Freitag, 29. Februar 2008
MEDIEN, MISSBRAUCH UND KIRCHE: NEIN ... Geschrieben von Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in News Kommentare, Skandal St. Pölten um
12:00
Kommentare (0) Trackbacks (3) MEDIEN, MISSBRAUCH UND KIRCHE: NEIN ZUM RÜCKFALL IN EINE MEDIEN-FEINDLICHKEIT
In den letzten Wochen sind in unterschiedlich beruflich gebundenen Gruppen Diskussionen über den Umgang der kirchenamtlich ungebundenen Medien mit der Darstellung bzw. Aufdeckung sexuellen Mißbrauches gegenüber Minderjährigen geführt worden, die von kirchlicher Seite teilweise den Eindruck erweckten, als ob frühere Zeiten zurückgewünscht oder es möglich sein könnte, die Entwicklung zur durch und durch medial durchformten Gesellschaft noch irgendwie "zurückzudrehen". Erfreulicherweise ist im Mediencommuniqué vom 27. Februar 2008 über die 279. Ordentliche Versammlung der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) nunmehr folgendes unter dem Titel "Sexuelle Übergriffe in der Seelsorge" nachlesbar: "Die geltenden Richtlinien der Schweizer Bischofskonferenz zur Frage der sexuellen Übergriffe in der Seelsorge gehen auf das Jahr 2002 zurück. Aus aktuellem Anlaß tauschten sich die Bischöfe und Territorialäbte eingehend über die Praxis der Umsetzung dieser Richtlinien in den Bistümern aus. Sie nahmen mit Befriedigung zur Kenntnis, daß die Richtlinien sich grundsätzlich bewährt haben. Das gilt namentlich auch für die präventiven Maßnahmen, die mit den Richtlinien eingeführt wurden. Die Pädophilie-Fälle, die in den vergangenen Wochen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gewonnen haben, betreffen gravierende Verfehlungen, die mehrere Jahrzehnte zurückliegen. Der damals bei diesen Fällen beschrittene Weg, die pädophilen Täter ohne Aufsehen von ihren Posten zu entfernen und nach Vorkehrung einiger Maßnahmen wieder in der Seelsorge einzusetzen, war falsch gewählt. Die SBK bedauert dies. Anders als früher weiß man heute, daß im Gegensatz zu anderen Sexualstraftätern die Rückfallgefahr bei pädophilen Tätern selbst nach erfolgter professioneller Therapie erheblich bleibt. Im Bemühen um eine stetige Verbesserung der eigenen Handlungsgrundlagen hat die SBK ihr Expertengremium damit beauftragt, die Umsetzung der Richtlinien von 2002 in den Diözesen und Orden zu prüfen. Das Expertengremium wird auch untersuchen, ob einzelne Abschnitte der Richtlinien einer Ergänzung oder Überarbeitung bedürfen. Eine besondere Verantwortung haben im Zusammenhang mit Pädophilie-Vorwürfen nicht nur die Kirchenverantwortlichen, sondern auch die Medien. Ihre Berichterstattung sollte die Privatsphäre der Opfer respektieren und nicht einem Trauma ein anderes hinzufügen."
Wer sind die Medien? Angesprochen sind alle Menschen, die als Redakteure und Journalisten die Medien gestalten, ob im Fernsehen, ob im Radio, ob in den Zeitschriften und Zeitungen, ob im Internet auf welcher Ebene auch immer. Wenn sich Opfer bewußt und als letzten Schritt gegen ein unsolidarisches und mit keinerlei finanzieller Entschädigung verbundenes "Unter-den-Tisch-Kehren" an Medien wenden, so kann dann nicht mehr in allen Fällen von einer (medialen) Hinzufügung eines anderen Traumas die Rede sein. Vielmehr liegt die Sache oft anders: die öffentliche Behandlung eines bestimmten sexuellen Mißbrauchs kann bei anderen Opfern den seelischen Schmerz wieder akut machen und damit gewissermaßen zu einer Kettenreaktion an medialer Aufdeckung sexuellen Mißbrauches führen. Auch wenn derartige Verfehlungen schon mehrere Jahrzehnte zurückliegen, darf Opfern kein schlechtes Gewissen dafür eingeredet werden, daß sie ihren Schmerz auch noch so spät öffentlich hinausschreien. In der Tat stehen wir vor dem Dilemma des Opferschutzes und der immer neu einzulernenden Medienethik. Wieviel Privatsphäre Opfer wünschen, sollte ohne jede Bevormundung noch immer in der Entscheidungsfreiheit derselben Betroffenen verbleiben. Insbesondere bin ich der festen Überzeugung, daß in unseren Breiten Schmerzensgeld überhaupt nicht oder in viel zu geringer Höhe angestrebt und gewährt wird, obschon kausal verursachte seelische Schmerzen genauso ernstzunehmen wären wie physische Schmerzen. Realistisch müssen wir sagen, daß ohne Mithilfe der Medien nicht wenige Fälle innerkirchlichen sexuellen Mißbrauchs und homosexueller Unterwanderung weltweit einfach weiter unter den Tisch gekehrt worden wären. Es darf keinen Rückfall mehr in alte Medienfeindlichkeiten zum Vertuschen erwiesener Fälle und zum Hinwegschwindeln über das fällig gewordene Schmerzensgeld geben. Diesbezüglich ist noch auf einen sehr ausgewogenen Kommentar von Christophe Büchi in der Neuen Zürcher Zeitung vom 18. Februar 2008 unter dem Titel "Lehrstück über Medien, Kirche und Pädophilie. Ein Westschweizer Trauerspiel mit tödlichem Ausgang" zu verweisen: "In den Westschweizer Medien häufen sich die Berichte über sexuelle Übergriffe durch katholische Priester. Seit sich ein ins Rampenlicht geratener Geistlicher das Leben genommen hat, stehen aber auch die Journalisten unter Beschuß. Betreiben sie eine mediale Menschenjagd – oder 'tun sie bloß ihre Arbeit'? Versuch einer Antwort. - Seit Wochen figuriert das Thema Pädophilie ganz oben auf der Agenda der welschen Medien. An diesem Wochenende veröffentlichten die 'Tribune de Genève', die Waadtländer '24 heures' und die Neuenburger Zeitungen 'Express' und 'L'Impartial' wieder ganze Seiten über sexuelle Übergriffe katholischer Priester. Was ist in der Westschweiz los? Es lohnt sich, den Ablauf der Ereignisse anzusehen, denn anhand dieses Beispiels läßt sich einiges lernen über das Funktionieren der Medien und die Eigendynamik, die gewisse Themen entwickeln können. Angriffe gegen Freiburger Bischof Begonnen hat der 'Pädophilie-Hype' Mitte Dezember mit einer Frontalattacke der französischen Zeitschrift 'Golias' gegen die Leitung des Bistums Freiburg-Lausanne-Genf. Die auf kirchliche Themen spezialisierte Publikation warf dem Freiburger Bischof Bernard Genoud unter anderem vor, sexuelle Übergriffe einzelner Priester in den letzten Jahren verharmlost oder vertuscht zu haben. Kurz darauf veröffentlichte ein französischer Journalist einen Bericht, wonach ein Kapuziner, der mehrere Jahre im Bistum Freiburg tätig war und sich pädophiler Übergriffe schuldig gemacht haben soll, ungestört in einem jurassischen Kloster lebt. Comingout-Lawine Diese Meldung löste eine eigentliche Comingout-Welle aus. In der Folge berichteten die Medien noch und noch über Menschen, die sich als Opfer dieses Priesters oder anderer Geistlicher zu erkennen gaben; dabei kam erneut, wenn auch nicht ausschließlich, das Bistum Freiburg unter Beschuß. Die Bistumsleitung, die während Jahren geglaubt hatte, Fälle von sexuellem Übergriff diskret und unter Ausschluß der Öffentlichkeit regeln zu können, änderte jetzt den Kurs: sie stellte sich den Medien und versicherte, sämtliche Fälle, in denen ein seriöser Verdacht auf pädophile Handlungen bestünde, bei den staatlichen Untersuchungsbehörden anzuzeigen (NZZ vom 26./27. 1. 08). In Abwesenheit des krebskranken Bischofs Genoud gab sein Pressesprecher und Offizial (Vorsteher der bischöflichen Justiz), Nicolas Betticher, Dutzende von Interviews, in denen er Selbstkritik an der kirchlichen 'omertà' übte. Schließlich meldete sich auch der Bischof an einer Medienkonferenz zu Wort und bat die Opfer um Verzeihung. Gleichzeitig versicherte er, die große Mehrheit der Priester sei 'gesund'. In der Tat betrafen die Berichte über sexuelle Übergriffe nur eine kleine Minderheit der rund 400 Priester des Bistums. Aber das Unheil war bereits angerichtet: der Leser der Westschweizer Zeitungen konnte in den letzten Wochen zeitweise das Gefühl bekommen, es komme hierzulande fast permanent zu sexuellen Übergriffen katholischer Priester. Halali mit tragischen Folgen Noch schlimmer war jedoch, daß durch die Affäre um den Kapuziner, bei dem es sich um einen gravierenden Fall zu handeln scheint (er hat pädophile Übergriffe inzwischen zugegeben, sie dürften allerdings mehrheitlich verjährt sein), andere und anders geartete Fälle ins Rampenlicht gerückt wurden. So war in mehreren Medienberichten von einem Freiburger Priester die Rede, der in seiner Ausbildungszeit eine homosexuelle Liaison mit einem halbwüchsigen Mann hatte, in der Folge vom Bischof nach Neuenburg transferiert wurde und offenbar nicht mehr 'rückfällig' geworden ist. Die Neuenburger Tageszeitung 'Express' veröffentlichte ein Interview mit dem Bischofsvikar und stellte in einem Editorial in Frage, ob ein solcher Priester in einer Pfarrei eingesetzt werden dürfe. Der Betreiber einer Neuenburger Website ging noch einen Schritt weiter und rief auf dem Internet dazu auf, den fraglichen Priester aufzuspüren – was aufgrund der kleinen Zahl der in diesem Kanton tätigen katholischen Geistlichen nicht sehr schwierig war. Und eine Gratiszeitung hievte das zweifelhafte Halali auf ihre Frontseite, was dem Aufruf erst so richtig zur Sichtbarkeit verhalf. Kurz darauf erschoß sich der Priester. Nach diesem tragischen Vorfall wurde es etwas ruhiger um das Thema 'Pädophilie'. Erst in den letzten Tagen scheint das Thema an der Medienbörse wieder eine kleine Hausse zu erleben. Weiße Weste? Schwarze Flecken? Dafür stehen jetzt die Journalisten mehr und mehr unter Beschuß. In der katholischen Hierarchie heißt es, die Medien führten eine eigentliche Kampagne mit dem Ziel, die Kirche, den Klerus und vor allem auch den Pflichtzölibat der Priester schlechtzumachen. Aber auch kirchenkritische Katholiken kritisieren, ein sicherlich ernsthaftes Problem, das von der Kirche zu lang verharmlost worden sei, werde jetzt maßlos aufgebauscht. Da und dort – nicht nur in katholischen Kreisen – ist gar der Vorwurf zu hören, die Medien betrieben eine regelrechte Menschenjagd. Die welschen Journalisten wehren sich gegen diese Vorwürfe. 'Wir machen nur unsere Arbeit', wird argumentiert. Die Medien bekämen zurzeit zahllose anonyme Meldungen über Übergriffe sowie Anrufe von Menschen, die sich als Opfer von Priestern deklarierten, und bei weitem nicht alles würde publik gemacht. Auch werfen die Journalisten den Stein zurück: wenn die Katholische Kirche die Fälle von sexuellem Mißbrauch nicht verharmlost und verheimlicht hätte, so müßten jetzt nicht die Medien für Aufklärung sorgen. Problem Nachahmungseffekt Wer hat recht – die Medien, die sich eine weiße Weste attestieren, oder die Kritiker, die sie rabenschwarzer Intentionen verdächtigen? Die Antwort fällt nicht leicht. Und in Wirklichkeit ist niemand weder ganz weiß noch ganz schwarz. Wer mit den beteiligten Journalisten spricht, bekommt zwar nicht den Eindruck, es werde eine systematische Kampagne betrieben mit dem Ziel, die Katholische Kirche schlechtzumachen und die Priester einem Generalverdacht auszusetzen. Zu Recht verweisen Medienvertreter darauf, daß Fälle von sexuellem Mißbrauch seit einigen Jahren generell ein großes Echo finden. Doch räumen selbstkritische Journalisten durchaus ein, daß man bisweilen allzu sehr auf die Konkurrenz schiele. In der Tat kam es in letzter Zeit vor, daß es an Redaktionssitzungen hieß: 'Weshalb haben wir nichts über pädophile Priester?' Etwas mehr Vorsicht gegenüber diesem Imitationseffekt, der zum Meutensyndrom ausarten kann, hätte gutgetan. Opferperspektive rechtfertigt nicht alles Im übrigen plädieren Medienvertreter zu Recht, die Opferperspektive sei wichtig. Diese kann aber dazu führen, daß andere Prinzipien wie die Unschuldsvermutung oder die Verhältnismäßigkeit in der Berichterstattung zu wenig beachtet werden. Selbst Aussagen von Menschen, die sich als Opfer sexueller Übergriffe sehen, sollten sorgfältig geprüft und mit einer gewissen Zurückhaltung behandelt werden. Der Fall des französischen Dorfs Outreau, in dem Dutzende von Personen der Pädophilie verdächtigt wurden, zwischen ein und drei Jahren im Gefängnis saßen und schließlich freigesprochen wurden, müßte als Mahnmal wirken. Jedenfalls sollten die Journalisten die Gefahr, daß Menschen zu Unrecht verdächtigt und der öffentlichen Ächtung preisgegeben werden, immer im Auge behalten. Im Fall, der uns hier beschäftigt, kann man den welschen Journalisten kaum krasse berufliche Fehler vorwerfen. Indessen hat man den Eindruck, daß unter dem Titel 'Pädophilie' zeitweise sehr unterschiedlich gelagerte Fälle in einen Topf geworfen wurden. Vielleicht hat der Suizid des Neuenburger Priesters inzwischen die welschen Journalisten etwas vorsichtiger und nachdenklicher gemacht. Auch ist zu hoffen, daß das Bistum Freiburg hinzugelernt hat und künftig aus freien Stücken informieren und agieren wird, statt nur zu reagieren und den Medien hinterherzuhecheln." Ein Leser hat unterhalb des NZZ-Artikels im Internet am 18. Februar geschrieben: "Auf mich wirkt die Haltung der Kirche beschämend, glaubt sie doch, Rabatt in der Berichterstattung zu haben.“ Nein, diesen Eindruck sollten Amtsträger der Kirche in der Tat nicht vermitteln, aber dies wird auch zunehmend nicht mehr vermittelt, wie an der oben abgedruckten und sehr gelungenen Passage aus der Erklärung der katholischen Ordinarien der Schweiz herauslesbar ist. Angesichts des Todesfalles des um Jahrzehnte zu spät aufgedeckten Priesters - soferne die Vorwürfe zutreffend sind - erschien in der Berner Tageszeitung "Der Bund" am 11. Februar ein Artikel von Tobias Gafafer mit dem Titel "Blog als medialer Wilder Westen. Die Treibjagd auf einen der Pädophilie verdächtigten Priester im Internet wirft Fragen auf". Er schreibt: "In einem Blog rief ein Westschweizer zur Hetzjad auf einen pädophilen Priester auf. Im Gegensatz zu herkömmlichen Medien gibt es für Blogs fast keine Regeln. Doch auch im Netz gelten die Gesetze. - Was darf ein Privater via Blog an die Öffentlichkeit tragen? Nachdem sich vergangene Woche ein der Pädophilie verdächtigter Freiburger Priester umgebracht hatte, geriet neben der Rolle einiger Medien auch ein Blog ins Zwielicht. Darin hatte ein Westschweizer eine Art Treibjagd zur Aufdeckung der Identität des verdächtigten Priester veranstaltet. Inzwischen ist der Blog nicht mehr zugänglich. In einem Eintrag hatte der Westschweizer die Medienberichterstattung zum Fall aufgenommen und den Faden weitergesponnen: im Detail schilderte er Strategien, um an den Namen des mutmaßlichen Täters unter den 19 im Kanton Neuenburg beschäftigten Priestern zu kommen. Der Katholischen Kirche nahestehende Kreise sprachen von einem 'Haß-Blog', und Angehörige des toten Kirchenmannes machten ein Recht auf Vergessen geltend - die pädophile Tat liege bereits mehr als 20 Jahre zurück. Hemmungsloses Schreiben Der Fall wirft grundsätzliche Fragen auf. Im Unterschied zu Print- und elektronischen Medien gibt es für die Betreiber von Blogs praktisch keine Regeln. Einen Blog kann jeder betreiben, ob anonym oder mit Impressum - die Informationen sind öffentlich, und Kontrollen gibt es kaum ... 'Oft verhalten sich Blogger so, als wären ihre Einträge privat', sagt der Medienrechtler und Anwalt Urs Saxer. Das sei problematisch. Denn oft schreiben Blogger hemmungslos oder manchmal sogar diffamierend. Doch auch im virtuellen Netz gelten die Grundsätze des Persönlichkeitsschutzes. 'Wenn öffentlich kommuniziert wird, gilt das Zivil- und Strafgesetz', sagt Saxer. In der Rechtsprechung sind Blogs - ein relativ junges Phänomen - nach wie vor Neuland: laut Saxer gibt es noch kaum Urteile. Während eine Tageszeitung zum Beispiel für die Publikation von ehrverletzenden Leserbriefen haftet, bleibt bei Blogs diese Frage offen. Jenseits nationaler Grenzen Das Internet macht nicht vor nationalen Grenzen und Gesetzen halt. Dies führt zu Problemen: das Blogger-Portal des Westschweizers gehört zum Beispiel der amerikanischen Firma Google. Dennoch gelte Schweizer Recht, sagt Urs Saxer - eine Privatperson könnte Google somit hierzulande einklagen; faktisch kann ein Kläger vom Betreiber in erster Linie verlangen, bestimmte Inhalte aus dem Internet zu entfernen. Denn die Weiterverbreitung von persönlichkeitsschädigenden Inhalten mache den Betreiber oft mitverantwortlich, sagt Saxer - egal ob anonym oder mit Namen. Hohe rechtliche Hürden Damit der Eigentümer eines Blogs die Daten eines anonymen Schreibers herausrückt, braucht es eine Gerichtsklage. Ende November 2007 gab zum Beispiel die Firma Google Daten eines anonymen Bloggers an ein israelisches Gericht weiter, nachdem drei israelische Bürger dort eine Klage gegen die Verletzung ihrer Persönlichkeit eingereicht hatten. Die Hürden dafür sind jedoch hoch. Beim Bundesamt für Justiz in Bern ist die Problematik erkannt. 'Im Internet ist es schwierig, die Urheber von rechtswidrigen Inhalten zu lokalisieren', sagt Ernst Gnägi, der Leiter des Fachbereichs Internationales Strafrecht. Im vorliegenden Fall hatte nun der Westschweizer Blogger aber seinen Namen ins Internet gestellt. Ein nicht anonymer Blog sei eine Publikation wie jede andere, sagt Gnägi. Wer sich dabei strafbar mache, für den gelte primär der Tatort als Gerichtsstand - in diesem Fall Neuenburg. Eigene Spielregeln Beim Bloggen gibt es nur wenige Spielregeln - und diese setzen sich die Schreibenden meist gleich selber. Längst nicht alle verwenden dabei ein Impressum. Während rund zwei Jahren beobachtete zum Beispiel der 'Pendlerblog' unter den Pseudonymen 'der unmündige Leser' und 'Hund Basil' bis 2006 die inhaltlichen und gestalterischen Leistungen der Gratiszeitung '20 Minuten' aus kritischer Warte. Dabei legten die anonymen Betreiber ihre eigene Standards, indem sie die Verantwortung selber wahrnahmen: 'Wir kritisierten nur allgemein die Inhalte des Gratisblattes und nannten die Betroffenen nie mit Namen.' Medien als Verstärker Doch nicht alle Blogger setzen die gleichen Maßstäbe. Wenn nun herkömmliche Medien Themen aus Blogs aufgreifen, kann deren Wirkung zusätzlich verstärkt werden. Der Westschweizer Blogger lancierte seinen Aufruf zur Identifizierung des Priesters, nachdem er in der Tagespresse Eckdaten zu dessen Person erfahren hatte. 'Blogger sind keine Journalisten', warnt Dominique von Burg, der Präsident des Presserats, dem Selbstregulierungsorgan der Schweizer Medien. Denn es gebe keine Kontrollen, was problematisch sei - ein Blogeintrag muß nicht durch den Filter einer Redaktion. Einige Tage nachdem der Blogger seinen Aufruf im Internet lanciert hatte, berichtete die Gratiszeitung 'Le Matin Bleu' darüber und verschaffte ihm damit zusätzliche Aufmerksamkeit. 'Unzumutbar und skandalös' Von Burg, der selber als Journalist bei der 'Tribune de Genève' arbeitet, erachtet die Übernahme von nicht überprüften Informationen aus Blogs durch Medien als problematisch. Der Presserat klärt nun ab, ob Grundsätze der Medienarbeit verletzt worden seien. Dabei geht es nicht zuletzt um das Recht auf Vergessen. Von Burg erachtet die Publikation im vorliegenden Fall indes als legitim, denn 'Le Matin Bleu' habe nur einen Artikel über den Aufruf in besagtem Blog gebracht. Die Art des Anprangerns im Blog an sich sei aber 'unzumutbar und skandalös'." Selbstverständlich dient die in jedem Rechtssystem für viele Straftaten und später auch für Schadensersatzleistungen vorgesehene Verjährung der Rechtssicherheit, und von daher kann auch ein sogenanntes "Recht auf Vergessen" konstruiert werden. Aber gravierende Straftaten können einem solchen "Recht auf Vergessen" sicher nicht unterworfen werden, selbst wenn Verjährungsfristen in einigen Gesetzgebungen schon gelaufen wären. (Man denke nur an den abseits jeglicher katholisch-kirchlichen Verwurzelung auf der britischen Kanalinsel Jersey viel zu spät aufgeflogenen schrecklichen Fall des ehemaligen Kinderheimes "Haut de la Garenne". In der großangelegten Ermittlung zum dortigen Kindesmißbrauch sagten bisher mehr als 160 Opfer aus, die Fälle reichen teils bis zu 40 Jahre zurück. Allein seit dem Leichenfund gingen mehr als 70 Anrufe bei der Polizei ein, sogar aus Australien und Thailand. Die Polizei untersucht zudem eine Liste von Kindern, die auf unerklärliche Weise verschwanden. Jerseys Vizepolizeichef Lenny Harper sagte, einige der Funde in den geheimen Kellerräumen bestätigten die Aussagen. Ehemalige Bewohner des Heims sagten aus, sie seien in einem dunklen Ort eingesperrt, unter Drogen gesetzt und systematisch mißbraucht worden.) Das Leben der Opfer sexuellen Mißbrauchs kann derart stark gestört werden, daß sie ihre (sexuelle) Identität überhaupt nicht oder zu spät erkennen. Die Nachwirkungen können das ganze Leben beeinflussen. Es kann daher keinerlei Zwangsknebelung für die Medien und auch nicht für Blogbücher geben, wiewohl alle an das allgemeine Naturrecht gebunden sind, und hier gilt es, erstens moralische Gewißheit über geschehene Widersittlichkeiten zu haben und zweitens das Interesse der Opfer eines Mißbrauchs auch wirklich zu vertreten bzw. dem Gemeinwohl der durch den Mißbrauch in ihrer Glaubwürdigkeit geschädigten Institution maßgeblich zu dienen. Ich erinnere neuerlich daran, daß der päpstliche Hausprediger P. Raniero Cantalamessa einen Bußtag zur Solidarität mit den Opfern pädophiler Priester vorgeschlagen hat. Daß ein wegen Kindesmißbrauchs vorbestrafter Regensburger Diözesanpriester ohne Wissen der Behörden und Eltern jahrelang an einer Grundschule unterrichtete, nannte ein bayerischer Kultusbeamte einen "Einzelfall", der allerdings "inakzeptabel" sei. Staatlicherseits würden Lehrkräfte bei Bekanntwerden von Übergriffen umgehend aus dem Schuldienst entfernt. Das bayerische Kultusministerium war davon ausgegangen, daß die Kirche für ihr Personal dieselben Grundsätze anwenden würde, und in der Tat kann man davon in Zukunft ausgehen. Der einschlägig vorbestrafte Priester des Bistums Regensburg muß sich in Kürze wegen eines wiederholten Kindesmißbrauchs vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft erhob in dem bundesweit bekannt gewordenen "Fall RIekofen" Anklage. Der 40jährige Geistliche wird beschuldigt, sich zwischen 2004 und 2006 insgesamt 22 Mal an einem Minderjährigen vergriffen zu haben. Als Wiederholungstäter drohen ihm bis zu 15 Jahren Haft. Offenbar wird man dem Opfer selbst eine weitere Aussage ersparen. Der beschuldigte Priester habe sich inzwischen bei Diözesanbischof Prof. Dr. Gerhard Ludwig Müller entschuldigt, und sein Rechtsanwalt kündigte ein umfassendes Geständnis an. Sein Mandant wolle den entstandenen Schaden so weit wie möglich wiedergutmachen. Dies deutet auf einen kürzeren Prozeß hin, an dessen Ende der Angeklagte möglicherweise in eine geschlossene psychiatrische Anstalt eingewiesen werden könnte. Ohne therapeutische Maßnahmen gehe von ihm eine erhebliche Wiederholungsgefahr aus, so jedenfalls die Staatsanwälte. Offenbar geht ein psychiatrisches Gutachten zudem von einer stark verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten aus. Diesbezüglich ist J. Hoyer/H. Kunst/Ph. Hammelstein, Sexualstraftäter: krank oder kriminell. In: Report Psychologie (32) 11-12/2007, auf den Seiten 497 - 508 von Interesse, wenn ich auch manchen der dort vertretenen Thesen nicht folgen kann. Die genannte Arbeit will einseitigen Positionen bei der Bewertung von Sexualstraftaten entgegenwirken. Auf der Grundlage der wissenschaftlichen Literatur wird gezeigt, daß in aller Regel psychopathologische und kriminogene Faktoren für die Erklärung von Sexualstrafstaten bedeutsam seien. Die Behandlung solle daher - so die Autoren - interdisziplinär sein und eine umfassende Psychodiagnostik einschließen. Die von den Autoren unkritisch übernommene "in den letzten Jahrzehnten veränderte Haltung zur Homosexualität" kann jedoch für den vom gesunden und am Naturrecht so wie am menschlichen Naturgesetz ausgerichteten Hausverstand keinesfalls akzeptiert werden. So wird im Beitrag die Homosexualität als solche offenbar weder als Paraphilie noch als Präferenzstörung angesehen, obschon wir dabei in der kirchlichen Gerichtsbarkeit von einem psychischen Ehenichtigkeitsgrund ausgehen müssen. Richtig geht der Beitrag davon aus, daß die meisten Männer abweichende sexuelle Impulse hemmen bzw. kontrollieren können. "Die meisten Sexualstraftäter begehen ihre Taten aus einem Gemisch von Motiven und Faktoren heraus. Es muß in jedem einzelnen Fall analysiert werden, welche Motivation hinter einer Tat stand." Viele Sexualstraftäter zeigen nicht nur kriminelles Verhalten, sondern erfüllen auch die Kriterien einer psychischen Störung, wobei dies in der Minderzahl der Fälle sexuelle Präferenzstörungen sein sollen. Die Frage ist jedoch, ob die Autoren mit ihren weiteren Ergebnissen richtig liegen: "Sie weisen meistens Ansatzpunkte für eine Behandlung auf, die sich auf die kriminogenen und/oder die psychopathologischen Risikofaktoren beziehen kann - sind also behandelbar. - Bei einer sehr kleinen Gruppe ist das Rückfallrisiko zu groß und keine ausreichende Selbststeuerung zu erwarten, sodaß eine Entlassungschance nicht realistisch und eine (psychotherapeutische) Behandlung damit nicht ausreichend begründbar ist (Jöckel, 2004.)" Die Kirche jedoch muß hier noch strengere Maßstäbe anlegen, was sich in den rechtlichen Leitlinien der verschiedenen katholischen Bischofskonferenzen und Diözesen nunmehr klar zeigt. Die dauernde Behandlung des nunmehr allgemein thematisierten sexuellen Mißbrauches Minderjähriger darf jedoch keinesfalls vom fortlaufenden skandalös-schrecklichen Alltag der Abtreibungen unzähliger unschuldiger Menschenwesen und des Verbrauches unschuldiger Embryonen für Forschungszwecke und angeblich therapeutische Maßnahmen ablenken. Sämtliche nach dem allgemeinen Naturrecht vorliegenden Verbrechen an ungeborenen und geborenen Kindern sind in radikaler Offenheit aufzuzeigen, und der strafrechtliche Schutz für das Leben der ungeborenen und geborenen Kinder (von der Empfängnis an, nicht erst von der Einnistung in der Gebärmutter an) muß sich in Europa noch sehr verbessern. Wir alle aber wollen inmitten der Fastenzeit Schritte der konkreten Umkehr setzen, mit den drei Klassikern dieser geprägten Zeit des Kirchenjahres: mehr oder besser beten, mehr oder besser fasten, mehr Almosen geben. In den gestrigen "Salzburger Nachrichten" hat Anja Kröll in ihrem Beitrag "Die Vergebung kommt per Mausklick" auch an das heilige Sakrament der Buße erinnert, das mit dem ganz persönlichen Sündenbekenntnis verbunden ist (per Internet gibt es nur Vorbereitung auf die Beichte). Einmal im Jahr wird dieses ehrliche Bekenntnis von der Kirche für alle Katholiken vorgesehen. Auch auf mein Internetangebot ist die Journalistin gestoßen: "Auf www.padre.at klärt Pytlik Interessierte über die Beichte auf. 'Ich will Gläubigen eine seriöse Auskunft über die Buße erteilen, sie darauf vorbereiten und junge Gläubige zurückgewinnen', sagt der in Bayern tätige Priester. Die Idee dafür entstand während eines Aufenthalts in Zypern: 'Da haben so viele Leute im Internetcafe gesurft, daß ich mir gedacht habe, davon könnte doch auch die Kirche profitieren.'" Der Diözesanbischof von Eichstätt, Dr. Gregor Maria Hanke OSB, hat es in seinem Hirtenwort zur Österlichen Bußzeit so formuliert: "Leben benötigt mehr als materielle Absicherung und gut bewältigte psychologische Erfahrungen. Wer Heilung und Heil für sein Leben sucht, sollte tiefer gehen ... Wenn sich unsere Pfarreien, unsere kirchlichen Verbände und Gruppen als geistliche Gemeinschaften verstehen wollen, kommen wir ohne die regelmäßige Einzelbeichte nicht aus. Geistliches Leben ist ein von Gott immer wieder geheiltes Leben. Denken wir an die Müllberge in Neapel. Kleine Ursachen - große Wirkungen. Sollten wir nicht auch regelmäßig unseren inneren Unrat abtragen und bei Gott Heilung suchen? Entdecken wir das Wesen der Beichte neu: Es ist der auferstandene Herr, der uns in der Beichte gegenübersteht." Dem schließe ich mich an als Euer Padre Alex - Kirchenrektor Dr. Alexander Pytlik Samstag, 16. Februar 2008
VERBINDLICHKEIT EINER LITURGISCHEN ... Geschrieben von Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Kirchenrecht, News Kommentare um
21:36
Kommentare (6) Trackback (1) VERBINDLICHKEIT EINER LITURGISCHEN ANORDNUNG DES PAPSTES UND VERBINDLICHKEIT DER LEITLINIEN EINER BISCHOFSKONFERENZ
Sehr begrenzte Fachdiskussionen bzw. Diskussionen auf Basis einer bei manchen gegebenen Uneinsichtigkeit in jeweilige sachliche Notwendigkeiten veranlassen mich, zum gewählten Thema unvollständig Stellung zu nehmen. Zunächst geht es noch kurz um die von Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. weiterentwickelte Fürbitte für die Juden im Falle der Verwendung der außerordentlichen Form des Römischen Ritus am Karfreitag. Es kann keinen Zweifel darüber geben, daß der Wille des Papstes in bezug auf diese Änderung ab dem kommenden Karfreitag des Jahres 2008 von allen Zelebranten vollständig zu beachten ist, unabhängig davon, ob man nun davon ausgeht, daß die diesbezügliche rechtmäßige Nota des Päpstlichen Staatssekretariats im Osservatore Romano bereits eine außerordentliche Promulgation eines die universale lateinische Rituskirche (innerhalb der Katholischen Kirche) betreffenden (liturgischen) Gesetzes gemäß can. 8 CIC darstellt oder daß diese päpstliche Anordnung "nur ein Gesetz im weiteren Sinne" wäre und somit gar nicht den Promulgationsregeln des lateinischen Kirchengesetzbuches aus dem Jahre 1983 unterläge. Persönlich gehe ich jedoch davon aus, daß die Anordnung Seiner Heiligkeit sehr wohl ein allgemeines kirchliches Gesetz darstellt, und ich erinnere an den can. 2 CIC, in dem es bereits heißt: "Der Codex [1983] legt zumeist die Riten nicht fest, die bei der Feier liturgischer Handlungen zu beachten sind; deshalb behalten die bislang geltenden liturgischen Gesetze ihre Geltung, soweit nicht eines von diesen den Canones des Codex zuwiderläuft." Mittlerweile hat der Papst für immer geklärt, daß unter diesen liturgischen Gesetzen in bezug auf den Römischen Ritus sowohl jene für dessen außerordentliche Form (seliger Papst Johannes XXIII.) als auch jene für dessen ordentliche Form (Diener Gottes Papst Paul VI.) zu verstehen waren und sind. Ich kann mir aufgrund dieser seit 14. September 2007 gewonnenen Rechtssicherheit innerhalb des Römischen Ritus keinen (juridischen oder moralischen) Entschuldigungsgrund mehr vorstellen, warum die rechtgläubig formulierte neue Karfreitagsfürbitte für die Juden noch nicht ab dem kommenden Karfreitag Verwendung finden sollte. Der Heilige Stuhl wußte im übrigen darum, daß sich die Sache rasch verbreiten werde, sodaß die übliche oder auch eine ausdrücklich längere Zeit bis zur Rechtskraft wegfallen konnte. Wer von einer notwendigen Promulgation ausgeht, dem sei gesagt: es ist nicht notwendig, daß in der zur Promulgation gültigen Veröffentlichung im Osservatore Romano explizit erklärt werde, daß dies nun eine andere außerordentliche Form der Promulgation darstelle, vielmehr ergibt sich dies alles logisch von selbst. Es braucht keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine andere Promulgationsweise (außerhalb der Acta Apostolicae Sedis), wenn diese sichtbar eine andere ist. In Wirklichkeit zeigt sich an der treuen Umsetzung des neuen liturgischen Gesetzes, wer den Papst wirklich ganz konkret als universalen Oberhirten anerkennt. Der Papst wollte keine "Spaltung der Tradition", sondern sieht sich spätestens seit 14. September 2007 (Rechtskraft von Summorum Pontificum) verpflichtet, die außerordentliche Form des Römischen Ritus als eine gültige Ausdrucksform der ganzen Kirche dort anzupassen, wo es die organische Zusammenschau aller 21 Ökumenischen Konzilien und das darauf basierende gültige ordentliche Lehramt der Kirche fordert.
Weitere Verstehenshilfen zur nunmehr rechtmäßig installierten neuen Karfreitagsfürbitte bieten nicht nur der von kath.net aus der Tagespost übernommene Beitrag "Die Juden und das Konzil. Der Papst ist nicht hinter das Konzil zurückgegangen, sondern hat es genau getroffen" von Guido Horst, sondern auch der hervorragende Kommentar Seiner Exzellenz Erzbischof Gianfranco Ravasi im Osservatore Romano vom 15. Februar 2008. Der Titularerzbischof von Villamagna in Proconsulari ist Präsident des Päpstlichen Rates für die Kultur, der Päpstlichen Kommission für die Kulturgüter der Kirche und der Päpstlichen Kommission für die sakrale Archäologie. Sein Beitrag trägt den Titel "Oremus et pro Iudaeis" ("Lasset uns auch beten für die Juden"), und ich habe daraus einige wichtige italienische Passagen ins Deutsche übersetzt. Kurienerzbischof Ravasi geht dabei von einem "bereits kodifizierten Text besonderer Verwendung" aus, "nämlich für die Karfreitagsliturgie gemäß dem Missale Romanum in seiner vom seligen Johannes XXIII. promulgierten Fassung, vor der liturgischen Reform des II. Vatikanischen Konzils. Es ist also ein Text, der in seiner Redaktion und in seinem aktuellen Gebrauch klar umschrieben ist, gemäß den längst bekannten Bestimmungen, die im päpstlichen Motu proprio 'Summorum Pontificum' vom vergangenen Juli enthalten sind." Hier ist lediglich anzumerken, daß das II. Vatikanische Konzil als XXI. Ökumenisches Konzil der Katholischen Kirche zwar einen Anstoß zu weiteren evolutiven Reformschritten in der lateinischen Liturgie derselben Kirche gegeben hat, aber es gleichzeitig fraglich ist, ob sämtliche nach dem Ende des Konzils getroffenen und zum Teil im gläubigen Volk als abrupt empfundenen Reformschritte auch wirklich dem Willen der Konzilsväter entsprachen. Meiner Meinung nach wird sich erst in den nächsten Jahrzehnten zeigen, welche geistliche Liturgiereform das II. Vatikanische Konzil im Hinblick auf die weitere Entwicklung in der außerordentlichen und ordentlichen Form des Römischen Ritus wirklich wollte. Daß jedoch zu dieser Reform auch der ganz kleine Einschnitt des Papstes in bezug auf die Karfreitagsfürbitte für die Juden zählen muß, daran kann kein vernünftiger Zweifel bestehen. Erzbischof Ravasi begründet genau dies sehr einleuchtend: "Im Inneren der Verbindung, die das Israel Gottes und die Kirche zutiefst eint, wollen wir uns bemühen, die theologischen Charakteristika dieses Gebetes herauszufiltern, auch im Dialog mit den harten Reaktionen, die es im hebräischen Umfeld hervorgerufen hat. Das erste ist eine 'textgemäße' Betrachtung im strengen Sinn: man erinnere sich, daß das Wort 'textus' tatsächlich auf die Idee eines 'Gewebes' ('tessuto') verweist, das mit verschiedenen Fäden ausgearbeitet ist. Nun gut, die etwa 30 substantiellen Worte des Oremus sind vollständig Frucht einer 'Weberei' ('tessitura') aus neutestamentlichen Begriffen. Es handelt sich daher um eine Ausdrucksweise der Heiligen Schrift, die der orientierende Stern für den Glauben und für das christliche Gebet ist. Zunächst wird eingeladen, zu beten, damit Gott 'die Herzen erleuchte', sodaß auch die Juden 'Jesus Christus als Erlöser aller Menschen erkennen'. Daß Gott Vater und Christus 'die Augen und den Geist erleuchten' können, ist ein Wunsch, den der heilige Paulus bereits für dieselben Christen von Ephesus - sowohl jüdischer als auch heidnischer Herkunft - vorsieht (1,18; 5,14). Das große Bekenntnis des Glaubens an 'Jesus Christus, Retter aller Menschen' ist eingefaßt in den ersten Brief an Timotheus (4,10), aber es wird in analogen Formen auch von anderen neutestamentlichen Autoren bekräftigt, wie zum Beispiel von Lukas in der Apostelgeschichte, der Petrus dieses Zeugnis vor dem Synedrion in den Mund legt: 'In keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen.' (4, 12) Hier, an dieser Stelle, findet sich also der Horizont, den das wahre und eigentliche Gebet angibt: man bittet Gott, 'der will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen', um sicherzustellen, 'daß beim Eintritt der Fülle aller Völker in die Kirche auch ganz Israel gerettet werde.' Oben wird auf die feierliche Erscheinung des allmächtigen und ewigen Gottes verwiesen, dessen Liebe wie ein Mantel ist, der sich über die ganze Menschheit breitet: wie wir im ersten Brief an Timotheus (2,4) weiterlesen, will er tatsächlich, 'daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen'. Zu Füßen Gottes jedoch bewegt man sich wie in einer grandiosen planetarischen Prozession, die aus jeder Nation und Kultur besteht und die Israel gewissermaßen in einer privilegierten Reihe sieht, in notwendiger Anwesenheit. Es ist immer noch der Apostel Paulus, der den berühmten Abschnitt seines theologischen Hauptwerkes, des Briefes an die Römer, welcher dem jüdischen Volk gewidmet ist - dem edlen Ölbaum, in den wir eingepfropft wurden - mit dieser Vision beschließt, deren Beschreibung aufgebaut ist auf prophetischen und psalmenmäßigen Zitationen: die Erwartung der Fülle der Errettung 'besteht, bis die Heiden in voller Zahl das Heil erlangt haben; dann wird ganz Israel gerettet werden, wie es in der Schrift heißt: Der Retter wird aus Zion kommen, er wird alle Gottlosigkeit von Jakob entfernen. Das ist der Bund, den ich ihnen gewähre, wenn ich ihre Sünden wegnehme.' (11,25 - 27). Wir haben also ein Gebet, daß der klassischen Zusammensetzungsmethode in der Christenheit entspricht: die Anrufungen auf der Basis der Bibel 'weben' ('tessere'), um so das Glauben und das Beten von innen her zu verflechten (das ist eine Interaktion zwischen den sogenannten 'lex orandi' und 'lex credendi'). An dieser Stelle können wir eine zweite Reflexion vorschlagen, die sich strenger am Inhalt orientiert. Die Kirche betet, um in der einzigen Gemeinschaft der Christgläubigen auch das gläubige Israel bei sich zu haben. Das ist es, was St. Paulus in den Kapiteln des Briefes an die Römer (Kapitel 9 - 11) als große eschatologische Hoffnung erwartet, das heißt als letzten Landungsplatz der Geschichte, worauf wir oben eingingen. Das ist es, was dasselbe II. Vatikanische Konzil proklamierte, als es in seiner Konstitution über die Kirche geltend machte, daß 'diejenigen, die das Evangelium noch nicht empfangen haben, auf das Gottesvolk auf verschiedene Weise hingeordnet sind. In erster Linie jenes Volk, dem der Bund und die Verheißungen gegeben worden sind und aus dem Christus dem Fleische nach geboren ist, dieses seiner Erwählung nach um der Väter willen so teure Volk: die Gaben und Berufung Gottes nämlich sind ohne Reue' (Lumen gentium, Nr. 16). Diese intensive Hoffnung ist der Kirche klarerweise eigen, die als Zentrum und Quelle der Rettung Jesus Christus hat. Für den Christen ist er der Sohn Gottes und das sichtbare und wirkkräftige Zeichen der göttlichen Liebe, weil - wie Jesus in jener Nacht Nikodemus, einem 'führenden Mann unter den Juden' gesagt hatte - 'Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, und er hat ihn nicht gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird' (vgl. Joh 3,16 - 17). Von Jesus Christus, dem Sohn Gottes und dem Sohn Israels strömt daher die reinigende und befruchtende Woge der Erlösung aus, sodaß wir in abschließender Analyse auch sagen können, wie es der Christus des Johannes tut, daß 'das Heil von den Juden kommt' (4,22). Die von der Kirche erhoffte Mündung der Geschichte liegt daher in dieser Quellenlage begründet. Wiederholen wir: das ist die christliche Vision, und das ist die Hoffnung der Kirche, die betet. Das ist keine vorgegebene Programmatik einer theoretischen Vereinnahmung, aber auch keine missionarische Bekehrungsstrategie. Es ist die charakteristische Haltung der betenden Anrufung, der gemäß man sich auch für Personen, die man als nahestehend, wertvoll und bedeutungsvoll ansieht, eine Wirklichkeit wünscht, die man als kostbar und erlösend einschätzt. Ein wichtiger Exponent der französischen Kultur des zwanzigsten Jahrhunderts, Julien Green, schrieb, daß es 'immer schön und legitim ist, dem anderen das zu wünschen, was für Dich ein Gut und eine Freude ist: wenn Du daran denkst, ein wahres Geschenk anzubieten, dann halte Deine Hand nicht zurück'. Natürlich muß dies immer im Respekt der Freiheit und der verschiedenen Wegstrecken, die der andere aufgenommen hat, geschehen. Aber es ist auch Ausdruck von Liebe, dem Bruder ebenso das zu wünschen, was Du als einen Horizont des Lichtes und des Lebens erachtest. Es liegt in dieser Perspektive, daß auch das in Frage stehende Oremus - trotz der Grenzen seiner Verwendung und seiner Spezifität - unsere Beziehung und unseren Dialog mit 'jenem Volk, mit dem Gott den Alten Bund geschlossen hat', bekräftigen kann und muß, da wir genährt werden 'von der Wurzel des guten Ölbaums, in den die Heiden als wilde Schößlinge eingepfropft sind' (Nostra aetate, Nr. 4). Und wie die Kirche am kommenden Karfreitag gemäß der Liturgie des Meßbuches Pauls VI. beten wird, besteht die allgemeine und letzte Hoffnung darin, daß 'das Volk, das Gott als Erstes zu seinem Eigentum erwählt hat, zur Fülle der Erlösung gelange' ('ut populus acquisitionis prioris ad redemptionis mereatur plenitudinem pervenire.')" (Eine vollständige Übersetzung findet sich bei kath.net.) Der ausführliche Pressebericht des ehemaligen Vorsitzenden der Katholischen Bischofskonferenz Deutschlands, Karl Kardinal Lehmann, im Anschluß an die letzte Frühjahrs-Vollversammlung derselben Deutschen Bischofskonferenz (vom 11. bis 14. Februar 2008 in Würzburg) ging auf die Frage der einen neuen Karfreitagsfürbitte nicht ein, beinhaltete jedoch auch viele direkte und indirekte Hinweise zur Liturgie. So wurde die vom bundesdeutschen Gesetzgeber bereits verabschiedete Änderung des deutschen Personenstandsrechts thematisiert, die unter anderem den Wegfall des unrechtmäßigen staatlichen Verbots der kirchlichen Trauung vor einer naturrechtlich dann gar nicht notwendigen standesamtlichen Heirat zum 1. Januar 2009 umfaßt. Unter dem Abschnitt "Planungen für das Paulus-Jahr 2008/2009" wird dann nicht nur auf die vatikanische Internetseite www.annopaolino.org verwiesen, sondern auch festgehalten: "Unter anderem sollen Anregungen für die Feier von Paulus-Patrozinien und Pilgerwegen zu Paulus-Kirchen, zur Auseinandersetzung mit Paulus-Bildern in Kunst, Literatur, Philosophie und Judaistik sowie paulinische Impulse für Bibelarbeiten, Predigten, Sakramentenpastoral und eine Spiritualität im Alltag erarbeitet werden." Liturgie wird auch indirekt angesprochen durch die von der Bischofskonferenz zur Zeit in Überarbeitung stehenden "Leitlinien für das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen": "Während der vergangenen fünf Jahre wurden vielfältige Erfahrungen mit der Arbeitshilfe und im interreligiösen Gespräch gesammelt. Nicht zuletzt durch die Kontakte zwischen Papst Benedikt XVI. und Vertretern des Islam ist auch weltweit eine neue Phase des interreligiösen Dialogs angebrochen. Diese Erfahrungen sollen nun in eine erste Überarbeitung des Textes einfließen, bei der es insbesondere Präzisierungen und Aktualisierungen vorzunehmen gilt. So sind die Unterschiede der Beziehungen zwischen Christen und Juden einerseits und zwischen Christen und Muslimen andererseits noch genauer zu erfassen. Die verschiedenen Gottesbilder sowie die Unterschiede des Betens in den monotheistischen Religionen sollen stärker herausgehoben werden. Auf die mißverständliche Formulierung 'multireligiöse Feier' wird verzichtet. Die genannten Anlässe machen den Ausnahmecharakter einer Begegnung im Gebet zwischen den Religionen deutlicher. Durchgängig vertreten wir die Auffassung, bei entsprechenden Anlässen solle nicht gemeinsam mit Vertretern anderer Religionen gebetet werden, wohl aber könne in ihrem Beisein jeder in seiner eigenen Tradition beten. Schließlich soll daran erinnert werden, daß vor Gebetstreffen, an denen Gläubige der drei monotheistischen Religionen teilnehmen, die zuständigen kirchlichen Autoritäten zu fragen sind. Der Frage der Einrichtung und Gestaltung von Gebetsräumen für die verschiedenen Religionen in Schulen, Krankenhäusern und anderen öffentlichen Gebäuden soll möglichst bald eine eigene Untersuchung und Beratung gewidmet werden .... Nach einer zweiten Lesung im Sommer werden die überarbeiteten Leitlinien als Arbeitshilfe unter dem Titel 'Leitlinien für das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen' der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht." Und für die ordentliche Form des Römischen Ritus (bei Verwendung der deutschen Hochsprache) wurde das neue Rituale "Die Feier der Kindertaufe" vorgestellt, welches vom 1. Adventssonntag 2008 an die bisherige Ausgabe von 1971 ersetzt. Schließlich berieten die katholischen Bischöfe Deutschlands noch über Verlagspublikationen liturgischer Texte: "Dabei geht es insbesondere um die Verbreitung von nicht autorisierten Verlagsproduktionen liturgischer Texte, die im Gottesdienst verwendet werden ... Liturgische Handlungen sind Feiern der Kirche und stehen nicht der individuellen Gestaltung offen. Um den Schatz der Liturgie zu wahren und zur Entfaltung zu bringen, sind bei der Feier der Liturgie deshalb die genehmigten liturgischen Bücher zu verwenden, das heißt die lateinischen 'editiones typicae' [für die außerordentliche oder ordentliche Form des Römischen Ritus, Anm. v. Verf.] oder eine approbierte landessprachliche Übersetzung (vgl. cann. 846 § 1, 928 CIC). Diese Bücher enthalten die verbindlich zu verwendenden Schrifttexte und Gebete. Sie weisen auch auf bestehende Variationsmöglichkeiten und Freiräume hin, die in bestimmten Teilen [der ordentlichen Form des Römischen Ritus, Anm. v. Verf.] eine Berücksichtigung der örtlichen, zeitlichen und situativen Umstände ermöglichen. Deshalb dürfen amtliche liturgische Texte der Kirche nicht verändert oder ersetzt werden. Ergänzende Publikationen können nur im Rahmen der von der liturgischen Ordnung vorgesehenen Gestaltungsfreiheit entwickelt werden." Und damit sind wir fast schon wieder beim großen Thema der älteren liturgischen Disziplin in der lateinischen Kirche gelandet. Die Bischöfe nahmen noch ein Schreiben der römischen Kleruskongregation vom 8. Dezember 2007 zur Förderung der Eucharistischen Anbetung zugunsten des Klerus und der Priesterberufe zur Kenntnis und stellten dann unter dem Titel "Fragen zur Umsetzung des Motu proprio Summorum Pontificum zur Meßfeier in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus" fest: "Am 14. September 2007 haben die Bestimmungen zur Meßfeier in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus Rechtskraft erhalten. Papst Benedikt XVI. hatte das Motu Proprio Summorum Pontificum zusammen mit einem Brief an die Bischöfe am 7. Juli 2007 erlassen. Wir haben uns auf der Vollversammlung erneut über die Umsetzung der Bestimmungen in den deutschen Diözesen ausgetauscht. Die Leitlinien, die wir auf der Herbst-Vollversammlung am 26. September 2007 verabschiedet haben, sind inzwischen von allen Diözesanbischöfen in Kraft gesetzt und in den Amtsblättern veröffentlicht worden. Im Blick auf die zahlenmäßige Entwicklung von Anträgen und Genehmigungen für die Meßfeier in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus zeigt sich, daß keine erhebliche Zunahme zu verzeichnen ist. Die Vollversammlung bestätigt nochmals, daß Antrag und Genehmigung von Meßfeiern in der außerordentlichen Form unmittelbar zwischen den Gläubigen und ihrem Pfarrer geregelt werden. Kommen Gläubige aus mehreren Pfarreien zusammen, ist der Diözesanbischof zuständig. Initiativen zur Förderung der Meßfeiern in der außerordentlichen Form kommt keine Vermittler- bzw. Anwaltsfunktion in den diözesanen Genehmigungsverfahren zu. Wir gehen davon aus, daß eine Reihe noch offener Fragen (z. B. bezüglich der Leseordnung) in den angekündigten Ausführungsbestimmungen der Kommission Ecclesia Dei geklärt werden. Zur Vorbereitung der Vergleichbarkeit der Berichte, die von den Diözesanbischöfen drei Jahre nach dem Erlaß des Motu proprio an den Heiligen Stuhl zu senden sind, soll das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz zu gegebener Zeit eine Erhebung durchführen." Der Begriff "Leitlinien" ist also im Pressebericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz in bezug auf zwei wichtige Themenstellungen gefallen, in bezug auf das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen und in bezug auf das Apostolische Schreiben Motu proprio Summorum Pontficium. Schon an dieser Stelle kann gefragt werden, was Leitlinien rechtlich bedeuten. Seitens der Deutschen Bischofskonferenz gibt es aber noch mehr Leitlinien, so die sehr wichtigen "Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Mißbrauch Minderjähriger durch Geistliche im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz", aber auch die "Leitlinien zur Jugendpastoral", die "Leitlinien für die mediale Übertragung von gottesdienstlichen Feiern", die "Leitlinien für die Seelsorge an Katholiken anderer Muttersprache" ("Eine Kirche in vielen Sprachen und Völkern") oder die "Leitlinien für den Bau und die Ausgestaltung von gottesdienstlichen Räumen". Andererseits "verwandelten" sich die "Leitlinien für die Ausbildung der Priester“ aus dem Jahr 1969 per 1. Mai 1978 in eine umfassende Rahmenordnung für die Priesterbildung. Klare ethische Orientierung im Sinne des Lehramtes bieten beispielsweise die "Leitlinien für katholische Einrichtungen im Dienst der Gesundheitsfürsorge" der Österreichischen Bischofskonferenz. Da jedoch der Begriff "Leitlinien" nicht von vorneherein kirchenrechtlich umschrieben ist, wird man jeden Text eigens auf seinen Verpflichtungsgrad prüfen müssen. Dies gilt auch im Falle römischer oder diözesaner Dokumente wie zum Beispiel im Falle der römischen "Leitlinien zu den Beziehungen zwischen Bischöfen und Ordensleuten in der Kirche" (14. Mai 1978) oder im Falle der "Leitlinien für die Ausbildung der künftigen Priester in den Medien der sozialen Kommunikation" (19. März 1986) oder im Falle der "Leitlinien für das Studium und den Unterricht der Soziallehre der Kirche in der Priesterausbildung" (30. Dezember 1988), aber auch - um nur ein einziges Beispiel eines Bistums anzuführen - im Falle der "Leitlinien für die Weiterentwicklung der Seelsorge im Bistum Eichstätt" (30. Dezember 2002, Pastoralblatt vom 20. Januar 2003, Nr. 2). Mit Bezug auf die Leitlinien der katholischen Bischöfe Deutschlands zum Apostolischen Schreiben Summorum Pontificum und somit zur außerordentlichen Form des Römischen Ritus hat nun Hw. Dr. iur. can. Gero P. Weishaupt, Latinist bei Radio Vatikan, kirchenrechtliche Anmerkungen zu der zuvor zitierten Pressemeldung des ehemaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, unter dem fragenden Titel "Leitlinien oder allgemeine Ausführungsbestimmungen?" veröffentlicht. Sein Beitrag ist bei www.summorum-pontificum.de nachlesbar und wird in mein Blogbuch von kath.net übernommen: "Der scheidende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, hat in einem Pressebericht im Anschluß an die Frühjahrs-Hauptversammlung der Deutschen Bischofkonferenz vom 11. bis 14. Februar 2008 u. a. auch Stellung genommen zur Frage der Umsetzung des Motu Proprio Summorum Pontificum. Darin teilt Kardinal Lehmann mit: 'Die Leitlinien, die wir auf der Herbst-Vollversammlung am 26. September 2007 verabschiedet haben, sind inzwischen von allen Diözesanbischöfen in Kraft gesetzt und in den Amtsblättern veröffentlicht worden.' Die Mitteilung ruft die Frage hervor: Haben die Bischöfe nun Leitlinien veröffentlicht oder allgemeine Ausführungsbestimmungen erlassen? Was meint Kardinal Lehmann hier mit 'Leitlinien'? Als Kirchenrechtler mache ich hierzu folgende Anmerkungen: 1. Leitlinien sind keine allgemeinen Ausführungsbestimmungen im Sinne der decreta generalia exsecutoria des can. 32 CIC. Infolgedessen können sie nicht diejenigen binden, die durch das Motu Proprio Summorum Pontificum verpflichtet werden. Dessen Anwendungsweisen werden ausschließlich entweder durch eine Instruktion nach can. 34, die sich in erster Linie nicht an die Gläubigen, sondern an die kirchlichen Behörden richten würde, oder durch allgemeine Ausführungsbestimmungen nach can. 32 bestimmt, nicht aber durch 'Leitlinien'. Außerdem können nur allgemeine Ausführungsbestimmungen die Befolgung des Motu Proprio einschärfen (vgl. can. 32). Der Begriff 'Leitlinie' ist keine kirchenrechtliche, d. h. im kirchlichen Gesetzbuch anzutreffende Kategorie. 2. Leitlinien im eigentlichen Sinn des Wortes können nicht in Kraft gesetzt werden, da sie keinerlei Gesetzeskraft besitzen oder eine ein Gesetz (hier das Motu Proprio) ausführende Funktion haben. Leitlinien werden vielmehr nur zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht und dienen der Orientierung, wie Kardinal Lehmann selbst im Anschluß an die Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im September 2007 richtig gesagt hatte. 3. Der in der Pressemeldung verwendete Begriff 'Leitlinien' deckt nicht den kirchenrechtlichen Begriff 'allgemeine Ausführungsbestimmungen' des can. 32 ab. Aus dem Text der Pressemeldung geht darum nicht mit der für die Rechtssicherheit der Gläubigen, die die Feier der heiligen Messe nach dem außerordentlichen Usus des Römischen Ritus wünschen, erforderlichen Eindeutigkeit hervor, ob es sich bei den von den Bischöfen für ihre Diözesen bereits erlassenen Bestimmungen nur um 'Leitlinien' oder um 'allgemeine Ausführungsbestimmungen' handelt. Nur letztere hätten bindende Kraft, allerdings nur so weit, als sie dem Wortlaut und dem Geist des Motu Proprio Summorum Pontificum nicht widersprechen. Das sagt unmißverständlich der kanonische Gesetzgeber in can. 33 § 1: 'Allgemeine Ausführungsbestimmungen, auch wenn sie in Direktorien oder anders benannten Dokumenten' (etwa in diözesanen Amtsblättern) 'herausgegeben werden, heben Gesetze nicht auf, und soweit ihre Vorschriften Gesetzen widersprechen, entbehren sie jeglicher Rechtskraft'. 4. Im Einzelfall – von Diözese zu Diözese – müßte in den einzelnen Amtsblättern nachgeprüft werden, ob der jeweilige Diözesanbischof tatsächlich für seine Diözese allgemeine Ausführungsbestimmungen im Sinne des can. 32 erlassen oder nur Leitlinien veröffentlicht hat, die in bezug auf die Umsetzung des Motu Proprio Summorum Pontificum keine kirchenrechtlich bindende, sondern nur orientierende Kraft hätten. Sollte es sich bei den Erlässen in den diözesanen Amtsblättern um allgemeine Ausführungsbestimmungen handeln, müßte das eindeutig aus Titel und Text hervorgehen. [Es wäre allerdings merkwürdig, wenn die Bischöfe noch im Vorfeld der zu erwartenden für die Gesamtkirche bestimmten Anweisungen der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei zur praktischen Umsetzung des Motu Proprio Summorum Pontificum, sei es daß sie diese in der Form einer Instruktion im Sinn des can. 34, sei es daß sie sie in der Form von allgemeinen Ausführungsbestimmungen nach can. 32 erlassen würden, selber allgemeine Ausführungsdekrete erstellt hätten. Die diözesanen Ausführungsbestimmungen müßten nämlich an diese von der höchsten Gesetzgebungs- und Verwaltungsinstanz, nämlich vom Papst selber, erlassenen wieder angepaßt werden bzw. würden durch diese aufgehoben.]" Im Anschluß an diese wertvolle und korrekte Anfrage Dr. Weishaupts kann derzeit von meiner kirchenrechtlichen Warte aus zu den in seinem Beitrag in Frage stehenden Leitlinien nur folgendes allgemein gesagt werden: Leitlinien verpflichten nicht automatisch die Gläubigen im jeweiligen Bistum auf dem Gebiet der Deutschen Bischofskonferenz, sondern sind - vor einer ausdrücklichen gesetzesmäßigen Inkraftsetzung in einem Bistum - nichts anderes als eine abgesprochene freiwillige Selbstverpflichtung jedes einzelnen unterzeichneten und regierenden Diözesanbischofs besagter Bischofskonferenz. Ob der einzelne regierende Bischof diese Leitlinien dann auch im Amtsblatt des ihm anvertrauten Bistums verlautbaren läßt oder nicht, ist dabei unerheblich. Wenn er es tut, können die Gläubigen davon ausgehen, daß er sich an diese freiwillige Zusage im Rahmen der Bischofskonferenz halten wird. Da die angesprochenen Leitlinien gemäß ihrem Text in Kraft getreten sind, ergeben sie nur Sinn, wenn sich alle beteiligten Bischöfe auch daran halten. Die Leitlinien verpflichten daher grundsätzlich niemand anderen als die Diözesanbischöfe selbst, ausgenommen sie würden im Einzelfall dem allgemeinen und oder einem gültigen Spezialrecht territorialer oder personaler Art widersprechen. Die Frage ist dann, ob neu ernannte und geweihte Bischöfe, die noch nicht Mitglieder der Bischofskonferenz zum jeweiligen Unterzeichnungszeitpunkt waren, einfach ohne eigene Willenskundgabe zur Einhaltung von Leitlinien - welcher Leitlinien auch immer - gehalten sind, wenn diese nicht ausdrücklich im jeweiligen Bistum als Gesetz in Kraft getreten wären. Und so bleibt im Falle der außerordentlich-lateinischen Liturgie die primäre Orientierung an dem, was der Heilige Stuhl vorgibt, auch was die neue Karfreitagsfürbitte für die Juden betrifft. In Kürze werden von dort auch erstmals Ausführungsbestimmungen zum Motu proprio erwartet. Leitlinien können dann in weiterer Folge (nur noch) pastorale Verstehenshilfen sein, aber auch rechtmäßig binden, wenn sie dazu nach den geltenden (oben angesprochenen) kirchenrechtlichen Kriterien überhaupt geeignet sind. In diesem Sinne wünsche ich allen interessierten Lesern einen guten zweiten Fastensonntag! Euer Padre Alex - Vizeoffizial Dr. Alexander Pytlik Mittwoch, 6. Februar 2008
DIE FASTENZEIT DIENT DER ERKENNTNIS ... Geschrieben von Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Aktuelle Fürbitten, Aktuelle Predigt, News Kommentare um
10:20
Kommentare (35) Trackbacks (3) DIE FASTENZEIT DIENT DER ERKENNTNIS DER WAHRHEIT, DASS JESUS CHRISTUS DER HEILAND ALLER MENSCHEN ISTIn der heutigen Ausgabe des Osservatore Romano ist von einem ersten sanften Eingriff des regierenden Papstes Benedikt XVI. in die außerordentliche Form des Römischen Ritus zu lesen. In der Verlautbarung des Päpstlichen Staatssekretariats heißt es: "Mit Bezug auf die im Motu proprio 'Summorum Pontificum' vom 7. Juli 2007 enthaltenen Bestimmungen über die Möglichkeit, die letzte Ausgabe des vor dem II. Vatikanischen Konzil im Jahre 1962 unter Autorität des seligen Johannes XXIII. veröffentlichten Missale Romanum zu verwenden, hat der Heilige Vater Benedikt XVI. angeordnet, daß das im genannten Missale Romanum enthaltene Oremus et pro Iudaeis der Liturgie des Karfreitags durch den folgenden Text ersetzt wird: Am heutigen Aschermittwoch ist es auch sinnvoll, die Botschaft Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. zur heute begonnenen Fastenzeit zu vernehmen, die er bereits am 30. Oktober 2007 vorformulierte und welche unter dem Titel Christus wurde euretwegen arm (2 Kor 8,9) steht: Liebe Brüder und Schwestern! [ENDE DER FASTENBOTSCHAFT DES PAPSTES.] Heute ist der erste strenge Fleisch-Abstinenz- und Fasttag, es sind zwei zu unterscheidende Opfer zu bringen. Am Aschermittwoch und auch am Karfreitag ist für alle lateinischen Katholiken vom vollendeten 18. Lebensjahr bis zum Beginn des 60. Lebensjahres nur eine einmalige Vollsättigung erlaubt, und zwar ohne Fleisch. Der strenge Verzicht auf Fleischspeisen selbst gilt jedoch schon vom vollendeten 14. Lebensjahr bis zum Lebensende. Ab demselben vollendeten 14. Lebensjahr sind wir an allen Freitagen des Jahres (Ausnahme: wenn ein liturgisches Hochfest gefeiert wird) zu einem Freitagsopfer verpflichtet, in Ernstnahme des Bedenkens des Kreuzesopfers Jesu Christi, das in jeder Heiligen Messe unblutig erneuert wird. Und wenn jemand an einem Freitag diese zu Ehren des Todes unseres Herrn Jesus Christus erbrachte Fleischenthaltung - aus welchen Gründen auch immer - nicht erbringen kann, darf und muß er sich in unseren Breiten ein anderes Freitagsopfer erwählen, sei dies nun ein besonderes Werk der Gottesliebe oder der Nächstenliebe: der kommende 150. Jahrestag der Marienerscheinung in Lourdes, der 11. Februar, ist auch der jährliche Welttag der Kranken, und dies erinnert uns beispielsweise an das gute Werk des Krankenbesuchs. An jedem Freitag erinnert uns um 15 Uhr das Glockengeläute also nicht nur an die heilige Todesstunde unseres Erlösers, sondern auch an unsere Verpflichtung, ein Freitagsopfer durch Fleischentsagung oder ein anderes Werk der Liebe zu erbringen. So bleibt der neben dem Aschermittwoch im Römischen Ritus noch verbliebene andere strenge Fast- und Abstinenztag, der Karfreitag, durch das ganze Jahr präsent, wohingegen die Sonntage natürlich nie Fastentage sein sollen, weil - auch in der Fastenzeit - die fleischliche Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus an jedem Sonntag absolut im Mittelpunkt steht. Ich verweise besonders auf den geschlossenen Charakter der Fastenzeit: es wäre ein guter Vorsatz, den Fasching wirklich mit dem Aschermittwoch zu beenden und grundsätzlich erst nach der Osternacht wieder lebendigere Unterhaltungsveranstaltungen zu besuchen. Ein besonders guter Vorsatz wäre es auch, sinnlos überzogenen Alkoholkonsum Richtung Null komma Josef zu reduzieren, es gibt auch Humor ohne Alkohol. Und was das die Gesundheit anderer Menschen gefährdende Rauchen betrifft, hat nicht wenige die Gesetzgebung ihrer Heimatstaaten zu ihrem gesundheitlichem Glück gezwungen. Wer mehr fasten möchte, kann selbstverständlich jene Disziplin betrachten, die früher mit jener außerordentlichen Form des Römischen Ritus verbunden war, welcher Papst Benedikt XVI. wieder ihren gleichberechtigten Platz in der lateinischen Kirche geschenkt hat: reine Fastentage waren im deutschen Bereich dann noch alle übrigen Werktage der Fastenzeit, weiters besonders die Mittwoche und Samstage der Quatemberwochen und die vorbereitenden Vigiltage von Weihnachten, Pfingsten, Mariae Himmelfahrt und Allerheiligen. Gegenstand des Fastengebotes ist auch heute noch - wie schon gesagt - eine nur einmalige Sättigung am Tag, wobei es sich nicht verbietet, unter Beachtung ortsüblicher Gewohnheiten morgens und abends eine kleine Stärkung zu nehmen. Bei der Bestimmung der Mengen, die jemand morgens und abends zu sich nehmen darf, muß man Rücksicht nehmen auf die körperliche Konstitution, auf die Art der Arbeit und des gewohnten Sportes, auf die Dauer des Fastens und auf kalte Gegenden. Im allgemeinen wird man sagen können, jeder dürfe soviel nehmen, daß es ihm möglich ist, das Fasten ohne beträchtlichen Schaden zu halten. Wie in jedem Jahr erinnere ich daran, daß die Kirche nie verlangt hat, sich krank zu fasten. In der Zeit zwischen den drei genannten Mahlzeiten am Fasttag darf man keine Nahrung zu sich nehmen, wohl aber einen Trunk, der nicht nährt. Damit der Trunk aber nicht schade, darf man im Falle des Falles auch ein klein wenig dazu essen. Arme, Kranke und Genesende dürfen jedoch an allen Tagen, selbst am Karfreitag, Fleisch essen und sind zum Abbruchfasten nicht verpflichtet. Und besonders wichtig für die Fastenzeit: die persönlich abgelegte Beichte. Denn heute beginnt die große Zeit der Gnade im Kirchenjahr, die große Zeit des Abladens von allem Schutt, der uns hindert, auf Gottes Wort zu hören und den Menschen in Liebe zu begegnen. Vielleicht wartet ein Mensch schon lange, daß wir auf ihn zugehen, vielleicht hängt uns noch irgendeine Tat nach, die wir endlich wiedergutmachen wollen, vielleicht war der eine oder andere schon länger als ein Jahr nicht mehr beichten und nimmt sich vor, die Zeit seit der letzten Beichte wirklich schonungslos zu betrachten. Nur die persönliche priesterliche Lossprechung wenigstens einmal im Jahr ist der Schlüssel zur Gnade, keine allgemeine Bußandacht kann sie jemals ersetzen. Und nur durch die persönliche Beichte kommen wir in die Gnade des Ablasses, der nach dem Willen des Papstes bis 11. Februar noch an jedem Tag weltweit in besonders einfacher Weise gewonnen werden kann, weil wir im Jubiläumsjahr der Marienerscheinungen von Lourdes stehen. Heute werden wir durch die feierliche Auflegung der Asche wieder ganz auf die Realität unseres leiblichen Seins zurückgeworfen. Im Tod trennt sich die unsterbliche Geistseele vom verwesenden Leib. Vergessen wir nie, daß jeder Hochmut und Geiz sinnlos sind - wir verfielen dann nicht nur der leiblichen Verwesung, sondern unsere unsterblichen Seelen würden auch für immer aus der Gottesgemeinschaft stürzen. Nein, wir wollen darüber hinaus auch den Leib als Tempel des Heiligen Geistes betrachten. Keiner kann sagen, er bedürfe keiner Umkehr. Beten wir daher auch füreinander! Euer Padre Alex - Kirchenrektor Dr. Alexander Pytlik |
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