Sonntag, 25. Januar 2009
GUTER GLAUBE GILT NUN AUCH FÜR ... Geschrieben von Padre Alex / Dr. Alexander Pytlik
in Katholische Lehre, Kirchenrecht, News Kommentare um
20:12
Kommentare (10) Trackbacks (8) GUTER GLAUBE GILT NUN AUCH FÜR PIUSBRÜDER - KOMMENTAR AM 50. JAHRESTAG DER ANKÜNDIGUNG DES II. VATIKANISCHEN KONZILS ZUR AUFHEBUNG DER EXKOMMUNIKATIONEN
Am heutigen Sonntag, dem Fest der Bekehrung des heiligen Apostels Paulus, dem Abschlußtag der Gebetswoche für die Einheit der Christen ("Damit sie eins werden in Deiner Hand", Ez 37,17) und dem 50. Jahrestag der Ankündigung des XXI. Ökumenischen Konzils (II. Vatikanischen Konzils) durch den seligen Papst Johannes XXIII. ist es angemessen, einen Kommentar zur gestern bekanntgegebenen sensationellen Aufhebung der Exkommunikationen gegenüber den vier Bischöfen der Priesterbruderschaft St. Pius X. zu geben, der jedoch viele Einzelfragen nicht beantworten kann und wird (vgl. den Kommentar auch bei kath.net unter dem Titel: "Der Papst hat sich von keinerlei Provokation abhalten lassen").
"Die Einheit der Kirche ist ein Geschenk, das uns der Herr, Hirt und Haupt des Mystischen Leibes, gewährt; zugleich erfordert sie aber die entschlossene Antwort jedes ihrer Glieder, die der eindringlichen Bitte des Erlösers entsprechen soll: 'Alle sollen eins sein: wie Du, Vater, in mir bist und ich in Dir bin, sollen auch sie in Uns sein, damit die Welt glaubt, daß Du mich gesandt hast' (Joh 17, 21)." So hat das am 25. Dezember 2001 unterzeichnete Schreiben des Dieners Gottes Johannes Paul II. an den brasilianischen Bischof Msgr. Licinio Rangel (+ 16. Dezember 2002) und an die nunmehr bereits seit Jahren in voller Einheit befindliche "Vereinigung vom heiligen Johannes Maria Vianney" begonnen. Und weiter hieß es damals: "Mit tiefempfundener Freude erklären Wir daher, daß Wir zur Wiederherstellung der vollen Gemeinschaft die Aufhebung der Beugestrafe aussprechen, die laut can. 1382 CIC gegen Dich, Ehrwürdiger Bruder, verhängt worden war, sowie die Aufhebung aller Beugestrafen und die Dispens von allen Irregularitäten, in die andere Mitglieder der Vereinigung verfallen sind." Wenn wir also dieses Schreiben des verstorbenen Papstes lesen und es mit dem von Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. angeordneten Dekret der römischen Kongregation für die Bischöfe vom 21. Januar 2009 vergleichen, so wird dem Leser klar, daß für die Priesterbruderschaft St. Pius X. und insbesondere für die mit ihr verbundenen Kleriker noch eine Wegstrecke zu bewältigen ist, um jene kirchenrechtliche Integration im Schoß der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche zu erlangen, welche der genannten brasilianischen Gemeinschaft durch Errichtung als Apostolische Personaladministratur exemplarisch zugekommen ist. Sie ist heute "dem Apostolischen Stuhl direkt unterstellt", und "die Jurisdiktion wird dabei zusammen mit der des Ortsordinarius ausgeübt", wobei im Falle der weltweit agierenden Piusbruderschaft das ihr gegebenenfalls zugewiesene Territorium sowie ihr künftiger Anerkennungsstatus spannende Fragen bleiben werden. (Im Falle der vollen Versöhnung wird auch innerkirchlich darüber nachgedacht werden müssen, wie die an manchen Orten voranschreitenden Planungen der Pfarreizusammenlegungen in Einklang gebracht werden können mit einem somit möglichen gleichzeitigen Neuerstehen vieler Personalpfarreien, doch dies ist nur eine der durchaus möglichen korrektiven Einflüsse des Dialogzieles.) Schon bisher war jedoch klar, daß die konsequente Nennung des regierenden Papstes im Kanon jeder Heiligen Messe der Piusbruderschaft und die offizielle Bejahung der wahren Petrusnachfolge in den jeweils amtierenden Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. im Grunde "nur" noch der realen jurisdiktionellen Unter- und Zuordnung bedurften. Papst Benedikt XVI. setzt jedenfalls nicht nur den liturgietheologischen Versöhnungskurs für den großen Jurisdiktionsbereich des Römischen Ritus und seine rechtmäßigen Formen in der Katholischen Kirche fort, sondern wird mit der Gnade Gottes auch alle jene konkreten Akzente sichtbar wiederherzustellender Einheit vollenden können, die bereits sein Vorgänger Johannes Paul II. für die Gemeinschaften und Gläubigen der außerordentlichen Form des Römischen Ritus inniglich wünschte und in konkreten bedeutsamen Fällen gewähren konnte. Der verstorbene erste brasilianische Apostolische Administrator Msgr. Licinio Rangel war ja am 28. Juli 1991 noch selbst von Msgr. Bernard Tissier de Mallerais zum Bischof geweiht worden, der zu den vier Priestern gehört, die am 30. Juni 1988 vom emeritierten Erzbischof Marcel-François Lefebvre (+ 25. März 1991) die heilige Bischofsweihe empfangen hatten und die nun auch nicht mehr als exkommuniziert gelten. Der Papst hat sich bei seinem Weg der konkreten, kleinen, aber bedeutsamen Schritte auch von keinerlei Provokation abhalten lassen. Fragen wie beispielsweise die Kriterien zur Aufnahme der Weihekandidaten innerhalb der Piusbruderschaft oder auch die möglicherweise mit der Wirklichkeitsverbundenheit des katholischen Glaubens unvereinbare politische Haltung einzelner Kleriker (vgl. auch die offizielle Erklärung des Päpstlichen Staatssekretariates zum Fall Williamson) werden sich wohl im Laufe des Dialogprozesses stellen. In der heutigen Sonntagsausgabe des L'OSSERVATORE ROMANO und des darin enthaltenen und von Chefredakteur Prof. Gian Maria Vian ("g. m. v.") gezeichneten Editorials ("Il Vaticano II e il gesto di pace del Papa" = "Das Vatikanum II und die Friedensgeste des Papstes") heißt es unter anderem: "Die guten Früchte des Konzils sind unzählige, und unter ihnen ist jetzt die Geste der Barmherzigkeit gegenüber den 1988 exkommunizierten Bischöfen. Eine Geste, die Johannes XXIII. und seinen Nachfolgern gefallen hätte, und ein lauteres Angebot, welches Benedikt XVI. als Papst des Friedens gleichzeitig mit dem Jahrestag der Ankündigung des Vatikanum II. bekanntgegeben haben wollte, mit der klaren Intention, den schmerzhaften Bruch bald verheilt zu sehen. Eine Intention, die nicht von inakzeptablen revisionistischen Meinungen und Haltungen verdunkelt werden wird, welche gegenüber dem Judentum von vereinzelten Mitgliedern der Gemeinschaften, denen der Bischof von Rom die Hand entgegenstreckt, vertreten werden." (Vgl. auch die Verbesserung einer Karfreitagsfürbitte durch den Papst vom 4. Februar 2008 und die offizielle Erklärung des Päpstlichen Staatssekretariates zum Fall Williamson.) Im selben Beitrag heißt es dann noch: "Der letzte Papst, der voll und ganz sowie mit Leidenschaft - als sehr junger Theologe - am Konzil teilnahm, Benedikt XVI., hat 2005 die katholische Interpretation des Vatikanum II umrissen: ein Ereignis, das nicht in der Logik einer Diskontinuität gelesen werden darf, was es - absolut gesetzt - von der Tradition isolieren würde, sondern in der Logik der Reform zu lesen ist, was es für die Zukunft öffnet. Ein Konzil, das so wie alle anderen historisch einzuordnen ist und nicht mythologisiert werden darf, und zwar in Verbindung mit seinen Texten, die gerade vom historischen Blickwinkel aus nicht gegen einen angeblichen 'Geist' des Vatikanum II ausgespielt werden können." Seit 24. Januar 2009 darf und muß für die verhandelnden Vertreter der Piusbruderschaft von vorneherein genau jener gute Glaube angenommen werden, ohne den ein ernsthafter partnerschaftlicher Dialog wahrer Ökumene gar nicht möglich wäre. Ein solcher Dialog übersieht nicht Differenzen oder auch Unterschiede im juridisch-theologischen Status der Dialogpartner. Abseits der also vom Heiligen Stuhl und von der Piusbruderschaft noch in vertrauensvollen Gesprächen ohne jede Überheblichkeit zu lösenden kirchenrechtlichen und theologischen Fragen mit dem Ziel langfristiger Stabilität ging es dem Heiligen Vater genau um das, was schon seinen Vorgänger beim Zugehen auf die mit der Kirche Christi in ihren Herzen oft inniglich verbundenen Christen traditionalistischer Gemeinschaften leitete: "die Ehre Gottes, das Wohl der heiligen Kirche und das oberste Gesetz, nämlich das 'salus animarum' (das Seelenheil – vgl. can. 1752 CIC)" (Schreiben vom 25. Dezember 2001). In meinem Beitrag zur Festschrift nach dem Besuch Benedikts XVI. in Österreich ("Der liturgietheologische Versöhnungskurs des Heiligen Vaters Benedikt XVI. unter Berücksichtigung der Karfreitagsentscheidung") formulierte ich unter anderem, daß sich der regierende Papst schon bei seiner hochsensiblen historischen Entscheidung zur Römischen Liturgie zahlreicher Faktoren bewußt war, "auch dahingehend, daß die ältere Meßform insbesondere in der Zeit der Rechtsunsicherheit seit 1970 nicht nur in Frankreich immer mehr von vereinzelten politisch und kanonisch unterschiedlich zu bewertenden Gruppen (auch) als Aushängeschild der Ab- und Ausgrenzung benutzt wurde, sodaß manchmal der Eindruck entstehen mußte, als ob die ältere lateinische Liturgie so etwas wie ein instrumentalisiertes Kennzeichen neuer und alter 'national-konservativer' bzw. politisch 'sehr rechts stehende' Kreise geworden wäre, verstärkt durch die nicht selten gestarteten innerkirchlichen und Solidarität erheischenden Verfolgungsmaßnahmen gegenüber Klerikern und Gläubigen, die sich demgegenüber ehrlichen und theologisch gebildeten Herzens dieser Liturgieform weiterhin zutiefst verbunden fühlten." Im Schreiben an die Bischöfe vom 7. Juli 2007 hatte Seine Heiligkeit wohl auch deshalb formuliert: "Es ist wahr, daß es nicht an Übertreibungen und hin und wieder an gesellschaftlichen Aspekten fehlt, die in ungebührender Weise mit der Haltung jener Gläubigen in Zusammenhang stehen, die sich der alten lateinischen liturgischen Tradition verbunden wissen. Eure Liebe und pastorale Klugheit wird Anreiz und Leitbild für eine Vervollkommnung sein. Im übrigen können sich beide Formen des Usus des Ritus Romanus gegenseitig befruchten". Damit war der Wille des Papstes ausgesprochen, die rechtlich nicht mehr rücknehmbare Entscheidung zum Römischen Ritus keinesfalls als theologischen Rückschritt hinter die durch das XXI. Ökumenische Konzil auf dem Boden der lebendigen Tradition gefundenen Ansätze des Dialoges mit anderen Religionen und des Dialoges mit der Welt als solcher – abgesehen von der bleibenden Missionspflicht – verstanden wissen zu wollen. Die mahnenden Inhalte des Apostolischen Schreibens Ecclesia Dei vom 2. Juli 1988 können daher noch nicht als irrelevant abgetan werden, weil es weiterhin darum geht, einen unvollständigen und widersprüchlichen Begriff der Tradition behutsam zu überwinden (vgl. darin die Nr. 4 und vgl. auch die zuvor im fünften Absatz dieses Blogeintrages von mir eingebrachte Übersetzung eines Artikels aus dem heutigen L'OSSERVATORE ROMANO über die richtige Einordnung des II. Vatikanums). Wie der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte bereits am 24. August 1996 in seinen erklärenden Anmerkungen "über die Exkommunizierung durch Abspaltung der Anhänger der Bewegung des Bischofs Marcel Lefebvre" festhielt, müsse des weiteren immer "die moralische Fragestellung, ob die Sünde eines Schismas vorliege, von der strafrechtlichen Frage, ob das Delikt eines Schismas mit der daraus folgenden Strafe vorliege, unterschieden werden." Das, was der Trierer Kirchenrechtler Prof. Dr. Peter Krämer ("Die Personaladministration im Horizont des kirchlichen Verfassungsrechts", in: AfkKR 172, 2003, 97-108) zum zitierten Weihnachtsbrief des verstorbenen Papstes Johannes Paul II. feststellte, gilt aber nun analog auch für das aktuelle Dekret der römischen Bischofskongregation: "Es fällt auf, daß im päpstlichen Schreiben eine ausdrückliche Bezugnahme auf can. 1364 CIC fehlt, wonach Licinio Rangel und die übrigen Mitglieder der Vereinigung vom heiligen Johannes Maria Vianney sich wegen ihres schismatischen Verhaltens die Kirchenstrafe der Exkommunikation zugezogen hatten". Ein endgültiges Urteil darüber kann man auch im Fall der Priesterbruderschaft St. Pius X. getrost dem Heiligen Stuhl überlassen, und wenn alle Kleriker der Piusbruderschaft und die mit ihr verbundenen katholischen Gläubigen das Geschenk des Papstes annehmen und in diesem Geist der Einheit mit dem Petrusnachfolger eine gerechte Lösung anstreben, wird sich durch eine erwartbare allgemeine Aufhebung sämtlicher eingetretener rechtlicher Behinderungen die Frage wohl - hoffentlich - von alleine lösen. Auch objektiv gesehen wird es seit der Aufhebung der Exkommunikationen moralisch kaum noch argumentierbar sein, daß sich die Zelebranten und Seelsorger der Piusbruderschaft bei ihrem rechtlich noch nicht integrierten Handeln in jedem Falle schwerer Sünde schuldig machten. (Für die nächsten Generationen einer im Vollsinn abgespaltenen Piusbruderschaft - dazu möge es mit Gottes Hilfe ja nicht mehr kommen - hätte darüber hinaus der "gute Glaube" im Sinne des ökumenischen Dialogs sowieso früher oder später angenommen werden müssen.) Wenn der Heilige Vater im Monat Januar unter anderem als Gebetsmeinung ausgegeben hat, "daß sich die christlichen Konfessionen in einer Zeit tiefer Veränderungen für die volle Einheit stark machen, um so das Evangelium gemeinsam zu bezeugen", so kann ab nun die große Fürbitte in bezug auf die vom verstorbenen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründete Priesterbruderschaft St. Pius X. wohl nur dahin gehen, daß sie die vielen positiven Punkte innerkirchlich wiedergewonnener liturgischer Rechtssicherheit und dogmatischer Klärung zur Abwendung des Mißverständnisses, als ob das letzte Ökumenische Konzil auch nur einen einzigen Glaubenssatz substantiell hätte ändern können, anerkenne und in den Schoß der heiligen Mutter Kirche voll und ganz zurückkehre, um sichtbar und somit glaubwürdiger zu bekennen, was im römischen Direktorium für die Anwendung von Prinzipien und Normen in der Ökumene (vom 25. März 1993) unter Berufung auf dasselbe XXI. Ökumenische Konzil klar formuliert ist: "Die Katholiken bekennen, daß sich die Fülle der geoffenbarten Wahrheit, der Sakramente und des Amtes, die Christus für den Aufbau seiner Kirche und zur Ausübung ihrer Sendung gegeben hat, in der katholischen Gemeinschaft der Kirche findet (...) In der Tat ist die Fülle der Einheit der Kirche Christi in der katholischen Kirche bewahrt worden, während andere Kirchen und kirchliche Gemeinschaften, obwohl sie nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, in Wirklichkeit eine gewisse Gemeinschaft mit ihr bewahrt haben. Das Konzil stellt fest: 'Diese Einheit, so glauben wir, besteht in der Kirche als etwas, das sie nie verlieren kann, und wir hoffen, daß sie wachsen wird bis zum Ende der Zeit." (Nr. 17 f.) Am Festsonntag Pauli Bekehrung sei daher abschließend auch noch aus der Päpstlichen Botschaft zu dem mit dem Beginn der Gebetswoche für die Einheit der Christen zusammengefallenen 95. Welttag des Migranten und Flüchtlings zitiert: "Wenn wir die Apostelgeschichte und die Briefe lesen, die Paulus an verschiedene Empfänger richtet, erkennen wir das Modell einer Kirche, die niemanden ausschließt, sondern die offen ist für alle und von Gläubigen aller Kulturen und Rassen gebildet wird". Und so wünsche ich Euch allen noch eine gut verlaufende zweite Hälfte des Paulusjahres und verbleibe im Gebet verbunden Euer Padre Alex - Vizeoffizial Dr. Alexander Pytlik, Bischöflicher Verantwortlicher für die außerordentliche Form der lateinischen Liturgie in der Stadt Eichstätt |
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