In der ersten Ausgabe der elf Mal im Jahr erscheinenden Europe Infos - monatlicher Dienst der
Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (COMECE) und des Katholischen Sekretariats für europäische Fragen (
OCIPE - Jesuit European Office) in Deutsch, Englisch und Französisch - für das Jahr 2010 (Nr. 123, Januar 2010) ist auf Seite 11 ein kurzes Interview mit dem hochwürdigsten
Erzbischof der Maroniten in Zypern, Msgr. Joseph Soueif, unter dem Titel "
Zypern: ein Beispiel für echten Multikulturalismus" (Kirche in Europa. Plenarversammlung des
CCEE) nachzulesen. Das Interview führte Clément Binachon, der den Beitrag so einleitet: "
Zypern ist ein konkretes Beispiel dafür, wie es Kirchen und Religionen im gemeinsamen Bemühen gelingt, eine wunderbare, auf Vergebung, Frieden und Versöhnung gegründete Gesellschaft aufzubauen. Europe Infos hat dem neuen Erzbischof der Maroniten in Zypern, Msgr. Youssef Soueif, einige Fragen gestellt." Hier muß ich allerdings anmerken, daß Binachon sehr optimistisch ansetzt, weil sich das Beispiel eines echten Multikulturalismus und einer auf Vergebung und Versöhnung gegründeten Gesellschaft erst voll und ganz in einem neuen vereinigten Zypern zeigen kann, und ob sich diese Hoffnung in die Wirklichkeit übersetzt, werden die nächsten Jahre zeigen müssen. Hinzu kommt, daß die
Maroniten in den Konflikten des vorigen Jahrhunderts eine hohe Form der Neutralität zwischen Griechisch-Zyprioten und Türkisch-Zyprioten ausgeübt haben und daher (als Katholiken) von türkisch-zypriotischer Seite wesentlich leichter als friedensstiftende Christen erkannt werden. Das erfreuliche Interview mit dem seit mehr als einem Jahr regierenden
Erzbischof von Zypern liest sich dann wie folgt:
Exzellenz, würden Sie so freundlich sein, unseren Lesern kurz den Hintergrund der maronitischen Gemeinschaft von Zypern zu erläutern? Wie groß ist sie? Welchen geschichtlichen Hintergrund hat sie? Wie sehen ihre Beziehungen zu anderen christlichen Kirchen aus?
Die maronitische Gemeinschaft von Zypern gehört zur antiochenisch-syrisch-maronitischen Kirche. Die Erzdiözese gehört zum maronitischen Patriarchat und ist unlängst Mitglied des Rats der Europäischen Bischofskonferenzen geworden. Ihre Gründung in Zypern geht auf das 8. und 9. Jahrhundert zurück; aus geschichtlichen Quellen wissen wir, daß sie damals zahlreiche Mitglieder hatte. Heutzutage gibt es etwa 8000 bis 9000 Maroniten, alle voran Zyprioten, gleichwohl einige auch aus dem Libanon und den umliegenden Ländern stammen.
In meinem Amt als Erzbischof, das ich seit nunmehr fast einem Jahr bekleide, sehe und spüre ich, daß die maronitische Gemeinschaft in Zypern eine Märtyrerkirche, "par excellence" ist. Vor diesem Hintergrund belegt die über 1000jährige Geschichte, daß diese Menschen der katholisch-maronitischen Kirche die Treue gehalten und auf der Grundlage dieser Dynamik im Laufe ihrer gesamten Geschichte von den Werten des Glaubens Zeugnis abgelegt haben, indem sie diese in den spirituellen und menschlichen Dimensionen ihres Lebens praktizieren.
Über die Jahre hat die maronitische Gemeinschaft sehr gute Beziehungen mit der Orthodoxen Kirche Zyperns, mit der Apostolischen Armenischen Kirche und natürlich auch mit der lateinischen Gemeinschaft, der zweitgrößten katholischen Gemeinschaft der Insel, unterhalten. Lassen Sie mich an dieser Stelle eine vom orthodoxen Erzbischof Chrysostomos II. anläßlich meiner Inthronisation am 31. Dezember in unserer Kathedrale in Nikosia vollzogene, symbolischen Handlung erwähnen. Der orthodoxe Erzbischof war während der gesamten Feier zugegen und schenkte mir die Ikone, die jedes Mitglied der byzantinischen Hierarchie als Zeichen der Brüderlichkeit und Zugehörigkeit um den Hals trägt. Des weiteren haben wir damit begonnen, regelmäßige Treffen und Besuche in den orthodoxen Metropolen zu organisieren, insbesondere in Morfou.
Die Teilung der Inseln im Jahre 1974 und die anschließend Vertreibung der Bevölkerung haben innerhalb der zypriotischen Bevölkerung ein echtes Trauma ausgelöst. Denken Sie, daß die religiösen Akteure einen Beitrag zur Versöhnung der Gemeinschaften und zum Wiederaufbau der zypriotischen Gesellschaft leisten können? Wirken Sie an Initiativen der Versöhnung mit anderen Gemeinschaften, insbesondere mit der muslimischen Gemeinschaft, mit?
Die Ereignisse von 1974 in Zypern lassen mich unmittelbar an die im Libanon im Jahre 1975 denken. In beiden Ländern kam es zu Teilung, Krieg und der damit einhergehenden materiellen, psychologischen und sozialen Zerstörung. Als jemand, der aus dem Libanon stammt, kann ich Ihnen versichern, daß Krieg keine Probleme löst, auch wenn einige der großen Akteure dies mitunter anders sehen. Ein Krieg zieht zwangsläufig weitere Kriege nach sich; nur Frieden und Dialog sowie das Akzeptieren von Unterschieden versetzen die Menschen in die Lage, sich untereinander zu versöhnen und Brücken der Verständigung zu bauen. Was von einem Krieg in kürzester Zeit zerstört wird, muß in langwieriger und mühevoller Arbeit wieder aufgebaut werden. Als Kirche werden wir selbstverständlich die anderen Gemeinschaften in Zypern, ob Christen oder Muslime, in ihren Bemühungen unterstützen, das Vertrauen zwischen den Völkern neu aufzubauen, Versöhnung zu stiften und auf diese Weise einen Beitrag zur Wiederherstellung der schönen Ikone des Multikulturalismus auf der Insel zu leisten.
Wie schätzen Sie die Chancen für einen Wiedervereinigung Zyperns nach der Ablehnung des Annan-Planes und dem gescheiterten Versuch des Aufbaus eines Bundesstaates im Jahre 2004 ein? Glauben Sie an einen Erfolg der aktuellen Verhandlungen?
Ich möchte hier keine politische Detaildiskussion beginnen, zumal ich ein neuer Erzbischof in Zypern bin. Ich wünsche mir für unser Volk, daß die laufenden Verhandlungen zu einer gerechten, dauerhaften und friedlichen Lösung der Probleme unseres Landes führen. Unser größter Wunsch als Maroniten ist es natürlich, eines Tages in eines unserer vier Dörfer zurückzukehren: Kormakitis, Asomatos, Ayia Marina und Karpasha.
Zypern hat eine sehr lange Tradition der interreligiösen Koexistenz. Welche Lehre ziehen Sie daraus für die Europäische Union?
Eines der besonderen Merkmale Europas ist seine kulturelle Vielfalt. Auf der Grundlage der langjährigen und eingehenden christlichen Erfahrung mit dem Multikulturalismus des Kontinents glaube ich, daß Zypern, wie bereits zuvor gesagt, ein wunderbares Beispiel für Mitmenschlichkeit und interreligiöse Koexistenz sein kann.
[ENDE DES INTERVIEWS MIT DEM MARONITISCH-KATHOLISCHEN ERZBISCHOF VON ZYPERN.]
Vorausgesetzt wird bei den Lesern das Wissen um die korrekte Verwendung des Begriffes Kirche (Kirche als die eine von Christus gestiftete katholische Kirche, Kirche an einem Ort oder für einen bestimmten Personenkreis als Teilkirche, Kirche mit einem bestimmten [liturgischen und geistlichen] Erbe als Rituskirche, katholische Teilkirche und Rituskirche nur in Gemeinschaft mit dem Papst usw.) - das Interview paßt jedenfalls auch sehr gut zur laufenden Gebetswoche für die Einheit der Christen unter dem Motto "Er ist auferstanden - und ihr seid sein Zeugen." (Lk 24,48) Wer regelmäßig Europe Infos beziehen möchte, kontaktiert am besten das COMECE-Sekretariat unter comece@comece.eu. In der genannten Januarausgabe wird auch der ständige Präsident des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, vorgestellt. Die COMECE ist die Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft. Sie setzt sich aus den delegierten Bischöfen der 24 katholischen Bischofskonferenzen aus dem Gebiet der Europäischen Union zusammen. Ihr ständiges Sekretariat hat seinen Sitz in Brüssel. Dem von Erzbischof Soueif genannten und davon zu unterschiedenden Rat der europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) gehören als Mitglieder die derzeit 33 katholischen Bischofskonferenzen Europas an, rechtmäßig vertreten durch ihre Präsidenten, sowie die Erzbischöfe von Luxemburg, des Fürstentums Monaco, der Maroniten auf Zypern und der Bischof von Chişinău (Moldawien). Vorsitzender des CCEE ist Péter Kardinal Erdő, Erzbischof von Esztergom-Budapest, Primas von Ungarn. Stellvertretende Vorsitzende sind Josip Kardinal Bozanić, Erzbischof von Zagreb, und Jean-Pierre Kardinal Ricard, Erzbischof von Bordeaux. Generalsekretär des CCEE ist P. Duarte da Cunha. Der Sitz des Sekretariates befindet sich in St. Gallen (Schweiz). Vom 1. bis zum 4. Oktober 2009 waren die Vorsitzenden der europäischen Bischofskonferenzen in der Maison de la Conférence des Evêques de France in Paris zusammengetreten. Die Plenarversammlung hatte dabei dem berechtigten Antrag von Seiner Exzellenz Msgr. Joseph Soueif, Erzbischof der Maroniten auf Zypern, auf Beitritt zum Rat der Europäischen Bischofskonferenzen einstimmig stattgegeben.
Seine Heiligkeit Papst Benedikt XVI. wird nach derzeit vorliegenden Informationen die Insel Zypern im Zeitraum vom 4. bis 6. Juni 2010 - noch innerhalb des Priesterjahres - besuchen. Dabei soll den Repräsentanten der katholischen Ostkirchen (davon ist eine eben die maronitisch-katholische Rituskirche) auch schon das Instrumentum laboris (Arbeitsdokument) für die geplante wichtige Bischofssynode (Sonderversammlung für den Nahen Osten) überreicht werden. Am 19. Januar 2010 wurden ja die Lineamenta (Die katholische Kirche im Nahen Osten: Gemeinschaft und Zeugnis. "Die Gemeinde der Gläubigen waren ein Herz und eine Seele" [Apg 4,32]) vom 8. Dezember 2009 für dieselbe Synode vorgestellt, und die Antworten auf die darin gestellten Fragen sind von den angesprochenen Teilkirchen bis Ostern zu beantworten, damit eben das genannte Instrumentum laboris fertiggestellt werden kann. Die Papstreise nach Zypern ist daher unter mehrfachem Blickwinkel von höchster Bedeutung, sowohl was diese Sondersynode und die im Umkreis wirkenden Teil- und Rituskirchen betrifft als auch was die Kontakte zur zyprisch-orthodoxen, griechisch-orthodoxen und vor allem auch zur russisch-orthodoxen Kirche betrifft. Die Sonder-Bischofssynode für den Nahen Osten wird dann in Rom vom 10. bis 24. Oktober 2010 stattfinden. Und die nächste Plenarversammlung des CCEE ist auf Einladung von Josip Kardinal Bozanic, des Erzbischofs von Zagreb und stellvertretenden Vorsitzenden des CCEE, und von Mgr. Marin Srakic, des Bischofs von Dakovo und Srijem und Präsidenten der kroatischen Bischofskonferenz, für 30. September bis 3. Oktober 2010 in Zagreb (Kroatien) angesetzt. So bleibt nur zu hoffen, daß sich all diese Impulse und der im Interview ausgedrückte Wunsch sowie der optimistische Ausblick des einzigen residierenden katholischen Erzbischofs von Zypern auf das Inselleben und den Frieden in der Region positiv auswirken mögen. Euer Vizeoffizial Dr. Alexander Pytlik - Padre Alex
Möglicherweise findet in unseren Breiten eine der nächsten Apostolischen Reisen Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. nicht die Beachtung, die sie in Wirklichkeit verdiente. Meiner Meinung nach wird sein Besuch in Zypern vom 4. bis 6. Juni 2010 einer der
Tracked: Apr 29, 23:18
"Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele" = das Motto der Synode, in Weiterführung der Worte des heiligen Völkerapostels Paulus in Apg 4,32. Sehr gut führt in die ganze Thematik ein der von Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. be
Tracked: Oct 10, 15:48
Gerne übernehme ich den Bericht Nr. 3 zur Sonderversammlung der Bischofssynode für den Mittleren Osten (10. - 24. Oktober 2010) von Mag. Mag. Gabriela Maria Mihlig, akkreditierte Romkorrespondentin für den Lateinischen Patriarchen, Seine Seligkeit Fouad T
Tracked: Oct 12, 00:10
Gerne übernehme ich in Zusammenfassung der letzten Sendungen den Bericht Nr. 5 zur Sonderversammlung der Bischofssynode für den Mittleren Osten (10. - 24. Oktober 2010) von Mag. Mag. Gabriela Maria Mihlig, akkreditierte Romkorrespondentin für den Lateinis
Tracked: Oct 16, 01:27
Nur noch wenige Wochen sind es bis zum Besuch Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. im Libanon. Immer mehr Menschen erkennen die besondere Bedeutung dieser Apostolischen Reise des Papstes, und dafür gibt es sehr viele Gründe. Meiner Meinung nach ist sie s
Tracked: Aug 26, 22:57