TEIL 2 (gehalten am 31. Juli 2005) (
TEIL 1)
Zunächst ist noch besonders auf den kommenden Portiunkula-Ablaß zu verweisen, der auch eine gute Motivation sein könnte, während des Jahres zur heiligen Beichte zu kommen: der vollkommene Portiunkula-Ablaß kann am 2. August oder am kommenden ersten Augustsonntag (jeweils ab 12 Uhr des Vortages bis 24 Uhr des betreffenden Tages) im Dom, in den Basilicae minores und in allen Pfarr- und Quasi-Pfarrkirchen, jedoch nur einmal als vollkommener Ablaß gewonnen werden. Voraussetzungen hiefür sind der Besuch einer dieser Kirchen mit dem Gebet
Vaterunser und mit dem
Glaubensbekenntnis sowie die Erfüllung der bei allen vollkommenen Ablässen üblichen Bedingungen, und zwar:
1. Beichte mit entschlossener Abkehr von jeder Sünde,
2. würdiger Kommunionempfang und
3. Gebet nach Meinung des Heiligen Vaters (z. B.
Vaterunser und
Gegrüßet seist du, Maria oder ein anderes Gebet nach freier Wahl). Die drei zuletzt genannten Bedingungen können mehrere Tage vor oder nach dem Kirchenbesuch erfüllt werden. Die Beichte natürlich nur dann (maximal drei Wochen) später, wenn zum Zeitpunkt des Ablaßwerkes keine schweren Sünden vorliegen. Also vergessen wir wenigstens am kommenden Sonntag nicht auf die Gewinnung dieses
Ablasses, wobei dies alles in der
Gottesdienstordnung Nr. 3/2005 nachgelesen werden kann. (
Zur Geschichte des Ablasses. In der gültigen Beichte wird die ganze Schuld vergeben, und durch den Ablaß werden auch noch zu verbüßende zeitliche Sündenstrafen nachgelassen, d. h. die Zeit im Fegefeuer wird abgekürzt.)
Weiters kann ich es nicht unterlassen, von dieser Stelle aus Deutschland zu seinem neuen 50-Meter-Brustschwimm-Weltmeister
Mark Warnecke zu gratulieren. Mit 35 ist der studierte Chirurg der älteste Schwimmweltmeister, den es je gab. Daraus könnte man ganz allgemein herauslesen: es ist nie zu spät, und wenn wir bedenken, daß nicht wenige in älterer Zeit und in manchen Regionen der Erde heute noch in diesem Alter verstarben und versterben, dann sind wir wieder bei unserem
zuletzt fortgeführten Thema so mancher irdischen letzten Dinge, die wir aber dann bald mit den eigentlichen Letzten Dingen ergänzen werden. Nicht der Mediziner und Weltmeister Warnecke war vor anderthalb Wochen beim Gartenbauverein, aber unser Bürgermeister und durch seine Arbeit im Bereich der Anästhesie und Intensivmedizin absolut kompetente
Dr. Josef Schmidramsl, um das schwierige Thema einer sogenannten Patientenverfügung in derart gelungener Weise vorzukauen. Sein Anliegen war vor allem, daß durch eine gut durchdachte und ganz konkret formulierte Patientenverfügung der Wille des Patienten von ärztlicher Seite rasch und leicht erfaßt werden kann, wenn es der Patient selbst nicht mehr ausdrücken kann. Mit Dr. Schmidramsl hatten wir am letzten Sonntag festgehalten, daß es nicht gut sein kann, irgendeinen, möglicherweise schlechten Vordruck schnell anzukreuzen und damit basta.
Vielmehr geht es primär um die Auswahl eines Sterbepaten, eines Menschen, dem wir in diesen möglicherweise letzten Stunden im Falle der vollen geistigen Abwesenheit voll vertrauen können. Und so hat eine Patientenverfügung wohl nur ihren vollen Sinn gemeinsam mit einer Vorsorgevollmacht. Andererseits ist kein Mensch verpflichtet, überhaupt eine Patientenverfügung auszustellen, und schon gar nicht kann jemand verpflichtet werden, mit einer Patientenverfügung auf moderne lebensverlängernde Maßnahmen zu verzichten. Und da haben wir zuletzt gesagt: der Gesetzesentwurf der deutschen Bundesregierung ging entschieden zu weit, denn eine im Gesetz verankerte Patientenverfügung ohne Reichweitenbegrenzung könnte in politisch noch schlechteren Zeiten das Einfallstor für horrende holländische Sterbehilfeverhältnisse sein. Es darf von uns und schon gar nicht von Ärzten jemals akzeptiert werden, daß letztere von Patienten erfolgreich um direkte Tötung, d. h. direkte Abkürzung ihres Lebens, gebeten werden können. Aktive Sterbehilfe bleibt auch dann ein schweres Verbrechen, wenn ein Patient danach wirklich verlangen würde. Solche Patientenverfügungen sind in Ewigkeit ungültig: niemals kann der Staat in einem Gesetz oder eine Einzelperson in einer Verfügung nur irgendeinen Arzt von seiner absoluten Garantiepflicht, Leben zu retten, entbinden, sodaß er oder sie gültig sagen könnte: "
Na guat, drah'man hoat haam." (Na gut, drehen wir ihn eben heim.) "In die ewige Heimat drehen" - schönfärberische Begriffe gehen oft gefährlich um: wir müssen immer sehr genau hinhören. Auch wenn Euthanasie im Deutschen nichts anderes als
guter Tod hieße, so wissen wir, daß dieser im Grunde schönfärberisch verwendete Begriff längst belastet ist durch das mit ihm gegebene Ansprechen von Maßnahmen aktiver Sterbehilfe. In dieselbe Richtung
äußerte sich der Diener Gottes Johannes Paul II. bezüglich Kranker im vegetativen Zustand (Wachkoma), in deren Fällen der Tod durch Einstellung der Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr am Ende - wenn er bewußt und absichtlich herbeigeführt wird - zur tatsächlichen Euthanasie durch Unterlassung werde. (Vergleiche auch die schönfärberischen Begriffe
Intrazeption oder
Nidationshemmung für
Frühabtreibungen.)
Und damit ist auch ein Urteil gesprochen gegen die Einstellung der künstlichen Ernährung im Falle der Wachkoma-Patientin Terri Schiavo in den USA vor einigen Monaten. Und genau deshalb ist es gerade in diesem sensiblen Bereich so wichtig, daß wir bei Wahlen authentisch christlichen Politikern unsere Stimmen schenken. Letztlich stellt sich das nicht eindeutig zu klärende Definitionsproblem, ab welchem Krankheitsstadium dann (im Gegensatz zur aktiven Sterbehilfe) eine passive Sterbehilfe zulässig sein sollte, und da sind wir verpflichtet, im Zweifelsfall immer auf der Seite des Lebens und des dazu gehörigen Rechtes auf einen natürlichen Tod bzw. auf einen unverkürzten Sterbeprozeß zu stehen; das Recht auf die
modernste Schmerzlinderung immer eingeschlossen. Wir dürfen auch nicht zulassen, daß von der veröffentlichten Meinung oder von politischen Gruppen auf leisen Sohlen vordefiniert wird, was lebenswertes und angeblich nicht mehr lebenswertes Leben wäre. Niemals darf aus unserem Munde das Wort
überflüssig in bezug auf einen Mitmenschen kommen. Wie problematisch eine
Patientenverfügung sein kann, sehen wir am abzulehnenden Fall demenzkranker Personen, die selbst im fortgeschrittenen Krankheitsprozeß subjektiv als zufrieden und glücklich wahrgenommen werden, aber beispielsweise ein vorab geäußerter Wille ein Weiterleben im entsprechenden Krankheitsstadium grundsätzlich ablehnen würde. Soll heißen: wer kann wirklich mit Sicherheit sagen, ob er einen Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen bei Eintritt von diesem und jenem definierten Fall Jahre später - wenn der schwere Krankheitsfall wirklich eintreten sollte - aufrechterhalten wollte?
Abgesehen davon, daß Komapatienten und Demenzkranke niemals mit Menschen im unmittelbaren Sterbeprozeß gleichgesetzt werden dürfen, womit wir wieder bei der Reichweitenfrage von Patientenverfügungen wären. Daher sollte vielmehr zwischen Arzt / Ärztin und Patient / Patientin bzw. dessen gültigen Vertretern bzw. Sterbepaten eine Form der Kommunikation gefunden werden, die sowohl der medizinisch-fachlichen Verantwortung als auch dem Willen und dem wahren Wohl des Patienten entgegenkommt. Nach christlicher und zutiefst menschlicher Auffassung geht es dabei nicht um
Sterbehilfe, sondern um Sterbebegleitung, um ein Mitgehen und Mittragen des Leidens. Diese Sterbebegleitung steht immer unter der Spannung zwischen
Leben schützen und
Sterben nicht unnötig verhindern. Häufig verblaßt der Wunsch zu sterben, wenn Würde und Lebensqualität gewährleistet sind, wenn Menschen sich psychisch, sozial und geistlich-spirituell begleitet fühlen. Es wäre ein ganz falsches Signal, wenn in Deutschland aufgrund eines zu extensiven Gesetzes für Patientenverfügungen der Eindruck entstünde, daß eine Patientenverfügung sozusagen zum universalen Heilmittel gegen Leid am Ende des Lebens hochstilisiert und dann nicht mehr ausreichend in die
medizinische Forschung betreffend Schmerzlinderung investiert würde. Unser scheidender Bischof hatte vollkommen recht, als er in seinem letzten Hirtenbrief zum Willibaldsfest Bundeskanzler Schröder mit Deutlichkeit wegen seiner positiven Äußerungen zur sogenannten embryonalen Stammzellforschung kritisierte. Denn nicht nur werden Embryos dafür einfach vernichtet, wird also unschuldiges menschliches Leben dahingeopfert, sondern hat sich bis heute keine einzige medizinische Hoffnung auf Heilung durch diese
embryonenvernichtende Forschung bewahrheitet, da konnte der verstorbene "Supermann" Christopher Reeve noch so oft im amerikanischen Fernsehen auftreten.
Reeve und Arnold Schwarzenegger haben sich schwerwiegend geirrt, und wir sollten auf diese mediale Lügenpropaganda nicht hereinfallen. (In Wirklichkeit hat bisher die sittlich einwandfreie Anwendung adulter Stammzellen schon einige vorzeigbare therapeutische Ergebnisse gezeitigt.)
Was ich damit sagen möchte: es hängt auch von unserem politischen Willen ab, daß Millionen Euro nicht in zutiefst verwerfliche und sinnlose Forschungen investiert werden, sondern zum Beispiel
die moderne Schmerzmittelforschung und -ausbildung der Ärzte und Ärztinnen in Deutschland höhere Priorität erhält. Darum hatte die Enquete-Kommission
Ethik und Recht der modernen Medizin des Deutschen Bundestages recht, als sie am 28. Juni 2005 in ihrem Zwischenbericht zur
Verbesserung der Versorgung Schwerstkranker und Sterbender in Deutschland durch Palliativmedizin und Hospizarbeit ein Gesetz sowie mehr Geld für Palliativmedizin und Hospize forderte. Zudem will die Kommission Schmerztherapie und Palliativmedizin als Pflichtfach in der Ausbildung von Ärzten und Pflegekräften verankert wissen. Vergessen wir als Christen nie: wir selbst haben kein volles Verfügungsrecht über unser gottgeschenktes Leben, sehr wohl aber haben wir naturrechtliche Ansprüche auf die Linderung von Schmerzen nach den modernsten Maßstäben. Es liegt nicht in der Macht des Menschen, über seinen Tod zu bestimmen, doch ist jeder von uns gerufen, sein Sterben in Glaube und Hoffnung zu bestehen. Nur der religiöse, christliche Horizont kann jedem von uns helfen, das rechte Maß zwischen Wertschätzung des Lebens, Sinndeutung von Leid und Annahme des Todes zu finden. Und nur so bleiben wir vor falschen Vorstellungen unbegrenzter Selbstbestimmungswünsche oder vor technischen Größenphantasien geschützt. Bedenken wir abschließend: auch der selbstgewählte Tod ist schrecklich und hat den Beigeschmack einsamer Vergeblichkeit. Als Christen wollen wir nicht einfach rasch sterben, sondern wollen uns vornehmen, der Last des Sterbenmüssens ganz bewußt
ins Gesicht zu sehen. Deshalb setzen wir spätestens am übernächsten Sonntag fort und gelangen noch zu verwandten Fragen wie dem Zeitpunkt des Todes und der Frage nach der Organspende und schließlich zu all dem, was mit dem ewigen Seelenheil zu tun hat.
Denn ich bin gewiß: weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn. (Röm 8,38 f., 18. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr A)
AMEN.
Portal gegen aktive Sterbehilfe und entsprechend formulierte Patientenverfügungen