TEIL 4 (gehalten am 15. August 2005, Patrozinium) (
TEIL 1 -
TEIL 2 -
TEIL 3)
Liebe Andächtige! Als ich gestern einen Abendlauf auf den Frauenberg machte und den bewölkten Himmel betrachtete, verschoben sich zwei Wolken und plötzlich strahlte einem der Mond entgegen. Sofort kam mir die marianische Antiphon aus dem alttestamentlichen Lied der Lieder, aus dem Hohelied, in den Sinn: "
Wer ist es, die da aufsteigt wie die Morgenröte, schön wie der Mond, leuchtend wie die Sonne, furchtbar wie ein Heer in Schlachtbereitschaft?" (Hld 6,10) Heute blicken wir voll Freude und Hoffnung auf
Maria in ihrer Herrlichkeit, ohne die Gott unsere Erlösung nicht wirken wollte. Gleichzeitig gingen meine Gedanken bei diesem Blick in den irdischen Himmel natürlich zu den 121 Passagieren des bei Athen abgestürzten zypriotischen Flugzeuges (
eine Boeing 737-300 der Helios Airways, Tochter der Libra Holidays Group Public Ltd.) - offenbar spielten dabei Probleme mit dem Sauerstoff- und Luftdruck-Ausgleichssystem bzw. mit der Kommunikationselektronik eine erhebliche Rolle. Die Frage ist, ob noch genug Zeit zum Nachdenken und Abschließen war, wie es aus der von einem Mann offenbar erfundenen Mobiltelephon-Kurznachricht hervorgegangen wäre: "
Die Piloten sind bewußtlos. Mein Cousin, ich sage Lebewohl. Wir erfrieren." Was hätten wir noch getan? "
Gott, wir sterben. Rette uns Gott!" Das waren die letzten Worte jenes afrikanischen Priesters, als er bemerkte, daß bei der Landung seines Air-France-Flugzeuges in Toronto am 2. August 2005 etwas schief lief. Während der Priester betete, begannen die Leute um ihn herum zu schreien. Diese Menschen hatten Glück und überlebten alle. In beiden Flugzeugkatastrophen hätte ein katholischer Priester die Pflicht gehabt, die Passagiere wenigstens bedingungsweise von den Sünden loszusprechen: "
So spreche ich Euch los von Euren Sünden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!"
Was aber sollte ich tun, wenn kein Priester erreichbar ist, was sollte ich während des Jahres überhaupt neben einer
persönlichen Beichte öfters erwecken? Es ist die vollkommene Liebesreue, d. h. ich bereue meine noch ungebeichteten Sünden, weil ich dadurch Gott als höchstes und liebenswürdigstes Gut beleidigt habe. Und wenn damit der Beichtwille verbunden ist, dann rechtfertigte diese Liebesreue schon außerhalb des Bußsakramentes. Deswegen ist es gut, am Abend eine Gewissenserforschung zu machen und diese christliche Grundhaltung
einzuüben. Jene, die im Notfall absolviert wurden, müssen dann ihre Sünden dann schon noch persönlich nachbeichten. Dort aber, wo ich einen Priester rufen kann, werde ich es für Anvertraute und Angehörige Tag und Nacht sicher tun, denn wenn von einem bewußtlosen Sterbenden bekannt ist, daß er mit Gott versöhnt sterben wollte, so hat der Priester ihm unter anderem die wirksame Lossprechung zu erteilen.
Liebe Andächtige! Bei Marias Entschlafung stellte sich weder die Frage nach einer Lossprechung von Sünden noch die Frage des genauen Todeseintrittes, denn als von jedem Makel der Sünde unbefleckte Jungfrau bedurfte sie keiner weiteren Erlösung, und an Organspenden dachte man damals noch nicht. Hinzu kommt aber, daß Maria nicht nur mit ihrer Seele, sondern auch
mit ihrem ganzen Leib in die himmlische Herrlichkeit erhoben wurde und erhoben bleibt auf ewig: wer das nicht glaubt, ist nicht katholisch. Wir glauben Gott selbst auf seine von der Kirche unfehlbar erkannte Offenbarung hin, daß Maria in solch wunderbarer Art den Tod nicht erlitten hat, sondern kraft ihrer unbefleckten Empfängnis den Tod als seligen Übergang in die ewige Herrlichkeit erleben durfte, verbunden mit dem absoluten Privileg, sofort nach Jesus, ihrem göttlichen Sohne, nicht nur mit der unsterblichen Seele, sondern auch mit ihrem durch die Aufnahme in den Himmel verherrlichten und nach Jesu Art glorreich umgestalteten Leib aufgenommen zu werden.
Nachdem wir uns mehrere Sonntage mit den Chancen, Grenzen und Gefahren einer
Patientenverfügung auseinandergesetzt haben, dank des ursprünglichen Impulses von Dr. Schmidramsl, nachdem wir geklärt haben, daß einem Wachkomapatienten die Ernährung niemals abgestellt werden darf, selbst wenn jemand in einer
Patientenverfügung nach solcher
Sterbehilfe verlangen würde, weil Ernährung nämlich kein Medikament ist, sondern die Grundversorgung darstellt, sind wir gestern bei der entscheidenden
Frage des Todeseintrittes angelangt und haben uns gefragt: müssen wir nach Auffassung bedeutender christlicher Denker in jedem Sterbefall so viel Zeit lassen, daß dem Verstorbenen schließlich auch keine brauchbaren Organe mehr entnommen werden können, oder aber haben führende (auch christliche) Mediziner recht, die sich sicher sind, daß ein gewissenhaft festgestellter Hirntod bereits der legitime Zeitpunkt auch für die Entnahme brauchbarer und möglicherweise lebenswichtiger Organe ist? Denn für die edle Tat der Organspende nach dem Tod verlangt der am letzten Freitag erschienene
Katholische Kurzkatechismus nicht nur die Zustimmung des Organspenders, sondern es muß auch der tatsächliche Tod des Spenders sicher feststehen. Sicher ist aber nur, wie
Johannes Paul II. am 1. Februar 2005 vor der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften sagte, daß keine wissenschaftliche Technik, also niemand, den genauen Zeitpunkt des Todes als Trennung von Leib und Seele hier auf Erden feststellen kann.
So gesehen müssen wir ehrlich sein: der gewissenhaft festgestellte Hirntod ist als alleiniges Kriterium wahrscheinlich sehr oft nur der sichere Vorbote der noch bevorstehenden Trennung von Leib und Seele und damit des eigentlichen Todes aus philosophischer und religiöser Sicht. Deshalb darf niemand verurteilt werden, der für sich Spenden lebenswichtiger Organe nach dem Hirntod ausschließt, wobei zudem Karl Kardinal Lehmann mit seiner Bemerkung völlig richtig lag, daß nämlich der Mensch nicht prinzipiell als "Organ-Magazin" für die Allgemeinheit angesehen werden dürfe. Aber der durch seinen eigenen Sterbeprozeß noch glaubwürdiger gewordene Diener Gottes
Johannes Paul II. sagte am 1. Februar 2005 zu unserer Problematik noch mehr und damit auch einiges für jene, die so wie der regierende Heilige Vater Benedikt XVI. einen Organspendeausweis besitzen, was der Regensburger Bischof kürzlich bei einer Telephonaktion des Straubinger Tagblattes erzählte, ich zitiere: "
Zum einen ermutigte die Kirche zur freiwilligen Organspende, zum anderen zeigte sie die ethischen Bedingungen für eine solche Spende auf, indem sie die Pflicht zum Schutz des Lebens und der Würde sowohl des Spenders als auch des Empfängers hervorhob (...) Aus klinischer Sicht jedoch ist es der einzig korrekte - und auch der einzig mögliche Weg - den Tod eines Menschen festzustellen, die Aufmerksamkeit und Forschung auf die Identifizierung jener angemessenen »Zeichen des Todes« zu konzentrieren, die an ihren physischen Symptomen im Individuum zu erkennen sind. Offensichtlich geht es hier um ein Thema von grundlegender Bedeutung, bei dem vor allem die sorgfältig durchdachte und präzise Position der Wissenschaft berücksichtigt werden muß, wie dies bereits Pius XII. lehrte, als er erklärte, daß »es Aufgabe des Arztes ist, den 'Tod' und den 'Augenblick des Todes' eines in den Zustand der Bewußtlosigkeit gefallenen Patienten klar und präzise zu definieren« (vgl. Ansprache vom 24. November 1957)."
Wir sehen also, auch wenn kein Mensch auf Erden den Zeitpunkt der Trennung von Leib und Seele und damit den wahren Tod messen kann, so ist es doch erlaubt, sich auf gewissenhafte Ärzte und Ärztinnen zu verlassen, was den rein klinisch definierten Tod betrifft. Solange also das kirchliche Lehramt zu den von Johannes Paul II. angeregten weiteren philosophischen und medizinischen Forschungen zum Todeszeitpunkt keine weiteren Präzisierungen vorlegt, ist es ganz eindeutig in das Gewissen des Einzelmenschen gestellt, ob und wie er als Organspender fungieren oder ob er dies mit Absolutheit ausschließen möchte. Faktum ist aber, daß nicht wenige Ärzte und Ärztinnen, aber vor allem auch Pflegeschwestern in Intensivstationen betreffend Organspenden bei Befragungen Unwohlsein äußern, da offensichtlich biologisch Lebenden, jedoch gleichzeitig hirntot erklärten Personen lebenswichtige Organe entnommen werden und hernach der Sterbeprozeß zugelassen wird. Erst im April wandte sich ein italienischer Arzt über meine
Internetseite an mich, der aus dem Klinikwesen ausgestiegen war, weil er die ganze Organwirtschaft nicht mehr aushielt - all diese Erfahrungen basieren nicht nur auf fehlbaren Gefühlen, sondern sprechen deutlich für ein Recht jedes Menschen auf einen natürlichen Tod bzw. auf einen unverkürzten Sterbeprozeß ohne Verpflichtung zur Organspende. Viele äußere Anzeichen des Lebens sprechen nach dem
Philosophen Professor Dr. Josef Seifert nämlich dagegen, daß ein Hirntoter mit Sicherheit tot sei. Und sind wir doch ehrlich: ist es in unseren westlichen Gesellschaften und auch in Deutschland nicht pervers, wenn manchmal herumgejammert wird, daß zu wenige Organe gespendet würden (angesichts einer im übrigen durchaus gelungenen deutschen Gesetzgebung, nach der im Gegensatz zu Österreich nicht von vornherein der Spendewille angenommen wird) - und gleichzeitig werden aktive christliche Lebensberater vor Abtreibungsmord-Kliniken angegriffen, die schwangere Frauen und die sie begleitenden unverantwortlichen Männer durch gutes Zureden im letzten Moment von der
Abtreibung erfolgreich abbringen und immer wieder abbringen wollen. Und noch perverser wird es, wenn im selben Krankenhaus, in dem für ein bißchen Lebensverlängerung mit nicht immer gesunden Organen herumtransplantiert wird bzw. in dem Angehörige in Richtung Organspende beraten werden, zwei Stöcke tiefer von Ärzten, die diesen Namen dann aber nicht mehr verdienen, ein
ungeborenes Kind nach dem anderen hinweggeschlachtet wird. Ja, erkennen denn hier viele Menschen nicht, wer hier wirklich einen Knall hat? (Im übrigen haben in Deutschland im ersten Halbjahr 2005 rund 15 Prozent mehr Menschen ihre Organe gespendet als in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres.) Die einzige konsequente Position ist die christliche: klarer Schutz des Lebens von der Empfängnis, also
schon vor der Einnistung, bishin zum natürlichen Tod. Alles andere hat doch kein Fundament.
Man kann man also über die Hirntodthese streiten, und eines war sicher falsch, das müßte nun jedem einleuchten - es war falsch, daß manche Priesterausbildner in den letzten 30 Jahren einfach hergingen und meinten, da es jetzt
(plötzlich!) den Hirntod gäbe, dürften nach Erklärung des Hirntodes keine Sakramente mehr gespendet werden. Warum ist das grundfalsch? Weil der Tod im philosophischen, im anthropologischen Sinn, im wirklichen Sinn erst durch Trennung von Leib und Seele eintritt und von daher die Spendung der Sakramente (wenigstens bedingungsweise) noch länger möglich ist. Bei einem plötzlichen Tod gilt sogar die alte Erfahrungsregel, daß die Lossprechung und die heilige Ölung, welche ja bei fehlendem Bewußtsein auch alle schweren Sünden hinwegnimmt, noch mehrere Stunden später, d. h. nach dem letzten Atemzug, gespendet werden kann und soll. Deshalb sagt auch das erneuerte lateinische Kirchenrecht (can. 1005 CIC 1983): "
Im Fall eines Zweifels darüber, ob der Kranke ... gestorben ist, ist dieses Sakrament (der Krankensalbung)
zu spenden." Ich ärgere mich immer wieder, wenn ich höre, daß ein Mitbruder - wenn auch guten Glaubens - meinte, er hätte nur noch beten, aber keine Sakramente mehr spenden können. Im Zweifel kann der Priester dazusagen: "
wenn Du lebst, so spreche ich Dich los ..." Deshalb können Gläubige mit Absolutheit fordern, daß die vorgesehenen Sakramente wenigstens unter dieser Bedingung noch gespendet werden, auch wenn es ansonsten - also wenn kein plötzliches Versterben vorliegt - noch idealer ist, den Priester schon vor einer Operation und während einer schweren Krankheit und somit wesentlich früher zu rufen.
Und damit, meine Lieben, sind wir wieder angelangt beim Blick auf das entscheidende Ziel unserer Pilgerschaft auf Erden, auf den Himmel nicht im irdischen Sinne, sondern im ewigen Sinne: schauen wir heute die Bilder und Statuen Mariens ganz neu an und erkennen in unserer Verehrung der Mutter Gottes jene Frau, die auch unsere
himmlische Mutter ist und für immer bleiben möchte. Darum sollten wir unser ewiges Seelenheil wirken durch Glaube, Liebe, regelmäßige Umkehr und
Liebesreue.
AMEN.
Euer Kirchenrektor Mag. Mag. Dr. Alexander Pytlik, Eichstätt -
Buchenhüll
In Österreich ist heute ein staatlicher Feiertag, wir feiern das Hochfest der Unbefleckten Empfängnis. An dieser Stelle ist es gut, daß wir kurz hineinlesen, was der für den katholischen Religionsunterricht ausdrücklich zugelassene YOUCAT, der von der Öst
Tracked: Dec 12, 11:14