr aussetze. Damit kann der Gedankengang des Papstes bestimmt nicht als revolutionäre Wende definiert werden. Zahlreiche Theologen und angesehene kirchliche Persönlichkeiten haben ähnliche Positionen vertreten und vertreten sie weiter; es ist allerdings wahr, daß wir sie mit so viel Klarheit aus dem Mund eines Papstes noch nicht vernommen hatten, auch wenn dies in Interviewform geschieht und nicht als Akt des Lehramtes. Benedikt XVI. gibt uns also mit Mut einen wichtigen Beitrag der Klärung und Vertiefung zu einer seit langem diskutierten Fragestellung. Es ist ein origineller Beitrag, weil er einerseits die Treue zu den Moralprinzipien hochhält und Klarheit gewährt durch die Ablehnung eines illusorischen Weges, wie ihn das "Vertrauen in das Kondom" darstellt; und weil er jedoch andererseits eine verständnisvolle und weite Sicht zeigt, die darauf bedacht ist, die kleinen Schritte - auch wenn sie nur anfangshaft und noch konfus aufscheinen - einer geistlich und kulturell zumeist sehr verarmten Humanität in Richtung einer menschlicheren und verantwortlicheren Ausübung der Sexualität ausfindig zu machen. [ENDE DER ÜBERSETZUNG DER NOTE DES HEILIGEN STUHLES ZUM INTERVIEWBUCH DES PAPSTES. Hervorhebungen und Verlinkungen von mir!] Vergessen wurde in der gesamten Diskussion - abgesehen vom nicht-lehramtlichen Kontext - auch noch, daß es im offensichtlichen Fragezusammenhang gar nicht um eigentliche "Verhütung" ging. An sich ist das Kondom ein "reines Verhütungsmittel" (jedoch nicht mit 100%iger Sicherheit, auch nicht gegen sexuell übertragbare Krankheiten), hingegen können einige andere gängige "Verhütungsmittel" in Wirklichkeit eine frühabtreibende und somit direkt gegen das 5. Gebot verstoßende tötende Wirkung menschlichen Lebens haben, und letztere schützen zudem 0,0 % gegen Krankheitsübertragungen. Auch die besondere Verurteilung solcher potentiell frühabtreibender Verhütungsmittel - so wie die unveränderliche negative Bewertung direkter Verhütung überhaupt - ist in keiner Weise vom Interview des Papstes berührt. Der Heilige Vater hat vielmehr innerhalb der Logik zu beichtender Sünden gedacht: wenn ein Prostituierter sein Leben definitiv umstellen möchte, seinen widersittlichen Beruf verläßt und durch das Sakrament der Buße (Lossprechung) einen Neuanfang in seinem Leben vornehmen möchte, so hat er zuvor ein vollständiges Sündenbekenntnis (seit der letzten Beichte) abzulegen: wenn er HIV-positiv war, so wird er auch den erschwerenden Umstand zu beichten haben, daß er nicht einmal versucht hätte, die anderen so weit wie möglich zu "schützen". Auch deshalb ist eine Fragestellung in meinem seit langem angebotenen Beichtspiegel so formuliert: "Habe ich jemanden beim Geschlechtsverkehr dem Risiko einer schweren oder tödlichen Krankheit (z. B. AIDS - HIV positiv) ausgesetzt, über die eigene Krankheit hinterhältig geschwiegen ..." Es ging also bei der Interviewpassage nicht um - unveränderliche! - Prinzipien der katholischen Sittenlehre und des menschlichen Naturgesetzes überhaupt: auch weiterhin heiligt der Zweck die Mittel nicht! Viel Freude beim Lesen des neuen Papstinterview-Buches wünscht Euch über die kommende Adventzeit hinaus Euer Padre Alex - Vizeoffizial Dr. Alexander Pytlik Comments
Display comments as
(Linear | Threaded)
Vielen Dank für die Übersetzung. Ich hatte den Papst auch so verstanden, war doch klar, was er gesagt hat, aber ich glaube, die Feinheiten will der Mainstream gar nicht mitkriegen. Meine Kinder kamen am Montag aus der Schule und meinten: "Hast du gehört, der Papst ist jetzt auch für Kondome." Leider befürchte ich, daß es das ist, was sich in vielen Köpfen festsetzt.
Gruß, abitene von http://wegwahrheitleben.wordpress.com/2010/11/22/papst-zur-kondombenutzung/
In "L'Osservatore Romano" wird eine Note der Kongregation für die Glaubenslehre abgedruckt, um die korrekte Lektüre des Papstinterviewbuches "Licht der Welt" zu befördern. Der Text lautet gemäß heutiger Information der Internetseiten des Heiligen Stuhles:
NOTE DER KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE Über die Banalisierung der Sexualität Im Hinblick auf einige Textstellen aus »Licht der Welt« Aus Anlaß der Veröffentlichung des Interview-Buches „Licht der Welt" von Papst Benedikt XVI. sind verschiedene abwegige Interpretationen verbreitet worden, die Verwirrung über die Haltung der katholischen Kirche zu einigen Fragen der Sexualmoral gestiftet haben. Die Gedanken des Papstes wurden nicht selten für Absichten und Interessen mißbraucht, die mit dem Sinn seiner Worte nichts zu tun haben. Deren Bedeutung ist aber klar, wenn man die Kapitel vollständig liest, in denen von der menschlichen Sexualität die Rede ist. Die Intention des Heiligen Vaters ist eindeutig: Es geht ihm darum, die Größe des göttlichen Plans über die Sexualität wiederzufinden und dabei die heute verbreitete Banalisierung zu vermeiden. Einige Interpretationen haben die Worte des Papstes als Aussagen im Widerspruch zur moralischen Tradition der Kirche dargestellt. Dies haben manche als positive Wende begrüßt, andere haben es mit Sorge aufgenommen, als würde es sich um einen Bruch mit der Lehre über die Empfängnisverhütung und mit der Haltung der Kirche im Kampf gegen AIDS handeln. In Wirklichkeit ändern die Worte des Papstes, die insbesondere auf das schwer ungeordnete Verhalten der Prostitution eingehen (vgl. „Licht der Welt", S. 146 - 147), weder die Morallehre noch die pastorale Praxis der Kirche. Eine aufmerksame Lektüre des betreffenden Abschnittes zeigt, daß der Heilige Vater hier nicht von der eheliche Liebe und auch nicht von der sittlichen Norm bezüglich der Empfängnisverhütung spricht. Diese Norm, die zur Tradition der Kirche gehört, ist von Papst Paul VI. in der Nummer 14 der Enzyklika Humanae vitae in sehr präzisen Worten aufgegriffen worden. Darin schrieb er, daß „jede Handlung verwerflich ist, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzugs des ehelichen Aktes oder im Anschluß an ihn beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel". Die Meinung, aus den Worten von Papst Benedikt XVI. könne man ableiten, daß die Verwendung des Kondoms in einigen Fällen zulässig sei, um unerwünschte Schwangerschaften zu vermeiden, ist völlig willkürlich und entspricht weder seinen Worten noch seinem Denken. In diesem Zusammenhang verweist der Papst vielmehr auf menschliche und ethische Wege der Lebbarkeit, für die sich die Seelsorger „noch mehr und noch besser" („Licht der Welt", S. 175) einsetzen sollen. Dabei geht es um Wege, bei denen der unlösbare Zusammenhang der beiden Sinngehalte der liebenden Vereinigung und der Fortpflanzung in jedem ehelichen Akt respektiert wird, auch durch die Anwendung der Methoden der natürlichen Empfängnisregelung im Blick auf eine verantwortliche Elternschaft. In dem betreffenden Abschnitt bezog sich der Heilige Vater auf den völlig andersartigen Fall der Prostitution, die von der christlichen Moral immer als schwer sündhaft betrachtet worden ist (vgl. II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, Nr. 27; Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2355). Die Weisung der gesamten christlichen Tradition – und nicht nur dieser – im Bezug auf die Prostitution läßt sich in den Worten des heiligen Paulus zusammenfassen: „Hütet euch vor der Unzucht!" (1 Kor 6,18). Die Prostitution ist also zu bekämpfen, und die Hilfswerke der Kirche, der Zivilgesellschaft und des Staates müssen sich dafür einsetzen, die betroffenen Personen daraus zu befreien. In diesem Zusammenhang muß darauf hingewiesen werden, daß die Lage, die aufgrund der Verbreitung von AIDS in vielen Gebieten der Welt entstanden ist, das Problem der Prostitution noch dramatischer gemacht hat. Wer weiß, daß er mit HIV infiziert ist und deshalb die Infektion weitergeben kann, begeht neben der schweren Sünde gegen das sechste Gebot auch eine Sünde gegen das fünfte Gebot, weil er bewußt das Leben einer anderen Person ernsthaft gefährdet, mit Folgen auch für die öffentliche Gesundheit. Dazu stellt der Heilige Vater eindeutig fest, daß Kondome „nicht als wirkliche und moralische Lösung" des AIDS-Problems betrachtet werden können und daß „die bloße Fixierung auf das Kondom eine Banalisierung der Sexualität" bedeutet. Denn man will die menschliche Verwahrlosung nicht angehen, die sich hinter der Verbreitung der Pandemie verbirgt. Es kann allerdings nicht geleugnet werden, daß derjenige, der ein Kondom verwendet, um das Risiko für das Leben einer anderen Person zu verringern, den Schaden begrenzen möchte, der mit seinem falschen Verhalten verbunden ist. In diesem Sinn bemerkt der Heilige Vater, daß die Verwendung des Kondoms „in der Absicht, Ansteckungsgefahr zu verringern, jedoch ein erster Schritt sein kann auf dem Weg hin zu einer anders gelebten, menschlicheren Sexualität". Dabei handelt es sich um eine Anmerkung, die mit der anderen Aussage des Heiligen Vaters in vollem Einklang steht: „Aber es ist nicht die eigentliche Art, dem Übel der HIV-Infektion beizukommen". Einige haben die Worte von Papst Benedikt XVI. mit Bezugnahme auf die Theorie vom so genannten „kleineren Übel" interpretiert. Diese Theorie ist aber für abwegige Auslegungen im Sinn des Proportionalismus anfällig (vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Veritatis splendor, Nr. 75 - 77). Eine Handlung, die aufgrund ihres Gegenstands ein Übel ist, und sei es auch ein kleineres Übel, darf nicht angestrebt werden. Der Heilige Vater hat nicht gesagt, daß Prostitution mit Verwendung eines Kondoms als kleineres Übel angestrebt werden darf, wie einige behauptet haben. Die Kirche lehrt, daß Prostitution sündhaft ist und bekämpft werden muß. Betreibt jemand dennoch Prostitution und ist er darüber hinaus mit HIV infiziert, kann es ein erster Schritt hin zu einer Achtung vor dem Leben der anderen sein, wenn er sich, auch durch die Verwendung des Kondoms, dafür einsetzt, die Ansteckungsgefahr zu verringern, wobei die Prostitution natürlich schwer sündhaft bleibt. Solche Bewertungen stehen im Einklang mit dem, was die moraltheologische Tradition auch in der Vergangenheit vertreten hat. Abschließend ist anzumerken, daß die Mitglieder und die Einrichtungen der katholischen Kirche im Kampf gegen AIDS wissen müssen, daß es darum geht, den Menschen nahe zu sein, die Kranken zu pflegen und alle dazu zu erziehen, vor der Ehe enthaltsam zu leben und in der Ehe die Treue zu halten. Dabei müssen sie auch Verhaltensweisen aufdecken, die die Sexualität banalisieren. Wie der Heilige Vater sagt, sind gerade diese Verhaltensweisen die gefährliche Quelle dafür, daß viele Menschen in der Sexualität nicht mehr den Ausdruck ihrer Liebe finden. „Deshalb ist auch der Kampf gegen die Banalisierung der Sexualität ein Teil des Ringens darum, daß Sexualität positiv gewertet wird und ihre positive Wirkung im Ganzen des Menschseins entfalten kann" („Licht der Welt", S. 146). [ENDE DER OFFIZIELLE NOTE DER RÖMISCHEN GLAUBENSKONGREGATION VOM 21. DEZEMBER 2010.] |
Calendar
QuicksearchÜbersicht / Kontakt / LinksJüngere Einträge
KategorienBlog abonnieren |
Am 23. November 2011 wurde um 10.30 Uhr in der Aula Giovanni Paolo II des Pressesaales des Heiligen Stuhles im Rahmen einer Pressekonferenz das neue Buch "Licht der Welt. Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit. Ein Gespräch mit Peter Seewald", Fre
Tracked: Nov 26, 17:04
[ACHTUNG: da die angekündigte Internetseite zur besprochenen Veranstaltung noch nicht erschienen ist und dabei offenbar auch kein durchgängiger Film gedreht wurde, beanspruchen meine direkt auf die Inhalte der Veranstaltung des 19. Juli 2012 bezogenen Not
Tracked: Aug 01, 22:30